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Versorgungsleistungen

Kapitaldeckung als Pensionssackgasse. Von Norbert Blüm. Und weitere Beiträge zum selben Thema.

Norbert Blüm, 19. Januar 2015

Resümee: Kapitaldeckung – eine Sackgasse

Kapitalgedeckte Privatversicherung hat keine ausreichende Antwort auf das Risiko der Arbeitslosigkeit, der Erwerbsunfähigkeit, Krankheit etc. und keinen Sinn für Familie. Ihr fehlt dafür der Mechanismus des Solidarausgleichs.

Deutschland macht miserable Erfahrung mit der Riester-Rente. Der Kater kommt noch, wenn die heutigen Rentner in die Rente kommen. Dann werden sie feststellen, dass die Riester-Rente das Loch nicht schließt, das sie mit der von ihr bewirkten Absenkung des Rentenniveaus in das gesetzliche Rentensystem gerissen hat.

Gewinner der Riester-Rente sind die Versicherungskonzerne und die Arbeitgeber, die zur Riester-Rente keinen Arbeitgeber-Beitrag zahlen. Zum Artikel.

Zum selben Thema 1:

Über 70 Prozent der Riester-Verträge in der Zinsfalle

20.01.2015 –
Noch in der Finanztest-Ausgabe 11/2013 wurden Riester-Banksparpläne als heimliche Favoriten vor allem für ältere Sparer genannt, die nur noch 10 bis 15 Jahre bis zur Rente vor sich haben. Gestern meldete Finanztest jedoch: Riester-Rente: Minizinsen belasten Sparer.

Schnell und einfach zur Steuer 2014 speziell für Rentner und Pensionäre
Der Grund liegt in der auf nur noch 0,35 % gesunkenen Umlaufrendite, also der durchschnittlichen Rendite aller umlaufenden Bundesanleihen. Die von Volks- und Raiffeisenbanken angebotenen Riester-Banksparpläne gehen meist von der Zins-Messlatte Umlaufrendite minus ein halber Prozentpunkt aus. Vor einem Jahr lagen diese Umlaufrendite noch bei 1,5 % und der Zins nach Abzug von einem halben Prozentpunkt immerhin noch bei 1 %.

Riester-Banksparpläne: Minizins von 0,5 % oder gar Negativzinsen… Zum Artikel.

zum selben Thema 2:

Lebensversicherer stoppen Auszahlungen

01/2015 Durch ein neues Gesetz dürfen Lebensversicherer bestimmte Reserven nicht auszahlen. Nach Informationen unserer Redaktion sind davon entgegen erster Erwartungen auch große Versicherer betroffen.
Zahlreiche Lebensversicherer müssen ihre Auszahlungen teilweise stoppen. Durch ein neues Gesetz sind die Unternehmen gezwungen, bestimmte Reserven nicht an ausscheidende Kunden auszuzahlen, wenn dadurch Zinsgarantien für die übrigen Kunden gefährdet würden.
Im Vorfeld hatten Experten erwartet, dass nur einige finanzschwächere Versicherer unter diese Schutzregel fallen. Nach Informationen der WirtschaftsWoche greift die Regel nun aber branchenweit und betrifft auch große Versicherer. So dürfen die Lebensversicherer R+V, AachenMünchener, Generali, Debeka, Cosmos, Ergo, Axa und Bayern-Versicherung keine von der Neuregelung betroffenen Reserven mehr ausschütten. Nur im Voraus zugesagte Beteiligungen fließen in Einzelfällen weiter an die Kunden. Allein diese Anbieter stehen für knapp ein Drittel der in Deutschland versicherten Summe.
Quelle: Wirtschaftswoche
Anmerkung JB: Wieder einmal zeigt sich, dass kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme bereits bei kleineren systemischen Krisen am Finanzmarkt ihren großen Versprechungen nicht mehr nachkommen können. Zur Quelle.

zum selben Thema 3:

Trotz dieser negativen Erfahrungen setzten die Kirchen uneingeschränkt auf… Kapitaldeckung der Pensionen. So die EKHN. Im folgenden Interview erläutert Thomas Striegler, EKHN Finanzdezernent und Leiter der Kirchenverwaltung in Personalunion, die zukünftige Verteilung der Pensionsverpflichtungen am Beispiel der EKHN:

???

T.S.: Wir haben unsere Beamtinnen und ­Beamten sowie unsere Pfarrerinnen und Pfarrer dort (Evangelischen Ruhe­gehaltskasse) rückversichert und Teile der ­Altersversorgung über die Evangelische ­Ruhegehaltskasse geregelt. Genauer gesagt, haben wir etwa zwei Drittel der gesamten Altersversorgungsansprüche über die ERK rückgedeckt, ein Drittel lastet auf unseren jährlichen Haushalten.

??? Und wie sorgen Sie für die Ruheständler vor?
T.S.: Wir haben vor mehr als 20 Jahren die ­sogenannte Versorgungsstiftung der Evan­gelischen Kirche in Hessen und ­Nassau ­gegründet. Sie soll genau dieses Drittel­ der Altersversorgung, das nicht über die ­Ruhe­gehaltskasse abgeschirmt ist, aus Kapital­anlageerträgen decken und damit den kirchlichen Haushalt entlasten… Zur Quelle.

Anm. FS: Offensichtlich bestehen Zweifel, ob das Klappt. Denn schon Ende 2013 war die Stiftung zu 101% ausfinanziert. Nun strebt man das Ziel 120% Ausfinanzierungsgrad an. Warum wohl? Erklärung:  man traut der eigenen Strategie zur Finanzierung zukünftiger Versorgungsleistungen schon heute selbst nicht mehr. Aber man geht diesen Weg unbeirrt weiter. Noch einmal Norbert Blüm: „Der Kater kommt noch“.

EKiR-Synodenbeschlüsse zur Haushaltspolitik oder: Was läuft eigentlich schief in der Finanzpolitik der Kirche?

von Friedhelm Schneider

Auf den ersten Blick klingt alles recht plausibel: Haushaltskonsolidierung und Rücklagenbildung für die Pfarrpensionen angesichts bald einbrechender Kirchensteuereinnahmen. So die offizielle Lesart und Argumentation für einen wohl beispiellosen Leistungsabbau in der EkiR auf der landeskirchlichen Seite. Davon betroffen sind an vorderster Stelle die Bildung (Schulen) 4,5 Mio, Arbeitslosenfonds 1,15 Mio, KiHo Wuppertal/Bethel 1 Mio. . Es folgen weitere prominente Positionen wie Medienverband, Tagungshäuser, PTI, Studierendenarbeit, Akademie etc. Über die Kürzungen haben etliche Ausschüsse im Vorfeld beraten und beschlossen, und nun auch die Landessynode.

Gleichzeitig beschlossen: ein neues Investitionsprogramm in die Verwaltung, genauer, in die IT-Struktur und dies ohne Finanzierungslimit. Und das obwohl die Kostenexplosion in ähnlicher Sache, der Einführung der Doppik, hinlänglich bekannt ist: von veranschlagten 3 Mio. € sind diese auf – in der Synode unwidersprochene – 60 Mio. € gestiegen sind. Schon warnt Pfr. i.R. Manfred Alberti: „Der Alptraum geht weiter: NKF – Verwaltungsstrukturreform – jetzt: IT-System.“

Erster Eindruck: Geld ist da, wenigstens für die Administration. Aber nicht für Schulen, Arbeitslosenfonds, etc. Man kann, man muss die Vorlage also auch so deuten, dass es bei den o.g. Kürzungen doch wenigstens teilweise um eine Verschiebung von Mitteln für die Arbeit mit den Menschen zur Administration geht. Und nicht um eine Konsolidierung im Sinne von Festigung. Denn man setzt sich ja gerade mit der IT-Struktur einem neuen Risiko aus. Der Pfarrrverband der EkiR hatte auf diesem Hintergrund ein Moratorium für die weitere Umsetzung der Reformen gefordert. 
Auf derselben Synode, die die o.g. Kürzungen beschließt, prangen an einer von Synodalen gestalteten Tür „Neue Thesen zur Reformation“ . Darunter diese: „Weniger Verwaltung, mehr Begegnung“.  Auch die Synodalen scheinen also zu wissen, worauf es wirklich ankommt – auch wenn sie in den entscheidenden Abstimmungen Angst vor der eigenen Courage haben und, Linientreue demonstrierend, genau umgekehrt entscheiden: Mehr Verwaltung, weniger Begegnung.

Läuft hier etwa etwas fatal verkehrt? Wir stellen diese Frage im Folgenden hinsichtlich der Finanzpolitik der Kirche selbst.

Einen ersten Hinweis erhalten wir in der Württembergischen Landeskirche, in der die Fraktion der Offenen Gemeinde ihre alternative Position sinngemäß so formulierte: Strategie der Mitgliederbindung vor Rücklagenbildung (in einer Niedrigzinsphase). 
Zwischen beiden Fragen existiert ein Zusammenhang, der aber von offizieller Seite noch nicht reflektiert ist . Dass er aber auch dort diffus empfunden wird, zeigt eine beiläufige Bemerkung des EKiR-Finanzdzernenten Bernd Bauks: 1,63% Kirchenaustritte erwähnt er in seiner Einbringungsrede zur „Haushaltskonsolidierung“ recht unschuldig (vgl. oben, S. 4). 1,63% – etwa doppelt so viel wie im Durchschnitt üblich. Könnte dies schon heute sichtbare Ergebnis und also Folge eines fatal entgleisten Reformkurses mit einer gerne als „Sparpolitik“ betitelten Downsizing-Konzept in der EKiR sein?

