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Reformkritik allgemein

„Von Enttäuschung zu Enttäuschung“. Zu den Kirchenreformen. Im Interview von Hansjörg Schulz mit Prof. em Hermann Häring

02.01.2018

Hansjörg Schultz: …sie haben sich dabei auch immer sehr intensiv mit Fragen von Kirchenreform beschäftig. Wie ist es denn in dieser Frage mit Ihrer Zukunftsvision in Bezug auf Ihre Kirche?

Häring: Ich falle von Enttäuschung zu Enttäuschung. Dies bringt auch das Alter mit sich, weil man dann doch denkt: Ja, vielleicht kann ich doch noch einige Erneuerungen erleben, auf die wir seit über 50 Jahre warten. Doch das sieht wirklich nicht gut aus. Ich verkenne nicht das ganz große Verdienst von Papst Franziskus mit seinen vielfältigen Inspirationen; das ist unbestritten. Aber…

Mehr dazu.

Neue Schläuche für jungen Wein. Vortrag von Prof. Paul Zulehner.

11/2017

Landeskomitee der KatholikInnen Bayerns,
München, 10.11.2017
mit Paul M. Zulehner


 „from fate to choice“ – „vom Schicksal zur Wahl“
(Peter L. Berger)

 Ergebnis: nicht „Säkularisierung“, sondern
„Verbuntung“ (=Pluralismus: viele
Weltanschauungen, Vielfalt auch unter den
Christen: Kirchliche, Religiöse, Atheisierende,
Skeptiker) – Berger: The Many Altars of
Modernity, 2015.

 „Wahl“-entscheidend ist die Stärkung von
Gratifikationen, weniger die Behebung von
Irritationen….

gehe zu: rechte Spalte:

München, 10.11.2017: Neue Schläuche für jungen Wein. Landeskomitee der Katholiken Bayerns MP4 | PDF

Prof. Eberhard Mechels verstorben.

05/2017

Prof. Eberhard Mechels, der Mitherausgeber des Buches „Kirche der Reformation?“, verstarb am Dienstag nach Ostern nach schwerer Krankheit.

Aus diesem Anlass stellen wir hier einen seiner kritischen Reflexionen zum Reformprozess „Kirche der Freiheit“ ein. Der Artikel erschien in der Ausgabe 06/2010 des deutschen Pfarrerblattes.

Selbstgefällig und inhaltsarm. Offener Brief zum „Impulspapier“ des reformierten Moderamens von Prof. Eberhard Mechels u.a.

07/2016
…Das im Februar dieses Jahres in der Alasko-Bibliothek mit grossem Aufwand veröffentlichte Impulspapier der reformierten Kirche zeichnet sich aus durch bemerkenswerte Selbstgefälligkeit und Inhaltsarmut. Es beschreibt eine Tendenz, die sich von der Gemeindekirche abwendet: Es werden größere Einheiten angestrebt, Gemeinden und Synodalverbände sollen zusammengeschlossen werden, die Zahl der Pfarrstellen um mindestens ein Drittel zurückgefahren werden… Der vollständige Text des offenen Briefs.

Schönreden wie zu DDR-Zeiten. Kommentar von Dr. Katharina Dang, Berlin, zum Vortrag von Bischof Dröge vor der bayerischen Landessynode.

04/2016

ls Berlin-Brandenburgerin nach einem Kommentar zur Rede unseres Bischofs M. Dröge vor der Bayrischen Synode am 19. April gefragt, möchte ich dies hiermit tun.

