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2013_Juni/Juli Professionen im Umruch

Arbeits- und Leistungskontrollen in den Professionen (Thema des Monats)

Mit dem Eindringen des unternehmerischen Institutionenmodells verlieren die Professionen an Selbständigkeit. Ihre Fachkompetenz wird regelmäßiger Überprüfung unterzogen (s. Pfarrer, Lehrer), Verfahren mit dem Ziel der Leistungssteigerung werden etabliert (s. Lehrer). Bei Freiberuflern werden tatsächliche oder vermeintliche Normabweichungen ökonomisch sanktioniert (Ärzte).

 Arbeits– und Leistungskontrollen bei Pfarrern

Arbeits- und Leistungkontrollen bei Lehrern

Arbeits- und Leistungskontrollen bei Ärzten

Versetzbar oder unversetzbar? Zu einer zentralen Frage nicht nur der beruflichen Selbstbestimmung.

Zentrale Frage der beruflichen Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ist die Frage der Versetzbarkeit. Der Der Deutsche Richterbund sieht darin einen unzumutbaren Eingriff in die Rechte der Richter und formuliert ein kategorisches Nein.

Hingegen ist im Pfarrdienstgesetz der EKD die Versetzbarkeit stark aus der Sicht und den Bedürfnissen des Dienstherrn und nicht der Profession gestaltet. Teilweise heftige Kritik, wie etwa von Professorin Gisela Kittel, war die Folge (vgl. Vortrag beim Thüringer Pfarrverein)

Studie über Soziale Dienste: Beschäftigte zwischen Kostendruck und Anspruch an ihre Arbeit

Ob Pflege, Jugendhilfe oder Kindertagesbetreuung: Die sozialen Dienste leiden unter knappen Mitteln und wachsenden Aufgaben. Beschäftigte bringt das regelmäßig an die Grenze ihrer Belastbarkeit, zeigt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Vor allem in Pflegeberufen könnten schlechte Arbeitsbedingungen einen sich abzeichnenden Fachkräftemangel verschärfen.

Mehr als drei Millionen Menschen arbeiten laut Statistischem Bundesamt in Gesundheits-, Sozial- und Erziehungsberufen. Die Branchen, in denen sie tätig sind, stehen unter dem Druck einer zunehmenden Ökonomisierung: In den sozialen Diensten setze sich mehr und mehr eine Markt- und Wettbewerbslogik durch, schreiben Dr. Volker Hielscher, Lukas Nock, Sabine Kirchen-Peters und Kerstin Blass. Zur Studie.

Institutioneller Wandel und Generalmodell neoliberaler Organisationsreformen (Monatsthema)

 

Der Präsident des Fraunhofer Institut für Gesellschaftsforschung Wolfgang Streeck analysiert, dass die „Auflösung der Spannung zwischen Kapitalismus und Demokratie sowie die Etablierung eines dauerhaften Primats des Marktes über die Politik“ in erster Linie durch inkrementelle ‚Reformen‘ der politisch-ökonomischen Institutionen betrieben werden“. Diese Prozesse werden allseits als Bedrohung wahrgenommen. So kommentiert Andrian Kreye die aktuelle Lage in der Süddeutschen: „2013 geht es darum, die Vergangenheit zu bewahren…In Europa und Amerika ist das ein Kampf um die Errungenschaften des 20. Jahrhunderts.“ (SZ, 10.06., S.4).

Im Visier solcher die demokratischen Errungenschaften zerstörenden Prozesse ist zum einen der kulturelle Sektor (vgl. den Beitrag zum Handelsabkommen Tafta in dieser Ausgabe). Zum anderen und weitgehend im Verborgenen der Bereich, der bislang einen öffentlichen Auftrag des Gemeinwesens, die Garantie des Rechtswesens, der Gesundheit, der Bildung und der Religion zu erfüllen hatte. In dem genau diese jeweilige Aufgabenerfüllung im Vordergrund stand und ökonomische Fragen sekundär bleiben. In dem die professionelle Erfüllung der Aufgabenstellung dem Interesse des Gemeinwesens somit eng verbunden ist. In dem also die Identität der Professionen wenigstens mittelbar verbunden ist mit der demokratischen Grundordnung.

Mit den Institutionen sind also auch deren Protagonisten, die Professionen, im Visier der Reformer. Und mit dem Transformationsprozess geht ein Wertewandel einher, der das Berufsbildes der traditionellen Profession selbst erschüttert. Es trifft das Berufsethos des durch sein/ihr Wirken für die gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft tätigen und sich in seinem je sehr unterschiedlich gearteten Zuständigkeitsbereich verantwortlich und professionell Tätigen. Es trifft das Berufsethos einer Personengruppe, die bislang gegenüber den weit vorgedrungenen Spielarten offener oder verdeckter Korruption vergleichsweise unanfällig waren und die gerade dadurch volkswirtschaftlich und gesellschaftlich einen kaum zu unterschätzenden Nutzen erzeugt.

Nicht allein deshalb wächst der Unmut der Professionen gegenüber dem Wandel des Berufsfeldes durch ‚Reformen‘. Und es ist weniger die gesellschaftliche Anerkennung, die den Professionen versagt wird. Zwar beklagen sich alle Professionen, dass sie bzw. ihre Arbeit von der Seite der jeweiligen Leitung her diskreditiert wird, so unisono Richter, die Ärzte, Lehrer und Pfarrer. Unbeschadet dessen bleibt die gesellschaftliche Anerkennung etwa von Ärzten und Pfarrern (wir differenzieren an dieser Stelle mangels Information nicht nach evangelisch und katholisch) oder etwa der Justiz als Institution ungebrochen. Das Ergebnis der Arbeit der Professionen genießt also hohe Anerkennung. Jedes Wirtschaftsunternehmen würde mit solchen Pfunden seiner Mitarbeiter wuchern. Nicht aber die politischen und kirchlichen Leitungsorgane. Kann man sich deren Schelte erklären? Ist etwas schief gegangen in der Kommunikation?

