Archiv der Kategorie:
Kirche in der Nazidiktatur

Christliche Motivation für widerständiges Verhalten im Nationalsozialismus. Eine Materialsammlung im Netz.

Hier finden Sie eine Übersicht an Ausstellungstafeln, auf denen über die Besonderheiten einer christlichen Motivation für widerständiges Verhalten im Nationalsozialismus reflektiert wird. Klicken Sie einen der Titel an, erhalten Sie Texte zu grundsätzlichen Fragestellungen.

Zur Quelle.

EKHN: Evangelische Landeskirche untersucht ihre Rolle in der NS-Zeit

Sehr spät kommt eine Studie, mit der die EKHN den Vorreiter unter den Landeskirchen abgibt:

„Ernüchternde Erkenntnisse hält das Buch „Evangelische Landeskirche Nassau-Hessen und Nationalsozialismus“ bereit, das in Darmstadt vorgestellt wurde. Wichtigstes Ergebnis der Untersuchung:

Die Kirche passte sich an anstatt ihre Spielräume zu nutzen.

… Oelschläger war einer der Redner, die zur Vorstellung des Buches „Evangelische Landeskirche Nassau-Hessen und Nationalsozialismus“ referierten. Der 576 Seiten dicke Band ist die Auswertung einer achtbändigen Dokumentation, die das Verhältnis der evangelischen Kirche Nassau-Hessen, Vorläufer der EKHN, zum Nationalsozialismus untersucht. Die EKHN hatte sie erarbeitet, die Darmstädter Kirchenleitung stellte 2008 für die Auswertung 110 000 Euro bereit… Mehr im Darmstädter Echo.

So machte Oelschläger deutlich, dass Landesbischof Ernst-Ludwig Dietrich seit 1932 Mitglied der NSDAP war. „Er hat sich von der Partei einen Aufbruch versprochen in dieser gottlosen Zeit der Weimarer Republik.“ Später sei der Bischof eifrig dabeigewesen, den Arier-Paragrafen anzuwenden. Als „furchtbares Dokument“ verlas der Referent den Generalausschluss christlich getaufter Juden aus der Kirche, veröffentlicht am 17. Dezember 1941…“

Schorlemmer und Wolfgang Huber im Disput um den Wiederaufbau der Garnisonskirche Potsdam – eines zweifelshalften Symbols deutscher Geschichte.

Der Widerruf von Potsdam – Potsdamer widerrufen den Ruf aus Potsdam nach einer Garnisonkirchenkopie

Voller Unverständnis und Empörung hörten wir jene Botschaft, die vor Jahren als Ruf von Potsdam ihren Weg in die Welt suchte und zum Wiederaufbau eines unheilvollen Symbols aufrief. Unserer Verantwortung vor Geschichte, Gegenwart, Zukunft und unserem Gewissen verpflichtet, erheben wir unsere Stimme und unsere Herzen gegeneinen Nachbau der GARNISONKIRCHE in Potsdam.

Im Jahre 1735 errichtete der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ein Monument für sein Militär… Die militaristische Nutzung der Kirche geschah im Geiste von Großmacht, Krieg und Unterdrückung – dem Geist, der sich schließlich im deutschen Faschismus wiederfand. Am 21. März 1933 reichten sich in der GARNISONKIRCHE der Reichspräsident Paul von Hindenburg und der neu ernannte Reichskanzler Adolf Hitler die Hand. Im Ritus des so genannten Tages von Potsdam vermählte sich das militaristische Preußen mit dem aufstrebenden deutschen Faschismus. Doch blieb der Faschismus länger als nur den einenTag Gast in dieser Kirche.

In logischer Konsequenz:
1945 ereilte die Kirche das Schicksal ihrer Botschaft. Sie wurde während eines Bombenangriffes in Trümmer gelegt. Und mit ihr jener Geist, der diese und andere Taten in und vor der Welt zu verantworten hat…

Aller Vernunft zum Trotz finden sich heute wieder Menschen zusammen, die danach trachten, diesem militaristischen Symbol erneut Leben einzuhauchen. Erst offen, der Erinnerung an die preußische Pracht geweiht, heute verdeckt unter dem Mantel vorgeblicher Versöhnungsbestrebungen stadtbauästhetischer Aspekte.

