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Missmanagement, Skandale

Vatikan verhaftet Erzbischof Wesolowski

Der Vatikan hat auf ausdrückliche Anordnung des Papstes den Erzbischof Josef Wesolowski verhaftet. Ihm wird der Missbrauch von Kindern vorgeworfen.

Die Verhaftung eines Hochrangigen Mitglieds der katholischen Kirche ist ein positives Zeichen auch an anderen Orten ohne Rücksicht auf Ämter gegen sexuellen Missbrauch vorzugehen.

Doch ob sich damit auch in Deutschland ein Umdenken einstellen wird, ist fraglich. Noch immer gibt es Auseinandersetzungen über die umfassende Aufklärung der deutschen Missbrauchsskandale.

Lesen Sie hier den Artikel im Tagesspiegel.

Betretenes Schweigen in der Synode der Nordkirche nach dem Vortrag von Bischöfin Fehrs: Die Nordkirche stellt sich dem Thema Missbrauch.

Der Bericht, den Frau Bischöfin Fehrs auf der Landessynode am 1. März 2014 zum Thema „Missbrauch in der  Institution Nordkirche“ gehalten hat, ist bemerkenswert und sollte in allen Landeskirchen Rezeption erfahren. Nachdem Frau Bischöfin Fehrs ihr Schlusswort gesprochen hatte, war bedrückende Stille im Saal.

Besonders erschreckend waren für alle Synodalen ihre Ausführungen zum Ahrensburger Missbrauchsskandal. In groben Zügen hat Frau Bischöfin Fehrs der Synode einen Einblick in „das System Missbrauch“ in Ahrensburg gegeben und hat Parallelen zum Missbrauchsskandal in der Odenwaldschule gezogen.

Die Größenordnung dieses Skandal und der andauernde Widerstand von Betroffenen, die nicht schon wieder beiseite geschoben werden wollten, hat so viel Druck auf die Kirchenleitung ausgeübt, dass eine unabhängige Expertenkommission Anfang 2013 ihre Arbeit begann, mehr Licht in „das System Missbrauch“ in Ahrensburg und der Nordkirche zu bringen. Frau Bischöfin Fehrs spricht auch den Vertuschungsvorwurf an. „Unsere definitiv fehlende Dokumentation im Kirchenamt etwa, als 1999 der Täter versetzt wurde. Vertuschung – das ist seither das Wort, das an der Kirche klebt. Vielleicht wird es auch nach einem Bericht der unabhängigen Expertenkommission so bleiben, ich rechne ehrlich gestanden damit. Auch übrigens nach den vergangenen 3 Jahren mit allen Versuchen, sich auf neue Weise der Verantwortung zu stellen und bei den Betroffenen wieder etwas „gut zu machen“, wissend, wie schwierig das zugleich ist. Vertuschung – das wird man schwer los.“ Zu viele offene Fragen und nicht klären von Verantwortlichkeiten schaden der Glaubwürdigkeit der Kirche am meisten. Denn das Ansehen der Kirche nach außen in Missbrauchsfällen/ Skandalen wahren zu wollen, bedeutet abwägen.

Doch Abwägen, wenn es um Leid geht?

Wie viel Leid Menschen allein im Ahrensburg durch sexualisierte Gewalt erlitten haben, das ist seit 2010 nur annäherungsweise deutlich geworden. Da ist tatsächlich noch ein langer Verstehensprozess und Lernen notwendig. Frau Bischöfin Fehrs hat einen guten Anfang mit ihren Gesprächen mit Betroffenen gemacht. SJ

1. März 2014: Bericht Missbrauch in der Institution Nordkirche
03.03.2014 | 5. Tagung der I. Landessynode der Nordkirche; TOP 2.1 am 01.03 2014
Bericht: Missbrauch in der Institution Nordkirche

