Archiv für den Monat: Februar 2014

5 Pfarrer aus dem Vorstand des Gustav-Adolf-Werks in der EKM gleichzeitig von Disziplinarverfahren betroffen

18.02.2014, Magedburger Volksstimme

Seit einem Jahr liegt der Streit beim Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Kirchenleitung hat zudem Disziplinarverfahren gegen fünf widerspenstige Pfarrer und GAW-Ehrenamtliche eröffnet, darunter Michaelis. Der ist aber zugleich gewählter Interessenvertreter aller 1000 Pfarrer in der Landeskirche. Dieses Amt kann er wegen des laufenden Verfahrens nicht mehr ausüben. „Das ist ein Skandal, wie eine gewählte Pfarrvertretung lahmgelegt wird“, schimpft Michaelis.“ Zum Artikel.

Zum Sachverhalt berichtet auch der Vorstandsbericht des Thür. Pfarrvereins 2013:

… 3. Pfarrverein, Pfarrvertretung und Gustav-Adolf-Werk Thüringen

Bereits im vergangenen Jahr habe ich in unserem Vorstandsbericht und in verschiedenen Gesprächen deutlich gemacht, dass die GAW-Arbeit eine Basisbewegung von Pfarrern gewesen ist, die unabhängig von kirchlichen Strukturen über einhundertfünfzig Jahre
Christen in der Diaspora geholfen hat. Sowohl der Pfarrverein als auch die Pfarrvertretung haben die Aufgabe, sich der Rechte der Pfarrerschaft anzunehmen und diese zu bewahren. Deshalb war es geboten, sich mit dieser Problematik zu befassen und unmissverständlich zu Wort zu melden. Das habe ich in einem Gespräch mit der Kirchenamtspräsidentin Frau Andrae getan, aber auch mit dem Vorstandsbericht im vergangenen Jahr. Bedauerlicherweise ist unsere Kirchenleitung von dem Kurs der Eskalation nicht abgewichen. Zum Bericht, vgl. S. 3f

Wir haben die EKM um eine Stellungnahme zu den Vorgängen aus ihrer Sicht gebeten. Hier die Antwort von OKR Lehmann:

Sehr geehrter Herr Schneider,

vielen Dank, dass Sie uns die Möglichkeit einräumen möchten, zum
Sachverhalt "Gustav-Adolf-Werk der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche
Thüringen" Stellung zu beziehen. Sicher wird es Sie nicht überraschen,
dass wir uns auch in diesem Fall an die Gepflogenheit halten, noch
offene Gerichtsverfahren nicht im Detail zu kommentieren.

Als Personaldezernent kann ich Ihnen jedoch versichern, dass mich die
Auseinandersetzung in besonderer Weise bekümmert, weil mir an einem
engen Miteinander zwischen Pfarrvertretung und Landeskirchenamt gelegen
ist. 
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir sachlich und geduldig an einer
Klärung der Frage, ob die Landeskirche das GAW Thüringen rechtsförmig
aufgelöst hat, was wir seitens der Landeskirche bejahen, andere aber
bestreiten, arbeiten müssen. Ich denke, dass die Landeskirche auf
zweierlei Weise einen wichtigen Beitrag geleistet hat, um diese Frage zu
einer für alle Seiten akzeptablen Klärung zu führen – erstens mit
einer externen Expertise und zweitens mit einer externen Moderation:
Erstens hat sie im Rahmen einer Feststellungsklage mit dem
Verwaltungsgericht der EKD eine neutrale Stelle angerufen, die die
Rechtmäßigkeit des landeskirchlichen Beschlusses prüfen soll. Zweitens
hat sie mit Pfarrer Manfred Bittighofer, dem einstigen Direktor der
Unterweissacher Missionsschule und langjährigen und verdienstvollen
Mitarbeiter im Vorstand des GAW Württemberg, einen allseits
respektierten Moderator für ein Gespräch zwischen Vertretern des GAW
Thüringen und Kollegiaten des Landeskirchenamtes gewinnen können. 

