03/2017
Kirchlichkeit und evangelisches Bewusstsein stehen in einem deutlichen Spannungsverhältnis.
von Dieter Becker (Autor), Peter Höhmann (Autor)
Diese Spannung ist in der reformatorischen Tradition angelegt und als unvollständige Integration und kritische Distanz gegenüber der Kirchenorganisation sichtbar. Die so angelegte ambivalente Beziehung zwischen der evangelischen Kirche und ihren Mitgliedern ist – wenn auch nicht auflösbar, aber in pluralen Formen religiöser und kirchlicher Ausprägungen gestaltbar.
Die Pluralität der Alltagserfahrung steht jedoch mit den theologisch-kirchlichen Bemühungen, ein einheitliches Gemeinschaftsmodell aufrecht zu halten, in deutlichem Widerstreit. Als Folge werden so teils nicht beabsichtigte, teils paradoxe Effekte ausgelöst. Evangelische Freiheit und organisationale Gleichförmigkeit wirken sich in ihrer Zwiespältigkeit auf die kirchlichen Bindungsmuster aus; vor allem dann, wenn einer religiösen, hierarchischen Verengung – wie im aktuellen Reformprozess – das Wort geredet wird. Kontinuierliches Bemühen um die gewünschte kirchliche Homogenität untergräbt aber einen wesentlichen Grundpfeiler des Protestantismus:
Die notwendige Bindungsdistanz evangelischer Mitglieder zu „ihrer“ Kirchenorganisation. Denn diese Distanz hält Kirche allein reformfähig.
Anhand empirischer Analysen stellen die Beiträge in diesem Band die vielfältigen Formen religiösen Bewusstseins und kirchlicher Bindungen dar.
Den beiden Autoren (Dr. Dieter Becker und Dr. Peter Höhmann) geht es soziologisch und theologisch um Sichtweisen sowie Lösungsoptionen, mit denen es Kirche und Mitgliedern gleichermaßen ermöglicht wird, ihrem kreativen Gestaltungsauftrag evangelischer Zukunft gemeinsam gerecht zu werden.
Dieter Becker, Peter Höhmann, Kooperation und Konflikt, Frankfurt/Main 2016