Ganz anders die Offene Gemeinde der Synode in Württemberg. Deren Ansatz gemäß müssten Mittel logischerweise prioritär für die Arbeit mit Menschen eingesetzt werden. Das finanzpolitische Credo: die Mittel kommen von der Basis und sie müssen in möglichst hohem Umfang und Anteil dorthin zurück. Um dort kirchliche Arbeit zu machen, um das Evangelium zu kommunizieren. (vgl. dazu Prof. Christian Grethlein)

Wir reden hier nicht darüber, in welcher konkreten Form der Kontextualisierung das heute zu geschehen hat, ob in Gemeinde oder Funktionen/Diensten oder auf andere Weise. Wir reden auch nicht darüber, dass es durchaus individuell sinnvoll sein kann, einmal errichtete Einrichtungen, Projekte, auch Gemeinden wieder zu verändern oder zu schließen oder innovativ neue zu errichten. Das alles sind Fragen und Lösungen, die hier noch nicht zur Debatte stehen. Das wäre der zweite Schritt, der würde dann schließlich durch die Output-Sicht erweitert. Wir beginnen ganz am Anfang und da geht es um die Input-Seite. Und hier stellt sich die zentrale Frage, wie viel (Finanz-) Mittel die Kirche für sich selbst, ihre Eigenorganisation, die Institution und Organisation, benötigt. Und welche Anteile der Mittel für die „Reinvestition“ in die Menschen, die Mitgliederbindung, oder auch die Gesellschaft (Kindergärten, Diakonie) zur Verfügung stehen. Diese prinzipielle Frage ist die Basisfrage jenseits folgender theologischer Richtungsentscheidungen!

Diese Basisfrage wird heute auch in der verwaltungswissenschaftlichen Diskussion gerne umgangen. Zu schnell und zu ausschließlich wird etwa in den neuen Steuerungsmodellen auf die Output-Seite rekurriert und verwiesen. Und in diesem „ausschließlich“ wird geschickt vom Thema Nr. 1 abgekenkt: dem Input. Und en passant wird auf diese Weise die Blickrichtung fokussiert und damit auch die Hauptverantwortung für die Resultate der Gesamtorganisation an die Mitarbeitenden delegiert. So steigt dort der Druck. Genau diese Erfahrung machen die Mitarbeitenden seit rund 15 Jahren in fast allen Bereichen der Daseinsvorsorge (Kommunalverwaltung, Bildung, Gesundheit etc,) und eben auch in der Kirche. Und sie zeigen entsprechende Reaktionen. Gleichzeitig wird durch diese einseitige Blickrichtung auf die Mitarbeitenden die Leitung/ die Politik immunisiert. Das ist ein gelungenes Ablenkungsmanöver. innerorganisatorisch hat es funktioniert. Dieser Trick funktioniert aber nicht bei den Adressaten, den Mitgliedern, Patienten, Kunden, Bürgern. Spätestens seit Stuttgart 21 ist auch schlichten Gemütern nicht mehr verborgen, was fehlende oder falsche Inputkonzepte bedeuten. Mit dem Input, mit dem, was eine Organisation/Institution an Mitteln für unterschiedliche Zweige/Abteilungen bereitstellt, zeigt sie, welche Ziele sie selbst wirklich verfolgt. Und ob diese mit den von ihr verbal formulierten Zielen übereinstimmen – oder davon abweichen. Mit dem Input zeigt die Organisation ihr wahres Gesicht. Hier zeigt sich für das Mitglied, ob es seiner Organisation vertrauen kann oder eben nicht. Der heute feststellbare Vertrauensschwund in viele ehemals geschätzten Institutionen bei den Bürgern hängt nun ganz offensichtlich auch mit der Vernachlässigung der Input-Thematik auf Seiten der Finanzdezernenten zusammen. Auch in der Kirche. Hier führt das zu zusätzlichen Kirchenaustritten. Deren Ursache und Folgen bei den bisherigen soziologischen Studien (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen) m.W. bisher leider nicht berücksichtigt wurden. Hier fehlt ganz offensichtlich die verwaltungswissenschaftliche Expertise. 

Denn die Gretchenfrage von Mitgliedern lautet doch sachgemäß immer wieder etwa so: „Wenn ich nur wüsste, ob die von mir gezahlte Kirchensteuer nicht irgendwo in der anonymen black box (in der Kirchenverwaltung) versickert?“ Vertrauen zur Organisation bildet sich also auf der Inputseite: In welchem Grad dienen die Mittel (nur) dem Apparat, und in welchem Anteil fließen sie zu den Menschen zurück? Den richtigen Input zu gewährleisten, darin liegt u.a. die hohe Kunst der Finanzpolitik der Kirche. Und auch die große Baustelle der Zukunft?

Ein Indiz für die aktuelle Entwicklungstendenz zeigt sich aktuell in Kirchenkreisen der EKiR an einfachen Vorfall,  wenn nämlich die „immer schon“ vorhandene Stelle des Stelle des Jugenddiakons oder Gemeindepädagogen der neuen Stelle für den infolge der Doppik zusätzlich erforderlichen Finanzsachbearbeiter weichen muss. Ein erster Hinweis, gewiss. Ein Indiz aus einer aktuellen Momentaufnahme. Um die Frage in seinem vollen Umfang in den Blick zu bekommen, ist es erforderlich, große Zeiträume in den Blick zu nehmen. Dies soll hier mit einem Blick auf die EKHN geschehen, unterstellend, dass sich eben diese Tendenz aufgrund paralleler Entwicklungen auch auf andere Landeskirchen übertragen lässt. Diese kleine Untersuchung erfolgt ganz holzschnittartig. Wir vergleichen nur, welcher Prozentanteil der Finanzmittel an die Basis zurückfließt. Wobei die Gebäudefrage dabei aufgrund fehlender Angaben noch unberücksichtigt bleibt. Zum Vergleich greifen wir die Jahre 1974 und 2013 heraus.

Wen interessiert, wie das Ergebnis zustande kommt, lese hier weiter. Wer nur das Gesamtergebnis interessiert, der springe zum nächsten Abschnitt in Normalgröße.

Was damals an die Basis floss, zeigt ein Flyer der EKHN_1974_(Mittelverwendung) mit einer groben Übersicht über die damalige Finanzsituation. Demnach flossen an die Basis, hier die Gemeinden, 50,35% der Kirchensteuermittel (=45,84% des Haushaltsvolumens) zu, zusätzlich die auf Seiten der Landeskirche geführten PfarrerInnengehälter. Sie zählten zu den „übergemeindlichen Aufgaben und Pfarrgehältern“. Lagen diese 1974 insgesamt bei 44,79% Kirchensteuer (=49,74 am Haushaltsvolumen) so betrug der Anteil der Pfarrgehälter am Gesamthaushaltsvolumen Anfang der 80iger Jahre ca. 33% (vgl. Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft, S.11 ). Unterstellt man der Einfachheit halber, im Jahrzehnt nach 74 sei dieser Anteil unverändert, dann kommt man 1974 auf einen Input Richtung Basis in Höhe von ca. 78% des Haushaltsvolumens als vorläufiger Wert.
Im Jahr 2013 betrug der Anteil für die „Basisarbeit“ nach dem Jahresbericht der EKHN 54,5%. Hierin sind aber – anders als 1974 – die Pfarrgehälter enthalten. Mehr noch: auch die Mittel für die Dekanate sind Teil dieses Haushaltsteils (36 Mio. € für Dekante im Vergleich zu 67 Mio. € Pfarrgehälter). Von diesen Mitteln für Dekanate sind aber ein gewisser Teil (ca. 50%) für „Basisarbeit“ anzurechnen.

Zu substrahieren wären in diesem Budgetbereich jeweils die Ausgaben für Verwaltung auf Regionaler Ebene (Regionalverwaltung) und die Dekantsverwaltungen.

Auch Additionen zu den Basismitteln sind zu nennen, hatten wir doch die Trennlinie nicht zw. Gemeinde und Gesamthaushalt, sondern zw. den Mitteln für Gemeinde und Funktion/Diensten und Gesamthaushalt gezogen. Damit sind für das Jahr 1974 noch eine unbekannte, aber zahlenmäßig wenig relevante Größe für übergemeindliche an der Basis wirkende Pfarrstellen (+1%) zu addieren. Heute ist dieser Anteil signifikant höher. Wir taxieren deren Umfang heute bei ca. 15% des Haushaltsvolumens.

Ergebnisse nach Subtraktionen und Additionen:

im Jahr 1974 flossen in der EKHN ca. 79% (78% + 1%) der Finanzmittel (Haushaltsvolumen) an die Basis (Gemeinde und div. Funktionen) zurück. Demgegenüber waren es im Jahr 2013 nur noch ca. 67%. (54% – 4% Verwaltungsanteil Regionalverwaltung und Dekante + 15 % div. übergemeindliche Leistungen +2% Kirchensteuerausgleich mit Ostdeutschen Kirchen).

Das macht eine Differenz von 12% des jeweiligen Haushaltsvolumens (bei Berücksichtigung der Gebäudefrage würde sich diese Zahl noch erhöhen). Ein signifikanter Unterschied, der noch nicht die zusätzlichen Verschiebungen, die sich durch die Einführung der Doppik ergeben, die der EKHN noch bevorsteht. 

So weit das Ergebnis der langfristigen Verschiebungen beim Input. Das Indiz der Momentaufnahme hat sich also langfristig bestätigt! Das Problem der Finanzpolitik, das die Dezernenten selbst gestalten könnten, ist also diese zunehmende Tendenz der Verschiebung im Input. Kirchenmitglieder nehmen das sehr wohl wahr. Wie begründete kürzlich eine Frau Ihren Austritt gegenüber dem Pfarrer: „Es ist nicht wegen Dir, aber von der Kirchensteuer werden ja nur noch 7% für die Gemeinde und 3% für die Diakonie verwendet. Deshalb bin ich ausgetreten. Ich will wohl zukünftig noch spenden, ich will aber, dass das Geld hier in der Gemeinde bleibt.“ (Fall aus der EkiR).

Was heißt das für die Finanzpolitik der Kirchen?

Die Haushaltskonsolidierung ist ein Herumdoktern an Symptomen. Die eigentliche Ursache des Problems wird damit nicht behoben. Aufgabe der Finanzpolitik muss wieder darin bestehen, ein verantwortliches und mitgliederorientiertes Input-Konzept zu entwickeln. Mitgliederorientierung der Kirche beginnt mit der Reorganisation des Inputs Richtung Mitglieder/Basis/Gemeinden. Die erlittenen Verluste durch die anhaltenden Verschiebungen über Jahrzehnte (s.o.) sind sukzessive abzubauen und die Tendenz der Umverteilung in Richtung Administration bzw. mitgliederfremde Leistungen rückgängig zu machen. Dieser Beitrag ist eben nicht perifer, sondern wesentlich für die Rückgewinnung verlorenen Vertrauens in die Organisation selbst. Die Qualität der Finanzdezernenten ist daran zu messen, inwieweit ihnen dies gelingt. Zu diesem Thema sind präzise Angaben zu ermitteln und den Synoden darzulegen. Das ist viel wichtiger als das für viele Gremienmitglieder am Ende doch mysteröse und aufgrund der Bewertungsspannen leicht manipulierbare Zahlenwerk der Doppik!