Hochschulfreiheitsgesetz, Selbständige Schule (Hessen), Selbstverwaltete Justiz, ‚Kirche der Freiheit‘, Reformen – klingt das nicht alles gut? Zu schön, um wahr zu sein? Fühlt man sich in die 90iger Jahre versetzt, wo dem Volk unter dem Versprechen verbesserten Services die Post privatisiert wurde – und man anschließend in langen Warteschlangen auf seine „Abfertigung“ warten musste und heute mehr denn je warten muss. Worum geht es bei den hochtrabenden Versprechen? Wolfgang Huber, der frühere Ratsvorsitzende der EKD, benennt als Grund der Wahl des „Begriffs Kirche der Freiheit“  für den kirchlichen Reformprozess auf einer internen Tagung:

„Unter den drei Leitbegriffen der neuzeitlichen Revolutionen – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – ist vor allem die Freiheit zu einem Schlüsselwort für das Selbstverständnis des modernen Menschen geworden. Seine Berufung zum aufrechten Gang, die ihm anvertraute Fähigkeit, Subjekt des eigenen Handelns, ja der eigenen Lebensgeschichte zu sein, der ihm zugetraute Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, die Erfahrung mit sich selbst in der Erschließung der Welt: all das gibt dem Begriff der Freiheit einen unvergleichlichen Klang. Er ist voller Verheißungen…“.

Der unvergleichliche Klang… Verheißungsvolle Worte. In der Kirche – und anderswo. So beim Hochschulfreiheitsgesetz: „Der Begriff „Freiheit“ nimmt eine zentrale Rolle bei der Umwälzung des Hochschulwesens ein. Das Pathos der Freiheit ist geradezu das wichtigste Lockmittel für die Betroffenen.“, so Wolfgang Lieb, Staatssekretär a.D. . Verheißungsvolle Worte dienen also als Etiketten, hinter denen sich alles Mögliche verbergen kann. Und zu oft fühlt sich der Zeitgenosse und mehr noch der Professionelle von solchen Etiketten getäuscht und verschaukelt. Man hatte den Worten vertraut… oder vertrauen noch immer…

Doch es entstand Unmut, nicht allein wegen der durch Versprechungen geweckte Erwartungen. Sondern mehr noch durch das, was an konkreten Reformmaßnahmen folgte.

Bei den an Institutionen gebundenen Professionen wollen wir im Folgenden den Themenkreisen

1. unternehmerisches Organisationsmodell und seine Risiken

2. Fachkontrolle und

3. Entmachtung der Profession

unser Augenmerk richten. (Die Themen 2 und 3 werden in der kommenden Ausgabe behandelt.)

 

Wir beginnen in dieser Ausgabe mit dem Thema Unternehmerisches Organisationsmodell und seine Risiken am Beispiel der Universitätsstruktur gemäß dem „Hochschulfreiheitsgesetz“ (sic!) in NRW und dem Reformvorhaben „Selbstverwaltete Justiz“.

Unternehmerisches Organisationsmodell: Die Darstellung in der Grafik ist bewusst sehr abstrakt gehalten. Wer die Grafik ‚Generalmodell in seiner Grundstruktur‚ transparent liest und versteht, entdeckt darin das Grundmodell nicht nur bei Reformprozessen in der Hochschule, sondern auch der Kirche (hier: neues Steuerungsmodell der sog. Mittleren Ebene Dekanat, Kirchenkreis; vgl. Hess. Pfarrblatt 03/2013) und mit gewissen Modifikationen auch in neuen Reformvorhaben einer sog. selbstverwalteten Justiz und der unter dem Stichwort „Kommunaler Schullandschaften“ betriebener organisatorischer Veränderungsprozesse des Bildungswesens. Kurz: es gibt ein Generalmodell zur Organisationsreform der Institutionen  der Verselbständigung der Einrichtungen/Rechtsträger nach dem klassischen Muster und Instrumentarien des Wirtschaftsbetriebs. Immerhin mit geringfügigen Anpassungen an die individuelle Besonderheit der Institutionen. So wird für die Justiz eine Besetzung des Aufsichtsrates durch Laien nicht erwogen. Unberücksichtigt bleibt aber bspw., dass sich die Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts aus freiwilligen Kirchensteuerbeiträgen finanziert. Sie kann also anders als der Staat in dem Bereich der staatlichen Institutionen nicht auf die Zwangsmitgliedschaft und gesetzliche Zwangsverpflichtung setzen. Kirche braucht also den Konsens mit und die Rückbindung zu den Mitgliedern. Zu solchen weitergehenden, aber essentiellen Modelldifferenzierungen sind die Reformer aber offensichtlich nicht in der Lage. Das alles nährt den Verdacht, dass aufgrund der Verschiedenartigkeit der Institutionen dieser Generalansatz schwerlich die spezifischen Problem- und Aufgabenstellungen aller unterschiedlichen Institutionen berücksichtigen kann. Und schürt den Verdacht, dass solche korrekturbedürftigen Ausgangsprobleme der Institutionen mit solchen Generalmodellen eher noch verstärkt werden könnten. In der Kirche jedenfalls hat die Einführung teilweise heftige Konflikte ausgelöst. Wir verweisen hier nur auf die Beiträge von Pfr. Alberti aus der EkiR und RA Hoffmann aus der EKBO im Dt. Pfarrerblatt. Unsere Vermutung könnte dadurch bestätigt sein.

