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Prognosen – Zahlen – Algorithmen

Politik mit Prognosen. Schöne Bescherung: Erneut Allzeithoch bei Kirchensteuereinnahmen! Von Hans-Jürgen Volk

02/2019

„Geld ist … nicht nur ein Mittel, um den Verkündigungsauftrag zu erfüllen. Die Art, wie die Kirche mit ihrem Geld umgeht, ist selbst ein Teil glaubwürdiger Verkündigung. Wort und Tat müssen im Einklang miteinander stehen. Hier hat sich die Parallelität von christlicher Botschaft und kirchlichem Handeln zu bewähren. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht nur nach innen, sondern insbesondere auch im öffentlichen Raum.“ (Aus dem Bericht der Höppner-Kommission an die Landessynode 2013)

Ein Beispiel unter Vielen zu Anfang: in einem ländlichen Kirchenkreis haben 3 Kirchengemeinden fusioniert. Die Familie Müller lebt in einem Dorf mit 800 Einwohnern und eigener Kirche. Bis vor kurzem gab es auch ein Gemeindehaus, in das der Sohn Max zum Konfirmandenunterricht ging. Doch das Gemeindehaus wurde verkauft. Jetzt muss Max zum Unterricht in die 10 km entfernte Kreisstadt. Seine Oma ging gerne zur Frauenhilfe. Sie ist gehbehindert und auf einen Rollator angewiesen. Auch die Frauenhilfen wurden zusammengelegt und treffen sich nun im großen Gemeindehaus der Stadt. Oma Müller kann kaum mehr teilnehmen. Bei ihr sind schon Tränen geflossen. Die Zentralisierung der Frauenhilfe empfindet die Familie als lieblos. Die Eltern Müller sind drauf und dran, ihren Sohn Max vom Konfirmandenunterricht abzumelden, zumal sie vor einigen Tagen in ihrer Zeitung gelesen haben, dass die Kirchensteuereinnahmen erneut gestiegen sind. Und sie sehen an ihrer Gehaltsabrechnung, dass sich auch ihr eigener Kirchensteuerbeitrag in den vergangenen Jahren erheblich erhöht hat. Sie zahlen immer mehr, und die Kirche zieht sich immer weiter von ihnen zurück. Das verdirbt die Stimmung.

Die Landessynode im Januar 2006 war der Ausgangspunkt massiver struktureller und atmosphärischer Veränderungen der Ev. Kirche im Rheinland. Grundlage dieser Veränderungen war die Einschätzung der zukünftigen finanziellen Rahmenbedingungen. Die Arbeitsgruppe II zum Dienst- und Arbeitsrecht stellt in ihrem Papier fest:
„Die finanziellen Rahmenbedingungen der Ev. Kirche im Rheinland werden sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in grundlegender Weise verändern. Die Folge dieses demografischen Wandels lässt sich auf eine schlichte Kurzformel bringen:
Im Jahre 2030 wird die evangelische Kirche ein Drittel weniger Mitglieder als im Jahre 2002 haben und nur noch über die Hälfte ihrer Finanzkraft verfügen.
Die Veränderung der finanziellen Rahmenbedingungen wird zu einer massiven Veränderung der Gestalt der Evangelischen Kirche im Rheinland führen. Dieser Veränderungsprozess ist bereits im Gange.“
Der Tiefpunkt bei den Kirchensteuereinnahmen war im Jahr 2004 mit einem Nettokirchensteueraufkommen von unter 500 Mio. € erreicht. Doch statt dies prognostizierten Rückgangs von 1-2% im Jahr stiegen die kirchlichen Einnahmen zunächst moderat an. Ab 2013 wurden die Zuwächse bei den kirchlichen Einnahmen kräftiger. Für das Jahr 2019 plant die rheinische Kirche mit einem Verteilbetrag von 744 Mio. €. Spannend bleibt die Frage, welche Entscheidungen die Landessynoden ab 2006 wohl getroffen hätten, wäre ihnen das Faktum der tatsächlichen Finanzentwicklung bekannt gewesen.

Mehr als eine Kampagne
Man kann nachvollziehen, warum die sog „einfache Formel“ für Viele in den Jahren 2006 und danach plausibel war. Tatsächlich gab es bei den Kirchensteuereinnahmen ab 1994 ein Auf und Ab mit Tendenz nach unten. So konnte man problemlos der Landessynode Graphiken präsentieren, nach denen sich der Negativtrend bei der Mitgliederentwicklung in der Finanzentwicklung widerspiegelte. Stellt man allerdings Mitgliederentwicklung und Finanzentwicklung über einen längeren Zeitraum gegenüber, ergibt sich ein anderes Bild. Die folgende Tabelle macht Eins zumindest deutlich: Man kann nicht monokausal, wie es mit der „einfachen Formel“ geschah, auf Grund sinkender Mitgliederzahlen eine sinkende Finanzkraft prognostizieren:

1970

1977

1987

1990

2000

2007

2014

2018

2019

Gemeindeglieder in Mio.