Was heißt dies Ergebnis für die Diskussion in der EKiR?

Die zentrale Frage muss auch angesichts der extrem hohen Austrittsquote von 1,63% wieder lauten: wie können Menschen erreicht werden? Wie kann dies gerade auch angesichts der hohen Veränderungsdynamik des Umfeldes (Digitalisierung, Wandlung des gesellschaftlichen Umfeldes, Wandlung des „religiösen“ Umfeldes) geschehen? Gerade damit nämlich wird Bindung erzeugt – die dazu führt, dass Menschen auch in Zukunft bereit sein werden Kirchensteuern zu bezahlen.
Wie kann die Administration (incl. IT!) dabei eine klare Dienstleistungsfunktion gegenüber den Mitarbeitenden an der Basis/ Gemeinde einnehmen?

Die Frage ist zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich erforderlich sind. Die EKiR trifft zeitlgeich zu den massiven Einschnitten Investitionsentscheidungen. Die EKvW, finanziell in etwa gleicher Lage, betrachtet ihre Rücklagen als ausreichend und entscheidet völlig konträr zur EKiR. In der EKHN lag der Ausfinanzierungsgrad der Verorgungsstiftung schon Ende 2013 bei 101%. Was aber dort nicht hindert, den Stock jährlich immer wieder neu mit Summen in 2-stelliger Millionenhöhe zu erhöhen. Das zeigt: der Ausfinanzierungsgrad dient als scheinbar unwiederlegliches Argument, so lange das Soll nicht erreicht ist. Ist es erreicht, geht dass Spiel trotzdem weiter. Angesichts dessen, verliert man das Vertrauen in derartige „Argumente“. Und angesichts dessen gilt es die Frage zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich angemessen und erforderlich sind.

Gegenüber solchen Überlegungen hat man sich in der EKiR, das zeigen die jüngsten Beschlüsse, für einen anderen Kurs entschieden. Das Motto: Augen zu und durch!

EKiR Synode 2015: – Eine verschärfte Ökonomisierung als Programm. Auf dem Weg zur marktkonformen Kirche?

Von Hans-Jürgen Volk

„Umkehr“ fordert das „Wormser Wort“, dass von Menschen verfasst worden ist, denen an ihrer evangelischen Kirche liegt. Die dahinter stehende Analyse konstatiert Schäden durch fortwährende Rückbau- und Umbauprozesse, die die Leitungsgremien wie auch die Beschäftigten der Kirche überfordern und die Kirche selbst von den Menschen entfernt. Es ist nicht weiter erstaunlich, dass die Leitung der Ev. Kirche im Rheinland von der Einsicht in eine derartige Umkehr weit entfernt ist. Im Gegenteil: nicht zuletzt die Vorlage der Kirchenleitung zur Haushaltskonsolidierung deutet einen Kurs verschärfter Ökonomisierung an. Dies wird vor allem nach Lektüre der unter I. „Positionsbestimmung“ (S. 2,3) ausgeführten Sätze deutlich. Eisern wird an dem von der Kirchenleitung im Sommer 2013 beschlossenen Sparziel von 12. Mio. € festgehalten, um die der landeskirchliche Haushalt zusätzlich zu den bereits beschlossenen 8 Mio. € entlastet werden soll. Das „konsequente Einfordern eines kostendeckenden Betriebs“ kirchlicher Tagungshäuser bedeutet nichts anderes, als dass man diese ungeschützt Marktmechanismen aussetzen will. Ins Bild passt die Forderung nach „Einwerbung von Drittmitteln“ zur Finanzierung kirchlicher Einrichtungen – Bologna lässt grüßen. Die darüber hinaus verlangte „Bündelung von Aufgaben und Ressourcen“ riecht nach weiteren Konzentrationsprozessen.

Fakten zur finanziellen Situation der EKiR

Zum vollständigen Artikel.

12.01.15, Zum selben Thema auch ein aktueller Synodenreport in wdr5:

Landessynode – Sparen auf Evangelisch: Pensionskasse statt Schulklasse?

Von Christoph Fleischmann

Bei der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland geht es in diesen Tagen nicht zuletzt um die Konsolidierung des Haushalts. Kritiker fürchten: Bei Schulen wird mehr als nötig gespart, um ohnehin üppige Rückstellungen für Pensionen weiter zu erhöhen….

Zum Report.

Für Pfarrers Renten spekulieren Kirche an der Börse

Gerne reklamiert die Kirche ein moralisches Wächteramt. Sie will die Gesellschaft vor Fehlentwicklungen warnen. Zur Finanzkrise schrieb der Rat der EKD die Denkschrift Wie ein Riss in einer hohen Mauer. Darin wurde das Profitstreben der Finanzindustrie kritisiert.

Doch gleichzeitig beteiligen sich die Kirchen mit ihren Pensionsfonds als Großinvestoren am Finanzmarkt.

Christoph Fleischmann betrachtet in seinem Radiofeature den ethischen Anspruch und die Realität der Pensionsfonds.

Lesen Sie hier das Script: Für Pfarrers Rente spekulieren die Kirchen an der Börse.

Versorgungssicherung: Dissens zwischen Rheinland und Westfalen

EKvW: Pensionen sind sicher!

Von Hans-Jürgen Volk

Hintergrund für den drastischen Sparkurs der Ev. Kirche im Rheinland ist vor allem die Situation der Versorgungskasse Dortmund, die von den Landeskirchen Rheinland, Westfalen und Lippe gemeinsam getragen wird. Nach Ansicht der Finanzverantwortlichen der EKiR reichen die bisherigen Anstrengungen nicht aus, um zu einer befriedigenden Ausfinanzierung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche zu kommen. Dabei fließen jetzt schon 22% des Nettokirchensteueraufkommens jährlich dem Kapitalstock der Versorgungskasse zu. Aus Westfalen hört man dagegen ganz andere Töne. In einem epd-Bericht kann man folgende Stellungnahme wahrnehmen: „Keine Notwendigkeit für höhere Zahlungen an die Versorgungskasse sieht dagegen die benachbarte westfälische Landeskirche …. An den Daten habe sich nichts geändert, sie würden nur neu interpretiert, sagt der westfälische Oberkirchenrat Arne Kupke, der dem Verwaltungsrat der Versorgungskasse angehört. Der gemeinsam vereinbarte Weg der drei Landeskirchen in NRW, jährlich 22 Prozent der Kirchensteuereinnahmen für die Versorgung aufzuwenden, sei solide und sicher und führe bis 2040 zur Ausfinanzierung der Ansprüche.“

Sonderkonten mit zusätzlichem Kapital zur Versorgungssicherung

Bekräftigt wird die westfälische Bewertung des Sachverhalts in einem Artikel von „Unsere Kirche“ mit dem Titel „Die Pensionen sind sicher“. Hierin heißt es: „In regelmäßigen Abständen werden die Annahmen, die der Berechnung zugrunde liegen, mit versicherungsmathematischen Gutachten überprüft. Bisher, so die Auskunft der Versorgungskasse, sei damit zu rechnen, dass der Beitragssatz von 22 Prozent der Kirchensteuereinnahmen ausreichend ist.“ Auf diesem Weg soll bis 2040 eine Kapitaldeckung von 100% erreicht werden. Deutlich wird, dass die Verantwortlichen der Versorgungskasse und die Leitung der westfälischen Landeskirche in ihrer Einschätzung dicht beieinander liegen. Es sind die Rheinländer, die eine Sonderposition einnehmen.

Elektrisieren muss allerdings der folgende Tatbestand: „Die rheinische und die westfälische Kirche haben außerdem in den vergangenen Jahren einen Teil ihrer unerwartet hohen Kirchensteuer-Einnahmen zurückgelegt, um die Versorgungskasse noch schneller aufzufüllen. Diese zusätzlichen Rückstellungen liegen jedoch bisher auf Sonderkonten und sind noch nicht dem gemeinsamen Kapital zugeflossen.“ Öffentlich war bisher im Rheinland von diesen Sonderkonten keine Rede. Hier wüsste man gerne, welche Folgen die Berechnung dieser zusätzlichen Mittel auf die Ausfinanzierung insgesamt hat.

Begrenzte Wirkung von Nachhaltigkeitsfiltern

Des Weiteren wird in dem informativen Beitrag auf die Problematik ethischer Kriterien sowie zukünftiger Risiken eingegangen. Die relativ begrenzte Wirkung von Nachhaltigkeitsfiltern wird deutlich: „Allerdings, so betont Wolfram Gerdes, Vorstand für Kapitalanlagen und Finanzen, könne bei den weltweiten Aktivitäten der Versorgungskasse nicht jede Einzelne von mehreren tausend Investitionen selber überprüft werden.Außerdem müsse immer eine Abwägung von ethischen Kriterien, Rendite und Sicherheit getroffen werden, um die Versorgung der Pensionäre nicht zu gefährden.“ Diese Ausführungen dokumentieren gut das Dilemma einer Kirche, die sich derart massiv im Finanzmarktgeschehen engagiert.

Im Blick auf die Risiken für die Versorgungskasse folgt die an sich recht gut informierte Autorin der oberflächlichen Bewertung der kirchlichen Verantwortungsträger: „Das mit Abstand größte Risiko liegt in der Möglichkeit anhaltend niedriger Zinsen … Sollte die derzeitige Niedrigzins-Phase noch jahrelang anhalten, muss über eine Beitragserhöhung nachgedacht werden.“ Die derzeit niedrigen Zinsen sind wohl lediglich ein Symptom der immer noch instabilen Verhältnisse im Finanzmarktgeschehen, dass sich von der Realwirtschaft gelöst hat. Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts macht deutlich, welche Risiken auch dem von Kirchen angelegten Kapital tatsächlich drohen.

Vergleiche zu dem Thema die informativen Beiträge von Christof Fleischmann:

Sparen für die RenteDie evangelischen Landeskirchen tragen immer mehr Geld auf die Finanzmärkte.
Geld. Macht. Wenig. Das ethische Investment der Kirchen übt kaum Einfluss auf Unternehmen aus.

