Archiv der Kategorie:
Kirchenmitglieder

Was die Kirche vom Fernsehen lernen kann II: Die Geiselhaft der Quote

Das Fernsehen vereint momentan extreme Gegensätze, die nebeneinander existieren. Biedere Konzepte, die sich in Dauerschleifen wiederholen und kreative, mitreißende, neue Stoffe. Auf der einen Seite kaputtgesparter Diletantismus und auf der anderen große Investitionen mit hoher Qualität.

Es gibt strukturelle Gründe warum sich das Fernsehen parallel unterschiedlich entwickelt. Dabei lassen sich interessante Parallelen zur Lage der Kirche ziehen. Es zeigt sich, das die Kirche die Wahl hat, welchen Kurs sie einschlagen. Daher lohnt der Blick auf das Fernsehprogramm.

In einer Serie werden  9 in Einzelartikeln dargelegte Thesen zur Zukunft von Kirche und Fernsehen entfaltet. Hier sind wir also beim 2. Beitrag .

  1. Qualität kostet Geld
  2. Die Quote ist eine Form der Geiselhaft
  3. Man muss seinem Produkt vertrauen
  4. Gebt den Kreativen die Macht
  5. Es gibt eine Sehnsucht nach großen Erzählungen
  6. Die feste Programmierung ist ambivalent
  7. Erfolg ist da, wo man ihn nicht sucht
  8. Wer seine Kunden/Gemeinde kennt hat Erfolg
  9. Versprechen Sie keine Wunder

Die Gefangenschaft der Quote

Im Zeitalter des öffentlich-rechtlichen Staatsfunks interessierte die Quotejahrzehntelang nicht. Erst seit dem Erstarken der privaten Fernsehsender ist die Quote eine relevante Größe. Sie liefert eine scheinbar objektive Zahl, den Wert der käuflichen Werbeblöcke zu ermitteln.

Zahlen gelten als objektiv und wissenschaftlich und lassen sich hervorragend vergleichen. Jeder weiß, dass vier Millionen mehr sind als drei Millionen.

Wie wenig die Quote mit Wissenschaft und Objektivität zu tun hat, zeigt sich an der Messmethode. Da lange Zeit RTL, Sat1 und Co gegenüber ARD und ZDF im Nachteil waren, wurde die „werberelevante Zielgruppe“ eingeführt. Gemessen werden nur ZuschauerInnen zwischen 14 und 45 Jahren, da jüngere ZuschauerInnen tendenziell das Privatfernsehen schauen. Da die Reichweite in der Zielgruppe sinkt, wird die Neudefinition der „werberelevante Zielgruppe“ diskutiert. Die Quote folgt also eng begrenzten Zielen und manipuliert damit die Wahrnehmung.

Unsäglicher Weise haben sich die öffentlich- rechtlichen Sender der Quote und ihrem Druck angeschlossen. Seit dem ist die Quote das goldene Kalb um das fast jeder Fernsehschaffende tanzt. Für ARD und ZDF ergibt es wenig Sinn sich der Quote auszuliefern. Am offensichtlichsten haben sie kaum Werbezeit zu verkaufen. Aber am wichtigsten: Ihr Auftrag ist keine große Reichweite sondern die Grundversorgung an Bildung, Kultur und Unterhaltung. Dieser Auftrag alleine rechtfertigt eine bundesweite Zwangsabgabe aller Haushalte. Ob das öffentlich rechtliche Fernsehen diesen Auftrag erfüllt, lässt sich also an der Quote nicht erkennen. Besser wäre es Befragungen dergestalt durchzuführen:

Hatte die Berichterstattung im Fernsehen einen Einfluss auf die letzte Wahlentscheidung?

Half das Fernsehen komplexe politische Zusammenhänge zu verstehen?

Wann habe ich Neues vom Fernsehen gelernt?

Die Geiselhaft der Quote beginnt in dem Moment, wo sie das Programm diktiert. Obwohl sie unfähig ist die Erfüllung des Auftrags zu erfüllen, wird das gesamte Programm nach ihr ausgerichtet. Gesendet werden keine interessanten Dokumentationen, sondern Checks in denen Trivialwissen der ZuschauerInnen bestätigt wird. Der Sport wird durch König Fußball dominiert und die politische Berichterstattung findet in boulevardesken Talkshows statt, in denen sich die gleichen Leute mit den selben Phrasen nicht zu Wort kommen lassen.

