Archiv der Kategorie:
Tempo – Druck – Stress

Die Ursache für Burnout liegt in der Arbeitswelt

Professor Johannes Siegrist, Leiter des Instituts für Medizinische Soziologie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, sieht die Ursache für Burnout nicht in individuellen Veranlagungen sondern in der heutigen Arbeitswelt. Folglich schlägt er als Lösung nicht wie andere eine Individual-„Therapie“ nach dem Motto „Lesen Sie mal ein Buch“ oder „Gehen Sie mal spazieren“ vor. Sein Lösungsvorschlag ist nicht an die Betroffenen adressiert, sondern nimmt die Leitungen und Vorstände von Betrieben, Organisationen und Insitutionen in die Pflicht und die Verantwortung. Lesen Sie das Interview.

Der weit verbreiteten Ansicht, dass Burnout eine Sorge der Chefetagen ist, widerspricht Siegrist. Die Wahrscheinlichkeit steigt, „je tiefer man in der betrieblichen Hierarchie geht“. Es gebe allerdings eine Ausnahme: Menschen, die als personenbezogene Dienstleister arbeiten, also Ärzte, Altenpfleger oder auch Lehrer. Hier mache das Burnout auch vor den höheren Gehaltsklassen nicht halt… Oder aber Arbeitsplätze, an denen es eine so genannte „Belohnungskrise“ gibt. „Ein Ungleichgewicht zwischen dem, was ich leiste und den Belohnungen, die ich dafür bekomme“, erklärt der gebürtige Schweizer. Hierbei gebe es drei Arten von Belohnungen: Geld, Aufstieg oder Arbeitsplatzsicherheit und Wertschätzung…
Siegrist appelliert an die Wirtschaft, endlich etwas gegen die krankmachenden Arbeitsbedingungen zu tun. Auf längere Sicht würde sich das für die Chefs durch geringere Fehlzeiten und eine höhere Produktivität der Mitarbeiter auszahlen.

Burnout bei Ärzten und Ärztinnen:

Zeitungen verkünden täglich, dass Ärzte im Krankenhaus unter der Überlastung und dem immensen Kostendruck im Gesundheitsbereich stöhnen. „Die Arbeitsbelastung und intensive Ausnutzung der Ärzte sind in den letzten Jahren gewachsen. Bei gestiegenen Patientenzahlen, kürzeren Verweildauern im Krankenhaus und Sparmaßnahmen hat sich der Arbeitsumsatz erhöht, es wird immer nur oben drauf gepackt“, kann der Jurist Resemann vom Marburger Bund nur bestätigen. Bei manchen Ärzten führt die Arbeitsüberlastung zum Burn-out, einem inneren „Ausgebrannt-sein“.

Burnout bei ProfessorInnen: „Jeden Tag schuldig ins Bett“

Das Hamsterrad für Professoren dreht sich immer schneller, teils mit ruinösen Folgen für die Menschen und die Forschung. Ein Gespräch mit Prof. Hartmut Rosa, Jena, über die Ursachen und mögliche Korrekturen.

Prof. Hartmut Rosa: Theoretisch sind Professoren weitgehend Herren ihrer Zeit. Dennoch ist auch unsere Arbeitsverdichtung in den vergangenen Jahren enorm gestiegen . Zudem haben sich die Anerkennungsmechanismen für Hochschullehrer grundsätzlich gewandelt: Nicht mehr ihre Position zählt, sondern ihre Leistung.

Bei LehrerInnen:

Der auslösende Faktor für das Burnout ist sehr oft die Diskrepanz zwischen den selbst gestellten Zielen und der Konfrontation mit der schulischen Realität. Wie oft stellt man als Lehrer fest, dass man sich so gut vorbereitet hat und nach der Unterrichtsstunde doch so wenig erreicht hat, weil die Schüler und Schülerinnen an diesem Tag völlig andere Interessen hatten oder überhaupt nicht für das Thema zu begeistern waren. Das frustriert ganz schön. Dazu kommen dann die schlechten Arbeitsbedingungen und die Konflikte mit den Kolleginnen und Kollegen oder der Schulleitung. Es steht nämlich außer Frage, dass eine schlechte Arbeitsatmosphäre durchaus Burnout-fördernden Charakter hat. Die Ursachen werden also gleichermaßen im persönlichen wie auch institutionellen Bereich liegen.
Der gesamte Prozess des Ausbrennens vollzieht sich in mehreren Phasen, die mit der Reduzierung des eigenen Engagements beginnen und bis zur völligen Hilflosigkeit reichen.