Zu den  Disziplinarverfahren möchte  sagen: Die Disziplinarverfahren
wurden im Dezember 2012 eröffnet und gleich wieder ausgesetzt, weil die
Landeskirche den Versuch unternahm, die oben genannten Schritte zur
Lösung des sachlichen Konflikts zu unternehmen. Zu unserem eigenen
Bedauern hat sich aufgrund der Erkrankung des leitenden Richters die
Verhandlung unserer Feststellungsklage bis auf den heutigen Tag
verzögert. Wir haben allerdings die Disziplinarverfahren, im übrigen
auf Antrag der Pfarrvertretung der EKM, wieder aufgenommen, mit dem
Ziel, weitere Verzögerungen zu vermeiden, und darum die Ermittlungen in
den Angelegenheiten zu führen, die von der Frage der rechtmäßigen
Auflösung des GAW unberührt sind. Nun wollen wir die
Disziplinarverfahren aber erst zum Abschluss kommen lassen, bevor wir
ihre Ergebnisse würdigen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Lehmann

Ökumene und Abendmahlsgemeinschaft – von Prof. DDr. Gotthold Hasenhüttl (Thema des Monats)

Der Artikel erschien in gekürzter Fassung im Okt. 2013 im Dt. Pfarrerblatt. Wir veröffentlichen die Originalfassung mit freundlicher Genehmigung des Autors.

1. Einleitung

Jeder weiß, dass wir Christen gespalten sind, gespalten in verschiedene Konfessionen, sodass Christen gegen Christen stehen und sich daher unchristlich verhalten. Nichts widerstreitet der Botschaft Christi mehr, als die gegenseitige Verurteilung und Abgrenzung. Gerade die Eucharistie wird von kirchlichen Hierarchen als Mittel der Ausgrenzung missbraucht. Das bedeutet, dass Kirchen Jesus Christus zu einem Ausschlussmittel umfunktionieren. Dazu gesellt sich ein Institutionenfetischismus: Wenn du nicht die gleiche Kirchenstruktur hast wie ich, bist du von der vollen Wahrheit abgefallen. „Die Institution der je eigenen Kirche bildet das Nadelöhr, in dem die ökumenischen Diskussionen stecken geblieben sind“ (H. Häring). Das kirchliche Denken ist bestimmt vom Mythos der hierarchischen Institution als schützender, für ein humanes Zusammenleben unverzichtbarer Ordnungsmacht. Dieser Gedanke ist heute jedoch obsolet. Konfessionen sind das Produkt vergangener Zeiten, vor allem der Moderne. Heute ist das Ende des Konfessionalismus gekommen, wenn sich die Kirchen nicht selbst aufgeben wollen. Ist der Pluralismus nicht ein Reichtum? Ist die Vielfalt der Kirchen nicht wie die Vielfalt der Kulturen wünschenswert? Gehört nicht der Pluralismus zum Wesen des christlichen Glaubens? Ein Blick in das NT genügt! Wir haben vier verschiedene Evangelien, die sich nicht harmonisieren lassen, wir haben in den paulinischen, nachpaulinischen und johanneischen Schriften ganz unterschiedliche Strukturen der Glaubensgemeinschaften. Gerade diese Vielfalt hat eine antiideologische Speerspitze, die jede Verabsolutierung ausschließt. Die Spaltung der Christenheit ist durch Absolutheitsansprüche entstanden und ist gegen die biblische Botschaft. Spaltung ist immer Ausschluss des Andersdenkenden. Vielfalt ermöglicht unterschiedliche Theologien, Institutionen, Symbole und Lebensentwürfe. Die Vielfalt schließt die Einheit nicht aus, wenn nur der andere anders sein darf und im Dialog bleibt. Die Spaltung hat den Dialog unmöglich gemacht und daher die jesuanische Botschaft verraten. Nur wenn wir den Weg zueinander finden, nicht stehenbleiben, und d.h. änderungsbereit sind, selbst im Dialog werden, neu werden, ist Spaltung überwindbar. Diesen Weg kennen wir – oder stellen auch wir die Thomas-Frage: Wir wissen nicht den Weg? – die Antwort Jesu war: Ich in der Weg. Wenn wir uns an der Existenzform Christi orientieren, haben wir den Weg zur Einheit in der Vielfalt. Prof_DDr_Hasenhüttl_Ökumene und Abendmahlsgemeinschaft

Risse im deutschen Bildungssystem – von Prof. Friedhelm Hengsbach

Von: Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach (Sozialethiker)

„Die international vergleichenden Pisa- und Piaac- Studien zur Leistungsfähigkeit der Bildungsabsolventen erzeugen in der politischen Öffentlichkeit immer wieder neue eruptive Erregungszustände, ohne die strukturellen Risse der deutschen Bildungslandschaft zu benennen und ursachenangemessene und zielgerichtete Reformen anzustoßen.