Ja, es gab und gibt seit den 90er Jahren im Osten Deutschlands, wo wir Christen in der absoluten Minderheit sind, sehr viele beeindruckende Ideen und Projekte in den Kirchengemeinden. Viele Kirchfördervereine wurden gegründet, in denen sich auch Nichtchristen für den Erhalt der Kirchengebäude und die Fortführung der kirchlichen Arbeit engagieren, für die Kirchenmusik und Konzerte, für Ausstellungen, die Jugendarbeit, den Kindergarten und vieles mehr. Sie halfen, Förderanträge zu stellen und so trotz der knappen kirchlichen Mittel, viel zu leisten und zu erhalten. „Dank“ der hohen Arbeitslosigkeit, gab es ABM- und später MAE-Stellen und dadurch MitarbeiterInnen, an die man sonst nicht hätte denken können. Diese Phase ist jetzt aber weitgehend vorbei. Mitarbeiter müssen jetzt bezahlt und wenigstens als Mini-Jober angestellt werden. Dazu muss aber der Kreiskirchenrat seine Genehmigung erteilen. Fördermittel sind heute viel schwieriger zu erhalten.
Stattdessen machen uns seit 2007 und dem Papier „Salz der Erde“ verstärkt die Denkanregungen und Zukunftsvorstellungen von „oben“ zu schaffen. Sie bauen Druck auf, der sich mit der zur Zeit erfolgenden Einführung der „Erweiterten Kameralistik“ und den dann erfolgenden Abschreibungen, dem Verfassen von Zielen und deren Abrechnung weiter erhöhen wird. Die Stärkung der mittleren Ebene hat jetzt schon zu einer Entmündigung der Gemeinden geführt. Die KVÄ’s sind nicht mehr nur Dienstleister, sondern Aufsichtsorgan. Das im Frühjahr 2014 beschlossene Gesetz gibt viel her, was zwar noch nicht überall umgesetzt ist, aber uns in Zukunft noch mehr zu schaffen machen wird.

Von welchem „wir“ spricht unser Bischof M. Dröge? Es ist doch wohl das „wir“ der Kirchenleitung, die mit Hilfe von professioneller Unternehmensberatung den gegenwärtigen „Reformkurs“ auf Fahrt gebracht hat, diesen Kurs, der Eigenständigkeit und Kreativität eindämmt, viel Frust erzeugt und manches zu zerschlagen droht oder dem Verfall preisgibt, was an der Basis gewachsen ist. Das geschieht auch einfach deshalb, weil das, was in den Gemeinden geschieht, weder ausreichend zur Kenntnis genommen, noch gewürdigt und in neue Konzepte mit einbezogen wird. Stattdessen werden neue Stellen geschaffen, die nun für die von den „wir“ geplanten Aktionen und Events tätig werden sollen, befristete Stellen für Menschen, die sich erst einmal einen Interessenten- und Mitarbeiterkreis mühsam aufbauen müssen.

Der Werktag auf dem Hangar II des Tempelhofer Felds 2014 war für die Teilnehmer ein beeindruckendes Event. Zum Schluss wurden sie mit Rikschas zur S-Bahn gefahren. 1000 Ehren- und Hauptamtliche diskutierten und hatten einen schönen Tag. Bei solchen Massenereignissen muss ich an sozialistische Zeiten denken. Mit Demokratie hat das wenig zu tun, dafür um so mehr mit ausreichenden finanziellen Mitteln zur „Motivation“ und Lenkung der Aktiven im weiten Land.

Das vom Bischof gelobte Gesetz zur Schaffung von Gesamtkirchengemeinden ist bisher bei keiner einzigen Zusammenlegung von Gemeinden, außerhalb des Modellkirchkreises Wittstock-Ruppin genutzt worden. Entweder werden Sprengel gebildet oder fusioniert. Bei der Erprobung des Gesetzes im genannten Kirchenkreis ist so viel „Geschirr zerschlagen“ worden, Verbitterung entstanden, so oft das Kirchengericht bemüht worden u.v.m., dass es eigentlich Zeit wäre, sein Scheitern einzuräumen, statt es anderen Landeskirchen als Modell anzupreisen.