3,856

3,604

3,318

3,269

3,113

2,92

2,70

2,544

Nettokirchen-

steuer-Aufkommen

in Euro

200 Mio.

350 Mio.

440 Mio.

580 Mio.

551 Mio.

562 Mio.

586 Mio.

737 Mio.

744 Mio.

Gleichen Zeitraum stiegen die Einnahmen aus Kirchensteuermitteln um satte 544 Mio. €. Wir reden hier über einen Trend, der seit nahezu einem halben Jahrhundert anhält. Die allzu simple Logik „weniger Mitglieder = Verlust an Finanzkraft“ stimmt so nicht.
Dennoch wird sie bis heute von Verantwortungsträgern unserer Kirche, insbesondere von den Finanzdezernenten, als Tatsache dargestellt. So sollte man in einer Kirche nicht miteinander umgehen! Bis heute sind die Finanzverantwortlichen der rheinischen Kirche nicht aus dem überholten und widerlegten Narrativ von 2006 ausgestiegen. Der ökonomisch kompetente Georg Immel, der in seinen Äußerung realistisch und zutreffend darstellen konnte, welche Faktoren die Einnahmesituation einer Kirche beeinflussen, erweckte dennoch den Eindruck, allein auf Grund des demographischen Wandels stehe der Einbruch bei den Kirchensteuermitteln kurz bevor und es könne gar nicht anders sein, als dass die Kirche im Jahr 2030 nur noch über die Hälfte der Finanzkraft gegenüber dem Jahr 2002 verfüge. Sein Nachfolger Bernd Baucks äußert sich zwar vorsichtiger. In seinem Finanzbericht an die Landessynode von 2017 kündigt allerdings auch er eine „Trendwende“ an. Nach seiner Darlegung habe sich die Kirchensteuerentwicklung möglichweise bereits von der Entwicklung der staatlichen Steuereinnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer abgekoppelt – und zwar auf Grund der negativen Mitgliederentwicklung.
Die positive Situation bei den Kirchensteuereinnahmen wird als Intermezzo dargestellt. Als 2006 entgegen der einfachen Formel die Einnahmen moderat stiegen, war das für Immel „kein Grund zum Jubeln“. Später sprach er angesichts der notorisch positiven Entwicklung bei den Kirchensteuern von einer „positiven Hypothek“ (,was immer das sein mag,) oder einem „Zwischenhoch“. Bekanntermaßen wurde daraus ein kräftiges Langzeithoch. Dennoch erweckt auch Baucks immer wieder den Eindruck, alleine auf Grund des demographischen Wandels und der negativen Mitgliederentwicklung könne es auf Dauer mit den Kirchensteuereinnahmen nur bergab gehen.
Die „einfache Formel“ von 2006 war mitnichten eine sachliche, an Fakten orientierte Information. Tatsächlich handelte es sich um eine kirchenpolitisch motivierte Kampagne. Eine krisenhafte Mangelsituation wurde leicht abseits der Faktenlage prognostiziert, um gewünschte Umbaumaßnahmen und Strukturveränderungen durchzudrücken. Dies beschädigt Vertrauen!
Noch bedrückender ist Folgendes: Was als Kampagne begann, entwickelte im Blick auf zukünftige Versorgungsansprüche von Pfarrern und Kirchenbeamten eine schädliche Eigendynamik. Je nach Ausgangslage wurden versicherungsmathematische Gutachten erstellt mit der Vorgabe, dass auf Grund der Mitgliederentwicklung die Finanzkraft der Kirche um 1-2% im Jahr sinken würde. Die Folge waren übertriebene Zuführungen an die Versorgungskasse bei gleichzeitiger finanzieller Auszehrung der kirchlichen Basis. Mit mehr als 25% der Kirchensteuereinnahmen werden aktuell in der rheinischen Kirche zukünftige Versorgungs- und Beihilfeansprüche abgesichert.
Gewiss werden die Kirchensteuereinnahmen auf Grund wirtschaftlicher Krisen in Zukunft auch einmal rückläufig sein. Und gesamtwirtschaftliche Risiken gibt es ja zu Genüge.
Bestritten wird lediglich, es könne mit den kirchlichen Einnahmen in Zukunft nur noch bergab gehen. Bestritten wird mit großer Entschiedenheit, man könne alleine auf Grund einer prognostizierten Mitgliederentwicklung präzise Aussagen über die zukünftige Finanzkraft einer Kirche machen.