Im Folgenden will ich drei Risse des deutschen Bildungssystems identifizieren: Die private und öffentliche Regie der Bildungswelten liegen im Widerstreit. Die Bildungsinteressen bürgerlicher Milieus und die Bildungschancen breiter Bevölkerungsschichten weichen voneinander ab. Die Rangfolge des theoretischen Wissens und des Erfahrungswissens wird kontrovers eingestuft. Mit dem Leitbild „erweiterter Beruflichkeit“, wie es der wissenschaftliche Beraterkreis von IG Metall und verdi begründet, soll ein normativer Orientierungswechsel skizziert werden, der diese Risse entschärft.“
Zum Artikel von Prof. Friedhelm Hengsbach.

Nordkirche: Kirchensteuer steigend. Finanzpolster gut. Bürokratisierung durch Landeskirchenfusion.

Lübeck-Travemünde (epd). Nordkirche.

Der evangelischen Nordkirche geht es finanziell bestens: Insgesamt 468 Millionen Euro sollen 2014 in die Kirchenkassen fließen – rund sechs Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Größte Einnahmequelle ist die Kirchensteuer mit 425 Millionen Euro. Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern steuern noch einmal knapp 27 Millionen Euro bei. Finanzexperte Martin Blöcher, Mitglied der Kirchenleitung, stellte den Haushalt der Landessynode in Lübeck-Travemünde vor.

Auch das Finanzpolster ist beachtlich: Anders als Bund und Länder hat die Kirche für künftige Pensionen eine finanzkräftige Stiftung Altersversorgung gegründet. Das Vermögen
beträgt derzeit 855 Millionen Euroknapp 50 Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Das verfügbare Vermögen der Kirche lag Ende vorigen Jahres bei 119 Millionen Euro, acht Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rund 260 Millionen Euro werden von der Landeskirche umgehend an die Kirchenkreise durchgereicht, die  sie dann überwiegend an die Gemeinden verteilen. Bis 2018 soll der Anteil der landeskirchlichen Ausgaben leicht gesenkt werden.

Blöcher warnte allerdings vor einer Überlastung der Verwaltung aufgrund der Fusion. Das Arbeitspensum sei bei gleichbleibender Intensität und Sorgfalt nicht mehr zu leisten. Erschöpfung und Krankheitsausfälle seien nicht mehr zu übersehen. vgl. Ausgabe S. 20!

Erzbistum Köln: „Die Briefkastenfirma des Erzbistums“

Am 13.02.14 erschien in der ZEIT ein mehrseitiges Dossier über Finanzen, Investitionsstrategien, Macht und – Machenschaften im Erzbistum Köln. Titel: Der Geldsegen. Die Zusammenfassung: „Unter Erzbischof Joachim Meisner, der nun in Ruhestand geht, mehrte das Bistum Köln sein Vermögen mit fragwürdigen Investments. Bei den Bedürftigen wurde dagegen gespart.“  Zum Dossier.

Das Thema wird in der Presselandschaft aufgenommen, u.a. im Bonner Generalanzeiger: Die Briefkastenfirma des Erzbistums

Von Delphine Sachsenröder
KÖLN.  Das Erzbistum Köln besitzt eine niederländische Briefkastenfirma. Diese Konstruktion hat dem Bistum geholfen, Steuern beim Kauf der Immobilie für das Domforum im Jahr 1991 zu sparen.
Niederländische Besitzgesellschaft: Die Briefkastenfirma des Erzbistums

Das Erzbistum legt sein Geld unter anderem in Kaufhausimmobilien in besten Innenstadtlagen an, aber auch in Aktienfonds; so gehört etwa das ehemalige Bonner Bouvier-Haus einer kirchlich getragenen Immobiliengesellschaft. Immer wieder wird kritisiert, das Erzbistum spare an sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, während auf der anderen Seite der Gewinn maximiert werde. Mehr dazu.

13. Februar 2014, Die Stellungnahme des Erzbistums Köln zum Dossier:

– Für alle Anlagen des Erzbistums Köln bestehen seit vielen Jahren eindeutige ethische Vorgaben. Wie im „Die Zeit“-Artikel („Geldsegen“, „Die Zeit“ vom 13. Februar 2014) angegeben, entsprach der Warburg-Fonds der Pax Bank fälschlicherweise und kurzzeitig nicht diesen Vorgaben. Dieser Fehler wurde behoben. Es gibt umfangreiche Mechanismen, die solche Fehler nach menschlichem Ermessen zukünftig auszuschließen. Das eingesetzte Kapital dient unter anderem als Rücklage für Pensionen und selbstverständlich fließen alle Erlöse in den Wirtschaftsplan des Erzbistums Köln ein und dienen damit den Mitarbeitern und Menschen vor Ort…