Die Quote verhindert jegliche Änderung. Sobald die ZuschauerInnen nicht das gewohnte Programm vorgesetzt bekommen, bleiben sie fern. Während neue ZuschauerInnen nicht von Beginn an bemerken, wenn gutes im Programm versteckt wurde. Das Diktat der Quote geht so weit, dass sich Schauspielerin Iris Berben beschwerte, dass sie in Deutschland nur drehen können, wenn Geranien blühen. Sonst befürchten die Sendechefs, dass die Quote ausbleibt.

Die Kirche könnte aus der Geiselhaft der Quote lernen. Zuerst müsste sie sich selber aus der Geiselhaft ihrer Statistiken befreien. Wenn die EKD im Impulspapier „Kirche der Freiheit“ fordert die Quote der GottesdienstbesucherInnen mehr als zu verdoppeln, befindet sie sich schon in deren Geiselhaft. Dabei sagt die Zahl der Gottesdienstbesucher nichts über den Erfolg der Verkündigung aus. Selbst wenn mehr Menschen einen Gottesdienst besuchen, kann durch de Anpassungen dafür gesorgt werden, dass weniger Impulse mitnehmen oder sich in ihrem Glauben bestätigt fühlen. Genau wie ARD und ZDF benutzt die Kirche quantitative Statistik, während eine qualitative Auswertung ihrem Auftrag eher entspricht. Damit setzt die Kirche Anreize für ein quantitatives Wachstum. Wie ich letzte Woche geschrieben habe, hat die Kirche auch ein qualitatives Problem. Es ist nicht Absicht von „Kirche der Freiheit“ auf Kosten der Qualität zu wachsen. Dennoch begibt sich die Kircheauf ein gefährliches Terrain., wenn sie auf die falschen Zahlen schaut oder schauen lässt. 

Ebenso sind die quartalsmäßigen Zahlen der Kirchenaustritte zu betrachten. Es ist schmerzhaft trotz einem fast universalen Anspruch Mitglieder zu verlieren. Auf die Verluste zu schauen lähmt alle Beteiligten. Die neueste Mitgliederbefragung hat einen Schritt in eine gute Richtung getan. Statt auf die Mitgliederstatistik zu schauen, sollte in den Fokus rücken, wo Kirche ihrem Auftrag gerecht wird. Die Bindung an die Kirche liegt in großem Maßen an der Qualität der persönlichen Begegnung. Die gilt es auszubauen. Die ist aber kaum messbar.

Ein Blick auf diese Statistiken ist zuerst schmerzlich. Wie viele Mitglieder kann die Kirche nicht erreichen? Alle werden es niemals sein. Das schaffen auch nicht die Gewerkschaften, Parteien, Vereine oder das Fernsehen. „Wachstum gegen den Trend“ muss hier anfangen. Es muss ein neuer Trend einer offenen persönlichen Kirche gestartet werden. Leuchttürme können gegen den Trend wachsen. Eine einige Kirche in denen motivierte verantwortliche Personen an der Qualität arbeiten kann einen Trend setzten. Ob das zu einem Wachstum bei den Mitgliedern führt mag ich bezweifeln. Aber diese Statistik interessiert mich nicht als Mitglied und Akteur in der Kirche. Die Momente, wo ich für eine Person im richtigem Moment Dasein kann sind wichtiger als die Reichweite meiner Veranstaltung. Wer der Versuchung falscher Statistiken widersteht, kann den Weg zu wirklichen Reformen finden.

Reformern sind genau das Stichwort für nächste Woche. Dann geht es darum, warum man seinem eigenen Produkt vertrauen muss. Ich werde zeigen, wie panische Reformanstrengungen und immer wieder neues Gegensteuern einen negativen Sog aufbauen. Auch das kann Kirche vom Fernsehen lernen.

Konfessionslose – Residual des Christentums oder Stütze des neuen Atheismus ? von Prof. Gert Pickel

Abstract
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Entwicklung der Konfessionslosigkeit in Deutschland und seinen Gründen. Mittels empirischer Belege wird bestimmt, welche Typen der Konfessionslosigkeit existieren und inwieweit sie Ausdruck eines ‚Neuen Atheismus‘ oder aber exemplarisch für einen eher unspektakulären sozialen Bedeutungsverlust von Religion sind. Konfessionslose erweisen sich dabei als eine plurale Gruppe mit teils divergierenden Interessen. Nur ein Teil sind überzeugte Atheisten, öfter handelt es sich um Menschen, bei denen Religion schon lange keine bedeutende Rolle im Lebensalltag mehr spielt. In dieser Hinsicht sind sie ein Kennzeichen der in modernen Gesellschaften voranschreitenden Säkularisierung. Selbst wenn Konfessionslose nicht unbedingt ‚religiös unmusikalisch‘ sein müssen, bereiten sie durch den von ihnen vollzogenen Traditionsabbruch (religiöses Wissen, religiöse Riten) die Grundlage für eine weiter gehende Säkularisierung und Distanzierung vom Christentum.