Vor allem aber fehlt mir im Vortrag des Bischofs der Blick auf die Lage der Menschen auf dem Land und die gerade zurzeit äußerst brisante Stimmung im Land. Abwanderung und der Mangel an Kindern, Jugend und jungen Familien haben nicht ihren Grund darin, dass es woanders landschaftlich schöner wäre und es die Brandenburger in Massen von sich aus in die weite Welt lockt. Warum gibt es z:B. Proteste gegen Massentierhaltung selbst auf Dörfern, in denen sich die Menschen bisher alles gefallen ließen?
Es tut mir leid, aber die Rede unseres Bischofs erinnert mich an offizielle Reden aus DDR-Zeiten , in denen auch bis kurz vor Schluss noch alles schöngeredet wurde.

Dr. Katharina Dang

Die Macht des Geldes und der Zahl (Wie man der Kirche die Qualität austreibt). Von Pfr. Manfred Günther.

hier: 08/2015

Die Macht des Geldes und der Zahl
(Wie man der Kirche die Qualität austreibt)
Wir schauen heute ganz nach innen,
um dort Erkenntnis zu gewinnen,
was unsre Kirche in der Welt
in ihrem Kern zusammenhält.

Ein erster Blick gilt den Finanzen,
sie sind das Zentrum ja des Ganzen
und ohne sie, da geht es nicht
(ein Fakt, dem niemand widerspricht?)

und doch, schon kommen uns auch Fragen:
Kann denn ein Christ ganz ernsthaft sagen,
die Kirche litte Todesnot,
wenn sie der Steuerschwund bedroht?

Mit andern Worten, hängt ihr Leben
an dem, was ihre Glieder geben
und tun sie’s nicht, dann ist es aus?
Ist Geld der Grundstein ihres Baus

und nicht der Herr, der sie gegründet?
Was schreckt uns denn, mit ihm verbündet,
auf seinem Weg, in seiner Spur?
Wär’ unser Halt die Steuer nur

und Geld die einzige der Gaben,
die Jesu Leute reichlich haben,
sie setzten besser sich zur Ruh’
und schlössen ihre Kirchen zu.

Das vollständige Opus: vgl. Meiner Kirche ins Stammbuch IV

13 Kommentare zur Antwort des Ratsvorsitzenden auf das Wormser Wort

05/2015, bisher eingestellte Kommentare von UnterzeichnerInnen des Wormser Wortes zur Antwort des Ratsvorsitzenden bzw. seines Mitarbeiters Dr. Goldenstein:

1. Die Antwort des Sekretärs seiner Majestät Bedford Strohm ist schlicht dreist. Sie besagt, kurz gefasst:

a. Ihr wollt in der Kirche für alle Zeit alles beim Alten lassen. Das geht aber nicht. Die Zeiten ändern sich. Ergo: Herr Goldenstein hat gar nichts begriffen, nämlich dass es um die Richtung der Veränderung geht, nicht um die Behauptung eines unveränderlichen Zustandes.

b. Wir reagieren doch nur auf demographische und finanzielle Herausforderungen. Das ist alternativlos. Ergo: Herr Goldenstein hat wiederum nicht begriffen, dass Programme wie “Kirche der Freiheit” nicht nur reagieren, sondern agieren, d.h. Entwicklungen massiv beeinflussen (nämlich z.B. und vor allem in Richtung Erosion der evangelischen Gemeindebasis). (Prof. Eberhard Mechels)

