Archiv der Kategorie:
5. Mitgliedschaftsuntersuchung (KMU) der EKD

Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Erinnerung an eine noch immer ausstehende Veröffentlichung der EKD oder: Das Deutungsmonopol der KMU-Interpreten bis 2015.

08/2015

Von: Herbert Dieckmann, Deutsches Pfarrerblatt – Heft: 12/2014

Grundsätzlich stellt uns diese erste Vorveröffentlichung von Das Deutungsmonopol der KMU-Interpreten bis 20152014 zur KMU V, die bereits im Jahre 2012 durchgeführt wurde, vor ein Dilemma: Im zweiten Jahr nach der Befragung werden der kirchlichen und der gesellschaftlichen Öffentlichkeit dankenswerterweise erste Interpretationen von ausgewählten Ergebnisse vorgelegt. Doch leider ist diese Deutungsauswahl nicht – wie sonst bei vergleichbaren Untersuchungen üblicher Standard – kritisch überprüfbar, weil bis 2015 sowohl die verwendeten Fragebogen wie vor allem die vollständigen Befragungsergebnisse nicht öffentlich zugänglich sind, so die Auskunft des SWI der EKD im August 2014.

So kann z.B. auch nicht die nahe liegende Frage geklärt werden, inwieweit die zahlenmäßig nicht repräsentative Auswahl von 2154 Befragten (60%) aus den westlichen Bundesländern und von 873 Befragten (40%) aus den östlichen Bundesländern das Befragungsergebnis kirchlich wie gesellschaftlich unzulässig verzerrt, da das Zahlenverhältnis für die Bevölkerung West zu Ost etwa 81% zu 19%, für die evangelischen Kirchenglieder in West und Ost etwa 89% zu 11% beträgt. Zudem wäre zu fragen, ob das ungleiche Zahlenverhältnis von Evangelischen und Konfessionslosen im Westen von 33% zu 25% (davon 73% früher Kirchenmitglieder!) und im Osten von 19% zu 75% (davon nur 35% früher Kirchenmitglieder!) in der gesellschaftlichen Umgebung der jeweiligen Landeskirchen und Gemeinden nicht ein ganz unterschiedliches religiöses Klima hat entstehen lassen, mit erheblichen Folgen z.B. für die Frage nach der sozialen Selbstverständlichkeit oder Begründungspflicht für die Zugehörigkeit zur Evangelischen Kirche….
aus: Die neue Kirchenmitgliederbefragung als Lernchance für unsere Kirche
Von der Schwierigkeit, ein liebgewordenes Tabu aufzugeben.

Der vollständige Artikel.

 

 

Lehren aus der 5. KMU: kirchliche Strukturen für den Glauben unwichtig. Zum Bericht des Landesbischofs Jochen Cornelius-Bundschuh auf der Frühjahrstagung 2015 der badischen Landessynode.

Aus anderen klugen Berichten von Bischöfen zur Frühjahrssynode sticht der des badischen Landesbischofs Jochen Cornelius-Bundschuh heraus. Die Tradition rezipierend verortet  er die evangelische  Kirche zunächst jenseits von Fundamentalismus und Privatisierung der Religion. Anschließend zieht er Konsequenzen aus der 5. KMU (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung) für die zukünftige Ausrichtung der Kirche. Gemessen an der von neoliberaler Ideologie durchsetzten Reformagenda von „Kirche der Freiheit“ gelingt es  Cornelius-Bundschuh mit seinen Analysen und Erkenntnissen ein empirisch-wissenschaftliches Fundament kirchlicher Praxis neu zu begründen. Seine Erkenntnisse sind anschlussfähig sind an vielfältige Reformkritiken des zurückliegenden Jahrzehnts,  etwa auch die des Wormser Wortes. Insofern ist dem Bischofsbericht schnelle und breite Rezeption zu wünschen.

Die Basis zur Rückkehr zu einem aus dem Wesen der Kirche kommenden Management sind damit gelegt. Entscheidend wird sein, wie schnell aus diesen Erkenntnissen ein Programm und eine Strategie abgeleitet und dann auch umgesetzt werden. Und wie schnell also – und das ist der Lakmustest für solche Reden – die Finanzpolitik und die Haushalte entsprechend diesen Erkenntnissen neu ausgerichtet werden. F.S.