Aus dem Artikel:

… Wenden wir uns noch einmal etwas genauer der deutschen Entwicklung zu. Hier muss man zwischen West- und Ostdeutschland unterscheiden…Anders als erhofft, kamen die 1970 einsetzenden Verlustbewegungen der beiden westdeutschen Großkirchen somit bis heute nicht zum Halt…

Diese Erosionsprozesse der Mitgliedschaft in den beiden christlichen Großkirchen drücken sich sozialstrukturell in Altersdifferenzen hinsichtlich der Mitgliedschaften aus: So ist die Zahl der Konfessionslosen in den jüngeren Alterskohorten deutlich höher als in den älteren Alterskohorten. Damit wird auch etwas über die zeitliche Entwicklung ausgesagt und damit über ihre Folgen und die Zukunft: Es handelt sich bei der Zunahme der Konfessionslosigkeit um einen generationellen Wandel. In jeder nachwachsenden Generation finden sich in geringerer Stärke Kirchenmitglieder und in größerer Zahl Konfessionslose. Eine Umkehrung dieser Entwicklung erscheint angesichts der hohen Stabilität dieses Prozesses unwahrscheinlich. Auffällig ist dabei, dass die höchste Zahl der Konfessionslosen in der Altersgruppe zwischen 20 und 40 zu finden ist. Doch Hoffnungen auf jugendliche Kirchrückkehrer sind verfrüht…

…So ist unter den Konfessionslosen auch die Zahl derjenigen, welche einen jugendkulturellen oder hochkulturell-jugendkulturellen Lebensstil verfolgen, erheblich über dem bei evangelischen Kirchenmitgliedern. Gerade die Kombination aus höherer Bildung und Jugend erweist sich für die Abwendung von der Kirche als ungünstige Mischung…

Zweifelsohne kann die Säkularisierung mit dem damit einhergehenden Abbruch religiöser Sozialisation für diese Entwicklung verantwortlich gemacht werden. Doch andere Begründungen sind damit nicht vollständig ausgeschlossen. Und wie stark ist die Abneigung oder Ablehnung gegenüber der Kirche ausgeprägt? Entsprechend stellt sich die Frage, mit welchen Typen von Konfessionslosen man es zu tun hat…

Der vollständige Text im Netz.

Buchhinweis: Unter dem Titel „Konfessionslosigkeit heute“ erschien 2014 der Sammelband einer interdisziplinären Tagung internationaler Wissenschaftler in Jena 2013. Hrsg. Miriam Rose und Michael Wermke. Neben den Herausgebern finden sich Beiträge von Prof. Uta Pohl-Patalong, Prof. Michael Domsgen, Prof. Gert Pickel u.a.

Was die Kirche vom Fernsehn lernen kann I: Qualität kostet Geld

Das Fernsehen vereint momentan extreme Gegensätze, die nebeneinander existieren. Biedere Konzepte, die sich in Dauerschleifen wiederholen und kreative, mitreißende, neue Stoffe. Auf der einen Seite kaputtgesparter Diletantismus und auf der anderen große Investitionen mit hoher Qualität.

Es gibt strukturelle Gründe warum sich das Fernsehen parallel unterschiedlich entwickelt. Dabei lassen sich interessante Parallelen zur Lage der Kirche ziehen. Es zeigt sich die Kirche hat die Wahl welchen Kurs sie einschlägt. Es lohnt sich daher das Fernsehprogramm genauer zu betrachten.

In einer Serie werde ich 9 Thesen zur Zukunft von Kirche und Fernsehen besprechen.

  1. Qualität kostet Geld
  2. Die Quote ist eine Form der Geiselhaft
  3. Man muss seinem Produkt vertrauen
  4. Gebt den Kreativen die Macht
  5. Es gibt eine Sehnsucht nach großen Erzählungen
  6. Die feste Programmierung ist ambivalent
  7. Erfolg ist da, wo man ihn nicht sucht
  8. Wer seine Kunden/Gemeinde kennt hat Erfolg
  9. Versprechen Sie keine Wunder

Qualität kostet Geld

In Europa scheint es eine Antwort auf die überall grassierende Krise zu geben: Sparen. Doch der Sparreflex führt noch tiefer in eine Krise hinein.

