Archiv für den Monat: Februar 2015

TTIP – eine notwendige Kontroverse. Von Johannes Müller SJ

02/2015 von  Johannes Müller SJ in „Stimmen der Zeit“


Im Kern geht es bei all dem immer um die ordnungspolitische Alternative „Markt versus Staat“: Unbestreitbar gibt es Staatsversagen, aber ebenso viel Marktversagen. TTIP darf auf keinen Fall die soziale Marktwirtschaft in weiten Teilen Europas schwächen. Dies wäre jedoch der Fall, wenn die mächtigen transnationalen Unternehmen außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit stehen würden. …
Noch grundlegender ist die bisher völlig vernachlässigte Frage, ob mehr Wachstum in den reichsten Regionen der Welt wirklich erwünscht ist. Seit Jahren debattiert man über ein anderes Wohlfahrtskonzept und legt Bekenntnisse zu einem umweltgerechten (grünen) Wachstum ab….
Schließlich sind es einmal mehr die reichen Länder, die sich durch solche Abkommen Vorteile verschaffen und faktisch Standards auch für andere künftige Welthandelsabkommen setzen. Besonders die armen Länder bleiben davon ausgeschlossen. Die Alternative und der bessere Weg wären multilaterale Handelsabkommen im Rahmen der WTO. … Der vollständige Artikel.

Berlinale: Religion im Film

02/2015, DW

Gut 400 Filme flimmern über die Leinwände der diesjährigen Berlinale. Spirituelles schwingt in vielen Streifen mit. Doch was interessiert Filmemacher heute an Religion? Drei Beispiele.

…Inhaltlich verwandt, formal freilich völlig anders nähert sich der deutsche Wettbewerbsfilm „Kreuzweg“ der religiösen Institution. „Kreuzweg“ spielt in drastischer Konsequenz die klassischen Kreuzwegstationen durch: 14 Schritte, den Weg Jesu zum Kreuz zu bedenken. Station für Station entwirft Regisseur Dietrich Brüggemann mit jeweils einer einzigen festen Einstellung ein filmisches Andachtsbild. Statt Jesus steht allerdings die 14jährige Maria im Zentrum. Maria wird in einer strengkatholischen Familie groß, die einer besonders traditionellen Form des Katholizismus folgt.

Vorbild dafür sind die Lehren der Piusbruderschaft, die vor fünf Jahren durch die antisemitischen Ausfälle ihres inzwischen ausgeschlossenen Bischofs Richard Williamson einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Maria möchte das Leben einer Heiligen führen, so wie sie es im Firmunterricht lernt…  Zum Bericht.

The Clash of Ignorance. Huntingtons These fördert Ignoranz und verhindert Verständigung.

02/2015, Samuel P. Huntington war ein brillanter Politikwissenschaftler. Seine These vom Clash of Civilisations hat gleichwohl wenig belastbare Erkenntnisse gebracht. Vielmehr ist sie häufig ge- und missbraucht worden, um einen angeblich unvermeidlichen Konflikt zwischen Zivilisationen zu beschwören oder gar zu führen. ..

Der Konflikt mit ISIS in Syrien und im Irak ist kein Zivilisationskonflikt – auch wenn ISIS das gerne so darstellt. In erster Linie ist dies eine Auseinandersetzung mit einer transnationalen Rebellengruppe, die die bestehende staatliche Ordnung durch einen religiösen Kalifatsstaat fundamentalistischer Prägung ersetzen will. ISIS hat in der Vergangenheit wesentlich mehr gemäßigte Muslime anderer Konfessionen getötet als Angehörige anderer „Zivilisationen“. Die neugebildete Allianz gegen ISIS als „zivilisatorische Koalition der Willigen“ zu interpretieren, würde den unterschiedlichen Motiven der beteiligten Staaten nicht gerecht. Vielmehr zeigen die vielen interreligiösen Demonstrationen und die ernsten Debatten um Meinungsfreiheit, religiösen Respekt und Integration in vielen europäischen und außereuropäischen Gesellschaften, dass die Debattenlinien innerhalb von Gemeinwesen verlaufen. Das „kulturelle Selbstverständnis“ der Mehrheitsbevölkerungen entwickelt sich keineswegs nur in Richtung auf ein „Wir“ gegen „Sie“. … Zum Artikel.

„Auf die Möglichkeit wenigstens dieses Protestes habe ich seit Jahren gewartet.“ – Neue Kommentare zur Petition ‚Wormser Wort‘.

Seit 29.12.14 steht das Wormser Wort als Online-Petition im Netz. An dieser Stelle veröffentlichen wir schon zuvor dort angebrachte Kommentare.  Wir setzen die Veröffentlichung heute fort: 

Jürgen M.
Auf die Möglichkeit wenigstens dieses Protestes habe ich seit Jahren gewartet.