Wer die GARNISONKIRCHE wieder aufbauen will, deutet Geschichte um.

Wer die GARNISONKIRCHE wieder aufbauen will und sich damit Versöhnung auf die Fahne schreibt, erklärt die dunkle Nacht zum Zeichen des lichten Tages und versöhnt sich doch nur mit der reaktionären Geschichte Preußens.

Wer die GARNISONKIRCHE wieder aufbauen will,… handelt im besten Falle naiv und fantasielos – im berechenbarsten aber revanchistisch: Städtebaulich. Politisch. Kulturhistorisch. Zum Widerruf von Potsdam.

Symposium am 22.November 2013: Diskutieren mit Huber und Schorlemmer

Am 22.11.2013 ist es nachmittags soweit: die Stiftung Garnisonkirche und die Landeszentrale für politische Bildung haben sich im Potsdam Museum (Alter Markt 9 – im Alten Rathaus) eingemietet, um das Thema “Die Garnisonkirche Potsdam – Überholtes Wahrzeichen oder neue Mitte ?!” zu diskutieren. Die Veranstaltung ist offen für alle Interessierten, daher wäre es großartig, auch kontroverse Meinungen zu hören. Damit die Mitglieder der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau nicht unter sich bleiben müssen, lädt die BI Potsdam ohne Garnisonkirche ebenfalls zur Symposiumsteilnahme ein. Das Programm birgt einige Höhepunkte:

Ein Propaganda-Highlight steht zu erwarten, wenn gegen 15:00 Uhr Wolfgang Huber erklärt, warum er die Garnisonkirche als Wahrzeichen einer neuen Mitte benötigt. Bis 16:00 darf sich dann das Publikum aussprechen, wobei Martina Weyrauch von der Landeszentrale auf Einhaltung der sittlichen Rede achten wird. Mehr dazu.

Theologe Schorlemmer: Tödliche Wunden kann man nicht heilen

Potsdam. Die Kirche sei Sinnbild der Unterwerfung unter die Obrigkeit, besser sei eine Leerstelle an dem umstrittenen Ort, argumentierte Schorlemmer.

Schorlemmer betonte in seiner Eröffnungsrede: Durch den preußisch-militärischen Gebrauch der Kirche habe man an diesem Platz „Unterwürfigkeit zum Maßstab aller Dinge gemacht“. Wie solle die Kirche von diesem alten Geist getrennt werden, fragte er in Richtung der gut 150 Zuhörer. Zweitens: Dass der Bau nach der Bombardierung durch Alliierte eine Ruine hinterlassen hat, „muss zum Mittelpunkt unseres Denkens werden“, so Schorlemmer. Und drittens: Eine Wiedergutmachung gehe nicht, „man kann doch nicht Wunden heilen, die tödlich waren, und hinterher einen Prachtbau da stehen haben“, so der Theologe. Mahnzeichen: ja. Kirche: nein… Zum Bericht.

«Wir glauben, dass Teile dieser Materialien die geschriebene Geschichte widerlegen» – Alfred Rosenbergs Tagebücher

Am 16. Oktober 1946 wurde Alfred Rosenberg in Nürnberg hingerichtet. Er blieb bis zuletzt überzeugter Anhänger einer mörderischen Weltanschauung, die er selbst in Worten und Untaten mitgeprägt hatte. Sein 1930 erschienenes Buch «Der Mythus des 20. Jahrhunderts» erreichte eine Millionenauflage. Nun sind in den Vereinigten Staaten Tagebücher von «Hitlers Weltanschauungschef», wie ihn die Anklage nannte, aufgefunden worden. Sie galten nach den Nürnberger Prozessen als verschollen; möglicherweise hatte sie der stellvertretende Chefankläger, Robert Kempner, an sich genommen. Offenbar verspricht man sich neue Erkenntnisse nicht geringen Ausmasses: «Wir glauben, dass Teile dieser Materialien die geschriebene Geschichte widerlegen», gab der Archivar Henry Mayer vom Holocaust-Museum zu Protokoll, ohne allerdings Näheres zu verraten. zum Artikel