Für LehrerInnen liegt eine Burnoutstudie, die sog. Saarschmidtstudie, vor. Ergebnis: 25% aller LehrerInnen leiden unter Burnout.

Burnout bei PfarrerInnen

Immer mehr Menschen in Deutschland sind vom Burnout-Syndrom betroffen. Gerade auch evangelische Pfarrer bleiben von der totalen Erschöpfung nicht verschont. 20 Prozent von ihnen, so schätzen Fachleute, werden durch beruflichen Stress krank… Schätzungsweise fünf Prozent der Theologen entwickelten sogar ein Burnout-Syndrom mit Zuständen totaler Erschöpfung, erläutert der Pastoralpsychologe Andreas von Heyl…

 

Kommentar: bei welchen institutionellen Arbeitgebern ist das Thema Burnout schon angekommen? In den Kirchen haben in diesem Jahr der Pfarrverband und der Pfarrverein der EKKW das Thema Gesundheit als Problem entdeckt. Noch nicht aber die Kirchenleitungen und die Personalabteilungen. F.S.

 

 

Scheitern, ein Problem das unsere Gesellschaft nich mehr lösen kann.

„Scheitern ist das große Tabu unserer Zeit.“, schreibt Inge Kloepfer in der FAZ. Dabei ist scheitern nur „die dunkle Seite des Erfolgs“.

Inge Kloepfer zeigt in ihrem Artikel die Probleme unsere Gesellschaft mit dem Scheitern. Dabei zeigt sie deutlich, wie eine Welt ohne Gottes Zuspruch aussieht: „Noch nicht einmal Lach- und Zornesfalten, Doppelkinn oder Brustumfang werden als gott- oder naturgegeben hingenommen, geschweige denn eigener Lebenserfolg. Diese Lebenshaltung gibt dem Scheitern seine verschärfte Dramatik.“

Der Artikel lässt Psychologen und Philosophen zu Wort kommen. Doch niemand kann das Scheitern jenseits einer Mystifizierung als Vorstufe des Wiederaufstiegs integrieren. Doch gerade deshalb ist der Artikel auch lesenswert.

 

Lesen sie hier den ganzen Artikel auf FAZ-online.

Stoppt Sonntagsarbeit jetzt!

Die Europäische Sonntagsallianz appelliert an die Politiker Europas

Jeder dritte Europäer und jede dritte Europäerin muss regelmäßig Sonntagsarbeit verrichten, kritisiert die Europäische Sonntagsallianz. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)beträgt der Anteil an Sonntagsarbeit in den EU Mitgliedsstaaten 30 Prozent… im vergangenen Dezember hat sich die Gefahr verstärkt, dass flexible Arbeitszeiten und die damit verbundenen gesundheitlichen Gefährdungen zunehmen. Die Europäische Sonntagsallianz erwartet von einer bürgernahen europäischen Politik, dass Gesundheit und soziale Sicherheit aller Bürger gefördert werden. Dadurch wird soziale Kohäsion gestärkt. Europa ist nicht nur eine Wirtschafts- sondern auch eine Sozial- und Kulturgemeinschaft.

Lesen Sie den Appell.

Psychischer Druck als volkswirtschaftlicher Kostenfaktor

Lesen Sie „teurer Stress“

Acht von zehn Deutschen fühlen sich täglich unter Druck. Die Volkskrankheit kommt sowohl unsere Gesundheit als auch die Wirtschaft teuer zu stehen.

‚Vom vielen Wiegen wird die Sau nicht fett‘ – ein Lob der Schule von Prof. Joachim Bauer (Rezension)

Schule wie Kirche?  Parallele Entwicklungen in unterschiedlichen Institutionen. Eine Buchempfehlung – nicht nur für Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit!