Kirche und Pfarrpensionen. Zur Struktur einer Diskussion.

von Christoph Fleischmann

Die Kirchen in Deutschland sind wohlhabend – und doch hören das die Kirchenleitungen nicht gerne. Sie finden, dass sie viele Aufgaben zu schultern und deswegen das viele Geld nur zu bitter nötig hätten. In den evangelischen Kirchen wird in diesem Zusammenhang auch auf die Pensionslasten der Kirchen verwiesen, also die Kosten für die Pfarrerinnen und Pfarrer im Ruhestand, die in den folgenden Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gingen, noch deutlich zunähmen…

Pfarrer Christoph Bergner war rund 18 Jahre im Finanzausschuss der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau; seiner Erfahrung nach schätzte seine Kirche sich immer ärmer ein als sie war:

„Als wir angefangen haben mit den Sparmaßnahmen, das war in den Jahren 94/95, dass das vorgetragen wurde von der Kirchenleitung, habe ich diesen Prognosen getraut. Und ich habe erst nach acht Jahren Mitgliedschaft im Finanzausschuss zum ersten Mal – und zwar aufgrund eines großen Streits – die Möglichkeit gehabt zu erfahren, was eigentlich an Geldern in der Landeskirche war; und hab da gemerkt: Unter diesen Bedingungen stimmen die ganze Annahmen nicht. Und seitdem bin ich an dieser Stelle sehr kritisch, und das hat sich auch bewahrheitet in den letzten zehn Jahren. Ich habe immer wieder gesehen: Die Prognosen und was ist hinterher dabei rausgekommen. Bei einem soliden Haushalt muss ein ordentlicher Finanzreferent immer so ein bisschen bescheidener schätzen, das ist ja auch gut, dann kann man Risiken auch abfangen im laufenden Jahr, aber wenn am Schluss 30, 40, oder 50 Millionen übrig sind, dann muss man irgendwann mal fragen: Stimmen denn auch die Prognosen so?“

Christoph Bergner, Autor des Buches Die Kirche und das liebe Geld, sah wie unter dem Eindruck negativer Finanzprognosen Sparmaßnahmen beschlossen wurden:

„Und die Mehreinnahmen, die man hat, die kann dann die Kirchenleitung für bestimmte Projekte benutzen. Der demografische Wandel wird in den Gemeinden abgebildet: Ihr kriegt jetzt da keinen Pfarrer mehr und da keinen Pfarrer mehr, aber das Geld, das da ist, wird dann für andere Projekte verwendet. Oder eben in irgendwelche Rücklagen getan.“ …

Zum Artikel.

 

Kritik windiger Rentenprognosen und Familienrechnungen

Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Die Bertelsmann-Stiftung behauptete letzte Woche in einer Studie, Familien würden vom gegenwärtigen Rentensystem „benachteiligt“. Kinder finanzierten in ihrem späteren Erwerbsleben mit ihren Einzahlungen in die Rentenkasse nicht nur die Altersversorgung ihrer eigenen Eltern, sondern auch die der Kinderlosen aus ihrer Elterngeneration.
Am gleichen Tag klagten der Direktor das arbeitgeberfinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und ihm folgend natürlich die CDU-Mittelstandsvereinigung, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) darüber, dass die Rentenpläne der Koalition von 2014 bis 2020 Mehrausgaben von über 60 Milliarden € verursachen würden. Der Chef des BDI, Ulrich Grillo, schimpfte über den „Ausbau sozialer Wohltaten“ und sprach vom „Betrug am Bürger“.
Gewagte Rechnungen, die eine Menge Fragen aufwerfen, meint Jens Jürgen Korff [*]. Dazu mehr.

[«*] Jens Jürgen Korff ist zusammen mit Gerd Bosbach Autor des Buches Lügen mit Zahlen

Über den Schwachsinn staatlicher Pensionsfonds – Millionenverluste durch die Finanzkrise

Wie bei der gesetzlichen Rente gilt auch für die Altersversorgung von Beamten die Kapitaldeckung als Heilsbringer aus der angeblichen „Demografie-Falle“. Eine hartnäckige Recherche des Kölner Stadt-Anzeigers brachte nun einen dreistelligen Millionenverlust bei der Versorgungsrücklage zur Sicherung der Beamtenpensionen in Nordrhein-Westfalen ans Licht. Wie schon bei den privaten Lebensversicherungen oder der Riester-Rente wurde auch bei der staatlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Einmal abgesehen davon, dass mit staatlichen Versorgungsrücklagen in gesamtwirtschaftlich schädlicher Weise Schulden von der rechten in die linke Tasche geschoben werden, hat man das mit spekulativen Finanzmärkten verbundene Risiko der (schuldenfinanzierten) Kapitalanlagen schlicht nicht wahr haben wollen. Es wäre interessant zu erfahren, welche Verluste der Bund und die Länder mit ihren Pensionsfonds durch die Finanzkrise insgesamt erlitten haben. Wer für den Schwachsinn staatlicher Pensionsfonds bluten muss, ist allerdings jetzt schon sicher.
Lesen Sie den ganzen Artikel auf den Nachdenkseiten.

EKiR- Synode in Hilden: In den Sand geschrieben! Anmerkungen zur außerordentlichen Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Hilden und zu den Beschlussvorlagen der Kirchenleitung

Von Hans-Jürgen Volk

Wir müssen uns kleiner setzen!“ „Wir werden in Zukunft anders Kirche sein müssen.“ „Schmerzvolle Einschnitte und große Anstrengungen sind erforderlich.“ Imperative, die eine Hingabe an das scheinbar Unausweichliche verlangen, dominieren den sog „Präsesblog“ der EKiR – jedenfalls dort, wo es ums Sparen geht. Wenn „Entscheidungen im Dialog“ vorbereitet werden sollen, dann offenbar nur solche, in denen die Sparvorgaben der Kirchenleitung strenge Beachtung finden. 15% Einsparungen im Haushalt der Landeskirche jetzt bis 2015, 35% insgesamt bis 2018, diese Ansage, herbeigeführt durch einen Beschluss der rheinischen Kirchenleitung Anfang Juli, scheinen wie in Stein gemeißelt. Die Basis dieser Vorgaben ist allerdings mehr als fragwürdig. Die außerordentliche Landessynode, die am 23. November 2013 in Hilden stattfindet, soll diesen Sparkurs absegnen. Die Beschlussvorlagen zur sind hier zu finden.

Die Sparvorgaben der Kirchenleitung haben keine belastbare Grundlage:

  1. Ausgangspunkt der Berechnungen sind die Planungsvorgaben für 2013 mit einem Nettokirchensteueraufkommen von 575 Mio. €. Diese Zahl ist überholt. Der erweiterte Finanzausschuss geht mittlerweile von einem Aufkommen von 593,5 Mio. € für 2013 aus. Dies liegt immer noch eine halbe Mio. € unter dem schon lange bekannten Ergebnis von 2012. Auf Grund der Tatsache, dass die Entwicklung der Kirchensteuereinnahmen 2013 insgesamt deutlich positiver verläuft als im Vorjahr kann man getrost davon ausgehen, dass auch dieser Betrag überboten wird.

  2. Das Netto-Kirchensteueraufkommen ist seit 2005 nominal um deutlich über 20% gestiegen. Alle signifikanten Fakten sprechen im Moment dafür, dass es entgegen der wiederum allzu vorsichtigen Planung (- angenommen wird ein Verteilbetrag von 584,8 Mio. € -) auch 2014 steigen wird.

  3. Der Haushalt der Landeskirche gerät also nicht etwa auf Grund sinkender Kirchensteuereinnahmen unter Druck. Ein entscheidender Faktor ist die unsinnige Doppelung von Substanzerhaltungspauschalen (SEP) und Abschreibungen (AfA) bei Gebäuden, die es sonst in der Doppik weder bei Kommunen noch bei den Ländern gibt. Der landeskirchliche Haushalts wird mit 13,4 Mio. € für Beides belastet. Dies macht etwa 22% der gesamten Haushaltsmittel aus. Die AfA hat ein Volumen von 5,2 Mio. €, SEP von 8,2 Mio. €. Würde man auf die AfA verzichten, reduzierte sich das Defizit des landeskirchlichen Haushalts auf 2,6 Mio. €, bei Abschaffung der SEP würde unter Beibehaltung der AfA selbst nach den Planzahlen für 2013 ein Plus von 400.000 € zu verzeichnen sein.

Fazit: Was in Stein gemeißelt zu sein scheint, ist tatsächlich in den Sand geschrieben und hält einer Überprüfung an den Fakten nicht stand.

Thesen zur Argumentation der KL:

  1. Es sind keine zwingenden Gründe für die enorme zeitliche Verdichtung des ursprünglichen Sparziels von 15% und die Verschärfung auf 35% bis 2018 erkennbar.

Geht man von des Zahlen aus, die der erweiterte Finanzausschuss für 2013 jetzt als Netto-Kirchensteueraufkommen annimmt – 593,5 statt 575 Mio. € – und beseitigt man die Geburtsfehler der rheinischen NKF-Variante, wozu eindeutig die Doppelung von SEP und AfA gehört, reduziert sich das Defizit im Haushalt der Landeskirche erheblich und verwandelt sich unter Umständen sogar in einen Überschuss.

  1. Auf Grund der zeitlichen Verdichtung besteht die Gefahr, dass weder eine inhaltliche Begleitung des Sparprozesses noch eine Überprüfung im Blick auf die funktionalen Folgen ausreichend gewährleistet ist.

Die den Haushalt der Landeskirche betreffenden Sparbemühungen wurden nach einem Beschluss der KL durch die Landessynode 2010 unter der Überschrift „Aufgabenkritik“ auf den Weg gebracht. Die Landessynode installierte zudem einen Ausschuss für Aufgabenkritik, der den Sparprozess inhaltlich begleiten sollte. Handlungsleitende Kriterien ergaben sich aus dem auf der gleichen Synode beschlossenen „Leitbild“ der EKiR „Missionarisch Volkskirche sein“ und nicht zuletzt aus der grundlegenden, zahlreiche Selbstverpflichtungen enthaltenden Schrift aus 2008 „Wirtschaften für das Leben“.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass für die neue KL beide Schriften bestenfalls Fußnoten darstellen, keinesfalls aber eine handlungsleitende Funktion übernehmen sollen. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Vorlage der KL zur Gestaltung des weiteren Beratungsprozesses, in der lediglich die 8 im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ vom 28.09. 2013 entwickelten Kriterien zur Umgestaltung benannt werden. Wie will man eine sinnvolle, theologisch und sozialethisch vertretbare Umgestaltung unserer Kirche bei dem jetzt erzeugten Zeitdruck hinbekommen?