05/2015, aus dem Bericht:

„…
2. Wie nützt die sichtbare Kirche dem Glauben?

Denn das scheint mir doch die entscheidende Aufgabe für uns als Landeskirche und als kirchenleitende Organe: Dass wir mit unseren Möglichkeiten, mit unseren „Ressourcen“ den Glauben der Einzelnen und das Miteinander stärken und Mut machen, Verantwortung in der Welt zu übernehmen…

In der neuesten, fünften Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD werden aber auch die Grenzen dieses Kirchenmodells deutlich. Ihre Ergebnisse zeigen, dass der persönliche Glaube nur dann in individueller Freiheit gelebt werden kann, wenn er mit der sichtbaren Kirche verbunden bleibt, sich ihr zuordnen und von ihr abgrenzen kann. Ohne Beziehung zu einer öffentlichen kirchlichen oder religiösen Praxis verliert er an Bedeutung, Gehalt und Gestalt…

Allerdings geht es den Menschen nicht um Fragen der Organisation. Da sind die Ergebnisse der Umfragen klar: Die kirchlichen Strukturen sind für die Bindung an die Kirche und für den Glauben nicht wichtig! Entscheidend sind: das gottesdienstliche Leben, die Kirchenräume, die geprägte Zeiten und die Personen, die dem Glauben öffentlich ein Gesicht geben. All diese „öffentlichen Möglichkeiten zur Identifikation“ stärken den Glauben und helfen, ihn aktuell und relevant zu halten…

3. Die Menschen, die uns den Glauben wertvoll machen
Es sind Menschen, die uns den Glauben lieb machen, sagt die Mitgliedschaftsuntersuchung: in der Familie: nicht nur die Eltern, auch Opas und Omas, Tanten und Onkel, Freundinnen und Freunde. Besonders wichtig sind auch die Personen, die – beruflich oder ehrenamtlich – öffentlich für Kirche einstehen. Für manche ist das die sonntägliche Gottesdienstgemeinde. Für andere die Jugendgruppe: ich habe neulich eine besucht, die es schon über fünfzehn Jahre gibt, zu der immer wieder neue Konfirmandinnen und Konfirmanden dazukommen und viele der „Alten“ bleiben lange dabei. Wir haben darüber gesprochen: Was sollen wir gegen den Krieg des IS tun? Und: Warum musste Jesus eigentlich sterben? Junge Leute, für die der Glaube wichtig ist – und ihr Pfarrer!.“ Zum Bericht des Bischofs.

 

5. KMU: Die neue Kirchenmitgliederbefragung als Lernchance für unsere Kirche. Von Herbert Diekmann.

Die neue Kirchenmitgliederbefragung als Lernchance für unsere Kirche
Von der Schwierigkeit, ein liebgewordenes Tabu aufzugeben

Von: Herbert Dieckmann in: Deutsches Pfarrerblatt 12/2014

Dass der Pfarrberuf in der Kirche ebenso wie in deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eine zentrale Rolle spielt, wird eigentlich von ­einer Kirchenmitgliederbefragung zur nächsten bestätigt. Dennoch lassen sich die Großstrategen in den Kirchenleitungen von ihrem irregeleiteten Reformkurs nicht abbringen. Herbert Dieckmann führt das Dilemma vor Augen und verweist auf Auswege.