Auch das Fernsehen in Deutschland leidet unter den Nachwirkungen der Bankenkrise. Die Werbeeinahnen für die privaten Sender gingen zurück. Die Sendechefs fanden eine Lösung nach europäischer Manier. Das Programm musste so billig werden, dass selbst bei sinkenden Werbeeinahnen keine Verluste entstehen. Gespart wird vor allem an der Qualität. So verzichtet das Fernsehen auf früher selbstverständliche Handwerker im Produktionsprozess. Statt SchauspielerInnen treten Laien auf und Berufsgruppen wie Beleuchter, Tontechniker und Requisiteure sind nicht eingebunden. Das Produkt ist eine Mischung aus Dilettantismus und Überdramatisierung, die ich keine zehn Minuten ertrage.

Das Fernsehen verkauft es als lebensnaher und freut sich, dass jede Werbung die Produktionskosten trägt. Das Zuschauer seit Jahren fern bleiben, erklären die Programmchefs mit den geänderten Sehgewohnheiten und dem Internet.

Ein zweites Problem ist durch die Struktur gegeben. Es geht nicht mehr um die Quote oder den Marktanteil, sondern um die Rendite. Das wirtschaftliche Denken ist extrem kurzfristig veranlagt. Die Gewinnerwartung von heute ist wichtiger als die Kundenbasis von morgen. Die große Mehrheit der privaten Fernsehsender gehören Investoren, die wollen von fast jedem Programmplatz etwa 15% Rendite erwarten. Im Jahr kommen gut 300 Millionen zusammen, die dem Fernsehen entzogen werden.

In den USA hat sich zum Glück seit längerem ein alternatives System etabliert. Dort hat das Bezahlfernsehen einen wesentlich größeren Marktanteil. Zuschauer zahlen monatlich einen Betrag bekommen im Gegenzug werbefrei ihre Serien und Filme geliefert. Wer dort seine ZuschauerInnen mit niedriger Qualität vergrault, schadet sich kurz und langfristig. Alleine damit Menschen sich entscheiden für Fernsehunterhaltung freiwillig zu zahlen, muss das Programm unterhaltsamer sein als die kostenlose Konkurrenz. Gleichzeitig ist der Weg zu höheren Renditen zur Zeit die Expansion. Mehr ZuschauerInnen bedeuten mehr Einnahmen. Doch die werden nur ein Abonnement abschließen, wenn die Produkte qualitativ überzeugen.

Die Bezahlsender in den USA haben daher keine Alternative zu spannender und hochwertiger Unterhaltung. Und man hat verstanden, dass sich dieses Ziel nur mit einem entsprechendem Aufwand erreichen lässt. Eine Staffel der viel gelobten Serien kostet um die 100 Millionen Dollar. Eine einzelne Folge spielt finanziell in einer Liga mit unserem Tatort.

Der Erfolg gibt diesem Modell Recht. Viele Serien können ihre Investitionskosten wieder einspielen und werden in den KritikerInnen gelobt.

Natürlich gibt es mehrere Faktoren, die den Erfolg vieler neuen Dramaserien erklären. Aber die Qualität ist ein bedeutender Anteil.

Für die Kirche lässt sich auch schon aus den finanziellen Aspekten lernen. Sparprogramme, die an der Qualität ansetzen führen zu einer schlechteren Bindung der Kunden. Dieses erkrankte System kann sich eine Weile lang dennoch durch seine marktbeherrschende Struktur durchsetzen. Die wachsende Masse der Unzufriedenen birgt dann aber ein hohes Wechselpotential. Im Fernsehen zeigt sich das schon lange am Erfolg von Streamingdiensten, wie Netflix, Maxdome oder Amazone Prime. Die Momentanen Einsparungen für die Pensionsfonds saugen an vielen Orten benötigtes Geld aus dem System. Natürlich muss auch für die Pensionsansprüche vorgesorgt werden. Die Landeskirchen drohen nicht nur Verluste bei Mitgliedern mit geringer Kirchenbindung. Auch die bisher stark mit der Kirche verbundenen können mit entsprechender Enttäuschung zu dem Heer der Wechselwilligen wachsen. Schon jetzt sind evangelikale eine ernstzunehmende Alternative. Rhetorisch gut geschulte Prediger, eigene Bands und hervorragend geplante Events wirken auf viele ChristInnen anziehend. Zeit und Persönliche Ansprache bewegen viele dafür freiwillig mehr als nur die Kirchensteuer zu investieren.

