Archiv für den Monat: Oktober 2013

EKBO: Synode lehnt Pflichtleistungsgesetz ab

Die vom 23. bis 26.10.13 tagende Synode der EKBO hat eine für das Reformkonzept wichtige Vorlage, das sog. Pflichtleistungsgesetz zu Aufgaben und Finanzierung der Verwaltungsämtern, abgelehnt. Eine entsprechende Mitteilung fand sich ursprünglich am 24.10. noch auf der Seite der EKBO. Mittlerweile wurde die Meldung dort entfernt…

EKBO: bisher Zuwachs der Kirchensteuereinnahmen um + 11,29% im Vergleich zum Zeitraum 2012

aus Jahresbericht 2013 für die Landesynode der EKBO vom 23.-26.10.13

Wirtschaftliche Entwicklung. Finanzen

„Die Entwicklung der Kirchenlohnsteuer in Berlin und Brandenburg zeichnet diese positive Situation am Arbeitsmarkt in den ersten acht Monaten des Jahres nach: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist jeweils ein Zuwachs zu verzeichnen (+ 12,98% und
35 + 6,09%). Dies führt insgesamt bei der Kirchensteuer zu einem Plus von 11,29% gegenüber dem Vorjahreszeitraum (+ 13,42% in Berlin und + 4,66% in Brandenburg,
jeweils im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Ähnlich ist die Entwicklung im Bereich der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, die für den Bereich Görlitz von Bedeutung ist: Für die
ersten acht Monate des Jahres 2013 ist ein Zuwachs bei der Kirchensteuer von insgesamt 6,04% (davon Kirchenlohnsteuer + 6,09% und Kircheneinkommensteuer + 5,88%)
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gemeldet worden.“ Lesen Sie mehr.

Vgl. im Vergleich zu den Prognosezahlen zu den Kirchensteuereinnahmen 2013 der EKHN ist die EKBO ganz offen realistisch und stellt anstelle der Prognose 2013 die Statistik der bisherigen Monate des Jahres dar. Dann fällt die Darstellung realistisch und überaus positiv aus. Im Vergleich zur EKHN-Prognose 2013, die – wie auch in den Vorjahren – immer ein Minus ausweist. Auch für das Jahr 2013! Kommentar? Irre Prognose!

Friedhelm Schneider

Bistum Limburg – Auch die Rolle der Vertrauten des Bischofs unter die Lupe nehmen

Die Kassenprüfer der Bischofskonferenz müssen nach Ansicht von Kirchenrechtler Thomas Schüller nicht nur die Rolle des Bischofs, sondern auch die seiner Vertrauten unter die Lupe nehmen. Der Generalvikar sei eine Schlüsselfigur, sagte er im Interview mit hr-online.

…Da dieser Kauf durch das Bistum nicht durch den Kirchensteuerhaushalt erfolgt ist, kann er nur aus dem Vermögenshaushalt der Diözese getätigt worden sein, für den die Verwaltungskammer zuständig ist. Dieser Kammer gehören der Generalvikar, der Weihbischof, der Justitiar, der Finanzdezernent und der Personaldezernent an…

Das vollständige Interview mit dem Kirchenrechtler Prof. Schüller.

Evaluation des Projektes Wirtschaftliches Handeln in der Kirche (WH), Württemberg

Die Studie der Württembergischen Landeskirche zum Projekt Wirtschaftliches Handeln ist nicht taufrisch, aber immer noch aufschlussreich und interessant. Denn sie beinhaltet einige wichtige Erkenntnisse zu den Neuen Steuerungsmodellen und der Doppik/NKF. Man beachte dabei, dass dies Projekt in Württemberg noch aus der Frühphase der Reformen – aus den 90iger Jahren – stammt. Die Intention war daher durchaus noch eine andere als in späteren Phasen des Prozesses, insbesondere in den Jahren 2006ff. Dennoch können schon hier wichtige Erkenntnisse auch für die spätere Phase der Reformprozesse gewonnen werden.

Das Ziel der Evaluation bestimmt das Forschungsdesign:
„Das zentrale Ziel der Evaluation ist die Beurteilung des aktuellen und zukünftigen Nutzens des Projekts WH für die ELK. Die Beurteilung des Nutzens erfolgt vor dem
Hintergrund der mit dem Projekt ursprünglich verfolgten Ziele „Transparenz“,„Partizipation“ und „Nachhaltigkeit“. “

Die Ergebnisse in Kürze: hinsichtlich Transparenz gibt es die durchschnittlich mittlere Beurteilung zw. „stimme voll zu“ und „Stimme überhaupt nicht zu“.
Hinsichtlich Partizipation ist das Urteil deutlich negativ (keine Zustimmung), und hinsichtlich Nachhaltigkeit ist leichte Zustimmung zu verzeichnen. Die Studie als pdf.
Kein überzeugendes Ergebnis, fürwahr. Insbesondere wenn man auch noch den hohen Einsatz an Mitteln (Kosten) berücksichtigt. Das Ergebnis bestätigt damit die empirische Forschung in Kommunen hinsichtlich der NSI und Doppik/NKF.