Die Schlüsselrolle der Pastoren­schaft – ein kirchliches Tabu

Es geschah vor etwa zehn Jahren. Da wagte der Präsident des Landeskirchenamtes, Dr. von Vietinghoff, öffentlich anzusprechen, was bis dahin auch in der hann. Landeskirche als absolutes Tabu galt: die »Schlüsselrolle« der PastorInnen in den Gemeinden. Reflexartig erschallte ein Aufschrei des Entsetzens: Mitarbeitende, Ehrenamtliche, Synodale, ja selbst Kirchenleitende wollten einfach nicht wahrhaben, was in jeder Gemeinde die übergroße Mehrheit der Kirchenglieder selbstverständlich erlebt und dankbar anerkennt: die zentrale Stellung der PastorIn. Doch diese gemeindliche Selbstverständlichkeit wirklich zu benennen, war ­kirchenpolitisch inkorrekt. Denn die landeskirchlichen Meinungsmacher wollten die Gemeindepfarrstellen als willkommenes Einsparpotential nutzen, weil sie behaupteten, die Kircheneinnahmen würden sich bis 2030 halbieren. Tatsächlich sind die Kirchensteuereinnahmen in der EKD im letzten Jahrzehnt um über 30% gestiegen, nachdem sie sich von 1967 bis 1970 verdoppelt und von 1970 bis 1990 verdreifacht hatten!1 Darum war 2004 diese Entwicklung tendenziell vorhersehbar. Dennoch wurden drohende Einnahmeverluste als sicher unterstellt und sogleich PastorInnen als überflüssige Amtsträger identifiziert, die lediglich hohe Ausgaben verursachen und zudem das eigenständige Wirken engagierter Ehrenamtlicher behindern und Mitarbeitende autoritär und inkompetent behandeln würden. Stereotype PastorInnenschelte mit ernster Warnung vor einer antiquierten »Pastorenkirche« war seinerzeit »angesagter Ton«. Dass den PastorInnen als einziger kirchlicher Dienstgruppe die Gehälter erheblich gekürzt, etwa 350 junge TheologInnen trotz bestandener Examina einfach abgewiesen und vor allem viele Gemeindepfarrstellen (in manchen Kirchenkreisen bis zu 50%) ohne nennenswerten Widerstand kurzerhand gestrichen wurden, verstand sich danach beinahe von selbst… Zum Artikel.

Was die Kirche vom Fernsehen lernen kann II: Die Geiselhaft der Quote

Das Fernsehen vereint momentan extreme Gegensätze, die nebeneinander existieren. Biedere Konzepte, die sich in Dauerschleifen wiederholen und kreative, mitreißende, neue Stoffe. Auf der einen Seite kaputtgesparter Diletantismus und auf der anderen große Investitionen mit hoher Qualität.

Es gibt strukturelle Gründe warum sich das Fernsehen parallel unterschiedlich entwickelt. Dabei lassen sich interessante Parallelen zur Lage der Kirche ziehen. Es zeigt sich, das die Kirche die Wahl hat, welchen Kurs sie einschlagen. Daher lohnt der Blick auf das Fernsehprogramm.

In einer Serie werden  9 in Einzelartikeln dargelegte Thesen zur Zukunft von Kirche und Fernsehen entfaltet. Hier sind wir also beim 2. Beitrag .

  1. Qualität kostet Geld
  2. Die Quote ist eine Form der Geiselhaft
  3. Man muss seinem Produkt vertrauen
  4. Gebt den Kreativen die Macht
  5. Es gibt eine Sehnsucht nach großen Erzählungen
  6. Die feste Programmierung ist ambivalent
  7. Erfolg ist da, wo man ihn nicht sucht
  8. Wer seine Kunden/Gemeinde kennt hat Erfolg
  9. Versprechen Sie keine Wunder

Die Gefangenschaft der Quote

Im Zeitalter des öffentlich-rechtlichen Staatsfunks interessierte die Quotejahrzehntelang nicht. Erst seit dem Erstarken der privaten Fernsehsender ist die Quote eine relevante Größe. Sie liefert eine scheinbar objektive Zahl, den Wert der käuflichen Werbeblöcke zu ermitteln.

Zahlen gelten als objektiv und wissenschaftlich und lassen sich hervorragend vergleichen. Jeder weiß, dass vier Millionen mehr sind als drei Millionen.

Wie wenig die Quote mit Wissenschaft und Objektivität zu tun hat, zeigt sich an der Messmethode. Da lange Zeit RTL, Sat1 und Co gegenüber ARD und ZDF im Nachteil waren, wurde die „werberelevante Zielgruppe“ eingeführt. Gemessen werden nur ZuschauerInnen zwischen 14 und 45 Jahren, da jüngere ZuschauerInnen tendenziell das Privatfernsehen schauen. Da die Reichweite in der Zielgruppe sinkt, wird die Neudefinition der „werberelevante Zielgruppe“ diskutiert. Die Quote folgt also eng begrenzten Zielen und manipuliert damit die Wahrnehmung.