2. Die “Antwort” des Ratsvorsitzenden zeigt leider das übliche Vorgehensmuster. Zuerst eine vermeintliche Anerkennung der Bemühungen. Dann die Betonung, wie wichtig das Anliegen genommen wird. Es folgt ein mehr als oberflächliches eingehen auf die Kritik. Dann die Abwiegelung der Kritik. Dass in Frage stellen der Kompetenz der Kritiker. Nicht zu vergessen, die allzeit beliebte Methode, gar nicht verstehen zu können, weshalb überhaupt Kritik erfolgt. Zusammenfassung: Diese ganze “Antwort” hat nur ein Ziel: Es soll Ruhe einkehren und die Kritik keine weiteren Kreise ziehen. In harmloser Abwandlung eines bekannten Facebook-Slogans: “Kann man so machen, kommt aber schlecht an!”
Ich bitte die Initiatorinnen und Initiatoren der Petition “Wormser Wort”, die Petition um die aktuelle Entwicklung (Übergabe der Unterschriften, sowie die bisherige, als dürftig zu bezeichnende Reaktion) zu ergänzen und fortzuführen. Es ist wohl offensichtlich, dass die Meinung von über 1.000 unterzeichnenden Christen die EKD nicht veranlasst, sich ernsthaft mit der vorgebrachten Kritik auseinanderzusetzen. Vielleicht wird das bei 10.000 Unterschriften der Fall sein. Oder bei 100.000 Unterschriften. Wer weiß. Früher oder später wird man zur Kenntnis nehmen müssen, dass weder Kritiker/Innen, noch Kritik, auf Dauer ignoriert werden können. Der öffentliche Druck scheint zurzeit schlicht und ergreifend dafür noch nicht groß genug zu sein. Also heißt es am Ball zu bleiben und dies zu ändern.(Carmen Splitt)

3. Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können! Bitte, führen sie die Petition in der oben beschriebenen, erweiterten Form fort! Die Antwort des persönlichen Referenten des Ratsvorsitzenden hat mich tief enttäuscht. (Ulrike Polster)

4. Ihren Ausführungen kann ich mich nur anschließen. Zu Ihrer Post auf der FB-Seite des Ratsvorsitzenden kann ich nur sagen: “Gefällt mir”! (Johannes Taig)

5. Schade, da hätte der Ratsvorsitzende doch lieber selber antworten sollen. Die Antwort des Referenten bleibt unbefriedigend. Da perlt einfach alles ab 🙁 (Klaus Völkl)

6. Liebe Carmen Splitt, vielen Dank für den ausführlichen Kommentar. Es ist ja leider alles sooo richtig. Ich habe mich genau so gärgert aber – ganz ehrlich – ich war zu bequem, mir diese Arbeit zu machen. Und ja, das ist falsch.
Aber: Für jede Zuschrift wird sich mit viel bla bla bedankt. Und dann wird jedes Argument zerpflückt. Da in der Kirche keine Fehler gemacht werden (siehe NKF; das wird auf Deibel komm raus durchgezogen koste es was es wolle) braucht man auch keine Fehler zuzugeben. (Gerhard Niemeyer)

7. Wer ist dieser Herr Goldenstein? Hat er seine eigene Meinung kundgetan oder seine Aussagen von Herrn Bedford-Strohm diktiert bekommen, damit sich der Ratsvorsitzende unauffälliger hinter dem wohlklingenden Namen Goldenstein verstecken kann? Jedenfalls scheint Herr Goldenstein die platten Platitüden des Papiers “Kirche der Freiheit” bestens internalisiert zu haben.
Seine Antwort ist weder differenziert noch hilfreich für einen weiteren inhaltlichen Diskurs. Anscheinend hat er oder auch sein Chef die Ergebnisse der neuesten Mitgliederstudie missverstanden oder er muss in seinem Job als Referent unwillkürlich darüberhinwegreden. Ich finde die Antwort enttäuschend! Das übliche Blabla von “oben herab”. Unzweifelhaft EKD-stromlinienförmig angepasste Worthülsenklauberei! Dazu ernüchternd, denn ich dachte, die neue Mitgliederstudie würde manchem EKD-Funktionär die Augen öffnen, wie sich “das Volk” seine Volkskirche zukünftig vorstellt. Die von Herrn Goldenstein „wohl“formulierten Phrasen zeigen, dass sich die EKD-Führungsebene nach wie vor immer weiter von den Realitäten in den Gemeinden entfernt und im Elfenbeinturm von Hannover einfach nicht wahrhaben möchte, dass die Reformen von „Kirche der Freiheit“, die bisher umgesetzt wurden, mehr Schaden als Nutzen gebracht haben und vielerorts absehbar in einem Desaster enden. Im Grunde peinlich, was in diesen Goldenstein’schen Zeilen evident wird. (Axel Weber)

8. Lieber Herr Bischof,

Ihr Referent hat Ihnen einen Bärendienst erwiesen. In der Tat: Sie hätten besser selbst geantwortet.

