Archiv für den Monat: Juli 2014

Ein Pakt, den keiner kennt. EKD regiert in Finanzplanung der Landeskirchen. Eine Sendung im wdr von Christoph Fleischmann

Wenn’s ums Geld geht, hört die Liebe unter Glaubensgeschwistern auf: Die evangelischen Landeskirchen haben einen Erweiterten Solidarpakt beschlossen. Was nach Solidarität klingt, ist eigentlich eine Maßnahme um den Solidaritätsfall zu verhindern.

In der Tat hat die Kirchenkonferenz der EKD im Jahr 2006 einen Erweiterten Solidarpakt beschlossen. Die Kirchenkonferenz ist ein kleines Gremium, in dem in der Regel der leitende Geistliche und der Chefjurist jeder Landeskirche vertreten sind. In dem Solidarpakt geht es um die Vereinbarung finanzieller „Mindeststandards“ etwa bei Personalkosten, Rücklagen und Verschuldung. Diese Standards würden im Kirchenamt der EKD im Auftrag der Gemeinschaft der Landeskirchen „überwacht“, erklärt Oberkirchenrat Thomas Begrich, der beim Kirchenamt der EKD für die Finanzen zuständig ist. „Dazu kriegen wir einmal im Jahr ein paar Kerndaten, die wir dann auswerten und dann wieder mit den jeweiligen Gliedkirchen sprechen: Wie ist der Stand, wo liegen die Probleme? Wo muss man mehr tun?“…
Die Vereinbarung droht den Landeskirchen an, ihnen einen Sparkommissar ins Haus zu schicken. Christian Grethlein (Prof. C.G., Münster, Anm. F.S.) meint, dass die Vereinbarung schon einen „gewissen Rechtscharakter“ habe, weil eine Rechenschaftspflicht der Landeskirchen gegenüber dem Finanzbeirat der EKD vereinbart worden sei. „Und von daher wundert es, dass offensichtlich in den Landeskirchen dieser Erweiterte Solidarpakt nicht oder nicht hinreichend diskutiert wurde“, so Grethlein… Zum Beitrag im WDR.

Zur Sendung zum Thema im wdr, ausgestrahlt am Sonntag, 27. Juli 2014, 09.20 – 10.00 Uhr

Mehr zum Thema Kirche und Kapitalrücklagen vom selben Autor, dem Journalisten und Theologen Christoph Fleischmann, am Sonntag, 03.08., im Kulturradio vom RBB in Berlin.


					

Bundesweiter Trend zur Rekommunalisierung?

16.07.14, SZ

„…Berlin würde auch gerne einst liberalisierte Versorger zurückkaufen – und folgt mit den Plänen für die Rekommunalisierung etwa des Stromnetzes einem bundesweiten Trend.
Die Wasserbetriebe hat das Land von den privaten Miteigentümern RWE und Veolia
bereits zurückgekauft. Zudem erhielt das landeseigene Unternehmen „Energie Berlin“ jüngst den Zuschlag für den Betrieb des Berliner Gasnetzes. Beim Strom soll der gleiche Schritt folgen…“

Dazu SZ vom 23. September 2013: Knappe Mehrheit bei Volksentscheid Hamburger wollen Energienetze zurückkaufen…Die Mehrheit der Hamburger will die Energienetze der Stadt zurückkaufen. Nach dem Volksentscheid zur Rekommunalisierung der Netze beraten die Fraktionen über das weitere Vorgehen. Die Entscheidung war denkbar knapp – und umstritten. Zum Artikel.

Neues Deutschland: Trend Rekommunalisierung
Volksentscheid zur Energie und Rückkauf der Wasserbetriebe bestimmten 2013 die Debatte
Die Ära der Privatisierung von landeseigenen Betrieben ist vorbei, Rekommunalisierung heißt der Trend des Jahres. Bürgerinitiativen und Opposition geht der neue Senatskurs indes nicht weit genug. Zum Artikel.

 

Produktivität schlägt Demografie. Die HLZ im Gespräch mit Professor Gerd Bosbach.