Unsäglicher Weise haben sich die öffentlich- rechtlichen Sender der Quote und ihrem Druck angeschlossen. Seit dem ist die Quote das goldene Kalb um das fast jeder Fernsehschaffende tanzt. Für ARD und ZDF ergibt es wenig Sinn sich der Quote auszuliefern. Am offensichtlichsten haben sie kaum Werbezeit zu verkaufen. Aber am wichtigsten: Ihr Auftrag ist keine große Reichweite sondern die Grundversorgung an Bildung, Kultur und Unterhaltung. Dieser Auftrag alleine rechtfertigt eine bundesweite Zwangsabgabe aller Haushalte. Ob das öffentlich rechtliche Fernsehen diesen Auftrag erfüllt, lässt sich also an der Quote nicht erkennen. Besser wäre es Befragungen dergestalt durchzuführen:

Hatte die Berichterstattung im Fernsehen einen Einfluss auf die letzte Wahlentscheidung?

Half das Fernsehen komplexe politische Zusammenhänge zu verstehen?

Wann habe ich Neues vom Fernsehen gelernt?

Die Geiselhaft der Quote beginnt in dem Moment, wo sie das Programm diktiert. Obwohl sie unfähig ist die Erfüllung des Auftrags zu erfüllen, wird das gesamte Programm nach ihr ausgerichtet. Gesendet werden keine interessanten Dokumentationen, sondern Checks in denen Trivialwissen der ZuschauerInnen bestätigt wird. Der Sport wird durch König Fußball dominiert und die politische Berichterstattung findet in boulevardesken Talkshows statt, in denen sich die gleichen Leute mit den selben Phrasen nicht zu Wort kommen lassen.

Die Quote verhindert jegliche Änderung. Sobald die ZuschauerInnen nicht das gewohnte Programm vorgesetzt bekommen, bleiben sie fern. Während neue ZuschauerInnen nicht von Beginn an bemerken, wenn gutes im Programm versteckt wurde. Das Diktat der Quote geht so weit, dass sich Schauspielerin Iris Berben beschwerte, dass sie in Deutschland nur drehen können, wenn Geranien blühen. Sonst befürchten die Sendechefs, dass die Quote ausbleibt.

Die Kirche könnte aus der Geiselhaft der Quote lernen. Zuerst müsste sie sich selber aus der Geiselhaft ihrer Statistiken befreien. Wenn die EKD im Impulspapier „Kirche der Freiheit“ fordert die Quote der GottesdienstbesucherInnen mehr als zu verdoppeln, befindet sie sich schon in deren Geiselhaft. Dabei sagt die Zahl der Gottesdienstbesucher nichts über den Erfolg der Verkündigung aus. Selbst wenn mehr Menschen einen Gottesdienst besuchen, kann durch de Anpassungen dafür gesorgt werden, dass weniger Impulse mitnehmen oder sich in ihrem Glauben bestätigt fühlen. Genau wie ARD und ZDF benutzt die Kirche quantitative Statistik, während eine qualitative Auswertung ihrem Auftrag eher entspricht. Damit setzt die Kirche Anreize für ein quantitatives Wachstum. Wie ich letzte Woche geschrieben habe, hat die Kirche auch ein qualitatives Problem. Es ist nicht Absicht von „Kirche der Freiheit“ auf Kosten der Qualität zu wachsen. Dennoch begibt sich die Kircheauf ein gefährliches Terrain., wenn sie auf die falschen Zahlen schaut oder schauen lässt. 

Ebenso sind die quartalsmäßigen Zahlen der Kirchenaustritte zu betrachten. Es ist schmerzhaft trotz einem fast universalen Anspruch Mitglieder zu verlieren. Auf die Verluste zu schauen lähmt alle Beteiligten. Die neueste Mitgliederbefragung hat einen Schritt in eine gute Richtung getan. Statt auf die Mitgliederstatistik zu schauen, sollte in den Fokus rücken, wo Kirche ihrem Auftrag gerecht wird. Die Bindung an die Kirche liegt in großem Maßen an der Qualität der persönlichen Begegnung. Die gilt es auszubauen. Die ist aber kaum messbar.