Konstruktionsfehler des Modells. Die bis dato demokratisch bottom-up aufgebauten Organisationsstrukturen werden in den Reformen durch eine top-down-Struktur ersetzt. Die Spitze bildet ein Hochschulrat ausgestattet mit den entsprechenden Aufsichtsratsfunktionen. Dieser ist zur Hälfte aus Laien besetzt. Und der Vorsitzende muss zwingend Laie sein:

„An Stelle des Ministeriums oder des Parlaments als rahmensetzende Organe wurde der „unternehmerischen“ Hochschule, wie bei einem in Form einer Aktiengesellschaft konstituierten Wirtschaftsunternehmen, eine Art Aufsichtsrat dem Management der Hochschule als (so wörtlich) „Fachaufsicht“ vorgesetzt…

Die Hochschulratsmitglieder entscheiden über das Geld der Steuerzahler nach ihren ganz persönlichen oder ihren politischen oder ökonomischen Interessen. Vgl. den auch im folgenden zitierten Artikel von Staatssekretär a. D. Wolfgang Lieb.

Die Geschäftsführung liegt beim Vorstand/Präsidium. In der Regel ein Mitglied des Lehrkörpers. Der Staat möchte sich aus der unternehmerischen Hochschule weitgehend zurückziehen. Für die Kirche als Körperschaft gilt dies analog. Seine Aufgabe sieht der Staat in der Bereitstellung von Steuermitteln – zusätzlich zu zu aquirierenden Fremdmitteln aus der Wirtschaft. Die bisherige Gesamtverantwortung für die Rahmenbedingungen guter Arbeit der Institution wird vollständig bzw. weitgehend auf die Einrichtung (Universität/Mittlere Ebene) delegiert. 

In der Reformrhetorik werden als  Ziele der Reformen bekanntlich die Steigerung von Wirksamkeit, Professionalität etc.  benannt. Wie dürfte es damit bei einer derartigen Struktur bestellt sein? Mit welcher Kompetenz sollen bspw. Laien eine Hochschule leiten? Die Investitionen planen? Generell strategische Planungen entwickeln? Eine selbstkritische Stimme, der ehemalige Staatsekretär Lieb NRW, fragt:

„Der Hochschulrat hat die „Fachaufsicht“ über die Hochschule! Laut § 21 HFG konzentrieren sich die wichtigsten Machtkompetenzen einer Hochschule im Hochschulrat:

Ich bin selbst Mitglied in einem Hochschulrat einer Hochschule und habe so seit 6 Jahren Erfahrungen mit einem solchen „Aufsichtsrat“ sammeln können:

Mit vielen anderen Hochschulratsmitgliedern, mit denen ich gesprochen habe, bin ich zur festen Überzeugung gelangt: Ein ehrenamtlicher Hochschulrat ist mit den ihm per Gesetz übertragenen Kompetenzen schlicht überfordert.
Die jeweiligen Entscheidungen leiten sich allenfalls aus dem jeweils persönlichen Vorurteil oder Interessensbezug ab oder: man folgt lieber gleich dem Vorschlag des Präsidenten.“ 
Artikel von W. Lieb

Es bestehen – so auch das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das niedersächsische Modell einer Stiftungshochschule – „durchgreifende Zweifel“, ob diese Aufsichtsräte die ihnen vom Gesetz übertragenen Kompetenzen fachlich und sachlich ausfüllen können. Lesen Sie mehr.

Ähnlich wird die Problematik von Laien mit Aufsichtsratsfunktion auch in der Kirche beurteilt. Denn dort soll die mittlere Ebene zu einer entsprechenden unternehmerischen Organisationseinheit werden. So schreibt Pfarrer Alberti, Wuppertal, in einem Artikel im Deutschen Pfarrerblatt:

„Wer den ehrenamtlichen Presbyterien und Mitarbeitern in den Gemeinden Kompetenzen wegnehmen will (wie u.a. bei der Übertragung von Personalplanung und Personalverantwortung auf den Kirchenkreis), überträgt auf die dort tätigen ehrenamtlichen (und hauptamtlichen) Mitglieder der Kreissynodalvorstände weitaus mehr Entscheidungen, als sie selbst überblicken und angemessen entscheiden können. Superintendenten, Assessoren und die ehrenamtlichen Kreissynodalmitglieder müssen mit dieser Entscheidungsfülle völlig überfordert sein. Folglich sind sie weitgehend auf die Vorarbeiten und Vorlagen der Verwaltung angewiesen. Wenn Verwaltung aber für den Kreissynodalvorstand und die Superintendenten alles bearbeitet und vorbereitet, wird Verwaltung zum letztlich entscheidenden Gremium.“

Auch die versicherungsrechtliche Frage ist ungeklärt. Denn bei einer solchen laiendominierten Zusammensetzung sind ja – vorsichtig gesprochen – Fehlentscheidungen nicht ausgeschlossen. Wer haftet in diesem Falle? Es wird zugegeben, dass die Haftung der Mitglieder ungeklärt ist. „Die Ehrenamtlichkeit konfligiere mit den zumeist weitreichenden Kompetenzen der Hochschulräte, deshalb sollten diese für einen „individuellen Versicherungsschutz“, etwa einer „Directors and Officers Versicherung“, wie das für das Management von Unternehmen üblich ist, Sorge tragen und die Hochschulen sollen die entsprechenden Versicherungsbeiträge übernehmen“.