…„Unfassbar, dass so etwas in Kirche vorkommt“ – so oft habe ich den Satz gehört. In ihm schwingt die Verunsicherung mit, die in den letzten 3 ½  Jahren mit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle  zu spüren ist. Mitarbeitende in der Kirche – ehren- wie hauptamtliche fragen sich: Was ist vertrauensbildende Nähe, was ein Übergriff? Man fühlt den schmalen Grat. Das Thema konfrontiert immer auch mit eigenen Ängsten. Oder gar mit eigener Gewalterfahrung, so sie denn jemand erlitten hat. Es konfrontiert uns mit den dunklen Seiten unserer kirchlichen Institution. Damit, dass man das vertrauensvolle Selbstbild enttäuscht sehen muss. Und es konfrontiert uns schließlich mit der Frage, wie wir unserem Auftrag der Versöhnung gerecht werden –  zuvorderst im Blick auf die Betroffenen, aber auch im Blick auf Täter, die oftmals nicht in der Lage sind, zu ihren Taten zu stehen.
Was nun aber ist passiert? Die Berichte heute sind ein Baustein im Verstehensprozess in der Nordkirche, der ja längst schon in Nordelbien begann. Und Prozess heißt implizit: wir sind noch nicht am Ende des Verstehens. Vielleicht sogar erst ziemlich am Anfang. In jedem Fall aber gemeinsam auf der Suche – und dazu nun einige persönliche Wahrnehmungen und Erkenntnisse. Basierend auf all den Gesprächen mit den Betroffenen und gegen gelesen und überprüft  anhand von Fachliteratur und Medienberichten hat sich mir folgendes exemplarisches Bild von Missbrauchsstrukturen eingestellt: …“ Bericht von Bischöfin Fehrs auf der Synode am 1.3.14

Transparenz und Kontrolle (Thema des Monats)

Die Affäre um die Kosten des Limburger Bischofspalais waren medienpolitisch ein Super-Gau für die kathol. Kirche. Ein singuläres Ereignis mit verheerender Wirkung. Dies Exempel lehrt: die Gesetze der Medien sind unerbittlich. Die Medien mischen im Spiel der Meinungsmache mit. Und sie kennen die Achillesfersen der Akteure. Bei den Kirchen gehören zu diesen hochsensiblen Themenbereichen u.a. die Finanzen. In der Konsequenz erfordert diese Erkenntnis gerade von den Kirchen extrem hohe, man kann sagen höchste Aufmerksamkeit in allen Finanzangelegenheiten. Dabei geht es nicht allein um dolose Handlungen, um Betrug, Unterschlagung, Korruption etc. Sondern es geht auch um Managementfehler. Letztlich kann alles in gleicher Weise skandalisiert werden. In solchen Fällen kann der entstehende Schaden für die Organisation infolge einer medialen Kampagne ggf. deutlich höher als der finanzieller Schaden ausfallen. Die weichen Faktoren schlagen dann stärker zu Buche, als die Errungenschaft der bilanziellen, in Zahlen greifbaren Schäden es ausweist.
Nicht alle Landeskirchenämter sind sich der Bedeutung bislang bewusst. Vielleicht hat Limburg dem einen oder anderen die Augen geöffnet. Dann hat der Fall auch für die ev. Kirchen etwas Gutes. Hoch war die Alarmstufe z.B. kürzlich in München angesichts des dortigen Finanzskandals. Das Bayerische Sonntagsblatt berichtete: „Es hat heftig gerumpelt in der Münchner Katharina-von-Bora-Straße. Die hochriskanten Anlagegeschäfte des Dekanats München haben den Landeskirchenrat der bayerischen evangelischen Kirche in einige Nachtsitzungen gezwungen“. Unter solchen Rahmenbedingungen kommt es also darauf an, entsprechende Mechanismen in Form von Strukturen und Prozessen zu entwickeln, die eben dies gewährleisten: die lückenlose Unterbindung von Finanzskandalen. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel.

Um Schaden zu vermeiden, fordert etwa auf katholischer Seite die Pfarrer-Initiative eine transparente Kontrolle:

Die Situation in Limburg wirft aber auch ein Licht auf zwei Themenkomplexe, die dringend
einer Klärung und Verbesserung bedürfen: die Frage nach dem transparenten Umgang mit
Finanzen und die Frage nach der Bischofsernennung.
Die Pfarrer-Initiative Deutschland fordert alle Bischöfe auf, umgehend dafür zu sorgen, dass
das Vermögen und die Finanzverwaltung des jeweiligen Bistums (des Bischöflichen Stuhls)
transparent gemacht werden. Ebenso ist transparent zu machen, welche Personen und
Gremien an der Finanzverwaltung des Bischöflichen Stuhls mitwirken und wie diese
kontrolliert werden und Rechenschaft über die Verwendung der finanziellen Mittel ablegen.
Die Öffentlichkeit akzeptiert sehr wohl, dass die Kirche Vermögen hat und über umfangreiche  Finanzmittel verfügt, um ihre zahlreiche Aufgaben zu bestreiten. Sie akzeptiert aber nicht, wenn diese ohne Transparenz und entsprechende Kontrollmechanismen verwaltet werden – und dadurch eben Situationen erst möglich werden, wie sie jetzt in Limburg eingetreten sind.  Wenn Vertrauen zurück gewonnen werden will, sind in diesem Bereich dringend transparente Strukturen nötig.