Prof. Gerd Bosbach verhandelt im folgenden Beitrag einen Sachverhalt, der analog auch auf die Finanzplanung der Kirchen zutrifft. Denn auch dort wird der Faktor Demografie überbewertet. Sie kennen die notorische Behauptung, rückläufige Kirchenmitgliedschaftszahlen korrelierten mit schrumpfenden Kirchensteuereinnahmen. Die Statistiken der zurückliegenden 9 Jahre entrücken solche Behauptung ins Reich der Märchen. Was passiert ist: die Mitgliedschaftszahlen sanken um ca. 1%, die Kirchensteuereinnahmen stiegen aber kräftig, teilweise im zweistelligen Bereich. Die Begründungen sind damit in der vorliegenden Form falsifiziert. Die Analyse von Prof. Bosbach (Produktivität der Wirtschaft) bietet hingegen eine logische Erklärung auch der kirchlichen Statistiken (Anm. F.S.)

Zum Autor: Gerd Bosbach (geboren 1953) ist Professor für Statistik und Empirische Wirtschafts- und Sozialforschung am Standort Remagen der Hochschule Koblenz. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes und anschließend in der Statistikabteilung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung tätig. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, am bekanntesten ist sein Buch „Lügen mit Zahlen“.)

Zum Interview:
HLZ: Kommen wir noch mal zur Frage der Altersstruktur…
Bosbach: Ja, wir kennen das aus den Schulbüchern. Die Altersstruktur einer Gesellschaft gilt dann als „gesund“, wenn sie die Form einer Pyramide oder eines Tannenbaums hat. Nur wieso eigentlich? Weil in jedem Lebensalter viele Menschen sterben, unter anderm durch eine schlechte Gesundheitsversorgung? Wenn es danach geht, wären die Bedingungen für eine gute Altersversorgung in Nigeria viel besser. Dort gibt es heute noch die Tannenbaum-Struktur. Und wenn eine gute Altersversorgung von der Zahl der Kinder und jungen Menschen abhängt, dann wäre Deutschland vor 120 Jahren das Traumland für die Alten gewesen. Das ist nicht Schwachsinn, sondern böswillig. Im 20. Jahrhundert ist die Lebens-erwartung in Deutschland um 30 Jahre gestiegen, der Anteil der unter 20-Jährigen hat sich von 44 Prozent auf 21 Prozent halbiert, der Anteil der Rentner mehr als verdreifacht. In derselben Zeit stieg der Wohlstand, der Sozialstaat wurde ausgebaut und die Arbeitszeit sank von 60 auf 40 Stunden. Die Erklärung ist einfach und gilt bis heute: Produktivität schlägt Demografie. Zwischen 1991 und 2012 ist das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland trotz Wiedervereinigung, Finanzkrise und Depression und sinkender Arbeits-
stunden um 31,8 Prozent gestiegem.

HLZ Nr. 6/2014

Alles gut im Arbeitsrecht der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie?

von verdi am 17. Juni 2014

Am 26. Mai 2014 berichteten wir über die Auseinandersetzung des Rates der Stadt Oldenburg und des Oberbürgermeisters mit der Bundeskanzlerin Merkel und der katholischen Kirche. Jetzt hat mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Schneider auch die evangelische Kirche auf den Oldenburger Bürgermeister reagiert.

In seinem Brief an den Oberbürgermeister weist Dr. Schneider die Kritik an den Arbeitsbedingungen in Betrieben der evangelischen Kirche zurück, räumt aber ein, dass in einigen Arbeitsverhältnissen durchaus nicht tolerierbare Situationen der Dienstgeber existieren, die im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verändert werden müssen.

Jonas Höpken, Stadtrat Oldenburgs von der LINKEN, hat auf den Verband der Vorsitzender des Rates der EKD reagiert und ebenso ein Antwortschreiben versandt. Zu den Quellen.

Presseumschau zu den signifikant gestiegenen Kirchenaustrittszahlen der katholischen Kirche.

1. 18. Juli 2014, Christiane Florin, DIE ZEIT

Exakt 178.805 Katholiken sind im vergangenen Jahr aus der katholischen Kirche ausgetreten, das hat die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag pünktlich zum Mittagsgeläut vermeldet. Damit liegt die Zahl der Kirchenaustritte fast so hoch wie im Jahr 2010, als der Missbrauchsskandal bekannt wurde, und sie liegt deutlich höher als 2012.
2. Kirchenaustritte von Katholiken. Anatomie eines Misstrauensvotums
19. Juli 2014, ein Kommentar von Matthias Drobinski, Süddeutsche Zeitung.