Friedhelm Schneider

Mehr Kontrolle für Kirchenvermögen notwendig

Von Philipp Förder. TÜBINGEN.

Seinen Kollegen hat er einen Bärendienst erwiesen. Das Finanzgebaren des Limburger Bischofs wird dafür sorgen, dass sich bei der Verwaltung des kirchlichen Vermögens einiges ändert, ist der Tübinger Sozialethiker Matthias Möhring-Hesse überzeugt.
Kirche muss nicht arm sein, sagt der 52-jährige Professor für Theologische Ethik/Sozialethik an der Uni Tübingen in einem GEA-Interview. Die Kirche muss aber anders mit ihrem Geld umgehen. Sie muss es anders anlegen und sie muss als Arbeitgeber dafür sorgen, dass sie durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse nicht selbst Armut erzeugt.
Nach den Vorgängen in Limburg ist der Theologe und Soziologe überzeugt: Die Bischöfe werden das kirchliche Vermögen nicht mehr wie bisher im Dunkel des „Bischöflichen Stuhls“ lassen können. „Die Kirchenmitglieder bestehen zurecht auf Mitsprache, auf Transparenz und Kontrolle.“
Mehr dazu.

Kommentar: Was vordergründig nach Verschwendung eines Einzelgängers aussieht, offenbart im Kern ein Systemversagen. Die Ursache liegt in Machtverschiebungen und Machtkonzentration. Im Falle Limburgs also eine Machtkonzentration beim Bischof. „Absolutistisches Verhalten“ wurde ihm von Ehrenamtlichen schon lange attestiert. In solchen Systemen wird Kontrolle abgebaut oder geschwächt. Wie im Bistum Limburg par exellence sichtbar. An der Stelle ist aber der Bogen über die Grenzen des Bistums hinweg zu schlagen: ist es denn mit den Kontrollinstanzen in den anderen Bistümern besser bestellt? Welche Macht und Befugnisse haben die Rechnungshöfe/Rechnungsprüfungsämter? Arbeiten sie wirklich frei und unabhängig? Oder sind sie den Bischöfen, die ja kontrolliert werden müssen, etwa weisungsgebunden? Und die nämliche Frage gilt in gleicher Weise für die evangelischen Landeskirchen: sind dort die Kontrollinstanzen frei? wie sind sie personell ausgestattet? welche Befugnisse haben sie? Besser: welche Befugnisse haben sie noch? In der EKHN z.B. ist die Stelle des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes aktuell im Amtsblatt wieder ausgeschrieben. Das war aber eine gewisse Zeitspanne gar nicht sicher. Denn die Kirchenleitung wollte die auch mit der Prüfung der Landeskirche befassten Stelle nicht mehr ausschreiben. Und die entsprechenden Befugnisse – dem fachlich im Verhältnis zur finanziellen Ausstattung überaus gut arbeitenden Amt – entziehen. Der Wunsch der Kirchenleitung war, die Prüfung der EKD zu übertragen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Anderes Beispiel: die EKiR. Die bei ihrer umfangreichen Strukturveränderung mit Übertragung vieler früher in den Kirchenkreisen angesiedelten Befugnissen auf die Kirchenleitung die Anpassung der Rechnungsprüfung nur sehr stiefmütterlich betrieb. Das birgt erhebliche Gefahren – wie die Vorfälle im Bistum Limburg zeigen. Wir werden darüber in einer anderen Ausgabe gesondert berichten.

Fazit: aus systemischer Sicht können die Vorfälle in Limburg zur Einsicht in die Bedeutung, die Stärkung und die bessere Ausstattung der Finanzkontrolle/Rechnungsprüfung führen. Diese Einsicht ist bitter nötig. In der katholischen wie auch in der evangelischen Kirche. Die Rechnungsprüfung war früher als fünftes Rad am Wagen der Verwaltung oft belächelt. In Transformationszeiten ist die Funktionsfähigkeit dieser Institution aber von entscheidender Bedeutung. Funktioniert sie gibt es Konflikte. Die sind aber auch wenn sie einmal hart ausgefochten werden sollten weniger schädlich als ein Image-GAU wie ihn Kirchen erleben, die die frühzeitige Kontrolle  unterbinden (wollen). Wie immens solcher Image-Schaden werden kann sieht man jetzt am Bistum Limburg. Und das ist eine gute Lehre.

Friedhelm Schneider

Warum gehört die Eigentumsfrage wieder auf die politische Agenda?

Vortrag Ingomar Hauchler beim Willy- Brandt-Kreis in Griebnitzsee, 22.3.2013

Warum gehört die Eigentumsfrage wieder auf die Tagesordnung? Einfach

deshalb: die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte hat gezeigt, dass

Wohlstand für alle, soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung nicht

zu haben sind, wenn man sich nur auf instrumentelle Lösungen in den Grenzen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung verlässt. Mehr dazu.