Der Ansatz der Bezahlsender lässt sich nicht auf die ganze Kirche übertragen. Das Potential der unzufriedenen Engagierten kann dennoch konstruktiv genutzt werden. Dazu muss aber den kleinsten Einheiten den Gemeinden mehr Autonomie zugestanden werden. Investitionen in Qualität und Angebote müssen für die Interessierten ermöglicht werden.

Dagegen kann man einwenden, dass es zu einer Zweiklassenkirche führt, in der Leistungen gegen Geld oder Zeit erbracht werden. Doch streng genommen gibt es schon immer eine solche Spaltung. Einige ChristInnen nehmen schon jetzt nur die Kasualien und wenige Festgottesdienste in Anspruch, während andere mehr Angebote wahrnehmen.

Wichtig ist, dass es keine absolute Bezahlschranke geben darf. Zusätzlich ermöglichte Leistungen dürfen keine Exklusivität werden. Das einzige Kriterium für eine Bezahlkirche muss sein, dass es auch der Allgemeinheit zu Gute kommt. Genau wie das Bezahlfernsehen neue Impulse setzen kann und damit allen anderen Programmen zu gute kommt, muss auch die Kirche es verstehen die Arbeitsergebnisse zu demokratisieren.

Gleichzeitig muss die Kirche sich auf die Qualität ihrer Arbeit konzentrieren. Die Kirchensteuern nehmen fünf Milliarden ein. Damit lassen sich unsere Landeskirchen mehr mit den öffentlich Rechtlichen, als mit Privatfernsehsendern vergleichen. Beide haben einen Auftrag, der die allgemeine Finanzierung rechtfertigt. ARD, ZDF und die Dritten sollen ein ausgewogenes Programm mit Unterhaltung und Information für alle bereitstellen. Der Auftrag der Kirche ist es zu verkündigen. Diese Basisleistungen müssen qualitativ gut abgedeckt werden. Sonst ziehen Kirche und öffentlich rechtliche sich die Grundlage ihrer allgemeinen Abgabe unter den Füßen weg.

Wenn ich im Kino oder bei einem Bezahlsender gerne für Filme bezahle, dann ist es weil ich ein gutes zusätzliches Angebot wahrnehme und unterstütze. Viele tolle Filme werden nur dann prouziert, wenn sie im Kino, Fernsehen oder Internet auch Personen finden, die bereit sind dafür zu bezahlen. Diese Plattformen sind wichtig zur Entwicklung neuer Ideen und Konzepte. Es ist nur schade, wenn sie dann das große Fernsehen nicht übernehmen will.

Auch in der Kirche gäbe es Räume um mit qualitativen Innovationen zu experimentieren. Wenn eine Gemeinde die Ressourcen und die Ideen hat, sollte sie damit experimentieren können. Neue Formen der Verkündigung, der Gemeinschaftspflege, der Öffentlichkeitsarbeit werden ausprobiert. Laden Sie nur alle dazu ein und das wichtigste: Teilen Sie die Erfahrungen und Impulse mit den anderen Gemeinden. Kulturell erschaffene Werte wachsen, wenn man sie teilt!

Wenn Sie sich mit dem Thema Fernsehen etwas befasst haben, werden Sie feststellen, dass meine Argumentation die öffentlich rechtlichenaußen vorlässt. Hier gibt es trotz Krise kein Problem mit der Finanzierung. Der Rundfunkbeitrag erwirtschaftet etwa 7,5 Milliarden €. Dennoch gibt es auch viel Schrott. Darauf und was die Kirche lernen kann gehe ich nächste Woche in „Die Gefangenschaft der Quote“ ein.

US-amerikanische Gemeinden im Wandel. Erweiterte Zusammenfassung der 3. nationalen Gemeindestudie.

Die ethnische Vielfalt in amerikanischen Gemeinden nimmt zu, ebenso die Akzeptanz von Schwulen und Lesben. Zu diesem Ergebnis kommt die dritte Nationale Gemeindestudie der USA.  Zugleich geht die Anzahl der Gemeinde- und Kirchenmitglieder insgesamt zurück.

Die Studie zeigt freilich allein die inneramerikanische Entwicklung der Gemeinden. Spannend(er) wäre der Vergleich der amerikanischen mit europäischen bzw. deutschen Situation. Diesen Vergleich kann man sich anhand der hier für die einzelnen Untersuchungsthemen genannten Ausgangswerte selbst erschließen.