Der Auftrag der Kirche und der fragwürdige Umgang mit dem ihr anvertrauten Geld
Im Blick auf die Frage, wie die Kirche mit dem ihr vertrauten Geld umgehen soll, heißt es im Papier der Höppner-Kommission unter 3.1.1.: „Dabei müssen wir uns vergegenwärtigen, dass es der genuine Auftrag der Kirche ist die Verkündigung des Evangelium von Jesus Christus. An diesem Auftrag muss sich alles andere ausrichten.“
Nun wäre es eine außerordentlich kühne Behauptung, all die seit 2006 vollzogenen Umbaumaßnahmen hätten nur dem einen Ziel gedient, nämlich die Verkündigung des Evangeliums voranzubringen. Tatsächlich standen zwei Ziele im Vordergrund: 1. Kostenreduzierung gerade dort, wo es um den Dienst der Verkündigung, die Arbeit mit Menschen vor Ort und um Begegnungsräume (z.B. Gemeindezentren und Kirchen) ging.
2. Die Stärkung der Organisation, um so zu einer zentral gelenkten, kampagnenfähigen Kirchenstruktur zu kommen, bei der der Kirchenkreisebene zulasten der Gemeinden die entscheidende Scharnierfunktion zukommen sollte.
Wer statt einer positiven Vision von Kirche eine „einfache Formel“ zum Ausgangspunkt sog. „Reformen“ nimmt, erzeugt eine „Kirche der Angst“. Schaut man genauer hin, so ist die Angst vor Finanzkraft- und Kontrollverlust das handlungsleitende Motiv der „Reformer“ bis heute. Auch deswegen wirken die kirchenleitenden Appelle, „Mut zur Veränderung“ zu entwickeln unter Inkaufnahme „schmerzlicher Abschiede“ so schal und wenig überzeugend. Tatsächlich zeigt sich da eine mutlose Kirche, die sich im Zweifel trotz hehrer Sozialrhetorik unsozial gegenüber den eigenen Mitarbeitenden verhält und die Zuwächse an Finanzkraft zur Absicherung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche verwendet, sowie die Verwaltungen massiv aufstockt. Es geht um Rückbau, um Downsizing, um zu retten, was aus Sicht der Mutlosen noch zu retten ist.
Am Auftrag der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus soll sich alles andere ausrichten! So forderte es damals die Höppner-Kommission in ihrem bemerkenswerten Papier. Wer die Barmer Theologische Erklärung als Kompass ansieht, kann dem nur zustimmen. Wenn dies im Zentrum der Überlegungen zu einer Umgestaltung der Kirche steht, sind folgende Punkte zu beachten:
Verkündigung und Finanzprognostik: Es sollte endgültig Abschied genommen werden von der sog. „einfachen Formel“ und der damit verbundenen Grundannahme „weniger Mitglieder = Rückgang der Kirchensteuereinnahmen“. Wenn eine Grundannahme seit fast 5 Jahrzehnten durch die tatsächliche Finanzentwicklung wiederlegt wird, kann sie nur falsch sein. Diese falsche Finanzprognostik war im Übrigen ursächlich für den massiven Abbau an Pfarrstellen, die bedrückende Behandlung des theologischen Nachwuchses ab 2006 und vor allem den schlimmen Umgang mit der „Generation Sonderdienst“. Damals verloren etliche Pastorinnen und Pastoren ihre berufliche Existenz, die zum Teil seit vielen Jahren gedeihlich für unsere Kirche Dienst taten. Dass heute nur noch Wenige Theologie mit dem Berufsziel Pfarramt studieren möchte, dürfte auch in diesem sozialethischen Sündenfall seine Ursache haben. Hiermit soll keineswegs für einen unbesonnene Umgang mit kirchlichen Geldern plädiert werden. Gerade weil wir nicht wissen, wie es um die Finanzkraft unserer Kirche im Jahr 2015 oder 2030 steht, ist ein vorsichtiger und disziplinierter Umgang mit kirchlichen Haushalten geboten.
Verkündigung und zukünftige Versorgungsansprüche: Hier gibt es keine einfache Lösung. Die rheinische Kirche steht wie andere Landeskirchen auch vor der großen Herausforderung, in den kommenden Jahren für eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen im Ruhestand Pensionen zu gewährleisten. Vor längerer Zeit, bereits Ende der 80-er Jahre, hat man sich für eine kaitalgedeckte Lösung entschieden. Dies ist nur dann verantwortbar, wenn man Vertrauen in die langfristige Integrität der aktuellen Finanzmarktstruktur hat. Dies wäre allerdings naiv. Die gewaltigen Risiken, die das angelegte Kapitalvermögen betreffen, seien hier nur kurz umrissen:
Die Finanzkrise von Herbst 2008 war nur der Höhepunkt in einer Reihe von zyklisch auftretenden Krisen an den Finanzmärkten. Die Politik zumindest in Europa hat damals alles daran gesetzt, ein an sich marodes System stabil zu halten, um damit die angelegten Vermögenswerte zu schütze.
Dies geschah vor allem durch die Politik des billigen Geldes durch die EZB. Hiermit wurden Banken und schließlich auch Staaten gestützt. Die Vermehrung der Geldmenge führte allerdings nur sehr begrenzt zu mehr Investitionen im Bereich der Realwirtschaft. Vor allem der Handel mit spekulativen Finanzprodukten wurde befördert.
Dies geschah auch deshalb, weil trotz halbherziger Regulierungsbemühungen mit Finanzspekulationen immer noch deutlich höhere Renditen zu erzielen sind als mit Investitionen in der Realwirtschaft. Das weltweit angelegte Kapitalvermögen übersteigt schon seit langem um ein Mehrfaches das Weltbruttosozialprodukt mit rasch wachsender Tendenz. Es handelt sich um eine globale Megablase, bei der früher oder später eine Bereinigung unausweichlich ist.
Es wäre ein glattes Wunder, könnten das Kapitalvermögen, dass zur Zeit zur Absicherung von Versorgungsansprüchen angelegt ist, über die Jahrzehnte hinweg einigermaßen unbeschadet gerettet werden. Die Fallhöhe ist deutlich höher sowie die Möglichkeiten staatlicher Interventionen begrenzter als im Herbst 2008.
Wie geht man nun mit einer derartigen Analyse um? Eine Abkehr von einer kapitalgedeckten Altersvorsorge für Pfarrer und Kirchenbeamte ist kaum mehr möglich. Hier kann man nur hoffen, dass es am Ende doch nicht so schlimm kommt. Im Augenblick fließt allerdings ein gutes Viertel der Kirchensteuereinnahmen in Finanzanlagen. Gerade angesichts der guten Kirchensteuereinnahmen der letzten Jahre ist dies eine ungute Übertreibung, zumal dann, wenn dies einhergeht mit Personalabbau beim Dienst am Menschen und vor allem auch in der Verkündigung. Die Analyse relativiert die Frage erheblich, ob die Mittel zur Versorgungssicherung nun 18, 22 oder 24% des Nettokirchensteueraufkommens ausmachen. Sinnvoll wäre eine maßvolle Reduzierung der Versorgungssicherungsumlage, um finanziellen Spielraum zu schaffen für Dienste in den Gemeinden. An der immer prekären Situation im Pfarrdienst wird sich auf Grund der geringen Zahl an Theologiestudenten kurzfristig kaum etwas ändern lassen. Andere Berufsgruppen wie Jugendreferenten oder Gemeindepädagogen stehen allerdings ebenfalls im Dienst der Verkündigung. Durch eine personelle Verstärkung könnten hier die im Pfarrdienst sich abzeichnenden Lücken zumindest teilweise kompensiert werden.
Verkündigung und Verwaltung: Bei der Arbeit mit Mensch wurden in den Einrichtung und Diensten auf allen kirchlichen Ebenen, in der Jugendarbeit, bei der Kirchenmusik und vor allem im Pfarrdienst kräftige Einschnitte vorgenommen mit dem Argument, man müsse sparen. Dagegen wurden immer mehr Finanzmittel zur Absicherung zukünftiger Versorgungsansprüche abgezogen. Vielleicht noch stärker war der finanzielle Mehraufwand durch die Einführung des neuen kirchlichen Finanzwesens (NKF) sowie der Verwaltungsstrukturreform. Ursprünglich einmal wollte man mit beiden Projekten Kosten reduzieren. Tatsächlich gibt es etliche Kirchenkreise, in denen sich die Verwaltungskosten seit 2010 mehr als verdoppelt haben. Das geht zu Lasten der Finanzkraft der Gemeinden!
Ein Szenario, bei dem in manchen Kirchenkreisen 2-3 Mal so viele Vollzeitstellen in der Verwaltung einem ausgezehrten Pfarrdienst gegenüberstehen, ist ebenso wahrscheinlich wie im Blick auf seine Öffentlichkeitswirksamkeit verheerend. Die durch die Kirchenleitung vorgenommene Vereinfachung der Kirchlichen Verwaltungsordnung ist hier ein erster, begrüßenswerter Schritt. Notwendig ist allerdings eine Trendumkehr. Vorbild könnten hier mittelständische Unternehmen sein, die vom IT-Bereich über die Personal- und Finanzverwaltung Arbeiten von externen Anbietern kostengünstig erledigen lassen. Modellhaft sollte man versuchen, dezentrale Verwaltungsstrukturen zu ermöglichen, die von mehreren Gemeinde getragen werden.