Zu 1: Kein(e) Unterzeichner(in) bestreitet die Notwendigkeit von Anpassungs- und Veränderungsprozessen. Niemand will, dass alles so bleibt wie ist.

Zu 2/4: Der Satz: “Gerade die in der jüngsten KMU bestätigten Entwicklungen setzen eine Bündelung von Kräften voraus” ist so platt wie er falsch ist. Der Ausdruck “Bündelung von Kräfte” hat in ökonomischen oder militärischen Zusammenhängen seinen Sein. Sie sitzt in der Tat “zentralistische Institutionen” voraus. Es geht nicht darum, Kräfte zu bündeln, sondern sie freizusetzen.

zu 3: Dasselbe gilt für die Feststellung, “dass ein kontinuierlicher und langfristig stabiler Verkündigungsdienst eine verlässliche materielle Basis benötigt.” Im Gegensatz müsste man folgerichtig behaupten dass ohne Verwaltungsstruktur oder NKF oder dergleichen die Verkündigung des Wortes Gottes ernsthaft gefährdet ist. Sie trauen ihm nichts mehr zu und verfallen in blanke Gesetzlichkeit, wenn Sie meinen, es müsse “durch beständige Reorganisation sicher gestellt werden”! (Stephan Sticherling)

9. Beton, zartviolett angestrichen! Aber eigentlich war das zu erwarten. Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen. Eine richtige Auffassung wird nicht falsch, indem sie in den falschen Kontext gestellt wird! Machen wir weiter! Es gibt keinen Grund, die Fehler der EKD und der EKiR nicht auch weiterhin aufzuzeigen. (Ulrich Schmitz)

10. Ich glaube nicht, dass der Herr Ratsvorsitzende hier reinguckt. Vielleicht sollte man all die treffenden Kommentare gesammelt in seine FaceBook-Seite posten – da soll er sich nämlich öfter aufhalten.

https://www.facebook.com/landesbischof (Andreas Reinhold)

11. Ein guter Hinweis, Andreas Reinhold. Wer auf Facebook unterwegs ist, sollte dies unbedingt tun. Ich war so frei, machte den Anfang und habe dort soeben folgendes gepostet:

Sehr geehrter Herr Bedford-Strohm,

als Mitunterzeichnende der Petition „Wormser Wort“ bringe ich hiermit zum Ausdruck, wie empörend der Umgang mit Kritik und Kritikerinnen/Kritikern innerhalb der EKD ist. Es ist extrem enttäuschend, dass selbst Sie nicht bereit sind, sich ernsthaft mit den vorgebrachten Punkten auseinanderzusetzen. Erste Reaktionen auf die von Ihrem Sprecher überbrachte „Antwort“ können Sie unter anderem unter http://wort-meldungen.de/?p=11277#comments nachlesen. (Carmen Splitt)

12. “Bei der Erwiderung des Ratsvorsitzenden bzw. seines Referenten ist wieder einmal auffallend, dass jede Grundsatzfrage vermieden wird und nur von Sachzwängen die Rede ist. Vergleicht man übrigens die heutigen Gemeindegliederzahlen mit denen etwa von 1860, kann von einem Rückgang in absoluten Zahlen nicht die Rede sein. Nur ist man früher mit viel bescheideneren Verhältnissen ausgekommen, hatte geringere Gehälter, keine Gemeindehäuser, keine kreiskirchlichen Verwaltungsämter, viel kleinere Konsistorien, keine Landesbischöfe, keine Landeskirchen in der heutigen Form, keine EKD, noch von der Kirche unabhängige diakonische Werke und Missionsgesellschaften usw.