Wandel der amerikanischen Gemeinden: Ergebnisse der dritten Nationalen Gemeinde-Studie der USA

Zusammenfassung

Die dritte US-amerikanische Nationale Gemeindestudie (National Congregations Study, NCS) wurde 2012 durchgeführt. Im Rahmen des General Social Servey wurden gläubige Teilnehmer gebeten, ihre Gemeinde zu nennen, um ein repräsentatives nationales Profil der Gemeinden über das gesamte religiöse Spektrum hinweg zu erhalten. Daten über diese Gemeinden wurden durch 50-minütige Interviews mit je einem Haupt-Informanten von insgesamt 1.331 Gemeinden gesammelt. Dabei wurden Informationen über verschiedene Aspekte der sozialen Zusammensetzung, der Struktur, der Aktivitäten und der Programmgestaltung der Gemeinden ermittelt. Etwa zwei Drittel des Fragebogens wiederholt Fragen, die bereits in der ersten und zweiten Studie (d.h. 1998 und 2006/07) gestellt wurden. Entsprechend ihrer geographischen Lage wurde jeder Gemeinde ein Code zugeteilt, und ausgewählte Daten der US-Volkszählung 2010 und des American Community Servey wurden ergänzt. Wir beschreiben die Methodik der dritten Nationalen Gemeindestudie und nutzen das gesamte NCS-Datenset (das 4.071 Fälle beinhaltet), um fünf Trends zu beschreiben: mehr ethnische Vielfalt, höhere Akzeptanz von Schwulen und Lesben, zunehmend informelle Gottesdienst-Stile, abnehmende Gemeindegröße (jedoch nicht aus Perspektive des durchschnittlichen Gemeindemitglieds) sowie abnehmende Kirchenmitgliedschaft.

Die zunehmende ethnische Vielfalt zeigt sich daran, dass der Anteil derjenigen Befragten, in deren Gemeinden keine ethnische Gruppe allein mehr als 80 Prozent der Mitglieder stellt, von 15,3 Prozent (1998) auf 19,7 Prozent (2012) angestiegen ist. Die steigende Vielfalt lässt sich außerdem daran festmachen, dass der Anteil derjenigen, die ausschließlich „weiße“ Gemeinden besuchen, seit 1998 um etwa die Hälfte auf nunmehr 11 Prozent gesunken ist. Interessanterweise gibt es keinen entsprechenden Anstieg an ethnischer Vielfalt in vorwiegend „schwarzen“ Gemeinden.

Inwieweit die Akzeptanz von Schwulen und Lesben in den Gemeinden angestiegen ist, wurde durch zwei Fragen ermittelt: Können in homosexuellen Beziehungen lebende Menschen vollwertige Gemeindemitglieder sein (hier stieg der Anteil der Ja-Antworten von 2006 bis 2012 von 37,4 auf 48 Prozent)? Und können sie ehrenamtliche Leitungsfunktionen übernehmen (hier stieg der Anteil an Ja-Antworten im gleichen Zeitraum von 17,7 auf 26,4 Prozent)?

Dass der Trend zudem in Richtung informeller Gottesdienstgestaltung geht, zeigt der steigende Anteil derjenigen, die Gottesdienste besuchen, in denen Schlagzeug gespielt, gesungen, geschrien, getanzt wird, in denen die Hände zum Lob erhoben werden, in denen (Video- oder Bild-)Projektionen eingesetzt werden, Menschen einander während des Gottesdienstes grüßen oder in denen in Zungen geredet wird.

Die Studie ergab außerdem, dass die Gemeindegröße im Schnitt abnimmt. So lag der Mittelwert an Personen, die aktiv in einer Gemeinde engagiert sind, 2006 bei 150, 2012 nur noch bei 135 Personen. Interessanterweise hat sich die Gemeindegröße aus der Perspektive des durchschnittlichen Gemeindemitglieds im gleichen Zeitraum vergrößert. Dies liegt daran, dass mehr Kirchgänger sich in wenigen großen Gemeinden konzentrieren, als dies zur Zeit der vorherigen Erhebnungen der Fall war.

Ein weiterer Trend zeigt, dass immer mehr Gemeinden nicht formal an eine bestimmte Kirche angeschlossen, sondern selbstständig sind. Dies war 1998 für 18 Prozent der untersuchten Gemeinden der Fall, 2012 traf es für 24 Prozent zu.

„Ohne Kirchenbindung verkümmert Glaube an Gott“. Prof. Detlef Pollack zur 5. KMU (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung)

Religionssoziologe Detlef Pollack zur Lage der evangelischen Kirche in Deutschland – Experten werten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung Anfang April in Münster aus
Pressemitteilung des Exzellenzclusters vom 26. März 2014. Zur Quelle.