Die Kraft der Kirche
Es sind nicht die Kirchensteuereinnahmen, es ist nicht die Finanzkraft und erst recht nicht eine mehr oder weniger effiziente Verwaltung, die die Kraft der Kirche ausmachen. Es sind die Menschen, die sich von Gottes Wort ansprechen und begeistern lassen.
Dies wird belegt durch den klassischen paulinischen Text in 1. Kor. 12,12-30: Das Bild vom Leib. Als Christen leben wir in Beziehung zueinander wie die einzelnen Glieder, die gemeinsam einen Leib bilden und in dem jedes Glied seinen Platz und seine Wertigkeit hat. Dass dieser Leib zumindest zeichenhaft Christus darstellt, geht aus V. 27 hervor: „Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied.“ Von daher hat sowohl die äußere Gestalt wie auch das interne Miteinander der Kirche Verkündigungscharakter. Der reale Zustand der Kirche unterstreicht und bezeugt das Evangelium von Jesus Christus oder er macht die eigene Botschaft unglaubwürdig und verstellt Menschen den Weg zu Christus.
Das gerade evangelische Christen in eigener Weise auf ihre konkreten Alltagserfahrung mit ihrer Kirche reagieren, ist mir spätestens seit einem Gespräch auf einem Dorffriedhof im nördlichen Westerwald deutlich geworden. Die Trauerfeier ist vorüber und ich habe mich von den Angehörigen der Verstorbenen bereits verabschiedet. Ein Gespräch mit dem Bestatter kommt zustande. Da gab es zahlreiche Beerdigungen in den letzten Wochen. Der Bestatter, den ich sehr schätze, berichtet von zunehmenden Schwierigkeiten, Pfarrerinnen und Pfarrer für Beerdigungen zu finden. Ich selbst weiß von Engpässen, die es in der letzten Zeit bei der einen oder anderen Trauung und bei Hochzeitsjubiläen gab. Allerdings konnte schließlich doch jemand gefunden werden, der den Dienst übernahm. Was der Bestatter mir dann erzählt, überrascht mich dann doch. Zunehmend würden auch in unserer Region freie Theologen angefragt. Da gäbe es z.B. ein Unternehmen mit mehreren Theologen und Psychologen. Die böten alles an von der Trauerfeier, der Trauung bis hin zur seelsorgerlichen Begleitung. Die nähmen sich Zeit für die Leute. Und sie würden zunehmend auch von Mitgliedern der beiden Kirchen angefragt. Ich frage mich, was sich da entwickelt – vor allem dann, wenn in ein paar Jahren die Lücken im Pfarrdienst noch größer werden.
Ich unterhalte mich mit einer jungen Frau, die in der Medienbranche tätig ist. Sie unterstützt uns bei unserer Öffentlichkeitsarbeit und sie hat vielfältige Kontakte zu freien Gemeinden. Das da bundesweit seit einigen Jahren die Mitgliederzahlen wachsen, wohingegen sie bei den beiden großen Kirchen rückläufig sind, ist mir bekannt. Wir unterhalten uns über die Situation in der rheinischen Kirchen, dass es da kaum noch junge Theologinnen und Theologen gibt. Sie berichtet, dass nahezu alle Bildungseinrichtungen, die den theologischen Nachwuchs für freie Gemeinden und Gemeinschaften ausbilden, überlaufen sind. Das überrascht mich, denn diese Pastoren habe deutlich geringere Verdienstmöglichkeiten und unsichere Konditionen als Pfarrerinnen und Pfarrer der Evangelischen Kirche.
Wenn ausgerechnet die Menschen, die sich von Gottes Wort ansprechen und begeistern lassen, sich jenseits der Volkskirchen einbringen und ihr Christsein leben, verliert eine Kirche an Kraft. Auch dies ist ein Grund, umzudenken und Abschied zu nehmen von einer fragwürdigen Finanzprognostik, die bereits in der Vergangenheit erhebliche Schäden verursacht hat.