Franziskus und Tebartz-van Elst: Der bescheidene Papst und Limburgs verschwenderischer Bischof prägten das Bild ihrer Kirche. Nun zeigt sich, wer stärker wirkt – die Zahl der Austritte ist stark gestiegen.

3. Kirchenaustritte – Quittung für Limburg. Auch die evangelische Kirche betroffen

18.07.2014, von Annabelle Steffes

…Auch die evangelische Kirche betroffen
Schluss mit Limburger Beschaulichkeit? Doch auch die evangelische Kirche hatte in den vergangenen Monaten unter den katholischen Limburger Verhältnissen zu leiden. Im Oktober 2013 etwa, dem Monat, als Tebartz-van Elst zurücktrat, waren die Austritte evangelischer Mitglieder vielerorts doppelt so hoch wie noch einen Monat zuvor. Hans Altenhofen ist seit über 30 Jahren Sozialarbeiter und Leiter der Jugend-Freizeitstätte der evangelischen Kirche in der Lahn-Statdt. Seiner Erfahrung nach sind Limburgs Katholiken und Evangelische gleichermaßen verunsichert und erschüttert: „Die letzte Erschütterung gab es, als klar wurde, dass das Vermögen einer für Wohnungsbau vorgesehenen Stiftung aufgelöst wurde und auch noch in den Bau des diözesanen Zentrums gesteckt wurde.“
So vielfältig die Gründe für einen Kirchenaustritt insgesamt auch sein mögen – in Limburg liegen sie für jeden ersichtlich auf der Straße. Zum Artikel.

Brandbrief an Kardinal Woelki. Katholischer Pfarrer prangert ‚Weg zu einer anderen Kirche’ an

18.07.2014

Der katholische Pfarrer Michael Theuerl aus Teltow bei Berlin hat Anfang Juni an Kardinal Woelki einen aufrüttelnden Brief zur aktuellen Entwicklung des Erzbistums Berlin geschrieben, die beispielhaft für viele Bistümer in Deutschland steht. Viele Aktionen und Verlautbarungen im Rahmen des Prozesses „Wo Glauben Raum gewinnt“ gründeten auf einem falschen – politischen, weltlichen – Bild von Kirche.
Das Schreiben, das bereits über private Kanäle in den Kreisen der katholischen Kirche zirkuliert, stellt FreieWelt.net jetzt erstmals ungekürzt der Öffentlichkeit zur Verfügung.

 

Österreich: Aufruf zum Aktionsbündnis „Pfarren mit Zukunft – statt XXL-Gemeinde!“

Liebe Mitglieder, Unterstützerinnen und Unterstützer der Pfarrer-Initiative!

In den letzten Monaten haben sich immer mehr Kollegen, PfarrgemeinderätInnen und ihren Pfarren verbundene Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger an mich gewandt – in der akuten Sorge um die Zukunft ihrer Gemeinde. Die Strukturreform schreitet leise voran, mit absehbaren Folgen. Dabei gibt es Alternativen zur Auflösung von lebendigen Pfarrgemeinden und sogar kirchenrechtlichen Schutz!

In Deutschland kann man die Folgen der Zusammenlegung von Pfarren zu neuen „Großräumen“ in der Realität studieren: Der Kontakt zwischen den Menschen geht verloren. Die ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Ex-Pfarren (nun „Filialgemeinden“) müssen über ihr Engagement vor Ort hinaus viel Zeit für die Kommunikation mit den Verantwortlichen der Großraumpfarre aufwenden – und schaffen das kaum. Die Priester werden zu Dauerreisenden mit immer weniger Augenmerk für die Menschen mit ihren Anliegen und Sorgen. Für den Kern unserer priesterlichen Aufgabe, die Seelsorge, bleibt kaum mehr Zeit…

Zum vollständigen Aufruf.

Polen: Klinikleiter verweigerte Abtreibung – nun folgt Entlassung.

15. Juni 2014

Debatte über verweigerte Abtreibung in Polen.
Fötus hat keine Schädeldecke, Gehirn kaum ausgebildet.

Zum Artikel.

9. Juli 2014

Angeordnete Untersuchungen zogen sich so lange hin, bis legaler Abbruch nicht mehr möglich war.