Joachim W.
Ich habe unterzeichnet, weil ich erlebe wie belastend die vielen Sitzungen für Haupt-und Ehrenamtliche sind. Immer weniger Verkündigung, immer mehr Strukturdiskussion macht keinen Spaß.

Margit v.
Ich wünsche mir, dass unsere Kirche zukunftsfähig wird!

Siegfried H.
Neoliberaler Umbau der Kirche unter scheinheiligen Vorwänden. Die BWLer haben auch in der Kirche die Macht übernommen und machen sie kaputt.

Friedrich M.
weil ich eine marktkonforme Kirche ablehne

Thomas d.
Die Kirche ist für die Menschen da und nicht umgekehrt. Nur aus den Gemeinden schöpfen wir Kraft.

Helge B.
Zusammenhalt und Erhalt leisten die Kirchenmitglieder, an ihnen kann nicht „gespart“ werden!

Bodo K.
Wir brauchen echte Konzentrationsprozesse, die auch neue Arbeitsformen ermöglichen, keine Reduktionsprozesse, die den erwarteten Stand von 2030 einfach vorwegnehmen.

Bernhard L.
Wenn die Kirche es nicht mehr als ihre Aufgabe sieht die Menschen aufzufangen, sondern sogar die Türen vor ihnen schließt, ist das nicht im Sinne des christlichen Gedankens.

Günter Z.
Es fehlt der persönliche Bezug. Übergemeindliche Angebote machen nur Sinn, wenn auch eine Basis da ist.

Melchior H.
Im Vertrauen auf Jesus mutige Schritte der Nachfolge zu wagen und die frohe Botschaft mit Begeisterung zu verkünden: Das sind nicht mehr Dinge, die man mit der Evangelischen Kirche in Deutschland in Verbindung bringt. Es ist Zeit für eine Kurskorrektur und ein überzeugtes Bekenntnis „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“! Die finanziellen Entscheidungen in unserer Kirche müssen dem Reich Gottes untergeordnet werden, nicht andersherum.

 

Besorgnis um die Nordkirche. Ein Brief an Bischof und Pröpstinnen.

In der Nordkirche drückt eine Gruppe Ehrenamtlicher, 3 davon Träger des „Ansgar Kreuzes“ drücken ihre Besorgnis hinsichtlich der Entwicklung der Nordkirche in einem Schreiben an Bischof und PrüpstInnen zum Ausdruck.
Rudolf Schlüter 24977 Grundhof, 2. Febr. 2015
Holnisser Weg 2
04636/572

Herrn Bischof
Gothart Magaard
Plessenstr. 5 a
24837 Schleswig

Frau Pröpstin
Johanna Lenz-Aude
Norderdomstr. 15
24837 Schleswig

Frau Pröpstin
Carmen Rahlf
Marienkirchhof 4
24937 Flensburg

Herrn Propst
Helgo Jacobs
Wassermühlenstr. 12
24376 Kappeln
Sehr geehrte Damen und Herren,

dass die Nordkirche sich für die Erhaltung des Sonntags einsetzt, entspricht nach unserer Auffassung dem Auftrag der Kirche und ist zu begrüßen.. Nach unserer Meinung wird die neue, unter Mitwirkung der Kirchen von der Landesregierung erlassene, Bäderregelung mit neuen Sonntagsöffnungszeiten für Geschäfte jedoch von der Kirche selbst konterkariert, wenn gleichzeitig in etlichen Kirchen nicht mehr an jedem Sonntag ein Gottesdienst stattfindet. Wir haben das Gefühl, die Kirche drängt sich selbst ins AUS, weil sie den Sonntag und das Kirchenjahr nicht pflegt.
Wir, die Unterzeichnenden als eine Gruppe auch kirchlich aktiver Senioren, empfinden das als eine für die Gläubigen unerträgliche Situation, die negative Rückschlüsse auf das Organisationstalent, den Organisationswillen und die Einsatzbereitschaft der Kirchenleitung und der PastorInnen zulässt.
Deshalb fordern wir, dass in jeder Kirche an jedem Sonntag ein Gottesdienst stattfinden muss.
Es geht in erster Linie darum, die seelsorgerlichen Bedürfnisse der Gläubigen zu beachten. Den Hinweis, dass man doch die Nachbarkirche oder den Regionalgottesdienst, der normalerweise nicht als „besonderer“ Gottesdienst gefeiert wird, besuchen könne, können und wollen wir nicht akzeptieren. Wieso müssen 2000 eingetragene und damit Kirchensteuer zahlende Gemeindemitglieder Rücksicht nehmen auf das „Wohlbefinden“ eines Pastors? Wir möchten und wollen in unserer „Heimatkirche“ zum Gottesdienst gehen können.