Aus dem o.g. Artikel von W. Lieb.

Neben grundsätzlicher rechtlicher Bedenken muss ergänzend die Frage erlaubt sein, inwieweit die hauptamtlichen durch die Ehrenamtlichen in ihrer Tätigkeit entlastet werden. Denn solche Unterstützung ist ja das traditionelle Argument für Ehrenamtlichkeit. Bei realistischer Betrachtung muss aber feststellen, dass Ehrenamtlichkeit immer Kräfte und Ressourcen der Hauptamtlichen bindet. Und damit also nach außen gerichtete Leistung bei Hauptamtlichen wieder verloren geht. Im ungünstigen Fall ist die addierte gesamte „Wirkungsbilanz“ dann sogar negativ. Folglich wird in einem professionell arbeitenden System immer die Frage zu stellen sein, an welchen Stellen Ehrenamtliche so eingesetzt werden können, dass sie die Gesamtwirksamkeit des „Betriebs“ wirklich steigern. Beispiele in der Wirtschaft für den Einsatz von Ehrenamtlichen, sprich Praktikanten,  im Aufsichtsrat wie im Hochschulfreiheitsgesetz sind bislang nicht bekannt… Man darf vermuten: aus gutem Grund! Ein lesenswertes Beispiel einer negativen Wirkungsbilanz schildert ein betroffener, ein ehemaliger Richter aus Frankfurt, bezüglich der Ehrenamtlichkeit im Gericht – dem Einsatz von Schöffen.

Zur Frage der Verfassungskonformität des unternehmerischen Institutionenmodells

Schon beim Hochschulfreiheitsgesetz entzündet sich die Frage der Verfassungskonformität. In einer Dissertation kommt der Verfasser Thomas Horst zum „Ergebnis, dass nach Art. 5 Abs. 3 GG der Gesetzgeber in allen wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten verpflichtet ist, einen hinreichenden Einfluss der Träger der Wissenschaftsfreiheit zu garantieren und dass die im Hochschulgesetz NRW eingeräumte Möglichkeit der Überstimmung des Senats durch den Hochschulrat als verfassungswidrig zu beurteilen ist.“, so W. Lieb in seiner Darstellung.

Auch seitens des Richterbundes wird in einer Stellungnahme zum Reformvorstoß der Gerichte die Verfassungskonformität der Vorlage bestritten. Der Richterbund legt dar:

„Die Aufnahme der Selbstverwaltung ins Grundgesetz ist grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch muss auch eine selbstverwaltete Justiz das Rechtsstaatsgebot und das Demokratieprinzip beachten. Eine von parlamentarischem Einfluss freie Justizverwaltung widerspricht dem Kerngehalt des Demokratieprinzips des Grundgesetzes und kann deshalb auch durch Verfassungsänderung nicht vorgesehen werden. Dem wird eine Lösung nicht gerecht, die eine Justizverwaltung ausschließlich durch Richter und Staatsanwälte vorsieht. Die richterliche Unabhängigkeit erstreckt sich nicht auf Aufgaben der Justizverwaltung.

Vorgeschlagen wird eine Justizverwaltung ausschließlich durch Richter und Staatsanwälte (Art. 92 Abs. 2 Satz 1 a.E. GG-E). Eine solche autarke Justizverwaltung widerspricht der gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Demokratieprinzip, weil sie keine ausreichende Rückkopplung von Verwaltungsentscheidungen an das Volk als Träger der Staatsgewalt vorsieht….

Auch für die Justizverwaltung gilt, dass nach Art. 20 GG alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und die Ausübung von Staatsgewalt, wozu auch die Justizverwaltung selbst zählt, der demokratischen Legitimation bedarf. Mit dieser Anforderung ist eine autarke, und damit sich aus sich selbst heraus legitimierende Justiz unvereinbar.“ So der Deutsche Richterbund in seiner Stellungnahme. 

Fazit: die klassischen Institutionen befinden sich in einem Prozess der Umformung. Zentraler Bestandteil ist eine rechtlich weitgehend selbstsändige, nach unternehmenstrukturen transformierte Institution. Die Verheißung der Freiheit hat sich nicht erfüllt: „Die überwiegende Mehrheit der Forschenden und Lehrenden an den Hochschulen und schon gar die Studierenden sind mit der „neuen“ Freiheit verglichen mit ihren früheren Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten wesentlich „unfreier“ geworden als unter der früheren – allerdings durchaus nicht optimalen – akademischen Selbstverwaltung.“ (W. Lieb.) Das Modell ist zudem volkswirtschaftlich und für das demokratische Gemeinwesen schädlich.

Dieses selbe Grundmodell soll in den klassischen Institutionen in leicht angepassten Varianten umgesetzt werden. Dies Modell öffnet die Tore für die Einflussnahme, teilweise auch der Dominanz der Ökonomie durch den Einfluss der Laien in den Aufsichtsräten. Insofern ist die Organisationsmodell anfällig für offene oder versteckte Korruption, jedenfalls aber für eine Deprofessionalisierung. Eine Verbesserung der Leistungen der Institution im Sinne der Zielsetzung  des demokratischen Gemeinwesens, also der Verbesserung der Bildung, der Rechtssicherheit, des Gesundheitswesens oder aber der Arbeit der Kirchen, scheint nach alle dem höchst unwahrscheinlich. Zudem ist die Frage der Verfassungskonformität offen.