Joachim Bauer: Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern. Hamburg 2007 ISBN 978-3-455-50032-5

Gut zu lesen, kurz und knapp, aber doch sehr bildreich beschrieben („’Vom vielen Wiegen wird die Sau nicht fett‘- und Schüler werden vom Testen nicht klüger.“ S. 120) All dies empfinde ich für unsere kirchliche Arbeit nicht nur mit Kindern und Jugendlichen äußerst entlastend und hilfreich zu hören.

Worum geht es?
– ungeschminkt wird die Situation des Lehrers vor einer Klasse beschrieben;
– die universitäre Ausbildung der Lehrer wird kritisch gesehen und Vorschläge zur Verbindung von Universität und Schule ähnlich wie bei den Medizinern gemacht;
– vor allem aber wird das Urteil über Lehrer in der Politik und Öffentlichkeit schärfstens abgelehnt, denn Lehrer leisten Schwerstarbeit;
– der Einfluss der elektronischen Medien auf die Kinder und Heranwachsenden wird in seinen negativen Auswirkungen insbesondere auf die Gewaltbereitschaft benannt;
– es werden in kurzen und klaren Worten Orientierungen für den Lehrer gegeben, wie er sich angesichts dieser Situation verhalten und seine eigene Gesundheit schützen kann.
– Es wird auf die Untersuchungen der Gründe für die hohe Zahl der früh berenteten oder pensionierten Lehrer hingewiesen.
– Die Übernahme von Mess- und Kontrollsystemen, die von außen nicht nur auf Schulen, sondern auch auf „Industriebetriebe, Dienstleistungseinrichtungen, Arztpraxen, Krankenhäuser oder Schulen“ wird kritisiert, da sie die Tendenz haben, „zu parasitären Apparaten zu werden, zu Biotopen, in denen sich viele Zaungäste ernähren, ohne letztlich die Einrichtungen zu stärken, die sie evaluieren und kontrollieren sollen.“ (S. 120) – Als Kirche beginnen wir damit ja gerade in großem Maßstab.

Wichtige Parallelen zur kirchlichen Situation:
– Vor allem die drei Seiten über die „Beziehungen im Lehrerkollegium“ und den Umgang mit Klagen von Eltern und Schülern über Kollegen ist sicher für viele von unseren Mitarbeitergruppen sehr hilfreich. Ein professioneller, an Qualitätsmangagements (QM)ausgerichteter Prozess wird hier gefordert: schriftliches festhalten der Beschwerden, Schaffung eines Vertrauensgremiums, das aufgrund dessen Rücksprache hält und diese Beschwerden einordnet als üble Nachrede oder berechtigt. (S. 60ff)

Joachim Bauer ist Medizin Professor und Psychotherapeut. Er leitet das Münchener Institut für Gesundheit in pädagogischen Berufen“ . Bei Hoffmann und Campe sind 2005 und 2006 weitere sehr lesenswerte Bücher erschienen, die über die Wirkung unserer Spiegelneuronen Auskunft geben.

K.D.

Burnout bei Lehrern

Lehrer arbeiten 51 Stunden die Woche – jede/r Dritte ausgebrannt.

Das aktuelle Heft „Psychotherapie im Dialog“ zum Thema „Burnout“ widmet sich dem Burnout bei Lehrer/innen. Demnach arbeiten Lehrer/innen im Jahresschnitt 51 Stunden pro Woche. Rund ein Drittel von ihnen leidet wegen beruflicher (Über-)Forderung unter starken gesundheitlichen Störungen.

vgl. auch die Rubrik „Aktion“ im Monat April 2013.

 

„Nur Sklaven sind ständig erreichbar”

4,8 Mrd. Menschen besitzen ein Handy, aber nur 4,2 Mrd. können eine Zahnbüste ihr eigen nennen. 68% der Handybesitzer leiden an eingebildetem Vibrationsalarm. Jeder zweite nimmt das Handy mit ins Bett. Warum lassen wir uns so bereitwillig von Maschinen bestimmen? Digital-Therapeutin Anitra Eggler gibt Auskunft.