Für uns stellen sich folgende Fragen:
Die Anzahl der Kirchen des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg kann man leicht auf der Website feststellen. Aber wieviel ordinierte PastorInnen werden vom Kirchenkreis insgesamt beschäftigt? Wieviele davon arbeiten in “übergeordneten“ Kirchenkreis-Funktionen und stehen daher für die eigentliche Seelsorgearbeit nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung?
Inwieweit ist dieser „übergeordnete“ Personenkreis willens oder verpflichtet, Gottesdienste in den Kirchen des Kirchenkreises bei Bedarf zu übernehmen? Und – wer koordiniert und kontrolliert das?
Warum ist es einem/er PastorIn nicht zuzumuten, an einem Sonntag zwei Gottesdienste zu halten, wenn zwei Kirchen betreut werden müssen?
Wer hat das „Dogma“ erfunden, dass die PastorInnen auch alle 4 Wochen Anspruch auf ein freies Wochenende haben müssen?

Wer sich für den Beruf des Pastors (wir sind der Meinung, dass dieser Beruf Seelsorger genannt werden muss) entscheidet, dem muss klar sein, dass in diesem Beruf der Sonntag Hauptarbeitstag und Gottesdienste ein Arbeitsschwerpunkt sind und bleiben werden. Wer da anderer Meinung ist, sollte sich erst gar nicht für diesen Beruf entscheiden, bzw. bei „später“ Erkenntnis den Beruf wechseln, denn man ist doch wohl in erster Linie „Seelsorger“ geworden, d. h. sich jederzeit um Menschen in Freud und Leid kümmern zu wollen. Es müsste doch eigentlich Freude bereiten, wenn man mit gleichgesinnten Leuten „Gottesdienst feiert“, das ist zwar Dienst, aber deshalb doch kein Zwang, sondern müsste ein Bedürfnis sein.

Wir wollen mit diesem Brief unserer Besorgnis über den weiteren Weg unserer Kirche Ausdruck geben, niemanden angreifen. Wir sind der Meinung, dass diese gesamte Thematik nicht hinter verschlossenen Türen und in exklusiven Arbeitskreisen besprochen werden kann und darf, sondern dass es der „Kirche“ sehr gut anstände, dieses in aller Öffentlichkeit und mit dem „Fußvolk“ zu besprechen.
Für uns gilt der alte Grundsatz, dass Reformation immer wieder passieren muss, vor allem am Vorabend des Reformationsjubiläums.

Mit freundlichem Gruß

Rudolf Schlüter, Grundhof

 

im Entwurf gezeichnet:
Hartmut und Beate Dieterich, Langballig; Renate Balcke, Grundhof; Erika Kotenbeutel, Arnis;
Anne Correnz, Grundhof; Richard und Christine Krause, Glücksburg; Dr. Volker Eggeling, Süderbrarup;
Hans und Elke Hein, Owschlag; Ursula Weiß, Boren; Waltraud Below, Süderbrarup;
Karin und Georg Borngräber, Arnis; Eva Lufft, Arnis; Gertrud Kosiahn, Süderbrarup;
Helga Thomsen, Dollrottfeld; Hermann Kromer, Flensburg

Versandt am 2.2.2015

Vereinsgründung KirchenBunt in der EKiR

Nach Gründung mehrer Gemeindebünden in anderen Landeskirchen wie z.B. in Bayern (Aufbruch Gemeinde), in der Nordkirche (Gemeinde im Aufwind) oder in Brandenburg-schlesiche Oberlausitz (Gemeindebund) soll am 15.03. in der EKiR der KirchenBunt zur Stärkung der Interessen und Belange der Kirchenbasis ins Leben gerufen werden.


Ziele

Da abzusehen ist, dass der bisherige kirchenpolitische Kurs von der EKiR/EKD beibehalten wird und auch zukünftig kostspielige und strukturverändernde Maßnahmen ohne Beteiligung der ersten Ebene verordnet werden (letztes Beispiel: IT-Konzept), rufen wir zur Gründung des Vereins „KirchenBunt im Rheinland“ auf, mit dem wir uns für eine Stärkung der Basis und damit des Dienstes am Menschen, wie er uns durch Jesus Christus in Auftrag gegeben ist, einsetzen wollen. Wir sind davon überzeugt, dass den anstehenden Herausforderungen, denen sich unsere Kirche stellen muss, nur mit einer Intensivierung und Förderung der Arbeit in der Fläche und vor Ort und nicht durch Fusions- und Zentralisierungsprozesse zu begegnen ist. Darum hat für uns auch die finanzielle und personelle Ausstattung dieser Arbeit Vorrang vor fragwürdigen Investitionen in Verwaltung und Prestigeprojekte, deren effektiver Nutzen die Kosten in keiner Weise rechtfertigen…