Zur Erklärung, (gehen Sie auf die: Erklärung zu Finanzen und Bischofsernennungen).

Worum geht es? Es geht nicht um die Transparenz in Vermögensfragen. „Die Öffentlichkeit akzeptiert sehr wohl, dass die Kirche Vermögen hat und über umfangreiche
Finanzmittel verfügt“. Die Transparenz in Vermögensangelenheiten wird immer wieder von neoliberaler Seite, etwa McKinsey, gefordert. Das ist gewissermaßen deren erkennungsmerkmal.  Aus theologischer Sicht geht es um die Transparenz der Strukturen und Prozesse. Und man sollte ergänzen: aus theologischer Sicht geht es auch die Transparenz der Kosten.
Das ist eigentlich die Aufgabe der kirchlichen Medien, sofern sie noch wirklich frei berichten können. Bisweilen ist durchaus der Fall, wie etwa der Bericht des Bayerischen Sonntagsblatts in dieser Ausgabe demonstriert. Allerdings wird die freie Berichterstattung in der Kirche infolge der Zentralisierung immer stärker eingeschränkt und behindert. Daher bedarf es zusätzlicher Instrumente, wie z.B. auch der Wort-Meldungen oder vergleichbarer Internetportale. Dazu bedarf es aber auch einer Organisastionsstruktur, in der die (Finanz-)Kontrolle eine starke Stellung hat. Zu diesem Thema mehr in der nächsten Ausgabe. F.S.

Anlagepleite im Ev. Dekanat München: Die Landeskirche versucht Vertrauen zurückzugewinnen

Kommentar von Helmut Frank

Es hat heftig gerumpelt in der Münchner Katharina-von-Bora-Straße. Die hochriskanten Anlagegeschäfte des Dekanats München haben den Landeskirchenrat der bayerischen evangelischen Kirche in einige Nachtsitzungen gezwungen. Dabei ging es darum, wie man damit umgeht, dass bei hochriskanten Anlagegeschäften im Dekanat München Millionen an Kirchensteuermitteln verloren gingen, wie wer für was genau Verantwortung übernehmen muss und welche Konsequenzen für die Zukunft gezogen werden. Zum Text im Bayerischen Sonntagsblatt.