Anlagepleite im Ev. Dekanat München: Die Landeskirche versucht Vertrauen zurückzugewinnen

Kommentar von Helmut Frank

Es hat heftig gerumpelt in der Münchner Katharina-von-Bora-Straße. Die hochriskanten Anlagegeschäfte des Dekanats München haben den Landeskirchenrat der bayerischen evangelischen Kirche in einige Nachtsitzungen gezwungen. Dabei ging es darum, wie man damit umgeht, dass bei hochriskanten Anlagegeschäften im Dekanat München Millionen an Kirchensteuermitteln verloren gingen, wie wer für was genau Verantwortung übernehmen muss und welche Konsequenzen für die Zukunft gezogen werden. Zum Text im Bayerischen Sonntagsblatt.

Zur Stellungnahme der Kammer für Öffentliche Verantwortung zum Militäreinsatz in Afghanistan

von Hans Dieter Zepf, Pfarrer i. R., Beinestraße 26, 64846 Groß-Zimmern

Aufgabe des Textes ist es auf der Basis der Friedensdenkschrift von 2007 „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ den Afghanistaneinsatz, der schon 12 Jahre dauert, friedensethisch zu reflektieren. So heißt es in der Einführung in Ziffer 1: „Im Jahre 2007 hat die EKD mit ihrer Denkschrift …  friedensethische und friedenpolitische Perspektiven für die weltpolitische Situation am Beginn des 21.Jahrhundert formuliert. Das nachstehende Votum knüpft an diesen Grundlagentext an“.

Da der Text auf der Friedensdenkschrift basiert seien hier wesentliche Aussagen benannt:

Bereits im Vorwort wird die Tendenz der Denkschrift deutlich, wenn Bischof Huber formuliert „In Denkschriften soll nach Möglichkeit ein auf christlicher Verantwortung beruhender, sorgfältig geprüfter und stellvertretend für die ganze Gesellschaft formulierter Konsens zum Ausdruck kommen“ (S. 8).  Diese Aussage und die Tatsache, dass von Seiten des Militärs und der Politik die Denkschrift gelobt wird und zu den Mitgliedern der Kammer ein Bundeswehrgeneral aber kein Pazifist gehörte, sind –  obwohl manches in der Denkschrift  positiv zu bewerten ist – Indizien dafür, dass es nach dem Motto geht: „allen wohl und niemand weh.“

Einige Hinweise sollen das verdeutlichen (Zitate und Hinweise werden durch die jeweiligen Ziffern in den Klammern belegt):

Die Denkschrift sieht sich dem Vorrang der gewaltfreien Methoden
der Konfliktbearbeitung verpflichtet (60, 124, 170-183). Wie sehr allerdings die Denkschrift dem Ultima-Ratio-Denken verhaftet bleibt, belegen  folgende Sätze: Zwar ist „das christliche Ethos …  grundlegend von der Bereitschaft zum Gewaltverzicht (Mt 5,38ff.) und vorrangig von der Option  für die Gewaltfreiheit bestimmt“. Aber: „In einer nach wie vor friedlosen, unerlösten Welt kann der Dienst am Nächsten aber auch die Notwendigkeit einschließen, den Schutz von Recht und Leben durch den Gebrauch von Gegengewalt zu gewährleisten (vgl. Röm 13,1-7).“ (60). Der Hinweis auf Römer 13,1-7 zeigt ein Obrigkeitsdenken, das in der Geschichte fatale Folgen hatte. Auch die Aussagen über Artikel 16 des Augsburger Bekenntnisses von 1530 (100) sind  unkritisch. Mit Hilfe von CA 16 wonach „Christen ohne Sünde … Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig Kriege führen, …  können“  und Römer 13 (Jedermann sei untertan der Obrigkeit …) wurden Kriege immer wieder von der Kirche theologisch legitimiert.

Die Lehre vom „gerechten Krieg“ wird zwar  abgelehnt, nicht aber die Kriterien des „gerechten Krieges“ ( z.B. Erlaubnisgrund, Autorisierung, Verhältnismäßigkeit der Folgen und der Mittel) (102; 103). Damit werden weiterhin Kriege legitimiert.

Die Drohung mit dem Einsatz nuklearer Waffen ist friedensethisch nicht mehr zu rechtfertigen (108, 109, 162-164). „Aus der Sicht evangelischer Friedensethik kann die Drohung mit Nuklearwaffen  heute nicht mehr als Mittel legitimer Selbstverteidigung betrachtet werden“ (162). Umstritten ist in der Kammer, „welche politischen und strategischen Folgerungen aus dieser gemeinsam getragenen friedensethischen Einsicht zu ziehen sind“ (162). Auch in der Frage des Einsatzes nuklearer Waffen bleibt damit eine Hintertür offen. Noch nicht einmal hier schafft es die EKD mit einer Stimme zu reden.