Der öffentlich-rechtliche Status ist heute die Richtschnur, die Angst, zu kleine Gemeinden oder gar die Landeskirchen könnten ihren Status verlieren, wenn sie nicht wie staatliche Körperschaften organisiert sind. Außerdem geht es natürlich um das gesellschaftliche Ansehen; ein Superintendent soll einem Landrat, ein Generalsuperintendent einem Regierungspräsidenten und ein Bischof einem Ministerpräsidenten gleich sein. Wenn dann ein Pfarrer auf einen Bürgermeister käme, wäre alles im Lot.

Das Ehrenamt kommt eigentlich gar nicht mehr vor. Und dabei unterscheidet dieses Kirche von modernen staatlichen Einrichtungen, bei denen alles professionalisiert ist. Noch deutlicher unterscheidet dieses Kirche von Wirtschaftsunternehmen. Aber soll auch in der Kirche alles professionalisiert sein? Braucht man Professionalisierung zur Hierarchisierung? Offenbar ja. Die Rechtfertigung kommt über das Qualitätsmanagement.” (Georg Hoffmann)

13. entscheidend der Einwurf: “Das Ehrenamt kommt eigentlich gar nicht mehr vor.
Ehrenamt: die Frontsoldaten.
Innendienst-Hauptberufliche: die Etappe.
Die Schlacht wird immer von der Front gewonnen.
Aber kaum einer will dahin.
Die “Innendienstchristen” erhalten die Kirche?
Im Ernst: wer glaubt daran?
Wer ist nicht bereit, seinen Glauben zu leben ohne d i e s e Kirche?
Evangelisch leben kann ich auch anderswo. (Dr. Kurt Schröder)

 

Dem Kirchenpräsidenten auf den Weg. Eine Bitte, die (Land-) Gemeinden nicht zu vergessen! Ein Gedicht von Pfr. Manfred Günther.

05/2015, aus dem Jahr 2009 (eingereicht als Kommentar zu den Kommentaren des Wormser Wortes, mit freundlicher Genehmigung des Autors hier übernommen)

Nun kommt nach langen dunklen Jahren,
da Kirchenäcker steinig waren,
ja hoffentlich ein neuer Tag
mit wieder geistlichem Ertrag!

Auch hoffe ich, dass Theologen,
was die Strukturreform verbogen,
bald wieder richten – aus dem Wort! –
(soweit das möglich ist!) vor Ort

und tätig dort, wo Christen wohnen.
Die Zukunft möge uns verschonen
vor unsrer Leitung starkem Drang,
durch den sie viele Jahre lang

die Kirchenbasis (die Gemeinden!),
als zähle sie zu ihren Feinden,
beschädigt und entmachtet hat.
Man spürt’s vielleicht nicht in der Stadt,

wo einige gemeinsam tragen.
Doch für das Land ist klar zu sagen:
Die Dörfer buchen nur Verlust!
Mit Recht verbreitet sich der Frust

bei den KVs und Synodalen
(man spürt’s jetzt bei den Kirchenwahlen!),
bei Pfarrern auch und noch viel mehr!
Längst fühlt man sich im Dienstverkehr

als Pfarrer ländlich kleiner Orte
ja wie ein Mensch von zweiter Sorte,
mit dem man lieber gar nicht spricht.
Wovor er warnt, das hört man nicht,

zum Beispiel: nicht zu übereilen
die Dorfgemeinden aufzuteilen …
Man teilt sie dann besonders gern,
doch bleibt danach den Folgen fern,

die meist in kurzer Frist sich zeigen:
Wenn Kirchengliederzahlen steigen,
für die ein Pfarrer eingesetzt,
wird nicht nur Tradition verletzt,

nein, auch die Mitarbeiter fliehen,
beginnen sich zurückzuziehen:
Gemeindearbeit ist bedroht
und bald ist die Gemeinde tot,

die einst lebendig war und rege.
Vor allem führ’n dann keine Wege
zurück zur Kirche früh’rer Zeit.
Hier wird aus falscher Sparsamkeit