Friedhelm Schneider

Zusammensetzung öffentlich- rechtlicher Aufsichtsgremien

Aufsichtsgremien in Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nicht neu. Ein Beispiel, in dem auch „Ehrenamtliche“ vertreten sind, sind die Rundfunkbeiträte des öffentlich-rechtlichen Funks und Fernsehens. Traditionell sind diese dann von den Verbänden gesandt und sollen die gesamte Gesellschaft repräsentieren.

Die Entsender der Rundfunkräte von ARD und ZDF haben folgende prozentuelle Anteile:

Rundfunkräte ARD in %

Politik 29

Wirtschaft 15

Kirchen 9

Gewerkschaften 11

Gesellschaftliche Gruppen 36

 

Fernsehrat ZDF in %

Politik 44

Wirtschaft 17

Kirchen 6

Gewerkschaften 6

Gesellschaftliche Gruppen 36

 

Demgegenüber stellt sich die tatsächliche Zusammensetzung der aus den Reformen hervorgegangenen Hochschulräte  nach einer Erhebung der Bochumer Universität ganz anders dar als bei der in unserer Gesellschaft bekannten Verbändevertretung. Die Mitglieder externer Hochschulräte rekrutieren sich gemäß dieser Erhebung über die gesamte Republik mit jeweils einem runden Drittel aus der Wirtschaft und der Wissenschaft, wobei auf Seiten der Wirtschaft die Vertreter von Großunternehmen dominieren.

„Was aber noch entscheidender ist: Unter den Hochschulratsvorsitzenden liegt der Anteil der Wirtschaftsvertreter bei 47 Prozent, von diesen sind 80 Prozent Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglieder. Kein Wunder, dass das Handelsblatt ziemlich triumphierend titelte: „Manager erobern die Kontrolle an den Unis“.

Die Bochumer Soziologen sehen in ihrer Studie in den Hochschulräten eine „Privatisierung der Organisationsverantwortung“ zu Lasten der klassisch-parlamentarischen Repräsentation der gesellschaftlichen Interessen und vor allem zu Ungunsten der Selbstverwaltung der Hochschule. Es zeige sich darüber hinaus in der tatsächlichen Zusammensetzung der Hochschulräte eine Erosion der klassischen Verbändebeteiligung.“ So im Artikel von W. Lieb.

Diese Konstruktion kann man als Lobbyismus der anderen, strengeren Art bezeichnen. Zwar wird nicht die Politik in der Gesamtheit beeinflusst, aber im Bereich der traditionellen Institutionen. Punktuell aber ganz massiv und direkt. Denn der Aufsichtsrat ist kein Bittsteller sondern Be-Steller. Er bestellt und bezahlt – mit dem Geld des Steuerzahlers freilich. In der Praxis könnte also der Fall eintreten, dass eine Universität, deren Vorsitzender des Hochschulrates der Vorstand eines Tiefbaukonzerns ist, den Universitätsbereich der betreffenden Universität weiträumig untertunneln ließe. Mit dem ’schlagenden‘ Argument, dass sich auf diese Weise die Wegstrecken für alle Beteiligten, Professoren wie Studenten, von bislang 20 auf nur 5 Minuten verkürzen würden. Ein Projekt, das selbstverständlich dazu führen müsste, dass leider alle Fachbereiche der Universität über ein Jahrzehnt hin mit einem Null-Budget auskommen müssten. Die Folgen wären für die Universität verständlicherweise verheerend und auch volkswirtschaftlich schädlich. Sie schlügen positiv allein betriebswirtschaftlich beim ausführenden Unternehmen zu Buche. Tja, und wenn es der Zufall will, dann wäre der Vorstand des ausführenden Unternehmens aus der Politik in die Wirtschaft gewechselt und wäre nun – auf Umwegen – zurück in der ökonomisch in den Sektoren Gesundheit und Bildung überaus interessanten Institutionen’politik’…   Die Verwendung dieses Beispiels hat zugegebenermaßen parodistischen Charakter. Das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Grundproblem dieser Konstruktion gerade so sehr anschaulich und griffig wird. Fazit: Projekte und Organisationskonstruktionen dieser Art sind weder für die betreffenden Institutionen, noch für die Volkswirtschaften von Nutzen. Sie nutzen nur einigen großen Einzelunternehmen der global players, also genau denen, die aus „gutem“ Grund des Eigeninteresses die Posten der Vorsitzenden der Hochschulräte in Besitz nehmen (vgl. die Erhebung der Uni Bochum).

Umbruch der Arbeitswelt der Professionen im interdisziplinären Vergleich

Unsere Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Marktmechanismen, Marktdenken dringt überall hin vor. Sie werden in „Reformen“ umgesetzt. In den beruflichen Arbeitsfeldern wirkt sich der Umschwung am stärksten bei den sog. Professionen aus, im Bereich Bildung (Lehrer, Professoren) und Gesundheitswesen (Ärzte, Apotheker). Aber auch im Bereich Justiz (Richter) und den Kirchen (Pfarrer) sind seit Jahren signifikante Veränderungen zu verzeichnen. Diese Veränderungen wurden bislang in Einzelstudien erforscht und dargestellt. Soweit uns bekannt liegt aber bislang keine interdisziplinäre Studie über die Veränderungen in den getrennten Sektoren vor. Vielleicht ergeben sich aber gerade in der Zusammenschau ganz neue Erkenntnisse? Oder Mutmaßungen über einen gemeinsamen Hintergrund werden bestätigt. Diese also vielleicht neuen Erkenntnisse ggf. durch detaillierte Studien auf eine fachwissenschaftlichen Anforderungen standhaltende Form zu bringen, überlassen wir gerne anderen, dazu Berufenen.