Schon jetzt überlappen sich zahlreiche „Reform“-Projekte, die dringend nach Korrekturen verlangen. Nun folgt auf den nicht abgeschlossen, wenig reflektierten ersten Sparschritt von 15% der wesentlich drastischere von 35% bis 2018. Hiermit wird die für den bbz-Finanzskandal ursächliche Überforderungskultur auf die Spitze getrieben!

  1. Wer sparen will sollte zunächst NKF, die Verwaltungsstrukturreform und andere fragwürdige Reformprojekte auf den Prüfstand stellen und dringend erforderliche Korrekturen herbeiführen!

Dass NKF wie die Verwaltungsstrukturreform, die wie andere „Reform“-Projekte einst propagiert worden sind, um Kosten zu reduzieren, dass genaue Gegenteil bewirken, wird immer deutlicher. (Vgl. hierzu den Beitrag: „NKF und Verwaltungsstrukturreform – ein ‚weiter so‘ führt ins Desaster“.)

Mir persönlich sind mehrere Kirchenkreise bekannt, die in den letzten Monaten neue Verwaltungsstellen eingerichtet haben. Finanzmittel werden von der Arbeit mit Menschen abgezogen, stattdessen fließen immer mehr Ressourcen in die Verwaltung. Es ist evident, dass die aktuelle Leitung der EKiR die Komplexität der eigenen Landeskirche in Verbindung mit den bereits erfolgten Umstrukturierungsmaßnahmen nicht wirklich beherrscht. Durch den verschärften Sparkurs werden sich die ungewollten Effekte verstärken.

  1. Falsche Grundannahmen führen zu falschen Prognosen.

In Gefolgschaft von Vorgaben der EKD geht die KL von einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen von 1% im Jahr aus. Dies wird begründet mit dem demographischen Wandel und dem Mitgliederrückgang. Diese Grundannahme ist schlicht falsch! Seit 1970 hat sich das Kirchensteueraufkommen trotz Mitgliederrückgang vervielfacht. Den demographischen Wandel gibt es in Deutschland seit ca. 150 Jahren. Die nicht akzeptable Diskrepanz zwischen Planzahlen und tatsächlichen Ergebnissen ist zum großen Teil auf diese falsche Grundannahme zurückzuführen. Langfristprognosen über das Jahr 2020 oder gar 2030 hinaus sind unsinnig, da seriöse Aussagen über einen derart langen Zeitraum hinweg weder über das Steueraufkommen, noch die ökonomische Entwicklung oder das Finanzmarktgeschehen möglich sind. Sinnvoll und möglich ist eine transparente Bewertung von Risiken und Chancen, die zu unterschiedlichen Szenarien führt.

  1. Zukünftige Versorgungs- und Beihilfeansprüche sind eine Herausforderung, die nur von einer vitalen Kirche bewältigt werden kann.

Eine bedenklich geringe Ausfinanzierung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche sind eine große Herausforderung für die EKiR. Was ist der beste Weg, um gegenzusteuern? In dem Beitrag „sparen oder gestalten“ werden hierzu Vorschläge gemacht.

Die Kirchenleitung hält es für geboten, die laufende Arbeit durch den Abzug von Finanzmitteln zu schwächen, um die Kapitalbildung zur Bewältigung zukünftiger Beihilfe- und Versorgungsansprüche zu intensivieren. Diese Reaktion auf eine EKD-Rüge verrät ein bürokratisch-statisches Denken, das verkennt, dass nur eine vitale Kirche kommenden Herausforderungen gewachsen ist. Zudem werden Finanzmarktrisiken sträflich unterschätzt.

Bald werden gut ein Viertel des verfügbaren Kirchensteueraufkommens zur Absicherung von Versorgungsleistungen und Beihilfeansprüchen verwendet. Damit ist die Grenze des Sinnvollen und Vermittelbaren mehr als erreicht. Auch eine Kirche kann man kaputt sparen! Unterstrichen werden muss, dass die Ev. Kirche im Rhein bereits erheblich Anstrengungen bis über die Grenzen der Belastbarkeit hinaus unternommen hat, um der Herausforderung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche gerecht zu werden.

  1. Gerade im Hinblick auf den bbz-Finanzskandal ist beim Anlagevermögen der EKiR Transparenz und ein professionelles Anlagemanagement erforderlich. Die Empfehlungen der Höppner-Kommission sind zu beachten!

Unter 3.1.4 schreibt die Höppner-Kommission der EKiR ins Stammbuch: „Geld ist also nicht nur ein Mittel, um den Verkündigungsauftrag zu erfüllen. Die Art, wie die Kirche mit ihrem Geld umgeht, ist selbst ein Teil glaubwürdiger Verkündigung. Wort und Tat müssen im Einklang miteinander stehen. Hier hat sich die Parallelität von christlicher Botschaft und kirchlichem Handeln zu bewähren. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht nur nach innen, sondern insbesondere auch im öffentlichen Raum.“ Die Kommission empfiehlt unter 4. eine Reihe von Maßnahmen. Hierbei geht es im klare Leitungsstrukturen und eindeutige Verantwortlichkeiten sowie um ein ethisch orientiertes professionelles Anlagenmanagement.

Hoffentlich lernen Kirchenleitung und Landessynode aus der bbz-Affäre, die bekanntlich die EKiR im Blick auf ihre Rücklagensituation so sehr geschwächt hat, dass sie als Begründung für den von der KL geforderten Sparkurs mit herhalten muss.

Die Geldanlagen der EKHN wurden kürzlich von einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter die Lupe genommen, wobei erhebliche Mängel und Risiken sichtbar wurden. Friedhelm Schneider weist in einem eigenen Beitrag auf den Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses hin, der auf der Studie der Wirtschaftsprüfer basiert. Die Vermutung, dass in der EKiR ähnliche Mängel vorhanden sind, liegt nahe.

Wirft man einen Blick auf den Verwaltungsrat der Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte (VKPB) Dortmund, wachsen Befürchtungen. Dieses Gremium, das den 2-köpfigen Vorstand kontrollieren soll, besteht fast ausschließlich aus TheologInnen und JuristInnen. Ob hier die nötige Kompetenz im Blick auf Anlagemanagement und Investmentrisiken vorhanden ist, darf bezweifelt werden.

  1. Es ist nicht akzeptabel, wie die EKiR mit ihren Beschäftigten umgeht. Das Verhalten der Kirchenleitung befindet sich im offenkundigen Widerspruch zu sozialethischen Positionen der EKiR.

Ein Vorgeschmack auf das, was bei Umsetzung des verschärften Sparkurses auch anderen Arbeitsfeldern droht, ist derzeit bei der Umstrukturierung der Medien und Öffentlichkeitsarbeit zu beobachten. Hiermit ist eine einstmals unabhängige evangelische Publizistik durch die Ansiedlung im LKA nun endgültig zur kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit mutiert. Bedrückend ist, dass durch die Umstrukturierung Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben, die nur unter großen Schwierigkeiten an anderer Stelle eine neue Beschäftigung finden dürften. Bei anderen Berufsgruppen hat die Ev. Kirche im Rheinland quasi eine Monopolstellung als Arbeitgeberin. Sie trifft der Arbeitsplatzverlust noch härter und bedeutet in der Regel das beruflich Aus. Menschen sind jetzt unter Druck, die teilweise jahrzehntelang kompetent und gedeihlich für die Kirche gearbeitet haben und nur wenige Jahre vor ihrem Ruhestand stehen.

Wir wollen so solidarisch mit Armen handeln und uns anwaltschaftlich für die einsetzen, die die Stärkung ihrer Rechte und Lebenschancen brauchen. Auf diese Weise werden Menschen neugierig auf die Gemeinschaft, in deren Praxis Gerechtigkeit und Solidarität sichtbar leitend sind.“ (Missionarisch Volkskirche sein S. 7 -2.8) – Will jemand ernsthaft behaupten, die vor allem an Finanzgrößen orientierte Vorlage der KL „Umgang mit der finanziellen Situation der Evangelischen Kirche im Rheinland“ würde einer Praxis den Weg bereiten, in der „Gerechtigkeit und Solidarität sichtbar leitend sind“?

Sparen oder Gestalten? Überlegungen zum Umgang mit zukünftigen Pensionsansprüchen

(Zugleich Versuch einer Antwort auf die Ausführungen von Bernd Kehren im Präsesblog der EKiR) von Hans-Jürgen Volk.

Die Leitung der Ev. Kirche im Rheinland sieht die dringende Notwendigkeit, auf Grund zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche die seit spätesten 2011 schon ungewöhnlich intensiv betriebene Kapitalbildung zu verstärken. Daher möchte sie die Kosten für die laufende kirchliche Arbeit zurückfahren. Ob dies eine vorläufige Positionierung ist, wird sich zeigen. Man hat mit dem Sparziel für den Haushalt der Landeskirche von 35% bis 2018 eine strenge Vorgabe gemacht. Ansonsten zeichnet sich tatsächlich ein neuer Leitungsstil ab. Die Absichtserklärung von Rekowski, „man wolle Entscheidungen im Dialog vorbereiten“, bewahrheitet sich bisher. Man geht nicht mit fertigen Konzepten und Strategien in Gespräche, sondern ist offen für Anregungen und Kritik. „Wir fühlen uns wieder ernst genommen!“ – so ein Feedback, das wiederholt zu hören war.

Im Hintergrund steht offenbar die Absicht, einen Umbau der rheinischen Kirche hin zu mehr Flexibilität, mehr Menschennähe und einer geringeren Krisenanfälligkeit zu gestalten – mit den Betroffenen an der kirchlichen Basis. Für sich genommen ist dies bereits ein Alternativkonzept zu den Top-down-Strategien der Vergangenheit. Allerdings glaubt man offenbar ohne den Aufbau von Finanzdruck gegen strukturkonservative Bestrebungen nicht ankommen zu können. In jedem Fall besteht das Ziel, die Ausfinanzierung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche deutlich zu verbessern – dies allerdings zu Lasten der Beschäftigten der landeskirchlichen Ebene.