Ein Blick auf diese Statistiken ist zuerst schmerzlich. Wie viele Mitglieder kann die Kirche nicht erreichen? Alle werden es niemals sein. Das schaffen auch nicht die Gewerkschaften, Parteien, Vereine oder das Fernsehen. „Wachstum gegen den Trend“ muss hier anfangen. Es muss ein neuer Trend einer offenen persönlichen Kirche gestartet werden. Leuchttürme können gegen den Trend wachsen. Eine einige Kirche in denen motivierte verantwortliche Personen an der Qualität arbeiten kann einen Trend setzten. Ob das zu einem Wachstum bei den Mitgliedern führt mag ich bezweifeln. Aber diese Statistik interessiert mich nicht als Mitglied und Akteur in der Kirche. Die Momente, wo ich für eine Person im richtigem Moment Dasein kann sind wichtiger als die Reichweite meiner Veranstaltung. Wer der Versuchung falscher Statistiken widersteht, kann den Weg zu wirklichen Reformen finden.

Reformern sind genau das Stichwort für nächste Woche. Dann geht es darum, warum man seinem eigenen Produkt vertrauen muss. Ich werde zeigen, wie panische Reformanstrengungen und immer wieder neues Gegensteuern einen negativen Sog aufbauen. Auch das kann Kirche vom Fernsehen lernen.

„Ohne Kirchenbindung verkümmert Glaube an Gott“. Prof. Detlef Pollack zur 5. KMU (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung)

Religionssoziologe Detlef Pollack zur Lage der evangelischen Kirche in Deutschland – Experten werten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung Anfang April in Münster aus
Pressemitteilung des Exzellenzclusters vom 26. März 2014. Zur Quelle.

Zwischen Entdifferenzierung und Selbstimmunisierung. Eine kritische Analyse der fünften Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung.

Von Georg Raatz, Dt. Pfarrerblatt 10/2014

Läutet die 5. Kirchenmitgliedschaftsstudie das Ende des »liberalen Paradigmas« ein, demzufolge neben der kirchlichen auch eine außerkirchliche Religiosität innerhalb der Volkskirche ausgemacht werden kann? Oder verschwindet jenseits von erklärter Kirchenbindung alles im Nebel »religiöser Indifferenz«? Oder immunisiert sich hier ein eng gefasstes Verständnis von Kirche gegen die Kritik aus den eigenen Reihen? Georg Raatz hegt Zweifel an der »offiziellen« Deutung der Ergebnisse der Studie... Zum Artikel.

73. Deutscher Pfarrertag. Vorsitzender Kahnt freut sich über Wertschätzung an Pfarrerinnen und Pfarrern / Kritik an EKD

Die 5. Erhebung der Evangelischen Kirche in Deutschland über die Kirchenmitgliedschaft zeige eindrucksvoll, „dass unter den Kirchengliedern die Bedeutung von Pfarrerinnen und Pfarrern hoch geschätzt wird“, so Kahnt. Es komme auch in Zukunft auf den Pfarrer und auf die Pfarrerin an, so der Vorsitzende, denn die Evangelische Kirche sei für ihre Mitglieder vor allem durch ihre gottesdienstliche Praxis bedeutsam. „Das Bild von Kirche vermittelt sich für einen großen Teil der Befragten über konkrete Personen, nämlich eine Pfarrerin oder einen Pfarrer, die Sie persönlich kennen, denen sie anlässlich eines kirchlichen oder öffentlichen Ereignisses begegnet sind oder deren Namen sie mit einer Pfarrperson verbinden,“ betonte der Vorsitzende vor den 100 Delegierten aus den Mitgliedsvereinen…