„Die Zahlentrickser“ – oder wie der Statistikprofessor Gerd Bosbach Lobbyisten und Andere beim Produzieren von „Fake-News“ erwischt hat.

9. Oktober 2017, Nachdenkseiten
Wenn heutzutage in den Medien von „Fake-News“ die Rede ist, dann meist im Zusammenhang mit russischen Hackern, US-Präsident Donald Trump oder Nordkoreas Diktator Kim Jong-un. Selten hört man jedoch etwas vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der arbeitgebernahen Denkfabrik Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), der Bundesanstalt für Arbeit (BA), dem Meinungsforschungsinstitut Forsa oder dem International Institute for Strategic Studies (IISS). All diese Adressen sind aber dem Koblenzer Statistikprofessor Gerd Bosbach in den vergangenen Jahren beim Produzieren von „Fake-News“ aufgefallen und haben es deswegen in sein neues Buch „Die Zahlentrickser – Das Märchen von den aussterbenden Deutschen und andere Statistiklügen“ geschafft. …

Mehr dazu.

Landeskirchen rechnen erstmals mit höheren Kirchensteuereinnahmen

14.1.2017 Südwest Presse und 14.1.2017 Lokalanzeiger Erkrath

Vielleicht verabschieden sich die Landeskirchen endlich von dem Märchen der sinkenden Kirchensteuereinahmen. Die Badische und die Rheinische Landeskirche gehen nun erstmals trotz sinkender Mitgliederzahlen von steigenden Kirchensteuereinnahmen aus. Endlich!

Lesen Sie hier den Artikel zur Badischen Landeskirche hier zur Rheinischen.