das Pfund, das wir zum Wuchern haben,
für immer tief im Sand vergraben
und niemand holt es mehr herauf!
Nimmt das so weiter seinen Lauf,

dann ist das Land bald abzuschreiben.
Doch hoffe ich, so wird’s nicht bleiben.
Wir brauchen einen neuen Plan!
Das Land ist Land und nicht urban

und anders, was dort Christen wollen:
Nicht „halbe“ Pfarrer, nein, den „vollen“,
der reichlich Zeit, dazu das Geld
für einen guten Dienst erhält,

um statt zu sparen und zu straffen
selbst dort bald wieder Frucht zu schaffen,
wo heut’ die Felder leer und kahl.
Dafür – als erstes Initial –

wär’s gut, sich „oben“ zu bequemen,
Gemeinden wieder wahrzunehmen,
die dörflich, ländlich strukturiert.
Wer richtig hinschaut, der verliert

das liebgeword’ne falsche Denken:
Man könne sich die Mühe schenken,
in der Provinz sei eh nichts los!
Zwar sind Gemeinden hier nicht groß,

doch sehr aktiv – wenn wir sie lassen,
nicht teilen, bis die Zahlen passen,
streng nach Gesetz und darum schlecht!
Denn das Gesetz ist ungerecht

und fragt nach Quantität und Masse
und nicht nach Kirchlichkeit und Klasse! –
Nun glaub’ ich, dass der Präsident
aus eigener Erfahrung kennt,

was hier (nur ziemlich grob) beschrieben.
Doch ist’s ihm auch im Sinn geblieben
nach seinem Umzug in die Stadt?
Wer Kirchenleute um sich hat,

die nie im Dienst des Lands gestanden,
dem kommt vielleicht ganz schnell abhanden,
was früh’r ihm selbstverständlich war.
Denn eines ist doch wohl ganz klar:

Die meisten aus der Kirchenleitung
erleben Kirche in der Zeitung
und selten als Gemeindeglied.
Doch wer mit fremden Augen sieht,

wird kaum im Herzen auch empfinden,
wie stark Gemeindebande binden
und was man einem Menschen nimmt,
wenn man von oben her bestimmt,

die Kirchenheimat ihm zu teilen.
Was erst halbiert, wird nicht mehr heilen
(wir sehen’s doch schon hier und dort!). –
Jetzt noch, Herr Präsident, ein Wort

zur Rolle Ihrer Fachberater:
Da geht’s, so nenn’ ich’s, um „Theater“
bei Kirchentag und Groß-Events
(das Feld des Medienreferents!):

Man lässt die Kirche bunt erstrahlen
und freut sich an den großen Zahlen.
Die Menschen sind auch gerne da,
die Schau entlockt manch „Oh!“ und „Ah!“

Doch andre gingen unterdessen
bei dieser Arbeit ganz vergessen:
Die nämlich sind an ihrem Ort
und können dort auch gar nicht fort

und zum Event ist’s weit zu fahren! –
Wer wird es ihnen offenbaren,
wo unsrer Kirche Mehrheit wohnt
und dass sich jeder Einsatz lohnt,

auch ihre Mitgliedschaft zu pflegen!
Auch Land-Arbeit bringt reichen Segen,
weil hier ein tiefer Glaube lebt! –
Ein andrer „Stabsbereich“ erstrebt

die Mehrung kirchlicher Finanzen:
Gibt’s wohl Ertrag, Verlust im Ganzen
und ob die Kirchensteuer reicht?
Es fehlt die Sicht, die auch vergleicht:

Was bringen geistlich diese Kosten?
Nützt der Gemeinde dieser Posten?
Es zählt die Zahl nur unterm Strich.
Man denkt und handelt wirtschaftlich:

So mancher Dienst gilt als verloren,
die Zeit dafür als „Sparfaktoren“!
Denn anders kann man’s gar nicht seh’n,
weil, wenn wir in die Praxis geh’n,

erkennt man schnell (was nicht verwundert!),
ein Pfarrer nur für Siebzehnhundert –
da bleibt für anderes nichts mehr:
Besuch, Beratung leiden sehr,

genau wie Kinder-, Jugendkreise.
Wer plant noch die Gemeindereise,
wie’s vielerorts doch üblich war?
So manches, was man übers Jahr

in früh’ren Zeiten angeboten,
zählt heute zu den arg bedrohten
und oft schon eingestellten Dingen.
Fast denkt man selbst, dass sie nichts „bringen“:

Bei Überlastung zu beschwerlich!
„Nur“ fröhlich, darum wohl entbehrlich.
So also wirft man manches hin. –
Was aber bleibt dann als Gewinn?

Macht uns der Blick in volle Kassen
allein schon sicher und gelassen,
wir hätten unsern Dienst getan?
Ist’s Überhebung nicht und Wahn

und eitles, äußerliches Denken,
die Kirche sei durch Geld zu lenken,
beziehungsweise Sparsamkeit?
Wann endlich, es ist höchste Zeit,

setzt einer neue, gute Ziele:
Der Sparfaktoren gibt es viele,
doch niemals steh’n sie obenan!
Was Kirche wirklich gründen kann

steht ein für allemal geschrieben:
Die Menschen, grad die Schwachen lieben
und ihnen wirklich nahe sein!
Gemeinde, ist sie noch so klein,

braucht ihren Pfarrer, er ist wichtig!
Hier abzubauen ist nicht richtig
und rächt sich schneller als man glaubt.
Wer Menschen Hirt und Heimat raubt

zerstreut des großen Hirten Herde! –
Wie wünsch’ ich, dass es anders werde:
In Stadt und Land, an jedem Ort
zuallererst nach SEINEM Wort!

Manfred Günther

Manfred Günther, manchem besser bekannt als Pfarrer Schein, dem Autor mehrerer Gedichtbände.

Ich unterzeichne das Wormser Wort, weil…

Von Zeit zu Zeit veröffentlichen wir hier Kommentare von UnterzeichnerInnen des Wormser Wortes:

Annegrit D. 
Wir erfahren gerade in unserer Gemeinde die Leichtfertigkeit, mit der Fusionsentscheidungen ohne angemessene fachliche Vorbereitungen getroffen werden sollen.

Anne L.
Weil ich als Pfarrerin nicht länger mit ansehen möchte, wie immer mehr Kirchen verschwinden.

Alfred K.
Es kann nicht sein, daß die Gemeinden immer mehr entmündigt werden unter dem verschleiernden Vorwand, sie von ihren Aufgaben der Verwaltung zu entlasten, oder Angebote zusammenzufassen auf „Dekanatsebene“. Dies ist eine Abwertung der Menschen, die sich in der Kirche engagieren.

Jossi A.
1. Durch eine Spezialseelsorgearbeit bin ich mit vielen deutschen Kollegen und Kolleginen verbunden. Deshalb ist es mir nicht einfach egal was so in D ganz allgemein und in den Landeskirchen geschieht.
2. Auch wenn bei uns die Strukuren sehr unterschiedlich sind – mach Wasserköpfler/in schaut gerne über die Grenze, was sich so in den dt. Landeskirchenämtern so tut…

Ulrike P.
… ich mir für die Basis mehr hauptamtliche Mitarbeiter wünsche, und mehr Förderung für die ausgedünnten Gemeindebereiche. Von nichts kommt nichts! Und wer nicht reichlich sät, der wird auch nichts ernten. Besonders in der Arbeit mit Menschen!

Kurt D.
Mitglied der Kirche wird man nur durch die Basigemeinde, den direkten Kontakt mit den Glaubenden. Die Leute in der Verwaltung sind wie die „Etappenhasen“ früher, aber an der Front- der Basigemeinde- entscheidet sich das Schicksal. Warum wollen die Leute in der Etappe, all diese Innendienstpastoren- nicht an die Front? Statt dessen behängen sie sich mit Goldkreuzen und immer neuen Etappenfunktionen.