kirchenbunt.de

60% fallen in Bayern durch das theologische Examen

In Bayern sind 60% aller KandidatInnen im erstem Versuch durch das theologische Examen gefallen. Die Ursachen sind noch nicht klar. Die Landeskirche spricht vorerst von einem Ausrutscher. Dennoch soll das Examen genau untersucht werden.

Wie politisch ist die Praktische Theologie? Von Prof. Godwin Lämmermann

…Wohlgemerkt, die Fragestellung lautet: „Wie politisch ist die Praktische Theologie?“ Demgegenüber soll im Folgenden nicht gefragt werden, wie politisch denn der eine oder andere Praktische Theologe war. Denn selbstverständlich kann ein Wissenschaftler politisch sein, ohne dass seine Theorie es substanziell ist. Man braucht sich nur an die Diskussion im Werturteilsstreit oder im Positivismusstreit erinnern und daran, dass hier zwar den Wissenschaftlern – sofern sie sich als Politiker gerieren wollen – das Recht auf politische Äußerungen eingeräumt, zugleich aber die Wert- und Politikfreiheit ihrer wissenschaftlichen Aussagen eingefordert wurde. Im Gegensatz zu dieser positivistischen Position der Wertfreiheit, vertreten von Max Weber und anderen, stand bekanntlich Theodor W. Adorno im sogenannten Positivismusstreit für die Auffassung, dass die Wissenschaft selbst eine Verantwortung für die politische Seite ihrer Ergebnisse zu tragen habe. Dass ich diese Auffassung teile, dürfte hinlänglich bekannt sein. Deshalb konkretisiere ich das Thema wie folgt: „Wie politisch ist die Praktische Theologie als wissenschaftliche Disziplin?“

…Die Praktische Theologie als politisch denkende hätte vielmehr das anzuwenden, was Paul Ricœur eine „Hermeneutik des Verdachts“ genannt hat….

Ein Praktische Theologie, die sich als Kritische Theorie versteht, hinterfragt das bisherige Selbstverständnis und versucht, in dieser Dialektik von Verstehen und Erklären verborgene Faktoren, wie Interessen, Verdrängtes, Machteinflüsse, geschlechtsspezifische Perspektiven, Manipulationsagenten usw. zu entschlüsseln. Das gilt für Strukturen wie für Menschen, für das Politische wie für das Persönliche, für andere Disziplinen, aber auch für die Praktische Theologie selbst. …

Eine „Hermeneutik des Verdachts“ ist – so schon Hans-Georg Gadamer – Ideologiekritik.  In diesem Sinne wäre die Praktische Theologie eben als Ideologiekritik christlich-religiösen Denkens und Handelns zu verstehen, und damit ist sie grundständig politisch…  

Lesen Sie auf den Seiten 37ff den vollständigen Vortrag.

Wenn Skepsis zur Pseudoskepsis wird

Skepsis ist eine wichtige Errungenschaft der Aufklärung. Die Fähigkeit an allem zu zweifeln befreit das Denken. Doch häufig verfallen Menschen in eine Pseudoskepis. Sie hinterfragen alle anderen, aber nicht sich selbst. Das bildet eine gefährlichen Nährboden für Verschwörungstheorien. Sascha Lobo plädiert auf Spiegel-online für eine neue Kultur der Skepsis.

„Preuße, Protestant und Patriot“ – der Pfarrer Heinrich Albertz wurde vor 100 Jahren geboren.

Pfarrer, die es in die Politik verschlägt, waren in den frühen Jahren der Bundesrepublik Ausnahmen. Heinrich Albertz zählte zu den wenigen: ein öffentlicher Protestant. Vor 100 Jahren wurde er als Sohn eines königstreuen Hofpredigers in Breslau geboren.

Frankfurt. Unbequemer Mahner, streitbarer Christ, eigenwilliger Politiker – das sind einige der Zuschreibungen, die Heinrich Albertz (1915–1993) auf seinem Lebensweg erhielt. »Der Mann, der mehrere Leben lebte«, lautet der Untertitel der Biografie, die der Historiker Jacques Schuster 1997 vorlegte, vier Jahre nach Albertz‘ Tod. Für Schuster sind für den Mann, den er beschreibt, drei Charakterzüge kennzeichnend: Preuße, Protestant und Patriot….