Wandel der amerikanischen Gemeinden: Ergebnisse der dritten Nationalen Gemeinde-Studie der USA

Zusammenfassung (eigene Übersetzung WM)

Die dritte US-amerikanische Nationale Gemeindestudie (National Congregations Study, NCS) wurde 2012 durchgeführt. Im Rahmen des General Social Servey wurden gläubige Teilnehmer gebeten, ihre Gemeinde zu nennen, um ein repräsentatives nationales Profil der Gemeinden über das gesamte religiöse Spektrum hinweg zu erhalten. Daten über diese Gemeinden wurden durch 50-minütige Interviews mit je einem Haupt-Informanten von insgesamt 1.331 Gemeinden gesammelt. Dabei wurden Informationen über verschiedene Aspekte der sozialen Zusammensetzung, der Struktur, der Aktivitäten und der Programmgestaltung der Gemeinden ermittelt. Etwa zwei Drittel des Fragebogens wiederholt Fragen, die bereits in der ersten und zweiten Studie (d.h. 1998 und 2006/07) gestellt wurden. Entsprechend ihrer geographischen Lage wurde jeder Gemeinde ein Code zugeteilt, und ausgewählte Daten der US-Volkszählung 2010 und des American Community Servey wurden ergänzt. Wir beschreiben die Methodik der dritten Nationalen Gemeindestudie und nutzen das gesamte NCS-Datenset (das 4.071 Fälle beinhaltet), um fünf Trends zu beschreiben: mehr ethnische Vielfalt, höhere Akzeptanz von Schwulen und Lesben, zunehmend informelle Gottesdienst-Stile, abnehmende Gemeindegröße (jedoch nicht aus Perspektive des durchschnittlichen Gemeindemitglieds) sowie abnehmende Kirchenmitgliedschaft.

Marktanteile als Maßstab, schrumpfende Mitgliederzahlen als Alarmzeichen?

von Barthel Schröder am 7. Oktober 2013

Markanteile als Maßstab für die Effizienz der Hierarchie-Stufen
…Alle Alarmglocken läuten in Unternehmen, wenn Marktanteile verloren gehen, oder das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen sinkt. Die Erfahrung zeigt, dass eine Rückgewinnung des Ansehens und eine Wiedereroberung von verloren gegangenen Marktanteilen ungleich schwieriger zu realisieren ist, als ein rechtzeitiges Gegensteuern.

Schrumpfende Mitgliederzahlen und schwindende gesellschaftliche Bedeutung lösen hingegen in der Kirche keine verstärkten Aktivitäten aus. Der Wechsel von jährlich 18 Millionen Katholiken in Brasilien zu den Pfingstkirchen, so die Zeitschrift „Stimmen der Zeit“, weil deren Gemeinden in der Nachbarschaft und ihre Seelsorger direkt erreichbar sind, bereitet erkennbar keine schlaflosen Nächte. Wird nicht der Mut der Pastoralbriefe aufgebracht, bewährte Verwaltungsstrukturen und Entscheidungsabläufe zur Bewältigung der aktuellen Kirchenkrise zu nutzen, und wird weiterhin mit Hilfe einer phantasielosen Bürokratie nur der Untergang verwaltet, werden die Gemeinden bei weiter sinkenden Mitgliederzahlen zu unbedeutenden Minderheiten in einer konfessionslosen, säkularen Gesellschaft werden und damit ihrer Aufgabe, Salz und Licht zu sein, nicht gerecht mehr werden können…. Zum Beitrag bei futur2

Zwischen Entdifferenzierung und Selbstimmunisierung. Eine kritische Analyse der fünften Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung.

Von Georg Raatz, Dt. Pfarrerblatt 10/2014

Läutet die 5. Kirchenmitgliedschaftsstudie das Ende des »liberalen Paradigmas« ein, demzufolge neben der kirchlichen auch eine außerkirchliche Religiosität innerhalb der Volkskirche ausgemacht werden kann? Oder verschwindet jenseits von erklärter Kirchenbindung alles im Nebel »religiöser Indifferenz«? Oder immunisiert sich hier ein eng gefasstes Verständnis von Kirche gegen die Kritik aus den eigenen Reihen? Georg Raatz hegt Zweifel an der »offiziellen« Deutung der Ergebnisse der Studie... Zum Artikel.