Die Gründe für den Sparkurs sind wenig überzeugend

Die bisherigen öffentlichen Verlautbarungen zur Begründung des super-verschärften Sparkurses sind weder ins sich schlüssig noch überzeugend. In chrismon plus rheinland 09.2013 heißt es: „Als Grund für das Einsparen von 20 Mio. Euro wird vorrangig der kontinuierliche Mitgliederrückgang genannt.“ Auf Grund der ungleich verteilten Steuerlast und der Tatsache, dass lediglich etwa eine Drittel der Kirchenmitglieder überhaupt Kirchensteuern zahlen, hat diese Begründung keinen Bezug zur Realität. Empirisch lässt sich ein Zusammenhang zwischen Kirchensteuerentwicklung und Mitgliederentwicklung nicht nachweisen. Auch die Tatsache, dass der landeskirchliche Haushalt nach den Planzahlen für 2013 ein Defizit von 7 Mio. Euro aufweist, kann kein Grund für die drastischen Einschnitte sein. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass es sich durch die positive Kirchensteuerentwicklung in 2013 erheblich reduzieren wird. Belastbar lässt sich eine Finanzsituation zudem erst auf Grund der Jahresergebnisse und nicht der Planzahlen beurteilen. Durch die NKF-Umstellung gibt es allerdings für 2012 noch kein Jahresergebnis. Das heißt: eine klare Analyse der Finanzsituation der Landeskirche ist im Augenblick gar nicht möglich.

Seit 2005 sind die Kirchensteuereinnahmen erheblich gestiegen, nominal um ca. 24%, geht man davon aus, dass der Verteilbetrag 2013 im Ergebnis um, wenn nicht über 600 Mio. Euro liegen wird. Auch inflationsbereinigt ergibt sich real ein deutliches Plus gegenüber 2005 – wobei die Inflationsrate, die im Wesentlichen die Preissteigerung bestimmter Konsumgüter misst, nicht wirklich geeignet ist als Kriterium zur Bestimmung der kirchlichen Finanzkraft. Das tatsächliche Verhältnis von Ausgaben und Einnahmen rechtfertigt also ebenfalls nicht den drastischen Sparkurs.

Was als Begründung übrig bleibt, ist die berechtigte Sorge um die Erfüllung des Rechtsanspruchs bezüglich zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche. Eine Ausfinanzierung, die je nach Zinsentwicklung zwischen 27-34% liegt, ist alarmierend gering- jedenfalls im Vergleich zu der Situation in anderen Landeskirchen (- die EKHN hat eine Quote von über 100%) oder auch zu den Pensionsfonds und Betriebsrentenfonds großer Konzerne. Allerdings liegt die EKiR hier durchaus auf dem gleichen Niveau oder sogar günstiger als die Bundesländer NRW und Rheinland-Pfalz. Insgesamt steht es um die Finanzkraft der EKiR sogar deutlich besser als um die der Bundesländer NRW und Rheinland-Pfalz. Beispiel: Der Landeshaushalt 2013 von Rheinland-Pfalz hat ein Volumen von ca. 13 Mrd. € bei einem Schuldendienst von ca. 1 Mrd. €. Seinem Pensionsfond führt Rheinland-Pfalz 2013 etwas über 600 Mio. € zu.

Versorgungskasse: Missmanagement am Anfang vergrößert das Problem

Die rheinische Situation ist bis heute bestimmt durch Fehler der Kirchenleitungen in den 90-er Jahren – Missmanagement. Vereinfacht ausgedrückt war der Kapitalzufluss an die Versorgungskasse an bestehende Stellen geknüpft. Da bereits damals kräftig Pfarrstellen abgebaut wurden, reduzierten sich die Zuflüsse – offenkundig unbemerkt von den damals Verantwortlichen. Zugleich wurden die Beiträge zur Versorgungssicherung abgesenkt – durchaus in dem Bewusstsein, über außerordentlich hohe Rücklagenmittel zu verfügen und schon alleine deshalb zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Vor etwa 10 Jahren wuchs das Problembewusstsein, hervorgerufen durch die Steuerreform der damaligen rot-grünen Bundesregierung, die hohe Arbeitslosigkeit und eine insgesamt schwierige wirtschaftliche Lage. Man erzählt sich von schlaflosen Nächten angesichts zukünftiger Versorgungsansprüche und sinkender Kirchensteuereinnahmen. Schrittweise war man bemüht, dem Problem Herr zu werden und das nachzuholen, was in anderen Landeskirchen bereits auf den Weg gebracht worden war. Hierzu gehörte z.B. das Einholen versicherungsmathematischer Gutachten, die es in der rheinischen Kirche erst seit wenigen Jahren gibt. Außerdem erhöhte man den Kapitalzufluss erheblich und führte eine Versorgungsicherungsumlage ein. Zunächst war eine schrittweise Erhöhung des Kapitalzuflusses an die Versorgungskasse geplant, bis nach etlichen Jahren 20% des Netto-Kirchensteueraufkommens zur Versorgungssicherung verwendet werden sollten. Allerdings entwickelte sich das Kirchensteueraufkommen seit 2005 unerwartet positiv, was man jedoch als vorrübergehendes Phänomen ansah. Die durch die vorangehenden Einbrüche und durch ungünstige Langfristprognosen auf Sparen eingestimmte Kirche sollte nun dazu gebracht werden, den Mittelzuwachs in erheblich größerem Ausmaß als ursprünglich geplant zur Versorgungssicherung zu verwenden – und sogar noch ein wenig mehr. 2010 lag die Versorgungssicherungsumlage bei durchaus beachtlichen 11,56 € pro Gemeindeglied. Für das Haushaltsjahr 2011 verdoppelte sich dieser Betrag nahezu auf 20,70 €. Die Versorgungssicherungsumlage lag damit zum ersten Mal über der landeskirchlichen Umlage in Höhe von 20,29 €. Für 2013 liegt die Versorgungssicherungsumlage übrigens bei 22,04 €, die landeskirchliche Umlage hat eine Höhe von 21,11 € in der Planung. Aktuell verwendet die Ev. Kirche im Rheinland 22% ihres Netto-Kirchensteueraufkommens zur Versorgungssicherung. Hinzu kommen demnächst bis zu 3% des Aufkommens zur Absicherung zukünftiger Beihilfen.

Es ist also nicht korrekt, wenn so getan wird, als hätte die rheinische Kirche bisher keine Vorsorge betrieben. Missmanagement am Anfang hat die Herausforderung erheblich vergrößert. Es ist ein Verdienst von Georg Immel, dass dem Problem der Versorgungslasten die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Nun wurde allerdings versucht, in allzu drastischen Schritten Versäumtes nachzuholen. Es ist nie Kennzeichen guter Leitung, wenn Rahmenbedingungen, zumal finanzielle, sprunghaft verändert werden – und dies geschah ab dem Jahr 2011. Die viel beklagte Stellenerosion gerade auf Gemeinde- und Kirchenkreisebene hat ihre Ursache nicht zuletzt in diesem sprunghaften Leitungshandeln.

Bisher wird der Eindruck erweckt, der angekündigte drastische Sparkurs betreffe vor allem die landeskirchliche Ebene. Da sich jedoch immer deutlicher zeigt, dass die Sorge um zukünftige Versorgungs- und Beihilfeansprüche Auslöser des jüngsten Finanzalarmismus sind, sind Gemeinden und Kirchenkreise, je nach örtlicher Finanzlage, unter Umständen noch stärker betroffen. Johann Weusmann argumentiert in seinem Blog-Eintrag vom 18.07. 2013 im Präsesblog: „Um zu einer 70-prozentigen Ausfinanzierung z.B. bei der Versorgung zu kommen, sind auf landeskirchlicher Ebene ca. 100 – 140 Mio. € zusätzlich notwendig, bei einer 100-prozentigen Ausfinanzierung sogar nahezu das Doppelte. Die Beihilfe wird ebenfalls mit steigenden Beiträgen abzusichern sein.“ Wie ist das zu verstehen? Als Problemanzeige? Oder als Aufforderung, die Zuführungen an die Versorgungskasse nach der drastischen Steigerung von 2011 noch einmal zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen? Falsch wäre in jedem Fall eine erneute abrupte Veränderung der finanziellen Rahmenbedingungen zu Lasten der laufenden Arbeit. Genau dies droht auf der Ebene der Landeskirche.

Eine Kirche lebt von ihrer Substanz

Der Kollege Bernd Kehren schreibt in seinem Blog-Eintrag vom 09.08. 2013: „Zu viele haben noch nicht begriffen, wie ernst die Lage für die Kirchen ist und wie sehr sie sich gerade zuspitzt.“ Hierin ist ihm uneingeschränkt zuzustimmen. Gewiss, es gibt in der rheinischen Kirche immer noch zahlreiche Gemeinden mit hoher Ausstrahlungskraft und viele Einzelpersonen, die eine beeindruckende Arbeit leisten. Trotzdem verliert die Ev. Kirche im Rheinland bei vielen ihrer Mitglieder erkennbar an Bindungskraft. Manches ist auf allgemeine Prozesse der Säkularsierung und Individualisierung zurückzuführen, manches aber auch hausgemacht und Folge des missglückten Reformprozesses der letzten Jahre. Beispiele:

  • Presbyteriumswahlen: Die geringe Wahlbeteiligung sowie die Tatsache, dass in mehr der Hälfte aller Stimmbezirke mangels ausreichender Wahlvorschläge keine Wahl zu Stande kam, sind Alarmsignale. Offenbar sind immer weniger Menschen bereit, dieses wichtige Ehrenamt in unserer Kirche zu übernehmen.

  • Es gibt Kirchenkreise, in denen sich die Teilnahme am Gottesdienst in den vergangenen 10 Jahren glatt halbiert hat. Hintergrund dieser Entwicklung sind Umstrukturierungen wie Gemeindefusionen, Streichungen von Pfarrstellen und Aufgabe von Predigtstellen, von denen strukturschwache Regionen besonders stark betroffen sind.

  • Mit jeder aufgegebenen Stelle dort, wo Arbeit mit Menschen stattfindet, reduzieren sich die personalen Kontakte, die z.B. die Grundlage für die Gewinnung von Ehrenamtlichen bilden. Wir müssten als Kirche in die Arbeit mit jungen Menschen investieren, um gute Katechumenen- und Konfirmandenarbeit, einen ansprechenden Kindergottesdienst oder eine einladende Jugendarbeit zu gewährleisten. Faktisch findet das genaue Gegenteil statt.