Auf die Problematik des Krieges in Afghanistan wird nicht eingegangen, ebenso nicht auf den Israel-Palästina-Konflikt. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr werden nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

Die Denkschriften (1981 und 2007) sowie andere Äußerungen der EKD zur Friedensfrage lassen eine Ethik des unbedingten Gewaltverzichtes vermissen.

In  dem neuen Text der EKD wird nach Vorwort und Einführung die Stellungnahme in vier Schritten entfaltet.

Zu einigen Punkten in diesen vier Schritten beziehe ich kritisch Stellung.

Der Einsatz in Afghanistan wird miltärisch und zivil bewertet, wobei nicht zu übersehen ist, dass den militärischen Apekten gegenüber den zivilen mehr Aufnerksamkeit gewidmet wird. Wie in der Denkschrift von 2007 wird auch hier militärische Gewalt als ultima ratio legimiert (vgl. Ziffer 2). Möglichkeiten einer friedlichen und gewaltfreien Konfliktlösung spielen so gut wie keine Rolle.

Der Einsatz von Kampfdrohnen wird zwar differenziert problematisiert (Ziffer 16), aber auch hier kein klares Nein, was Ziffer 17 vermuten lässt. In Ziffer 17 wird gefragt „inwieweit es verantwortbar ist, um eines erwarteten militärischen Vorteils willen die Tötung unbeteiligter Zivilpersonen hinzunehmen.“ Die Kammer hat auch hier eine passende Antwort parat: „Jedenfalls im Rahmen internationaler bewaffneter Friedensmissionen ist dem Humanitätsgebot Vorrang (Hervorhebung H.D. Zepf) vor der militärischen Notwendigkeit einzuräumen. Demgemäß sind bei militärischen Kampfmaßnahmen zivile Opfer mit höchstmöglicher Wahrscheinlichkeit auszuschließen und sollten nicht als ,unbeabsichtigte Nebenfolge´ einer im Übrigen legitimen Zielwahl betrachtet werden.“ Wenn man wie die EKD unter bestimmten Voraussetzungen militärische Gewalt legitimiert, dann ist die logische Konsequenz, dass auch in der Frage der Tötung von Zivilpersonen das Ultima-Ratio-Denken  seine Fortsetzung findet. Diese Argumentation ist theologisch gesehen ein ungeheuerliche Vorgang.

Es wird festgestellt, dass die Sicherheitslage nach wie vor in weiten Teilen des Landes äußerst prekär sei (Ziffer 20).  Die Äußerungen über die Themen Schutz vor Gewalt, Förderung der Freiheit, Abbau von Not und Anerkennung kultureller Verschiedenheit  (Ziffern 20-33) sind weitgehend beschreibend und fragen nicht nach den Ursachen des  Afghanistan-Krieges. Ebenso wenig wird erkannt, dass mit militärischer Gewalt nicht die Voraussetzungen  geschaffen werden können, damit anschließend ein zivile Aufbauarbeit geleistet werden kann. Nur das afghanische Volk selbst kann Frieden schaffen. Dazu sind flankierende gewaltfreie Maßnahmen der Völkergemeinschaft notwendig.

In Ziffer 40 heißt es: „ Seit Gründung der Bundeswehr  ist die Militärseelsorge ein unabhängiger (Hervorhebung H.D. Zepf) Kooperationspartner.“ Diese Feststellung ist falsch.!

Es leidet keinen Zweifel, dass Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ein Recht auf Seelsorge haben. Die Frage ist, auf welche Art und Weise die Kirche diese Aufgabe wahrnimmt. Die behauptete Unabhängigkeit der Militärseelsorge ist nicht gewährleistet, wie die folgenden Hinweise belegen.

1. Der Staat sorgt für den organisatorischen Aufbau der Militärseelsorge und trägt ihre Kosten. Die Kirche begibt sich damit in Abhängigkeit: Die Kosten der Militärseelsorge trägt fast ausschließlich der Staat. Und es ist doch klar, dass ein Staat keine finanziellen Zugeständnisse macht , ohne entsprechende Gegenleistungen zu erwarten. Der Staat erwartet, dass die Militärseelsorge Militär und Staat stabilisiert.