Die Behandlung des Themas wird aber nicht in eine berufsständische Interessenvertretung mit abschließender nostalgischer recherche du temps perdu münden. Die zweite Seite der Medaille ist die der gesellschaftspolitischen Veränderungen, die sich in einem entsprechenden institutionellen Wandel manifestieren. Inwieweit Marktdenken und Marktgesetze also die Institutionen schon verändert haben und was das für die Gesellschaft in den Bereichen Gesundheitsversorgung, im Bereich Bildung, im Bereich der Justiz und der Kirchen für Folgen hat, das also wird im folgenden Monatsthema des Monats Juli genauer untersucht werden. Dabei wird die Frage, inwieweit die Demokratie selbst von diesen sektoralen, scheinbar unpolitischen Veränderungen tangiert ist, stets mit zu bedenken sein.

Die Personalsituation und -entwicklung in den Professionen – eine Annäherung an das Thema

Die Personalsituation der Professionen in einem ersten, statistischen Vergleich. Entsprechend der Profession differiert die Personalstärke beträchtlich. Die Lehrer und Ärzte spielen bei dieser Frage in einer höheren Liga als die Professoren, Pfarrer und Richter (vgl. Tabelle Spalte I).

Die Alterszusammensetzung ist generell geprägt durch die Alterspyramide und den sog. geburtenstarken Jahrgängen von 1955 bis 1969. Sie prägen und bestimmen die Alterszusammensetzung von Ärzten, Lehrern und Pfarrern. Wohl weniger für Richter und Professoren, wobei zu Letzteren keine Angaben greifbar waren.

Die Professoren bilden die einzige Berufsgruppe mit leicht wachsenden Personalzahlen (vgl. S.22,23) – bei teilweise kräftig steigenden Studierendenzahlen (vgl. S.21) . In diesem Bereich gibt aber nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ steigende Anforderungen. Nur ein Fall: die Sachbudgets bleiben bei steigenden Studentenzahlen konstant. Der „Betrieb“ kann dann nur durch effizientere Verfahren aufrecht gehalten werden. Dies haben die Professoren selbst zu gewährleisten. Outputorientiertes Management ist hier also schon vollständig realisiert.

Ein akuter Personalmangel besteht bei den Richtern, bei denen die Unternehmensberatung Arthur Anderson einen Mangel an 3000, die Richterbund von 4000 Stellen ermittelt. Das sind 15% bzw. 20% der Stellen! Bei Ärzten lässt sich die Frage aufgrund der hohen Anteile der Freiberufler zum einen aus den Zahlen der Krankenhausärzte ableiten und generalisieren, zum anderen aber aus den Indikatoren Altersdurchschnitt/ kommende Pensionierungszahlen und Attraktivität für Nachwuchs erschießen. Klar scheint aber, dass aufgrund der Alterszusammensetzung ein Versorgungskollaps droht: „das Sterben der bayerischen Hausarztpraxen läuft meist still ab. Schließt mal wieder eine für immer, berichtet allenfalls die Lokalpresse. Den Überblick hat hingegen der Chef des bayerischen Hausärzteverbandes, Dr. Wolfgang Hoppenthaller: „Wir steuern auf eine Katastrophe zu“, weiß er. „Nahezu jeder zweite der 8.000 bayerischen Hausärzte ist über 58 Jahre alt. Statistisch gehen die Kollegen mit 61 Jahren in Rente, weil sie ausgebrannt sind. “

Bei Pfarrern kann man bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 54 Stunden, die etliche Studien für den Gemeindepfarrdienst als Minimum belegen, die die EU-Rechtsprechung  überschreitende Wochenstundenzahl von 48 Stunden als Maß der fehlenden Stellen/Personen ansetzen. Das wäre ein Plus (und also Stellenmangel) von 12,5% für die Gemeindepfarrstellen und ca. 9% auf alle Pfarrstellen (außer Verwaltungs-Pfarrstellen) umgerechnet. Diese Angabe wurde entsprechend in die Tabelle für die Ev. Kirche eingestellt.

Dennoch werden Stellen weiter gestrichen. Die EKD will 2006 unter dem Titel „Kirche der Freiheit“ die Pfarrerzahl von 21.000 im Jahr 2007 auf 13.000 im Jahr 2030 reduzieren. Das sind 30 % in 23 Jahren. Die Lehrerzahl soll ebenfalls gekürzt werden – um 10%. Und in Hessen will die noch amtierende Regierung die Richterzahl (inkl. Staatsanwälte) trotz eines Fehlbestandes von 15% bis 2016 um weitere 15 % reduzieren.

Die Quote der Veränderung muss ins Verhältnis gesetzt werden zu den beruflichen Leistungsanforderungen. Diese steigen tendenziell qualitativ und/oder quantitativ. In der Addition von Veränderung der Personal- oder Stellenzahl (tendenziell Verringerung) und der Veränderung der Leistungsanforderungen (tendenziell Erhöhung) ergibt sich bei allen Professionen in Zukunft  eine steigende Belastung.