  • Spektakulär waren die Szenen am Mainzer Hauptbahnhof im Sommer, der tagelang in seiner Funktionalität massiv beeinträchtigt war auf Grund des in der Vergangenheit allzu massiv betriebenen Personalabbaus der DB. Weniger spektakulär ist es, wenn in der Urlaubszeit Menschen händeringend nach einem Pfarrer oder einer Pfarrerin suchen müssen, weil der eigene Pfarrer verreist und die Vertretung erkrankt ist. Fälle wie diese häufen sich und sind extrem schädlich für unsere Kirche. An manchen Stellen ist sie in ihrer Funktionalität schon jetzt erheblich beeinträchtigt: in etlichen Verwaltungen auf Grund des Aufgabenzuwachses sowie im Pfarrdienst auf Grund des Stellenabbaus.

Bernd Kehren hat mit seiner Analyse recht, dass sich die Lage zuspitzt. Dies betrifft weniger Kirchenkreise in wirtschaftlich prosperierenden Regionen, allerdings umso härter Kirchenkreise und Gemeinden in den strukturschwachen Gebieten. Kehren liegt falsch, wenn er meint, bei einem verschärften Sparkurs dieser Tendenz entgegenwirken zu können.

Die ev. Kirche im Rheinland lebt im Moment von ihrer Substanz was die Verbundenheit und Identifikation der Menschen mit ihr betrifft. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass diese Substanz sich gefährlich reduziert und damit über kurz oder lang auch die finanzielle Basis der Kirche beeinträchtigt wird. Wenn ich dies erkenne und zugleich das in der Tat fordernde Problem zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche von emeritierten Pfarrern und Kirchenbeamte wahrnehme, muss ich entscheidenden, welche Herausforderung für unsere Kirche die größere Relevanz besitzt und mein Handeln entsprechend dieser Abwägung ausrichten. Der Eindruck drängt sich auf, dass allzu Viele das Problem der Versorgungsansprüche für gravierender halten, als die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen im Wirkungsbereich unserer Kirche.

Risiken nicht verdrängen

Wichtiger als das Ziel, zukünftigen Versorgungs- und Beihilfeansprüchen gerecht zu werden, sind die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen. Dies vorab, denn wer Menschen dauerhaft frustriert und verärgert, begegnet zwar auf eigene Weise dem Problem der Indifferenz, tut damit aber weder den Menschen noch unserer Kirche etwas Gutes. Das Problem zukünftig zu zahlender Pensionen ist zwar gravierend, es ist allerdings bei weitem nicht die größte Herausforderung, vor der die Ev. Kirche im Rheinland steht.

Eine Problemanzeige: Seit langem haben sich die EKD-Landeskirchen dafür entschieden, zukünftige Versorgungsansprüche nach dem Kapitaldeckungsverfahren abzusichern. Dies ist alles andere als risikolos. Nur wenige wissen, dass die von Bismarck eingeführte Rentenversicherung ursprünglich auf der Grundlage des Kapitaldeckungsverfahrens funktionieren sollte. Auf Grund von Turbulenzen an den Finanzmärkten, die nicht nur Ende der 20-er Jahre die damalige Weltwirtschaftskrise auslöste sondern die es Bereits im 19. Jahrhundert gab, zweier Inflationen und zweier Weltkriege kam dies jedoch nie wirklich zum Tragen. Das eingesetzte Kapital ging bis auf Restbestände verloren. Das System der Kapitaldeckung wurde daher unter Adenauer 1957 zu einem Umlageverfahren umgebaut – eine Konsequenz aus den Erfahrungen der Vergangenheit.

Unter neoliberalem Vorzeichen wurden die Finanzmärkte dereguliert und erfreute sich auch das Kapitaldeckungsverfahren wieder wachsender Beliebtheit. Es sind allerdings die marktradikalen Umbauten der Ökonomie, die angelegtes Kapital gefährden und in den vergangenen Jahren durch regelmäßig auftretende Finanzmarkturbulenzen immer wieder reduziert haben. Dennoch hat sich insgesamt das angelegte Kapital bis heute nahezu exponentiell vermehrt und in immer weniger Händen konzentriert – trotz der massiven Verluste einzelner Anleger. Es macht ein Mehrfaches des gesamten Weltbruttosozialprodukts aus, was für sich genommen schon beunruhigend genug sein dürfte. Die Kehrseite der Kaptalanlagen sind Schulden, die in immer geringerem Umfang bedient werden können. Die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann weist in ihrem Beitrag „Die vierte Blase“ daraufhin, dass den Wertsteigerungen an den Finanzmärkten keine adäquate Entwicklung in der Realwirtschaft gegenübersteht. „Um 8,1 Prozent ist das globale Geldvermögen im vergangenen Jahr gewachsen, so hat es der Allianz-Finanzkonzern errechnet.“ „Es bleibt … die Frage, wie echt‘ dieser Reichtum ist. Denn in der realen Welt hat sich ja nicht viel verändert: Die globale Güterproduktion hat 2012 nur um etwa 3 Prozent zugelegt. Es ist daher ein Alarmzeichen und keine gute Nachricht, dass das nominale Geldvermögen trotzdem so stark steigen konnte.“ Herrmann sieht die Gefahr einer Blasenbildung und hat vor allem die Aktien- und Immobilienmärkte im Blick. Herrmann ist nur eine Stimme unter vielen, die ähnlich wie vor der Immobilienkrise in den USA 2007/2008 vor der herannahenden Unwetterfront warnen. Auch damals unterstützten neoliberale Akteure wie z.B. der damalige Chef der Deutschen Bank Ackermann schon aus Eigeninteresse den festen Glauben, die internationale Finanzwelt sei völlig im Lot.

Sie war es damals ebenso wenig, wie sie es heute ist. Die US-Notenbank Fed hat kürzlich der Schneid verlassen, von der Niedrigzinspolitik zur Normalität zurückzukehren. Ähnliches gilt für die Europäische Zentralbank. Der Markt wird von billigem Geld überschwemmt, das nach Anlagen sucht. In geringem Umfang fließt es in Investitionen, der Löwenanteil heizt den Handel mit spekulativen Finanzanlagen an – und vermehrt so den fiktiven Reichtum, der immer weniger reale Werte repräsentiert. Diesem Dilemma sind auch Pensionsfonds und kirchliche Versorgungskassen unterworfen. Mögen sie auch noch so sehr mit Nachhaltigkeitsfiltern arbeiten und auf konservative Anlagen setzen, ihr Kapital ist Teil des Blasenkonstrukts und damit in seinem Bestand gefährdet. Die EKiR hat sich also einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um die Kapitalbildung zugunsten zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche zu verstärken. Es ist so ähnlich, als würde man beim dem Aufziehen der Gewitterfront noch schnell die Wäsche zum Trocknen aufhängen in der fahrlässigen Hoffnung, es werde schon irgendwie gut gehen.

Kapital muss angelegt werden, und da kann man leicht danebengreifen. So musste der Pensionsfonds von NRW mindestens 220 Mio. € abschreiben, da man 2004 in griechische Staatsanleihen investiert hatte – vgl. den DLF-Bericht vom 20.10. 2011. Auch Pensionsfonds anderer Bundesländer haben einst in griechische spanische oder italienische Staatsanleihen investiert. Hierbei muss man wissen, dass Staatsanleihen aus dem Euro-Raum vor Jahr und Tag noch als akzeptable Anlagen galten.

Was man tun kann

Die Herausforderung ist, verantwortungsbewusst und realitätsnah mit der jetzigen Situation umzugehen. Dabei gibt es für die rheinische Kirche keinen Königsweg, der sich aufdrängen würde. Allgemeine Feststellungen, dass ein Umlageverfahren allemal krisenfester ist als Kapitaldeckungsverfahren, von dem vor allem Banken und andere Akteure der Finanzindustrie profitieren, helfen nicht viel. Für eine Kirche gilt allerdings noch mehr als für andere Sozialsysteme, dass sie in ihrer äußeren Gestalt nicht von Kapital, sondern von Menschen getragen wird, die ihr Engagement und Geld zur Verfügung stellen.

Wichtiger als finanzielle Ressourcen sind Menschen, die sich mit ihrer Kirche identifizieren. Nur eine vitale Kirche kann Herausforderungen meistern.

Ankerpunkt aller Reform-, Umstrukturierungs- und Sparmaßnahmen müssen die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen im Verantwortungsbereich der Kirche sein. Wer diese gering wertet oder gar ignoriert und das strategische Handeln der Kirche vorrangig an Finanzgrößen ausrichtet, gefährdet nicht nur die finanzielle Basis der Kirche.

Eine Kirche, die mit ihrer Verkündigung, ihrer Seelsorge, ihrer Diakonie und ihren übrigen Diensten wirksam für die Menschen in ihrem Verantwortungsbereich da sein will, braucht hierzu eine engagierte und motivierte Mitarbeiterschaft. Grundvoraussetzung hierfür ist ein fairer und sozial verträglicher Umgang mit den Beschäftigten. Wer ohne eine akute Notlage, die keine anderen Optionen offen lässt, Beschäftigten trotz guter Arbeit mit Kündigung droht, beschädigt nicht nur Menschen, sondern in nachhaltiger Weise die Kirche selbst.

Wir müssen anders Kirche sein! – darin ist Präses Rekowski in seiner Videobotschaft vom 27.09. 2013 zuzustimmen. Da sich die Lebensverhältnisse der Menschen tendenziell dynamischer verändern, muss eine Kirche auch in ihren Strukturen flexibler und den Menschen zugewandter werden. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob dieser Umbau erreicht werden kann, wenn einmal mehr die Finanzfrage im Vordergrund steht. Sparen durch Stellenabbau ist das Gegenteil von Gestalten! Es ist schon beeindruckend wie es an sich honorige Theologen und theologisch beschlagene Juristen nicht nur in der EKiR seit Jahren hinbekommen, die Zukunft als düstere Drohkulisse zu entwerfen, deren Misslichkeiten bereits heute zu schmerzhaften Einschnitten nötigen sollen.