2. Die Militärseelsorge ist in militärisch-staatliche Strukturen eingebunden. Die Freiheit des Evangeliums ist damit eingeschränkt. Die Militärpfarrer/innen stehen im Konflikt zwischen Staat und Kirche (doppelte Loyalität).  Die Militärseelsorge schweigt zu der Tatsache, dass  der Auftrag der Bundeswehr  ausgeweitet wurde zu einer Interventionsarmee. Die Militärseelsorge schärft nicht die Gewissen der Soldatinnen und Soldaten (Kriege, die völkerrechts – und grundgesetzwidrig sind Kosovo-Jugoslawienkrieg, Afghanistankrieg). Im lebenskundlichen Unterricht spielt die Frage der Konfliktlösung mit gewaltfreien Methoden sowie der Weg Jesu, der Gewaltfreiheit gefordert hat, kaum eine Rolle.

3.  Ein Militärpfarrer an der Artillerieschule der Bundeswehr in Idar-Oberstein verlas im Ostersonntagsgottesdienst 1999 eine Stellungnahme zum Kosovo-/Jugoslawien-Krieg, die er auch an einem Schriftenstand der evangelischen Militärseelsorge auslegte. Er wies unter anderem auf die Völkerrechtwidrigkeit dieses Krieges hin. Ein Offizier und das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr (Behörde des Verteidigungsministerium) schritten dagegen ein.

4. Der damalige evangelische Militärbischof Hartmut Löwe erklärte 1999, Militärgeistliche hätten nicht darüber zu urteilen, ob Auslandseinsätze der Bundeswehr richtig seien.

5. Ein leitender Offizier der Schule für innere Führung sagte 1975: „Wir erwarten von einem Pfarrer, der zu uns kommt als Seelsorger, dass er zur Bundeswehr ja sagt mit allen Konsequenzen, den Ernstfall eingeschlossen“ (in Vorgänge,  Zeitschrift für Gesellschaftspolitik (Heft 4/1975, S. 81). Der Einfluss des Staates auf die Militärseelsorge ist unverkennbar.

Die Barmer Theologische Erklärung von  1934 warnt in ihrer III. These: “Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung dem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugung überlassen.“

Dem katholischen Theologieprofessor Missalla ist zuzustimmen, wenn er formuliert:
„Wenn heute in über 40 Staaten eine katholische Militärseelsorge mit einigen tausend haupt- und ehrenamtlichen Militärgeistlichen – in fast allen Staaten mit Offiziersrang – eingerichtet ist, dann müsste die Kirchenleitung sich eigentlich bewusst sein, dass diese Staaten – nicht zuletzt als Gegenleistung für die investierten Gelder – erwarten, dass die Militärseelsorge die Institutionen Militär und Staat stabilisiert und die Auftragserfüllung der Streitkräfte ebenso unterstützt wie ihre Kampfkraft“ (Heinrich Missalla, Wie der Krieg zur Schule Gottes wurde.Hitlers Feldbischof Rarkowski.Oberursel 1997, Seite 119).
Die vorgenannten Ausführungen zeigen deutlich, dass die viel gepriesene „Unabhängigkeit  der Militärgeistlichen in ihrer seelsorgerlichen Tätigkeit“ falsch ist.

Wenn Seelsorge unter den Soldaten Sinn haben soll, müssen  Strukturen geschaffen werden, die völlig unabhängig sind von staatlichen Vorgaben.

Erforderlich ist die Kündigung des Militärseelsorgevertrages. Die Kirche muss Seelsorge in Räumen der Gemeinden anbieten. Deshalb: Abschaffung der Militärseelsorge und Einrichtung einer  Soldatenseelsorge, die frei ist von staatlichen Vorgaben!

Nähere Informationen zum Thema: „Abschaffung der Militärseelsorge“ sind unter www.militaerseelsorge-abschaffen.de zu finden.

Schlußbemerkungen

Der Text der EKD bringt, auch wenn er Defizite benennt, keine neuen Erkenntnisse. Wie schon wie bei der Friedensdenkschrift von 2007 macht sich die Kirche zum Handlanger des Staates. Zu den Mitgliedern der Kammer gehört ein Generalleutnant aber kein Pazifist!! Diesen Text hätte auch ein Politiker schreiben können. Die Bundesregierung wird jedenfalls ihre Freude haben und dankbar sein.

Erst, wenn die unheilvolle Allianz der Kirche mit dem Staat  überwunden wird und die Kirche sich dem biblischen Zeugnis des Gewaltverzichtes wieder verpflichtet weiß, wird es zu einer klaren und eindeutigen Redeweise in der Friedensfrage kommen.