Privatisierungsbremse für Leipzig?

Die Bürgerinitiative »Privatisierungsbremse für Leipzig« will den Verkauf kommunaler Güter in der Messestadt erschweren. Dies soll künftig nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit im Stadtrat möglich sein. Für ein entsprechendes Bürgerbegehren haben die Initiatoren rund 22000 gültige Unterschriften bei der Stadt eingereicht. Damit sei das erforderliche Quorum von fünf Prozent der wahlberechtigten Leipziger erfüllt, bestätigte die Leiterin des zuständigen Amtes für Statistik und Wahlen Leipzig, Ruth Schmidt, am Mittwoch auf jW-Nachfrage. Formell ist so die erste Hürde für einen Bürgerentscheid genommen. Mehr dazu.

Prof. Jochen Krautz: Ware Bildung – Buchbesprechung

Der große Umbau deutscher Hochschulen und die neuen Studiengänge werden weder zu besserer Anschlussfähigkeit deutscher Abschlüsse führen noch zu einer besseren akademischen Bildung. Das ist nur ein Punkt in Jochen Krautz Generalabrechnung mit der Umgestaltung des deutsche Bildungssystems, für die die Schlagworte Bologna und PISA stehen.

Unter dem Zwang der Effektivierung, des Benchmarking, Ranking und der Outputorientierung ist Bildung verloren gegangen, und deshalb stellt Krautz den Bildungsbegriff an den Beginn seiner Kritik. Als Kunsterzieher leitet er ihn anschaulich und gut verständlich aus der Betrachtung eines Reliefs über dem Tor einer tschechischen Volksschule her. Bildhaft und angenehm lesbar wie der Einstieg ist das ganze Buch geschrieben. Bildung als Persönlichkeitsentwicklung und Erziehung als ein personaler Prozess zwischen Lehrer und Schüler sind verloren gegangen, stattdessen geht es nur noch um die Ausbildung der eigenen Arbeitskraft und der quasi industriellen Produktion von Kompetenzen, um das Human-Kapital der künftigen Ich-AGs.

Zur immer noch aktuellen Buchbesprechung von Wolfgang Lieb von 2007.

Ökonomisierung und Entdemokratisierung des Bildungswesens – Veranstaltungshinweis

Sind Kompetenzen, Standards und Methoden ein Allheilmittel?
Vortragsreihe: Vom 31.10.2013 bis 30.01.2014 alle 14 Tage donnerstags um 19:30 Uhr in der Goethe-Uni Frankfurt, Campus Bockenheim Hörsaalgebäude, Gräfstraße, Ecke Mertonstraße

Bildungsstandards, Einzug des Qualitätsmanagements in die Schule, Individualisierung der Lernprozesse durch selbstorganisiertes Lernen, Ausrichtung der Schule an betriebswirtschaftlichen Kriterien – das sind einige der Schlagwörter, mit denen Bildungsplaner/-innen das auf angeblich abgestandenes „Abfragewissen“ zielende Schulsystem in Deutschland umkrempeln wollen.

Die Veranstaltungsreihe „*Ökonomisierung und Entdemokratisierung des Bildungswesens*“ der Frankfurter GEW in Kooperation mit dem AStA der Goethe-Universität und der „Gesellschaft für Bildung & Wissen“ zielt auf den Blick hinter die Kulissen, die von Politikern/-innen und Meinungsmonopolisten aufgebaut wurden und werden, um die Aufmerksamkeit von den für Lehrkräfte und betroffene Schülerinnen und Schüler negativen Folgen der beabsichtigten „Reformen“ abzulenken und um Veränderungen von Strukturen und Inhalten des Bildungssystems durchzusetzen, die kritisch zu hinterfragen sind.
Zum Programm der Abende.

Über die Abgründe des Missbrauchssystems – Mea Maxima Culpa (Film und Besprechung)

Institutionalisiertes Schweigen der Kirche: Die Filmrecherchen führen bis in den Vatikan.

Die Opfer sind gehörlos und zum Schweigen gezwungen, der Täter ist ein Priester und als Autorität anerkannt: In einem von der katholischen Kirche geführten US-Internat kam es jahrzehntelang zu sexuellem Missbrauch. Alex Gibney schildert die Qual der Kinder in einem parteiischen, aber aufwühlenden Dokumentarfilm. Zum Artikel in der SZ.

Mea Maxima Culpa
STILLE IM HAUS DES HERRN. Ausgehend von dem Fall eines amerikanischen Paters, der sich über Jahrzehnte an Schutzbefohlenen verging, zeigt Oscar-Preisträger Alex Gibney, welches Ausmaß die pädophilen Verbrechen von Geistlichen angenommen haben und mit welcher Beharrlichkeit die Kirche zu den Missständen geschwiegen hat. Zum Film.