Mit etwas Kreativität kann man auch ohne Drohbotschaft an die Menschen und die Beschäftigten der Kirche den immer noch bedenklich niedrigen Ausfinanzierungsgrad zukünftiger Versorgungsansprüche verbessern.

  1. Landeskirche, Kirchenkreise und Gemeinde haben jenseits der Versorgungskasse Dortmund Kapital in beträchtlichem Ausmaß als Rücklagen angelegt. Alleine auf der Ebene der Landeskirche erbrachte dieses Kapital trotz der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase Erträge von durchschnittlich 7-8 Mio. Euro. Die Ausfinanzierung könnte deutlich verbessert werden, wenn man ein Teil dieses Kapitals in zuträglichem Umfang zur Absicherung zukünftiger Versorgungsansprüche einsetzt. Für die Ebene der Landeskirche dürfte dies noch am unproblematischsten umzusetzen sein. Allerdings muss auch hier darauf geachtet werden, dass Rücklagen auch in Zukunft ihre Funktion erfüllen können. Im Zusammenhang mit der bbz-Affäre ist dies nicht geschehen, da man die Ausgleichsrücklage für den landeskirchlichen Haushalt durch die Entnahme von über 20 Mio. Euro derart geschwächt hat, dass dieser Tatbestand heute als Begründung für den drastischen Sparkurs mit angeführt wird.

Die Finanzsituation von Kirchenkreisen und Gemeinden stellt sich höchst unterschiedlich dar. Aus diesem Grund ist eine Beteiligung nur nach dem strikten Prinzip der Freiwilligkeit möglich. Zuvor gilt es allerdings, wichtige Fragen zu klären, die bisher – jedenfalls im öffentlichen Diskurs – nicht beantwortet worden sind. Friedhelm Schneider hat angesichts des ca. 30 Mrd. Euro umfassenden Kapitalvermögens der Ev. Landeskirchen und der EKD folgende Fragen gestellt und Anmerkungen gemacht:

– wie hat sich die Wertentwicklung der Finanzanlagen seit dem Jahr 2000 entwickelt?

– wie stellt sich das Risiko-Gewinn-Verhältnis der Anlagen dar?

– welche Wertverluste sind zu beklagen? wer ist dafür verantwortlich?

– in welchem Prozentanteil können die Anlagen als ethisch korrekt bezeichnet werden.

Diese und weitere Fragen sollten unabhängige (!) Wirtschaftsprüfer in allen Landeskirchen und der EKD ermitteln. Nur wenn in diesen Fragen völlige Transparenz herrscht ist Kontrolle möglich und kann Vertrauen wieder hergestellt werden.“ Nach dem bbz-Finanzskandal gilt dies für die Ev. Kirche im Rheinland umso mehr. Es kann nicht sein, dass derart strikte Sparmaßnahmen beschlossen werden und wesentliche Fakten im Nebel bleiben.

  1. Man hat den Eindruck, dass kirchliche Immobilien im Moment vorrangig unter dem Gesichtspunkt finanzieller Belastung wahrgenommen werden und dass es aus diesem Grund sinnvoll sei, sich von Immobilien zu trennen. Tatsächlich sind Immobilien aber auch werthaltige Objekte, die dazu dienen können, zukünftige Belastungen aus Versorgungsansprüchen abzudecken. Die rheinische NKF-Variante führt dazu, dass kirchliche Körperschaften sich von Immobilien trennen und diese teilweise deutlich unter Marktwert abstoßen. Wo Privatpersonen und kommerzielle Investoren auf Grund der unsicheren Finanzmarktlage Kapital in Immobilien anlegen, geschieht in der rheinischen Kirche das Gegenteil. Geboten ist ein kompetentes Immobilienmanagement, dass sich unter Einbeziehung kirchennaher Unternehmen realisieren lassen müsste.

  2. Bereits jetzt gibt es vielerorts in der Ev. Kirche im Rheinland Pfarrstellen, die sich kaum bzw. erst nach einer längeren Vakanzzeit besetzten lassen. In Kürze wird sich dieses Problem drastisch verschärfen, wenn nämlich die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Daher ist es sinnvoll, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Pfarrerinnen und Pfarrer auch über die jetzige Altersgrenze hinaus auf freiwilliger Basis weiter im Dienst bleiben können. Dies könnte ebenfalls zu einer Entlastung im Blick auf zukünftige Versorgungsansprüche führen.

Alle 3 Vorschläge haben ihre Schwierigkeiten. Es geht tatsächlich um die Einsicht und den politischen Willen, die Ausfinanzierung bei der Versorgung zu verbessern, ohne in noch größerem Umfang die heute geleistete Arbeit durch Einsparungen weiter zu schwächen.

Was man tun muss: Die Menschen wieder in den Blick nehmen!

Das durch die Kirchenleitung vorgegebene Sparziel ist in den Sand geschrieben. Es hat kein solides, durch Fakten gedecktes Fundament. Wie kann man von einem strukturellen Defizit im landeskirchlichen Haushalt reden ohne die Vorlage Jahresabschlüsse von 2012 und 2013? Die Planungsvorgaben der Finanzabteilung sind für sich genommen bereits ein Politikum, da sie seit Jahren auf fast berechenbare Weise bis auf ganz wenige Ausnahmen deutlich unter den tatsächlichen Ergebnissen liegen. Für das Haushaltsjahr 2014 ergibt sich erneut folgender Effekt: man weiß eigentlich, dass der Verteilbetrag für das Haushaltsjahr 2013 auch bei vorsichtiger Schätzung an die 600 Mio. Euro liegen wird und plant dennoch für 2014 mit einem Betrag von 585 Mio. Euro, immerhin ca. 10 Mio. Euro über den Planzahlen von 2013. Faktisch geht man also von einem sinkenden Kirchensteueraufkommen aus, obwohl alle heute bekannten Fakten das Gegenteil signalisieren. Mit haushalterischer Vorsicht ist dies kaum noch zu erklären. Wer so agiert, setzt sich dem Verdacht aus, aus kirchenpolitischen Gründen die Finanzsituation der rheinischen Kirche dramatischer darzustellen, als sie es tatsächlich ist.

Was auf den Prüfstand gehört, sind kostenträchtige „Reform“-Projekte, die einst eingeführt wurden mit der trügerischen Verheißung, hierdurch zu Einsparungen zu gelangen. Bei NKF ist es keine Befürchtung mehr, sondern bittere Tatsache, dass Verwaltungen personell verstärkt werden müssen, um überhaupt ihre Funktionalität zu gewährleisten. Bei der Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform zeichnet sich ein ähnlicher Effekt ab. Ein Leitungshandeln, dass in einer finanziell durchaus angespannten Situation dazu führt, dass neue Stellen in Verwaltungen geschaffen werden müssen und damit umso mehr Stellen für die Arbeit mit Menschen wegfallen, hat versagt. Wer von Einsparungen redet, sollte zunächst den Mut aufbringen, derartige Fehlentwicklung konsequent zu korrigieren.

Das Leitungshandeln der Vergangenheit war geprägt von einer auch theologisch höchst problematischen Zahlenfixiertheit und einer ebenso problematischen Orientierung an Finanzgrößen. Nebenbei ließ man auf sträfliche Weise die Frage nach den personellen und finanziellen Ressourcen, die bei der Umsetzung z.B. von NKF tatsächlich anfallen, außer acht.

Es muss darum gehen, die Menschen mit ihren Stärken und Schwächen wieder in den Blick zu nehmen und ihnen etwas zuzutrauen. Gefragt ist Weisheit statt kalkulatorischer Kälte, Solidarität statt betriebswirtschaftlich untermauertem Unternehmensegoismus.

Rekowski, Weusmann und Baucks sind gewiss aus unterschiedlichen Motiven im Januar 2013 in ihre Ämter gewählt worden. Es war dennoch ein starkes Signal für den verbreiteten Wunsch nach Veränderung. Es gab die Hoffnung, dass die „Neuen“ zu einem realitätsnäheren, transparenteren und partizipatorischeren Leitungsstil finden würden, was sich in Teilen bestätigt hat. Mit der Person Manfred Rekowski verband sich die Erwartung, dass es zu deutlichen Korrekturen bei Fehlentwicklungen der „Reform“-Projekte kommen würde.

Stattdessen stehen gleich zu Beginn brachiale Sparvorgaben, denen eine plausible Begründung fehlt. Realitätsnähe: Die fehlt, wenn man EKD-Zahlen schlicht als „objektive“ Tatbestände akzeptiert. Transparenz: gewiss, man legt die Karten auf den Tisch, aber eben nur zum Teil. Im Blick auf die Versorgungskasse Dortmund gibt es nur spärliche Informationen, die unzureichend sind. Partizipation: Der Eindruck drängt sich auf, dass diese dann erwünscht ist, wenn man die Sparvorgaben akzeptiert. Dies wäre allerdings keine echte Partizipation.

Unterentwickelt ist das Problembewusstsein, welche Effekte mit den Sparvorgaben ausgelöst werden. Die Großteil auch der auf landeskirchlicher Ebene Beschäftigten dürfte eher über als unter 50 Jahre liegen. Großartige Menschen sind darunter, die teilweise seit Jahrzehnten hervorragende Arbeit leisten. Diesen Menschen mit betriebsbedingten Kündigungen zu drohen, ist ein Missgriff, der auch dadurch nicht behoben wird, wenn man die Erklärung nachschiebt, dass man das Mögliche tun wird, um solche zu vermeiden. Zudem werden wir in nahezu allen Berufsgruppen in Bälde Probleme haben, vorhandene Stellen qualifiziert zu besetzen. Der „Paukenschlag“ des Sparprogramms ist ein Beitrag der Kirchenleitung, junge Menschen zu demotivieren, in der Ev. Kirche im Rheinland einen möglichen Arbeitgeber zu sehen. Er steigert die eh schon auf problematische Weise vorhandene Unattraktivität kirchlicher Berufe.

Es wäre schön, eine Kirchenleitung zu erleben, die von den Akteuren in den Kirchenkreisen, Einrichtungen und Gemeinden als hilfreich und unterstützend wahrgenommen wird. Rekowski und andere werden nach ihrer Amtszeit einmal daran gemessen werden, ob es ihnen gelungen ist, Gemeinden und Kirchenkreise zu vitalisieren und den Menschen im Wirkungsbereich der Kirche Halt und Hoffnung zu geben.