Das Internet zwischen Messiaskomplex und Verteufelung

Das Internet ist immer wieder ein Reizthema. Für die einen ist es das gelobte Land, für die anderen der Untergang der westlichen Kultur und für einige eine riesige ökonomische Bedrohung.

Vor allem für Zeitungen ist es oft letzteres. Das Geschäftsmodell Agenturmeldungen als erstes geringfügig aufbereitet an die Abonnenten zu verkaufen leidet, wie kaum ein anderes unter den Möglichkeiten des Internets. Die Informationen sind im Internet schneller verfügbar und meistens günstiger. Die klassische Zeitung hat nur noch bei guter journalistischer Arbeit die Exklusivität auf ihrer Seite. Bei der allgemeinen Boulevardisierung der Medien stellt sich natürlich die Frage wie viele für diese Qualität zahlen wollen. Wenn Zeitungen nun über das Internet berichten, sind sie folglich immer schon befangen.

Vielleicht erklärt das den abstrusen Artikel „Der Ketzer“ in der Süddeutschen Zeitung. Er zeigt dennoch gut, warum eine grundlegende intelligente Debatte über das Internet notwendig ist.

Die Grundfrage des Artikels „Wem gehört die Zukunft?“ wird darauf reduziert, ob jeder mit dem Internet Geld verdient. Natürlich sind dann die Gewinner in erste Linie die großen Konzerne. Der normale Bürger bekommt keine Dividenden aus dem Internet.

Alleine das ist aber eine ziemlich seltsame Betrachtungsweise. Mit der gleichen Argumentation haben wir auch keinen Gewinn aus der Elektrizität, wir nicht zu den wenigen Großaktionären von RWE, EON oder Vattenfall gehören. Das gleiche gilt für Automobile und wahrscheinlich so fast jeden Bereich des Lebens. Finanziell gewinnen immer große Konzerne am meisten.

Dennoch profitiert eine große Mehrheit von der Elektrizität im Haushalt, der individuellen Mobilität. Das große Konzerne davon finanziell mehr Profitieren ist ihr Geschäftsmodell und in unserer ökonomischen Ordnung so gewollt. Das Internet bildet keine Ausnahme. Ich frage mich, warum sich Leute überraschen lassen, das dort auch die gleichen ökonomischen Gesetzte gelten.

Um den Anschein des bösen Internets zu wahren wird nun behauptet es gäbe gute technologische Innovationen und schlechte. Während die Industrialisierung und die Elektrifizierung Arbeitsplätze schaffen, würde das Internet sie vernichten. Als Beleg werden Birnen mit Äpfeln verglichen. Ein Unternehmen Kodak verlor rapide an Wert und ein anderes Instagram gewann schlagartig an Wert. Um zu verstehen, wie absurd der Vergleich ist will ich kurz die beiden Geschäftsmodelle vorstellen, die nur peripher etwas miteinander zu tun haben. Kodak verdient sein Geld mit Fotoapparaten, Filmen und Druckern. Alle diese Produkte werden verkauft. Instargram bietet Nutzern die Möglichkeit Fotos im Internet umsonst hochzuladen, damit Freunde und Fremde Leute sie betrachten können. Das Geld verdient Instagram mit der Möglichkeit Werbung im Umfeld zu Platzieren. Der Aufstieg der einen hat also kaum etwas mit dem Abstieg des anderen zu tun. Das Problem vor dem Kodak steht, ist das immer mehr Fotos digital gemacht werden. Zwar produziert Kodak auch entsprechende Kameras und Drucker um diese Bilder auf Papier zu bringen. Doch ist der Marktanteil geschrumpft und die Gewinnspanne im Vergleicht zu den vorherigen Filmen und deren Entwicklung geringer. Das hat mit dem Internet nichts zu tun. Wahrscheinlich wären Digitalkameras auch ohne das Internet mittlerweile wesentlich verbreiteter als die fotomechanische Modelle.

Es stimmt auch, dass wie im Artikel behauptet damit Fotolaboranten und Spezialgeschäfte ihre Existenzgrundlage verloren. Aber das ist ein normaler wirtschaftlicher Prozess. Mit der Verbreitung von Waschmaschinen haben viele Wäscherinnen ihre Existenzgrundlage verloren. Das gleiche Schicksal teilten die Weber in der Industrialisierung. Sicherlich wird das Internet auch Arbeitsplätze überflüssig machen und andere generieren. Wie genau die Bilanz ausfällt, kann ich nicht beurteilen. Es wird aber sicherlich eine wesentlich eine differenziertere Betrachtung notwendig sein.