Offensichtlich sind die Professionen ‚überaltert‘. Vielfach wird das Problem der Alterszusammensetzung der Professionen den geburtenstarken Jahrgängen selbst in die Schuhe geschoben. Inkriminierende Begrifflichkeit wie Lehrer- oder Pfarrerschwemme begleiteten das Berufsleben dieser Generation innerinstitutionell vielleicht nicht in allen, aber doch zumindest den beiden genannten Professionen. Sind die Betroffenen etwa Schuld an den heute unbesetzten Stellen und den geplanten oder beschlossenen Stellenstreichungen? Sind die älteren Mitarbeiter verantwortlich für den Mangel an Interesse der jungen Menschen für die entsprechenden Professionen? Die Berufsverbände beklagen schon seit Anfang dieses Jahrhunderts die Situation und fürchten sei es um den Bildungsstandort Deutschland, sei es um die Volksgesundheit, die Rechtssicherheit, oder die Vermittlung der christlichen Glaubenstradition als Bestandteil der europäischen, von der Aufklärung geprägten Wertetradition.

Die Belege zu den in der folgenden Tabelle genannten Zahlen finden sich hier für die Ärzte, hier für die Schulen, hier für die Universitäten, hier für die Richter, sowie hier für die Ev. Kirche und hier für die Kathol. Kirche. Alle anderen und weitere Daten finden sich in den den Professionen speziell zu dieser Fragestellung gewidmeten Seiten.

Personen/Stellen* Durchschnittsalter Anzahl Fehlender Personen Fehlende in Prozent Pensionierung bis 2020 Leistungsanforde-rungen fachlich
Dienstherr plant Reduktion
HausärztInnen ca. 50.000 51,9 Jahre ca. 24.000 qualitativ: +quantitatitv +
Ärzte-Fachärzte ca. 80.000 51,9 Jahre ca. 26.000 qualitativ: +quantitatitv +
Ärzte- Krankenh ca. 134.000 51,9 Jahre 5.000 ca. 4 % ca. 20.000 qualitativ: +quantitatitv +
LehrerIn generell ca. 800.000 50 + 45.000 ca. 6 % ca. 160.000 qualitativ + quantitativ +/- 10 %
Professor
Wissenschaftl.MitarbeiterIn
ca. 38.000ca. 183.000 k.A.k.A. qualitativ+ +quantitatitv +
RichterIn insgesamt ca. 20.000 k.A. 3.000 15% unverändert Hessen: 15%
PfarrerIn Protestant ca. 17.000 50 + Keine offiz. Ang. ca. 9% ca. 3500 –4000 qualitativ+ quantitativ – ca. 25% bis 2030
Priester Diakone ca. 16.000 50 + (+?) ? keine offiz. Ang. qualitativ+quantitativ –

Erläuterung: zwischen Personalzahl und Stellen kann aufgrund der öffentlich verfügbaren Datenlage nicht unterschieden werden.

Legende: + = steigend; – = fallend

Qualität der Rechtssprechung leidet – Deals in Wirtschaftsprozessen: Folgen des Personalmangels in der Jusitiz

1. Situation

Bei 20.179 Richter und Staatsanwälten, die im Jahr 2000 in den Ländern tätig waren, ergibt sich rechnerisch ein Fehlbestand von ca. 3.000 Richtern und Staatsanwälten in den Bundesländern.

Zur Zusammenfassung der Ergebnisse des Gutachtens der Beraterfirma Arthur Andersen über ein analytisches und fortschreibbares Personalbedarfsberechnungssystem (PEBB§Y I) für Richter und Staatsanwälte.

In ausgewählten Ländern/Sektoren: Justiz Niedersachsen droht der Kollaps. Der Niedersächsische Richterbund sieht die Arbeit der Justiz in Gefahr und hat die Landesregierung zu einer Aufstockung des Personals aufgefordert. Rund 300 Richter und Staatsanwälte fehlen aus Sicht des Verbandes in Niedersachsen. Die Justiz sei wegen Jahre langer Personaleinsparungen derart unterbesetzt, dass ihre Funktionsfähigkeit ernsthaft in Gefahr sei. Bericht.

Berlin: Justiz, Schule, Verwaltung: Berlin droht ein erheblicher Verlust an Landesbediensteten. Durch Pensions- und Renteneintritte sinkt die Zahl der Angestellten bis 2018 um ein Viertel. Viele Stellen sollen gestrichen werden, für andere fehlt der Nachwuchs. Zum Artikel.

2. Folgen des Personalmangels

„Qualität der Rechtsprechung leidet“. Wegen der hessischen Schuldenbremse werde ein Stellenabbau eingeleitet, „der die Justiz ins Mark trifft“, erklärte der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Rechtspfleger, Karl-Heinz Fischer. Nach Angaben der Landesregierung sollen im Rahmen der Operation „Konsolidierung im Personalbereich“ (KIP) bis 2016 rund 360 Stellen in allen Gerichtsbarkeiten und bei den Staatsanwaltschaften wegfallen. Zum Artikel.

– Zunahme von Prozessabsprachen. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Christoph Frank, hat Personalmangel in der Justiz für die Zunahme von sogenannten Deals in Wirtschaftsprozessen verantwortlich gemacht. Neben mehr Personal sei eine gesetzliche Regelung nötig, die den Absprachen Grenzen setze, forderte Frank.

Zur Sendung auf dradio kultur.

– Zwei-Klassen-Justiz. Angeblich fehlen 400 Richter und Staatsanwälte sowie 160 Rechtspfleger und 800 JVA-Mitarbeiter.

Der Artikel.