Tour d’Horizon der Fragen und Probleme, mit denen Pfarrrvereine im Umbauprozess der Kirche beschäftigt sind III: „Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde“. Intransparenz durch Doppik, Sparkonzepte auf der Basis von Langfristprognosen

Corinna Hektor, Korrespondenzblatt Bayern 6/7 2016

Vorstandsbericht für die Frühjahrstagung des
Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins am 25. und 260
April 2016 in Rothenburg o.d. Tauber

Viele davon sind Finanzentscheidungen. Doppik zum Beispiel. Erst hieß es, Doppik berücksichtige kirchliche Besonderheiten, inzwischen muss sich die Kirche nach der Doppik richten. Nach einer speziellen Form der Haushaltslehre genauer gesagt.  — Das HGB, Handelsgesetzbuch, wurde faktisch zu einer Art heiligem Gesetzbuch und zwingt, quasi kanonisch geworden, nicht nur unsere Finanzen in eine bestimmte Form, sondern bestimmt auch Inhalte. Es formt Kirche um… vgl. S. 81, vgl zum selben Thema auch den Artikel: „Orientierung der Steuerung an Finanzgrößen“
Manches hat sich verändert. Wir hatten mal ein System mit Rücklagen als Planungsgröße. Heute haben wir stattdessen einen großen Topf und die Aussage, dass auf der Kostenseite insgesamt etwas fehle. So wird aus der Planung eine neue Aufgabe: kürzen. Was dabei nicht gesagt wird: Die Kosten sind eine Schätzung, genauer: eine Prognose aufgrund mehrerer Schätzungen. Stattdessen ist die Rede von Personalkostenquoten, Benchmarks und Gewinnen, die wir als gemeinnützige Organisation gar nicht machen dürfen. Es sieht düster aus. Sparen scheint die einzige Chance. Ja, Doppik und HGB bescheren uns einen besseren Blick auf die Immobilien — aber wenig Übersicht für vieles andere; vor allem aber eine Systematik, die den meisten innerkirchlichen Fachleuten fremd ist. Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde. Und die Folgen erst recht nicht. Wenn das die versprochene Transparenz sein  soll, hätte ich gern das alte intransparente System zurück.

vgl. S. 82

Doppik zeichnet Negativbild eines positiven Befundes. Dargestellt am Beispiel der Pensionsrücklagen

Doch vermittelt es ein bedrückendes Bild, wenn das früher auf die Seite gelegte Geld für absehbare Ausgaben nur noch als schwarzer Balken auftaucht und damit als Belastung – deren Gegenleistung nicht mehr sichtbar wird. vgl. S. 82

Das hat viel mit Zahlen zu tun, mit Prognosen – und mit Überzeugungen, die sich damit erzeugen lassen. Es ist komplex. Neue Berechnungen für Lebenserwartung, Berufsbiografien, Gehaltsentwicklung, Verzinsung etc. und damit die neu berechneten erwarteten Kosten. Dazu neue Ansprüche an die nötige .Kapitalstock-Absicherung. So wird aus einer gut abgesicherten Versorgung ein Problemfall… vgl. S. 83

Prognosen über 40 Jahre

Dabei ist zu beachten, dass all die scheinbar so konkreten Zahlen Prognosen für die Zukunft sind. In 40 Jahren werden wir… Wer das konsequent zu Ende denkt – bzw. mal umgekehrt überlegt, was sich vor 40 Jahren für heute hätte voraussagen lassen, am Beispiel der Verzinsung etwa, wird merken, wie wenig verlässlich das ist. Auf meine Anfragen bekam ich zu hören: Alternativlos. Eine ARD-Dokumentation lässt an der Aussagekraft und erst recht an der Alternativlosigkeit Zweifel wachsen. Prof. Bosbach erläutert dort, wie leicht sich Zahlen und ihre Darstellung manipulativ verwenden lassen – und wie wenig seriös die Projektion von Bestehendem in die Zukunft ist: »Man kann nicht 45 Jahre in die Zukunft schauen! Was konnte man vor 45 Jahren von heute wissen? Nichts.«…

vgl. S. 83, der empirische Befund von Prognosen am Beispiel des Bistums Mainz. Das eigentliche Problem: wo man sich auf Prognosen zur Steuerung stützt, zeigt sich die Abwesenheit von gutem, richtigem Management (Fredmund Malik). Und das ist in der Kirche allenthalben spürbar (F.S.).

 

Neue erfundene Prognosen zum Erhalt von Horrorszenarien

24.5.2016 SWR

Die evangelische Kirche der Pfalz findet einen neuen Trick um seinen Haushalt arm zu rechnen. Man geht nun davon aus, die Gewerkschaften würden in den nächsten 6 Jahren eine Erhöung von 17% erhandeln.

Anscheinend reicht es nicht mehr nur die Einnahmen der Kirchensteuer trotz Steigerungen in den Prognosen sinken zu lassen um die Horrorszenarien zu begründen.

Allen Angehörigen der Kirche. Gratulation zu den erwartenden üppigen Gehaltserhöhungen.

Lesen Sie hier den Artikel.