„Man weiß, dass ich niemanden fürchte“ – Rezension

Häufig reduziert sich der Kirchenkampf auf die organisatorische Ebene der Bekennenden Kirche gegen die Deutschen Christen. Hinter diesen Großgewichten geraten dann die einzelnen Pfarrer und ihre Gemeinden in Vergessenheit. Doch in seinem Buch „Man weiß, dass ich niemanden fürchte“ beschreibt Hans-Heinrich Herwig das Schicksal eines Pfarrers. Karl Grain (1881-1957) war Pfarrer in Arheiligen bei Darmstadt. Obwohl Grain tief in wichtigen Theologenfamlien verwurzelt ist und seine Loyalität zum Staat anfangs nicht hinterfragt wird, kommt für ihn eine Unterordnung unter einen Reichsbischof von Hitlers Gnaden nicht in Frage.

Hans-Heinrich Herwig lässt in dieser Biographie seinen Schwiegergroßvater oft selber in Zitaten zu Wort kommen. Damit gelingt es die Geschichte eines Pfarrers uns seiner Gemeinde zu erzählen. Solidarität, Unterstützung und Konflikte sind keine Politik, sondern das Leben mit der Gemeinde vor Ort.

„Märtyrer des Reiches Gottes“

Paul Gerhard Schoenborn, Studien zu Dietrich Bonhoeffer
Von Friedrich Grotjahn

Wer sich heute mit Bonhoeffer befasst, begibt sich in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, in eine ferne Welt, in eine untergegangene Kultur, Gesellschaft, Politik und Kirche“, schreibt Paul Gerhard Schoenborn am Schluss seiner „Studien zu Dietrich Bonhoeffer“. Das ist richtig. Andererseits, so fern können diese Welt und dieser Mann gar nicht sein, wenn Schoenborn im Jahre 2012 einen Aufsatzband über ihn herausbringt, in dem Bonhoeffers Aktualität auf nahezu jeder Seite zu spüren ist.

Starker Tobak!

Günter Brakelmann: Evangelische Kirche im Entscheidungsjahr 1933/1934: Der Weg nach Barmen – Ein Arbeitsbuch: Band 5 der Schriftenreihe „Zeitansage” des Evangelischen Forums Westfalen und der Evangelischen Stadtakademie Bochum, LIT-Verlag, Berlin 2010, 395 Seiten, 49,99 Euro, ISBN 3-643-10686-5

Brakelmanns „Barmen Buch” schlägt einen anderen Weg ein als die meisten Veröffentlichungen über die erste Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) vom 29. bis 31. Mai 1934 in Wuppertal-Barmen. Für gewöhnlich beschäftigt man sich vor allem mit der damaligen binnenkirchlichen und theologischen Situation. Man exegesiert und würdigt die Barmer Theologische Erklärung (BThE) als theologisches Dokument. Man stellt die Auseinandersetzungen um deren Inhalt und Stellenwert dar und versucht ihre ökumenische Ausstrahlung von damals bis heute aufzuweisen.

Der Bochumer Sozialethiker und Zeitgeschichtler hingegen stellt Synode und theologische Erklärung in den Rahmen der innen- und kirchenpolitischen Entwicklung der 16 Monate seit Hitlers Machtübernahme: Wie vollzog sich in dieser Zeit der politische und gesellschaftliche Aufbau des Dritten Reiches? Welche grundlegenden Veränderungen im Rechtssystem fanden statt? Wie war die evangelische Kirche, der damals noch zwei Drittel der Deutschen angehörten, in die Dramatik dieser Monate verflochten? Wie stellte sich der Protestantismus zu den revolutionären Veränderungen in Staat und Gesellschaft? Denn die evangelische Kirche musste, so Brakelmann, „ihre kirchenpolitische und kirchenrechtliche Position zum NS-System formulieren und ihre Mitverantwortung für den inneren, den religiösen und sittlichen Aufbau eines Gemeinwesens neuen Typs bestimmen.” (Seite 7). Zur Rezension

„Emotional gleichgeschaltet“

Vor 80 Jahren kapitulierte der deutsche Katholizismus: Zwar waren die christlichen Werte zu sentimental für den Männlichkeitswahn der Nationalsozialisten. Aber ihre rigide Moral kam vielen entgegen. Die Kirche bewahrte ihre Unabhängigkeit, schwieg aber meist zu Vernichtungskrieg und Völkermord.

zum Artikel