Unternehmer und Christ. Zum Tod von Heinz-Horst Deichmann

04.10.14, Von Christoph Stehr, wdr

Selbstdisziplin, Bescheidenheit im Privaten und Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Gesellschaft prägten Heinz-Horst Deichmann. Er hat das elterliche Geschäft zur größten Schuhhandelskette Europas aufgebaut. Am Donnerstag (02.10.2014) starb der 88-Jährige in Essen…

Kooperativer Führungsstil

Den Antrieb für seine karitative Arbeit schöpft Deichmann aus dem christlichen Glauben. In seinem Elternhaus wird zu jeder Mahlzeit gebetet und täglich aus der Bibel vorgelesen. „Der Ruf Gottes trifft einen auch als Unternehmer“, sagt Deichmann. Seine Mitarbeiter sollten gern für ihn arbeiten, denn „sie gehören zum Unternehmen genauso wie der Unternehmer“. Früher als andere Firmen gibt sich die Schuhhandelskette einen „Ehrenkodex“, der einen partnerschaftlichen Führungsstil vorgibt, aber auch faire Arbeitsbedingungen… Zum Arrtikel.

Entscheidend ist der Pfarrer vor Ort. Von Prof. Enno Bünz

Prof. Dr. Enno Bünz, Leipzig. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Leserbrief in der SZ vom 06.10.14, S.15 zum Thema „Pfarrreifusionen – Schwere Last für die Kirchen“

„Dieses vehemente Plädoyer, die Kirche im Dorf zu lassen, habe ich mit großer Zustimmung gelesen. Das Gotteshaus vor Ort ist weit über die rein kirchliche Funktion hinaus ein identitätsstiftender Faktor, und dazu gehört ein Blick in die Geschichte, der bei Henkel zu kurz kommt. Theodor Fontane hat einmal treffend geschrieben, nur die Dorfkirchen „stellen sich uns vielfach als die Träger unserer ganzen Geschichte von Pfarreien dar“. Nicht nur in der Mark Brandenburg umspannen die alten Kirchengebäude mit ihrer historischen Ausstattung vielfach die gesamte Ortsgeschichte von der Dorfgründung bis zur Gegenwart. Bei den vielen dörflichen Kirchengründungen seit dem Mittelalter ging es keineswegs nur darum, ein Kirchengebäude zu errichten, sondern ebenso wichtig war es, den Pfarrgeistlichen dauerhaft zu finanzieren. Dafür musste mit Landbesitz und Einkünften eine Pfründe ausgestattet werden. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ist das Pfründenwesen abgeschafft worden, und die Pfarrer (katholische wie evangelische) wurden zu Gehaltsempfängern der Bistümer oder Landeskirchen. Die Einführung der Kirchensteuer schuf dafür Grundlagen und ermöglichte übrigens, dass die Pfarrer nun einheitlich besoldet wurden, während sie vorher als Pfründenbezieher von Ort zu Ort recht unterschiedliche Einkommenssituationen vorfanden. Dieses System der Kirchenfinanzierung hatte sicherlich seine Nachteile und Schattenseiten (arme und reiche Pfarrer), sorgte aber dafür, dass die Gemeinden ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten hatten als heute, wo über den Weg der (staatlich eingezogenen) Kirchensteuer ein Großteil der finanziellen Ressourcen nicht mehr vor Ort verbleibt. Vor diesem Hintergrund ist die Feststellung des Verfassers, „Amtskirche beseitigt Volkskirche“, besonders schmerzlich, denn die Amtskirche hat eine Verantwortung für die Kirche vor Ort.

Zur schonungslosen Analyse der heutigen kirchlichen Lage gehört allerdings auch der Befund, dass die Zahl der Priesterweihen in der katholischen Kirche seit über einem halben Jahrhundert massiv zurückgegangen ist und dass dieser Trend mittlerweile auch in der evangelischen Kirche wirkt. Zunehmend haben die Amtskirchen massive Probleme, alle Pfarrstellen zu besetzen. Dass die Kirchenbindung spürbar nachlässt, schlägt sich nicht nur in einer schwindenden Zahl von Berufungen nieder, sondern in einer immer geringeren Teilnahme der Gläubigen am kirchlichen Leben, auch auf dem Dorf, und in einer wachsenden Zahl von Kirchenaustritten in beiden Großkirchen. Darauf geht Herr Henkel in seinem pointierten Artikel nicht weiter ein.
Es geht aber nicht nur um das Gotteshaus auf dem Dorf, dem sich die Gemeinde verbunden fühlt, und es kommt auch nicht nur auf die lokalen kirchlichen Gremien an, in denen sich die Gemeindemitglieder engagieren können. Entscheidend ist der Pfarrer vor Ort, der das Wort Gottes verkündet und die Gläubigen anspricht. Das schafft Kirchenbindung. Wenn es darauf nicht mehr ankommt, reichen Fördervereine für die Erhaltung der Dorfkirchen.“