Noch einmal: Beraterfirmen: „Verschwendung von Geld, Zeit und Intelligenz!“ Interview mit Prof. Gert Gigerenzer

Noch einmal: Beraterfirmen, vgl. dazu z.B. auch hier.

01/2016

Wenn der Bauch schlauer ist als der Kopf

 

 

… Aber wenn Sie in einer sich wandelnden Welt starre Regeln festlegen, fallen Sie damit auf die Nase. Daher ist eine gewisse Flexibilität wichtig.

Und die fehlt uns?

Ja, allzu oft. Leider hat unsere Gesellschaft zu viel Angst vor intuitiven Entscheidungen und vor Flexibilität. Man braucht natürlich eine gewisse Balance zwischen Flexibilität und Regeln, aber letztere dürfen nicht zu Fesseln werden. Dieselben Topmanager, die in meinen Untersuchungen sagen, „jede zweite Entscheidung ist eine Bauchentscheidung“, würden das öffentlich nie zugeben. Aus Angst. Stattdessen wird eine teure Beratungsfirma eingekauft, die auf einem 200-Seiten-Bericht die Bauchentscheidung begründet – ohne dass der Begriff „Bauchentscheidung“ je fällt. Das ist eine Verschwendung von Geld, Zeit und Intelligenz! Man misstraut Intuition und vertraut Berechnungen beinahe blind… Zum Interview.

Der Mythos von den sinkenden Kirchensteuereinnahmen durch den prognostizierten Mitgliederschwund wird immer lächerlicher. Evangelische Kirche in Westfahlen widerlegt ihre Prognose gleich doppelt

17.11.2015 Neue Westfälische

Die Evangelische Kirche von Westfalen hat in diesem Jahr 50 Millionen Euro mehr eingenommen, als sie geplant hatte. Die Einnahmen von 505 Millionen Euro sind die höchsten ihrer Geschichte. Dennoch sollen weiter Pfarrstellen gekürzt werden.

Das passiert in dem Jahr mit den Rekordaustritten aus den evangelischen Kirchen. Der Mythos von den sinkenden Kirchensteuereinnahmen durch den prognostizierten Mitgliederschwund wird immer lächerlicher. Dennoch hält die Westfälische Kirche am Abbau der Pfarrstellen fest. Langfristig will rechnet man mit sinkenden Kirchensteuereinnahmen.

Wie unbegründet die Sparziele sind zeigt sich an den Zukunftsprognosen. Wenn man die Kirchensteuern an die Mitglieder koppeln will, wäre es sinnvoll so viele Stellen zu sparen, dass gleichbleibend viele Mitglieder eine Pfarrstelle finanzieren. Die Pläne sehen aber vor, dass statt 2500 Gemeindeglieder im Jahr 2040 3500 eine Pfarrstelle finanzieren. Nicht einmal mit der eigenen Schwarzmalerei kann man anscheinend konsequent rechnen.

Lesen hier die Quelle der Zahlen.

EKHN: Finanzanalyse und -prognose des Finanzdezernenten. Vergleich 2005 und 2015. Kirchenstrategie oder Prognosestratgie.

11/2015

Finanzanalysen und -pognosen kann man auch unter literarkritischen Gesichtspunkten
als Texte analysieren. Dann fallen über ein Jahrzehnt hin deutliche Struktur-Parallelen
auf: in einem ersten Abschnitt wird die zurückliegende, tatsächlich positive Entwicklung
erwähnt. In einem zweiten Abschnitt wird dann dargelegt, dass diese zurückliegenden
Ergebnisse untauglich sind für die Grundlage einer Zukunftsprognose.

EKHN Jahresbericht 2005/2006,S. 7:
„Die Analyse zeigt ein ähnliches Bild wie 2005: Deutliche
Mehreinnahmen bei der Kircheneinkommensteuer, die
von Unternehmen in der Rechtsform einer Personen-
gesellschaft gezahlt wird, überkompensieren die
weiterhin rückläufigen Kirchenlohnsteuerzahlungen, die
auch die demografische Entwicklung bei den Mitgliedern
widerspiegeln.

Das wird sich aller Voraussicht nach in Zukunft
ändern. Die vorhandenen Prognosen sahen bei einem
mittleren Szenario hinsichtlich Wirtschaftswachstum,
Arbeitsmarktkenndaten und Inflationsrate voraus,
dass die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahr-
zehnte nicht mehr geeignet sein wird, die strukturellen
Probleme bei der Mitgliederentwicklung zu kompensieren.
Geht man für das Gebiet der EKHN von einem Mitglieder-
rückgang bis 2025 von insgesamt 16 Prozent oder
0,9 Prozent pro Jahr aus, wird dies vor dem Hintergrund
eines mittleren wirtschaftlichen Szenarios zu einem
durchschnittlichen Rückgang der Kirchensteuer-
einnahmen um zirka 3,5 Mio. Euro pro Jahr führen.“

Jahresbericht 2014/2015, S.6
„Wir können in der EKHN also nicht mehr von einem
negativen Langfristtrend sprechen. Die durch den Mit­
glieder­rückgang ausgelösten Effekte wurden in den letzten
Jahrzehnten durch Wirtschafts- und Steuerwachstum
überkompensiert.