 – Verlust der Rechtssicherheit

Bremen. Massiver Personalmangel zieht am Landgericht viele Prozesse in die Länge – so der Vorwurf von Richter Christian Zorn. Komplette Verhandlungstage seien dort kaum noch denkbar, kritisiert er. Zorn fürchtet, dass künftig Täter nach der U-Haft wieder freikommen, weil es an Personal fehlt. Die Justizbehörde weist die Vorwürfe zurück, will die Lage aber prüfen.

Zum Artikel.

3. Reaktion der Politik

Zurück in den Gerichtssaal. Pensionäre gehören nicht zum alten Eisen: Das bayerische Justizministerium will Staatsanwälte und Rechtspfleger aus dem Ruhestand zurückholen und so den Personalmangel ausgleichen. Beitrag.

 

 

Dem deutschen Gesundheitswesen gehen die Ärzte aus!

1. Teilweise gravierender Mangel an Ärzten –

Arztzahlstudie – Lücken werden größer von Eva Richter-Kuhlmann

Die Zahl der Hausärzte wird der aktuellen Arztzahlstudie zufolge in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich um 7 000 sinken. Insgesamt müssen bis zum Jahr 2020 in der ambulanten Versorgung 51 774 Ärzte ersetzt werden. „Die Studie belegt klar, dass Ärztemangel kein irgendwann zu erwartendes Phänomen ist, sondern akut droht“, betonte Dr. med. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der KBV. Nicht nur bei den Hausärzten, sondern auch bei Augen-, Frauen-, Haut- und Nervenärzten drohten bereits Engpässe… Die Zahlen sprechen für sich: Schon jetzt sind in den Kliniken 5 000 Stellen unbesetzt. Hinzu kommt, dass in den nächsten zehn Jahren knapp 20 000 Ober- und Chefärzte altersbedingt ausscheiden werden. Diese Prognose erstellten BÄK und KBV aus dem Durchschnittsalter der Ärzte, das 2009 bei 51,9 Jahren lag. Zum Artikel.

Summa summarum kann festgestellt werden, dass die deutsche Ärzteschaft

überaltert und zugleich ein Nachwuchsproblem hat…Mittlerweile ist fast nur noch jeder sechste berufstätige Arzt unter 35 Jahre alt, vor acht Jahren war es noch jeder fünfte… Bedingt durch die Altersstruktur werden immer mehr Ärzte in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen… Als gravierendes und besonders dringliches Problem stellt sich die Situation der hausärztlichen Versorgung dar…. (Hier) kommt es bereits jetzt zu drastischen Versorgungsengpässen… Bis zum Jahre 2020 werden etwa 23 768 Hausärzte aus dem System ausscheiden. Zur Studie  der Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung.

2. Wachsender Bedarf an Ärzten. – Bei der Analyse der demografischen Entwicklung der Bevölkerung wird deutlich, dass die damit einhergehende Wandlung des Morbiditätsspektrums und Ausweitung der Multimorbidität eine erhöhte Zahl an Ärzten zwingend notwendig macht, um den Behandlungserfordernissen gerecht werden zu können. Aus der Studie.

3. Forderung nach Erhöhung der Studentenzahlen – Mindestens zehn Prozent mehr Medizinstudierende – das fordert der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). „Die Zahl der jungen Leute, die wir ausbilden, ist angesichts des anstehenden Generationenwechsels in der Ärzteschaft nicht ausreichend“, sagte Alfred Dänzer. Schon heute gebe es 6 000 unbesetzte Arztstellen in den Kliniken. Zum Artikel.

4. Wie die Politik reagiert – Wie viele Ärzte dürfen in einem bestimmten Gebiet eine Arztpraxis betreiben? Das wird in Deutschland über ein kompliziertes Verfahren geregelt. Die sogenannte Bedarfsplanung wurde nun nach mehr als 20 Jahren überarbeitet und soll am 1. Juli 2013 in Kraft treten. Das Ziel: den Ärztemangel bekämpfen. Aber: Mehr geplante Stellen auf dem Papier bedeuten noch lange nicht, dass die medizinische Versorgung überall gesichert ist. Denn dafür braucht es immer noch Ärzte aus Fleisch und Blut. Zum Artikel.

Lehrermangel „groß wie nie“

In Deutschland gibt es ca. 800.000 Lehrer in allen Schularten. Sie unterrichten 11,25 Mio. Schüler. Ca. 50% der Lehrkräfte sind über 50 Jahre (vgl. S.45).

An deutschen Schulen fehlen die Lehrer. Das beklagt der Philologenverband und warnte vor dramatischen Zuständen. Er schätzt die Zahl der

fehlenden Lehrkräfte auf rund 45.000. Besonders dramatisch ist Meidinger zufolge die Lage in den Bereichen Naturwissenschaften und Mathematik, wo bis zu 30.000 Pädagogen fehlen… Für junge Leute ist das Lehramtsstudium trotzdem keine Jobgarantie, denn es kommt auf die Schulform, das Fach und die Region an. Zum Artikel.

Interview mit Prof. Klemm, emerit. Professor für Bildungswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen in der Zeit:

DIE ZEIT: Herr Professor Klemm, Sie schlagen Alarm, weil bald weniger Geld in die Bildung fließt, als die verantwortlichen Politiker versprochen haben. Wie kommen Sie darauf?

Klaus Klemm: Durch ein Papier, das die Kultusministerkonferenz…

DIE ZEIT: …der Zusammenschluss der Bildungsminister aller Bundesländer…

Klemm: …vor ein paar Tagen vorgelegt hat. Daraus geht hervor, dass die Kultusminister die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer in den kommenden Jahren von derzeit knapp 800.000 nach meinen Berechnungen auf nur noch etwa 720.000 senken wollen.