Die Lehre aus dem Finanzskandal im Ev. Dekanat München

von Friedhelm Schneider

Eigentlich kann sie einem leid tun, Barbara Kittelberger, die Stadtdekanin von München. Denn eigentlich hatte sie alles richtig gemacht: eine zeitgemäße, ethisch korrekte, risikoarme, verordnungskonforme Anlage wollte sie und wollte ihr Beschlussgremium. Eine Anlage also, die zeitgemäßem protestantischem Selbstverständnis entspricht. So weit, so gut. Doch dann kam alles anders. Heute ist klar: gut 5 Mio. der über ca. 30 Mio. Rücklagen des Dekanates sind perdu, vielleicht sogar bis zu 13 Mio. . Größer als der finanzielle Schaden ist aber der Image-Schaden. Die Dekanin wird jetzt in den Medien auch mal in einem Zug genannt mit ‚Protzbischof‘ Tebartz-van Elst. Selbstverständlich mit Betonung der Unterschiede. Aber beim unkritischen Leser bleibt dennoch der Eindruck von einer gewissen Ähnlichkeit der Fälle hängen. Für die betroffene Person, Dekanin Kittelberger, ist das fatal. Fatal ist das auch für die Kirche in München, die Bayerische Landeskirche, ja die Ev. Kirche insgesamt. Seit Jahren prangern Kritiker den Reichtum der Kirchen an. Seit Jahren haben Menschen aus der Kirche selbst Zweifel, ob mit den gezahlten (hohen) Kirchensteuern denn auch sorgsam umgegangen wird. Seit Jahren sind die Finanzen für indifferente Kirchenmitglieder ein Hauptgrund für Kirchenaustritte. Mag also die Frage der Finanzen theologisch peripher sein, so ist sie doch sowohl aus der Perspektive eines wirksamen Managements als auch in Hinsicht auf die Mitgliedschaft zentral. Man kann sagen, es ist die Achillesferse der Organisation. Und die Achillesferse ist in diesem Fall getroffen. Das Medienecho ist der Beweis.
Kurz zum Fakt: Die besagte Anlage war gemäß den Kriterien in korrekten Beschüssen gefasst. Es gab korrekte Anweisungen der – gemäß noch gültigem Kirchenrecht – weisungsbefugten Dekanin an die Verwaltung. Vielmehr seien „die Geschäftsprozesse“ im Kirchengemeindeamt „völlig unzureichend ausgestaltet“ gewesen. Und die Überwachung funktionierte nicht. Das richtet sich an die Adressen des Finanzabteilungsleiters und Verwaltungsamtsleiters. Verantwortlich für die Fehlinvestition und den Skandal ist ganz offensichtlich nicht die Dekanin oder das Beschlussgremium, sondern eben der Finanzchef, Abteilungsleiter Andreas R., ein ehemaliger Banker. Der Staatsanwalt ermittelt. Das einzige, was man der Dekanin vorwerfen könnte ist, dass sie nicht auch noch ausreichend kontrolliert hat, ob ihre Anweisungen auch tatsächlich umgesetzt werden. Weitere Details im Bayerischen Sonntagsblatt.
Leser aus anderen Landeskirchen, etwa der EKiR, werden sich jetzt die Augen reiben. Keine Sorge: Sie haben richtig gelesen. In Bayern gehen die Uhren noch etwas anders, auch in der Landeskirche. Noch. Streift man das Lokalkolorit ab, dann stößt man im Hintergrund des Skandals auf einen tiefsitzenden, ca. 20 Jahre währenden Konflikt innerhalb der Landeskirchen, man müsste besser sagen: einen Machtkampf. Es ist der Machtkampf zwischen Theologie und Bürokratie. Hier: der Finanzabteilungsleiter, ehemaliger Banker, der Experte. Der als Autokrat einen seinem Bereich agiert. Und andere hierin als inkompetent einstuft. Die mutige Regionalbischöfin Breit-Kessler, die die Untersuchung ins Rollen bringt, erntet von Seiten der beiden genannten „empörte Reaktionen“ (Sonntagsblatt). Richtig ist: er ist der Experte – der Experte in Finanzfragen, also in Sachfragen. Oder er sollte es sein, wird man ohne Häme hinzufügen dürfen. In diesem Falle reichte seine Kompetenz offensichtlich nicht, fühlte sich aber so und gab in seinem Sachbereich den Autokraten. Hier setzte er sich offensichtlich über Vorgaben und Bestimmungen ( hier z.B. das 4- Augen- Prinzip) selbstherrlich hinweg. Und das geschieht hier offensichtlich in einer gewissen Dreistigkeit. Regionalbischöfin Breit-Kessler: „es war davon die Rede, dass ich keine Kompetenz und kein Durchgriffsrecht hätte“. Eine Dreistigkeit, die auf das Bewußtsein einer gewissen Deckung aus der Organisation schließen lässt. Auch Oberkirchenrat Hübner ist in den Fall involviert. Ab Bekanntwerden des Falls am 02.07. brauchte er über 4 Monate und bis weitere Fälle bekannt wurden, um eine Sonderprüfung zu veranlassen! (Sonntagsblatt). Dass dabei die Erkenntnis dämmert, dass das Anlagegeschäft überaus anspruchsvoll ist, dem die Verwaltungen in ihrer jetzigen Ausstattung nicht gewachsen sind, dämmert jetzt auch in Bayern. Zuvor hatte dies schon eine ebenfalls von Mut zeugende Prüfung des Rechnungsprüfungsamtes für die EKHN aufgezeigt. Erhebliche Kompetenzmängel der Verwaltung werden schlagartig offensichtlich. Leser aus allen Landeskirchen werden entsprechende analoge Beispiele vor Augen haben.