Trotz der schweren Fehler in dem Artikel stimme ich dem Autor zu, das sich im Internet einiges ändern muss. Es gibt genügend Missstände im Internet, die es zu beheben gilt. Die Überwachung durch Geheimdienste und die Machtkonglomeration auf wenige Unternehmen schaden der Mehrheit der Gesellschaft. Beides sind allgemeine Regeln der normalen Wirtschaft, der ich das Internet auch zurechne.

Der Autor setzt seine Hoffnung auf die jungen wilden, die nun das gesättigte Internet als „Rockstars“ umkrempeln. Da habe ich weniger Hoffnung. Die jungen wilden müssen erst einmal den Marsch durch die Instanzen antreten. Was dabei heraus kommt haben wir immer wieder beobachten können. Seit dem ein Grüner Außenminister einen Angriffskrieg vehement verteidigte bin ich in der Hinsicht desillusioniert.

Nur wenn die Gesellschaft als ganzes ein Bewusstsein für die wichtigen Aspekte des Internets entwickelt, wird sich auch etwas verändern. Sonderwirtschaftszonen und Paradiesvögel werden uns nicht weiter helfen.

Wissenschaftliche Evaluation: ja – CHE- Ranking: nein

Stellungnahme der DGS zum (Bertelsmann -) CHE-Ranking

Seit dem Jahr 1998 werden in jedem Frühjahr die Ergebnisse des CHE-Hochschulrankings veröffentlicht, das aus einer Ranggruppenliste der universitären Standorte verschiedener akademischer Fachdisziplinen besteht. Durch die seit 2005 stattfindende Publikation in DIE ZEIT hat dieses Ranking eine hohe öffentliche Sichtbarkeit erhalten.
Seit der ersten Durchführung des CHE-Rankings sind in der Soziologie immer wieder Zweifel an dessen fachlicher Qualität geäußert worden. Dennoch haben die Institute unseres Faches mit Blick auf die Informationsbedürfnisse derer, die sich für ein Studium der Soziologie interessieren, an der Datenerhebung für das Ranking teilgenommen. Mitte letzten Jahres führten die sich häufenden fachlichen und wissenschaftspolitischen Bedenken jedoch an verschiedenen Standorten zu einem Umdenken. Das – vom CHE sehr gut bewertete – Institut für Soziologie der Universität Jena hat beschlossen, sich nicht mehr an diesem Ranking zu beteiligen. Daraufhin hat sich der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie eingehend mit dem CHE-Ranking befasst. Nach dem Studium der zugänglichen Dokumentationen und einem längeren Gespräch mit den zuständigen Vertreterinnen des CHE gelangte der Vorstand zu folgender Einschätzung und Empfehlung, die vom Konzil der DGS am 20. April 2012 einstimmig beschlossen wurde:

FACHLICHE UND WISSENSCHAFTSPOLITISCHE BEURTEILUNG DES CHE-RANKINGS
Das CHE-Ranking weist gravierende methodische Schwächen und empirische Lücken auf. Um nur die beiden wichtigsten anzusprechen:
Die Qualität der Forschung der Standorte wird vor allem über die Einschätzung durch Kolleg/-innen sowie auf der Grundlage von Datenbanken erhoben, die der Wissenschaftsrat und auch das CHE selbst als nicht geeignet oder jedenfalls nicht hinreichend aussagekräftig beurteilen.
Ähnlich wird die Qualität der Lehre vor allem auf der Grundlage einer Studierendenbefragung erhoben, die durch schwache Rücklaufquoten, geringe Fallzahlen und eine ungeklärte Selektivität gekennzeichnet ist. Entsprechend groß ist die Gefahr von Zufallsaussagen. Dagegen werden wichtige und von den Lehrenden nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen, so etwa die Betreuungsrelationen und die damit verbundenen Lehrveranstaltungsgrößen, nicht in die Analyse einbezogen. Bei so ungenügender Datenlage ist die Bildung einer Rangreihenfolge kaum zu rechtfertigen…

Die Publikationsformate des Rankings laden mit ihren Vereinfachungen zu weiteren Fehlwahrnehmungen der Sachlage ein:…

Auch und gerade das simplifizierende Ranking mithilfe der Ampelsymbolik täuscht über die Dürftigkeit der Datenbasis hinweg. Es suggeriert, sich hierbei den massenmedialen Präsentationserfordernissen beugend, eindeutige und verlässliche Urteile, die durch die verfügbaren Daten keineswegs gedeckt sind. Zur Stellungnahme.