Es ist allerdings absehbar, dass diese
Kompensationseffekte künftig in diesem Umfang nicht
mehr eintreten können, denn die Altersstruktur unserer
verschiebt sich, und das werden wir auch
finanziell zu spüren bekommen – spätestens in den
20er-Jahren, wenn die geburten­starken Jahrgänge in den
Ruhestand treten.“

Immer wieder neu gilt: „Die Zukunft hält allerdings erhebliche Herausforderungen bereit.“

Kommentar F.S.:

Bei einem Vergleich ist inhaltlich interessant:
a. die Prognose von 2006 mit einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen nominell um 3,5 Mio € hat die tatsächliche Entwicklung grandios verfehlt. 2005 lagen die Kirchensteuereinnahmen bei 360 Mio. €. Sie dürften dann 10 Jahre später noch bei ca. 325. Mio. € liegen. Tatsächlich lag sie aber bei 490 Mio. €. Das könnte sich für alle Beteiligten in der Praxis sehr angenehm anfühlen, wenn, ja wenn die Haushaltspolitik sich dieser tatsächlichen positiven Entwicklung angepasst hätte. Hat sie aber nicht. Und daran zeigt sich – besser: das ist ein starkes Indiz dafür – dass der Zweck der Prognose nicht darin liegt, zukünftige Entwicklungen tasächlich abzubilden. Denn das können sie sowieso nicht. Der Zweck liegt in der Umsetzung eines Downsizing-Konzeptes, wie es nicht nur in der Kirche, sondern in dieser Zeit auch in anderen Institutionen, den Kommunen, dem Staat, üblich war – und noch immer üblich ist. Hier wird ebenfalls gekürzt und abgebaut – in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen.
b. Dieses Downsizing-Konzept hat sich nicht geändert. Das zeigt sich auch an der anhaltenden Prognosestrategie. Daher wird man auch bei aktuellen Prognosen  unterstellen, dass sie nicht ernsthaft daran interessiert sind, die zukünftige Entwicklung abzubilden. Der Finanzdezernent ist allerdings heute nicht mehr so naiv konkrete Entwicklungszahlen langfristig  anzugeben wie vor 10 Jahren – s.o. ca. 3,5 Mio. p.a.
c. Spannend ist aber doch, dass die Begründung für den prognostizierten Rückgang in Zukunft ebenfalls  anders erfolgt als 2006. Heute wird nicht mehr abgestellt auf den Mitgliederrückgang. Eine Behauptung, die ja zuvor schon von der Wissenschaft widerlegt war. Heute wird abgestellt auf den Übergang der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Diese Entwicklung ist sicher nicht zu widerlegen. Aber  sie ist ja wieder nur eine unter mindestens 4 anderen Komponenten, die Einfluss auf die tatsächliche Entwicklung ausüben.

Kirchenstrategie oder Prognosestrategie.
Das eigentliche Problem besteht darin, dass Prognosen keine theologisch-soziologisch begründete Leitungsstrategie der Kirche ersetzen können. Genau das aber wird fortgesetzt betrieben. Und genau das ist das eigentliche Problem!

Das wurde von mir schon einmal in einem Artikel im Deutschen Pfarrerblatt ausgeführt:

„Dazu ein paar wenige Blitzlichter. Strategie: »Eine gute Strategie ist unabhängig von der Möglichkeit, Prognosen zu machen … Das ist eine der wichtigsten Prinzipien der Architektur einer Strategie – dies deshalb, weil die Zukunft nicht prognostizierbar ist – sie war es nie34. Und sie wird es nie sein.« Man vergleiche nur die erheblichen Unschärfen von Prognosen schon im Nahbereich als Anschauungsmaterial. …  Dabei ist der Begriff nicht umgangssprachlich zu verwenden, sondern im Sinne einer langfristigen Orientierungsgröße. Das gilt dann selbstredend auch für eine gute kirchliche Strategie. Kirchliche Mitarbeiter bestätigen dies immer wieder.“

Man würde den Tag herbeisehen, an dem der Finanzdezernent und Leiter der Kirchenverwaltung eine theologisch-soziologische Theorie als Basis der Finanzpolitik macht. Und falls er das nicht kann, müssten das die Theologen  der Kirchenleitung für ihn übernehmen. Und dann wäre einiges in der Leitungsfunktion der Kirche zurechtgerückt, was in den zurückliegenden Jahren zur Fehlentwicklung wesentlich beigetragen hat. Dass nämlich versucht wurde, allein oder in der Hauptsache mit Finanzgrößen zu steuern. Dies Experiment ging schief. Und daraus sind Konsequenzen zu ziehen. Dann, und nur dann, würde Aussicht auf Erfolg eines echten Kirchenmanagements bestehen.