Woran es bei alledem fehlt ist – Managementkenntnis. In solchen Fällen würde die Unterscheidung von Management und Sachaufgaben, wie sie von Prof. Malik in der Artikelserie „Fragen und Probleme rund um kirchliche Reformprozesse“ des Deutschen Pfarrerblattes dargelegt wurde, weiterhelfen. Denn sie würde das nicht nur übertriebene, sondern schlicht dumme Selbstbewußtsein der Bürokratie den Boden entziehen. Die Bürokratie erfüllt Sachaufgaben. Und wenn sie das kompetent erledigt, kann der/die Vorgesetzte (ob Theologe, Laie, Organisation) zufrieden sein. Mehr braucht es nicht! Aber weniger eben auch nicht! Folgt man dieser für das Funktionieren von Organisationen und Betrieben essentiellen Differenzierung, wird man also die Managementfunktion stärken und die Sachfunktionen dort ein- und unterordnen. Bei gutem Management. In der Kirche passiert derzeit genau das Gegenteil. Die Kompetenzen und damit die Macht zwischen Theologie und Bürokratie werden nun auch kirchenrechtlich neu zu Gunsten der Sachfunktion (!) justiert. Und dabei erhalten die Sachfunktionen, genauer: das Finanzwesen, die Funktion des Managements, also der Führung. So jedenfalls das EKD-Muster, das dem Prinzip  nach in der EkiR ( vgl. Kap. A 2 – Verwaltungsstrukturgesetz 2013 Kritische Analyse) und EKBO den Synoden vorgelegt, aber nur in der EKiR beschlossen wurde. Die Synode der EKBO hat den Beschluss abgelehnt. Die Ironie des aktuellen Münchner Finanzskandals: selbst in der Bayerischen Landeskirche – mit einem völlig anderen organisationskulturellen Hintergrund – ist eben diese Diskussion gerade in Gang. Der Kompetenzentzug der Theologie wird also auch dort betrieben. Was daraus bei Skandal oder Missmanagement folgt, wird am aktuellen Finanzskandal überdeutlich: der Theologe/die Theologin wird als RepräsentantIn der Kirche in der Öffentlichkeit nur noch die Prangerposition eingeräumt. Aber er/sie hat dann nicht mehr den Ansatz einer Möglichkeit, das Übel vorher abzuwenden. Denn die Kompetenz dazu ist entzogen – und damit nebenbei auch die Gefahr der Tebartz’schen Protzposition. Bei dieser neuen Rollenverteilung mag es dem einen oder anderen DekanIn mulmig werden. Denn man kennt ja seine Pappenheimer… Und das nicht nur in Bayern (Offensichtlich kennt man die Pappenheimer aber nicht bei der EKD in Hannover…). Klar ist, dass das Problem des zufälligen Münchner Finanzskandals in Zukunft auch in Bayern noch eine strukturelle Fundierung, eine Legitimation der Organisation erhalten soll. Und darin liegt das Problem. Man wird sich dann dreimal überlegen, ob man sich als geeignete Theologin den Dekansposten noch antut. Denn diese Struktur bedeutet nachgerade: organisiertes Ungemach. Weil fehlende Kontrolle neue und größere Skandale provozieren (Ein Blick in die Wirtschaft und Politik liefert Anschauungsmaterial) und weil TheologInnen und mit ihnen die Theologie an den Rand gedrängt werden, die Kirche für die Menschen also belanglos wird. Und eine zunehmend belangloser werdende, vermehrt Skandale produzierende Organisation Kirche – wer braucht die?

p.s.: um Missverständnisse zu vermeiden: Der Autor ist nicht der Ansicht, dass das Problem von Finanzskandalen allein durch die Dominanz von TheologInnen behoben werden könnte. Hier haben zwei mutige Frauen das Übel bekämpft. Sie sind der Beleg, dass die Richtung stimmt. Aber das reicht nicht zu. In wie vielen anderen Fällen haben auch Theologen schon gekniffen? Und kneifen noch? Und: auch Mut allein reicht nicht. Ganz einfach sind Lösungen hier also nicht. Aber vorstellbar, wenn man das Problem ganzheitlich angeht.

Bischof Tebartz-van Elst soll Geld aus Stiftung abgezweigt haben

1⁷.02.14  System der Vertuschung und Verschleierung: Der Bericht der kirchlichen Untersuchungskommision belastet den ehemaligen Bischof Tebartz-van Elst schwer. So soll er Geld aus einer mildtätigen Stiftung zweckentfremdet haben, um die tatsächliche Höhe der Baukosten zu verheimlichen. Mehr dazu in der SZ.