Warschau – Die Warschauer Bürgermeisterin Hanna Gronkiewicz-Waltz hat am Mittwoch die Entlassung eines Klinikleiters angekündigt, der einer schwangeren Frau eine Abtreibung verweigert hatte. Die 38-jährige hatte sich zu einem Schwangerschaftsabbruch entschlossen, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Kind schwerst behindert sein würde und nur sehr geringe Überlebenschancen haben werde… Zum Bericht.

Francesco Bamonte/Vatikan: Immer mehr Bitten um Teufelsaustreibung

Samstag, 05.07.2014, focus

Exorzismen sind höchst umstritten. Immer wieder sterben Menschen bei den riskanten Teufelsaustreibungen. Trotzdem fragen angeblich immer mehr Menschen danach. Das behauptet zumindest Francesco Bamonte. Der sollte es wissen. Bamonte ist Ober-Exorzist des Vatikan.

Exorzismen sind höchst umstritten. Erst im Januar soll eine Mutter im US-Staat Maryland bei einer angeblichen Teufelsaustreibung zwei ihrer Kinder erstochen haben. Zwei weitere Geschwister überlebten und wurden mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert.

Offiziell wird Teufelsaustreibung in Deutschland seit dem Jahr 1976 nicht mehr praktiziert. Damals war in Franken die Studentin Anneliese Michel ums Leben gekommen. Nach 67-facher Teufelsaustreibung wog sie nur noch 31 Kilo. Sie starb an Entkräftung und Unterernährung. Zum Artikel.

Bayerischer Landesbischof Bedford-Strohm reagiert auf katholische Kritik an EKD-Dokument „Rechtfertigung und Freiheit“

Nicht nur von protestantischer Seite, etwa von den Kirchenhistorikern Prof. Thomas Kaufmann und Prof. Heinz Schilling, wird das EKD Dokument kritisch gesehen.

21.07.2014 In einem Beitrag für das Online-Portal katholisch.de hat der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die von der EKD kürzlich veröffentlichte Schrift „Rechtfertigung und Freiheit“ verteidigt.

Von katholischer Seite war die Schrift allerdings deutlich kritisiert worden. Kurienkardinal Walter Kasper bemängelte, dass in der EKD-Schrift die Ergebnisse langjähriger ökumenischer Arbeit, wie etwa die 1999 von Lutheranern und Katholiken feierlich unterzeichnete „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ mit keinem Wort erwähnt würden. Zum Beitrag.

Paderborn, 2. April 2014.
Für Katholiken bleibe es schwierig, das im Jahr 2017 anstehende Jahresgedenken an die Reformation mit dem Wort „Jubiläum“ zu schmücken, sagte Erzbischof Becker in seinem Grußwort zur Tagung. Denn mit der Reformation habe eine Phase der Spaltung der Kirche begonnen… Zum Pressemitteilung des Erzbistums Paderborn.

Anm. F.S.: Welches Verständnis Walter Kasper von Ökumene hat kommt in seiner Anregung zur Gestaltung des Reformationsjubiläum vom 10.11.2013 gerade auch auf dem Hintergrund der Erläuterung von Erzbischof Becker (s.o.) überdeutlich zum Ausdruck: „Der frühere Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Walter Kasper, hat angeregt, dass die evangelische und die katholische Kirche beim Reformationsgedenken 2017 einen gemeinsamen Gottesdienst feiern sollten. „Darin sollten wir ein Bekenntnis unserer Schuld ablegen, dass wir das Gebot der Einheit nicht erfüllt haben“, sagte Kasper am Freitagabend in Münster. Zur Quelle. Man möchte also offensichtlich eine Schuldfrage klären. Und wer der Schuldige ist, ist für die zitierten katholischen Stimmen eindeutig.

Für Kritiker der „gemeinsamen Erklärung zu Rechtfertigungslehre“, etwa dem renommierter Münchner Prof. Friedrich-Wilhelm Graf, gilt die gemeinsame Erklärung von 1999 hingegen als Beispiel für eine „Ökumene der leeren Lehrversprechungen“. Mehr zu seiner fundierten, Kritik und den Hintergründen dieser lutherisch-katholischen Vereinbarung finden Sie hier. Erklärt solche innerprotestantische Kritik an der Ökumene der letzten beiden Jahrzehnte, dass die EKD zu dieser früheren Vereinbarung (von 1999) mittlerweile bewusst auf Abstand geht?