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland habe mit ihrem Reformprogramm einiges zu diesen Fehlentwicklungen beigetragen: Manche Vorgaben zeigten in die falsche Richtung und manches Leuchtfeuer hätte sich als Irrlicht erwiesen, so Kahnt. „Die Vorgabe, ‚gegen den Trend zu wachsen‘, war und ist eine Anleitung zum Unglücklich sein; sie hat nicht wenige Pfarrerinnen und Pfarrer nicht nur unglücklich, sondern sogar krank gemacht“, unterstrich der Vorsitzende. Es wäre hilfreich gewesen, den Verband zum sogenannten Zukunftskongress der EKD im Mai dieses Jahres einzuladen, um Fehlentwicklungen offen anzusprechen. „Aber vielleicht wollte dort niemand hören, was der Verband schon seit langem sagt und einfordert. Nun haben es eben die Kirchenmitglieder gesagt“, so der Vorsitzende in Worms wörtlich…

Zum Artikel.  Vgl. dazu auch den Vorstandsbericht von Andreas Kahnt vor den Delegierten, S.2 + 3

…Was uns heute in besonderer Weise herausfordert, sind die unaufhörlichen Kirchen- und Strukturreformen“, kritisierte der niedersächsische Pastor Kahnt*. Der zunehmende Pfarrermangel führe dazu, dass seine Berufskollegen immer mehr zusätzliche Aufgaben zu schultern hätten. Auch seien es in der Regel die Pfarrer in den Gemeinden vor Ort, die umstrittene Kirchenfusionen und unpopuläre Änderungen der Gemeindegrenzen gegenüber den Gemeindemitgliedern vertreten müssten… Zum Bericht.

* Vors. des Pfarrverbandes Deutschland

ELK Württemberg. 5. KMU: Der persönliche Kontakt zur Gemeindepfarrerin oder zum Pfarrer

Glauben an künftige Generationen weitergeben. Unter diesem Titel interpretiert Gerhard Wegner vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD die 5. KMU, Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung.

Der persönliche Kontakt zur Gemeindepfarrerin oder zum Pfarrer sei von entscheidender
Bedeutung für die Kirchenbindung und die eigene Religiosität, erklärte Wegner. Umso wichtiger sei es nun zu fragen, warum der persönliche Kontakt innerhalb der letzten zehn Jahre von 52 auf 38 Prozent drastisch zurückgegangen sei. Diese Frage sei deswegen so wichtig, weil das Engagement und die Bindung zur Kirche deutlich ansteige, wenn der Gesprächskontakt zum Pfarrer oder der Pfarrerin dazukomme. beraten & beschlossen.

Anmerkung FS: welche Pfarrerin, welcher Pfarrer kann das wohl (nicht) erklären?

Auf den Pfarrer kommt es an. Von Reinhard Bingener, FAZ

18.04.2014  ·  Von Reinhard Bingener

Das Gericht ohne Richter wird vermutlich ebenso ein Hirngespinst bleiben wie das Krankenhaus ohne Arzt. Bei der Kirchengemeinde ohne Pfarrer ist man dem Paradox schon einige Schritte näher gekommen: Gemeinden, die zusammengelegt werden, und solche, die über lange Zeit ohne Pfarrer auskommen müssen; Kirchenmitglieder, die den Namen des für sie zuständigen Pfarrers nicht kennen, und Gemeindeämter, die telefonisch nur an Dienstagen von neun bis elf erreichbar sind. Der Befund gilt für beide großen Kirchen. Überspitzt gesagt: Mit dem Verzicht auf einen besonderen Priesterstand ist in der evangelischen Konfession in der Theorie kühn vorweggenommen, was die katholische Kirche hierzulande in Ermangelung von Nachwuchs inzwischen an vielen Orten praktiziert.
Zum Artikel der FAZ.

 

5. EKD Kirchenmimitgliedschaftsstudie (5. KMU): „Weitergabe des Glaubens keine Selbstverständlichkeit mehr“

06.03.2014 | Berlin. Auf der einen Seite fühlen sich drei Millionen Menschen der evangelischen Kirche eng verbunden, auf der anderen Seite wächst die Zahl jener Protestanten, denen Kirche schlicht egal ist. Über die Ergebnisse der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sprach der epd mit Gerhard Wegner. Der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD sieht Chancen für seine Kirche, indem sie auf Familien zugeht.  Zum Interview.