Auch dazu: Der Bischof als Vorglaubender – Die Kritik an Tebartz-van Elst gilt seiner Profanität

14.11.2013 „Wir müssen  die Würde des Bischofsamtes wieder schützen, die ist am Boden.“ Das sagte nach Zeitungsberichten der Kirchenrechtler Thomas Schüller bei einem Symposium in Frankfurt zu den Folgen des Finanzskandals im Bistum Limburg. Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), forderte . „Wir brauchen eine klarere Beschreibung des bischöflichen Amtes.“ Mehr dazu.

Managementfehler der katholischen Kirche (Thema des Monats)

Theologe und Unternehmer Ulrich Hemel über: Managementfehler der katholischen Kirche
von Dieter Schnaas und Christopher Schwarz

Der Theologe und Unternehmer Ulrich Hemel über die Schwierigkeiten der Amtskirche, die hausgemachten Probleme zu managen.

WirtschaftsWoche: Herr Hemel, es gibt Umfragen, nach denen nur noch jeder vierte Katholik seine Kirche für eine vertrauenswürdige Institution hält. Ein Autobauer würde einen solch gravierenden Verlust der Kundenbindung nicht überleben. Wie steht es um die Zukunft des Moralunternehmens Kirche?…

Sprechen wir von der Amtskirche und ihren Managementfehlern. Die Bilanz des Vorstandsvorsitzenden, Papst Benedikt XVI., fällt verheerend aus. Die Duldung der Piusbruderschaft, der Holocaust-Leugner Williamson, die Missbrauchsfälle, die Lügen Bischof Mixas – was steckt dahinter?
Hier kommt vieles zusammen. Hervorzuheben ist eine Form von Neoklerikalismus, die mit Papst Benedikt XVI. verstärkt wurde. Die Amtskirche geriert sich, als sei sie die einzige, „wahre“ Kirche – und die Unterscheidung der Amtsträger von den Gläubigen wird so stark markiert, dass der Kern des Glaubens aus dem Blick zu geraten droht. Der Macht-, Repräsentations-, Kontroll- und Deutungsanspruch des kirchlichen Amtes ist so groß, dass sie der anderen Kirche, der Kirche der Glaubensgemeinschaft, zu der sie schließlich auch selbst gehört, die Luft zum Atmen nimmt. Zum Interview.

Bistum Limburg – Auch die Rolle der Vertrauten des Bischofs unter die Lupe nehmen

Die Kassenprüfer der Bischofskonferenz müssen nach Ansicht von Kirchenrechtler Thomas Schüller nicht nur die Rolle des Bischofs, sondern auch die seiner Vertrauten unter die Lupe nehmen. Der Generalvikar sei eine Schlüsselfigur, sagte er im Interview mit hr-online.

…Da dieser Kauf durch das Bistum nicht durch den Kirchensteuerhaushalt erfolgt ist, kann er nur aus dem Vermögenshaushalt der Diözese getätigt worden sein, für den die Verwaltungskammer zuständig ist. Dieser Kammer gehören der Generalvikar, der Weihbischof, der Justitiar, der Finanzdezernent und der Personaldezernent an…

Das vollständige Interview mit dem Kirchenrechtler Prof. Schüller.

Über die Abgründe des Missbrauchssystems – Mea Maxima Culpa (Film und Besprechung)

Institutionalisiertes Schweigen der Kirche: Die Filmrecherchen führen bis in den Vatikan.

Die Opfer sind gehörlos und zum Schweigen gezwungen, der Täter ist ein Priester und als Autorität anerkannt: In einem von der katholischen Kirche geführten US-Internat kam es jahrzehntelang zu sexuellem Missbrauch. Alex Gibney schildert die Qual der Kinder in einem parteiischen, aber aufwühlenden Dokumentarfilm. Zum Artikel in der SZ.

Mea Maxima Culpa
STILLE IM HAUS DES HERRN. Ausgehend von dem Fall eines amerikanischen Paters, der sich über Jahrzehnte an Schutzbefohlenen verging, zeigt Oscar-Preisträger Alex Gibney, welches Ausmaß die pädophilen Verbrechen von Geistlichen angenommen haben und mit welcher Beharrlichkeit die Kirche zu den Missständen geschwiegen hat. Zum Film.