Archiv für den Monat: Mai 2015

„Judas“ – Der brandaktuelle neue Roman von Amos Oz. Eine Lektüre-Empfehlung von Niels Annen.

05/2015

Vor diesem historischen Hintergrund, der den Lesern einiges abverlangt, entfaltet Oz ein dichtes und tiefgründiges Kammerstück, in dem nur wenige Personen das ganze Drama Israels und immer wieder auch ihrer Jüdischheit diskutieren und sich daran abarbeiten…

Im Hause Gershoms und Ataljas begibt sich Shmuel in eine Art Winter-Klausur und beginnt auch wieder mit seinen Überlegungen zu Judas Iscariot aus jüdischer Perspektive: War er der Verräter Christi oder vielmehr nicht derjenige, der die Entstehung des Christentums erst ermöglichte?…

Mit Beginn des Frühlings erkennt Shmuel die Vergeblichkeit seiner Bemühungen, sowohl die zwischenmenschlichen um Atalja als auch die intellektuellen um das jüdische Bild des Judas. Er bricht auf in eine andere Welt und verlässt Jerusalem. Hier kommen ein Topos des Linkszionismus und ein realer Ort aus Oz’ eigenem Leben zum Tragen. Denn Shmuel geht in den Negev, wo er helfen will, die neue Stadt Mitzpe Ramon aufzubauen….  Mehr dazu.

Studium vor Bologna: „Man hatte mehr Freiheit“

18. Mai 2015, von Roland Preuß, SZ

Mathias Brodkorb (SPD), Wissenschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, hat das Studium nach der Bologna-Reform heftig kritisiert.
Früher habe man im Studium „mehr Freiheit und Kombinationsmöglichkeiten“ gehabt, nun sei „alles überreguliert“.
1999 hatten sich 29 europäische Staaten in Bologna auf ein gemeinsames Studiensystem verpflichtet, um den europaweiten Austausch von Studenten voranzutreiben. Mittlerweile ist der „Bologna-Raum“ auf 47 Nationen angewachsen.
 Zum Artikel

Landkreis in Bayern gegen TTIP: Viele Gemeinden, Klein- und Mittelstandsbetriebe in Bayern fürchten das geplante „Freihandelsabkommen“. Nirgends ist der Widerstand so geballt wie im mittelfränkischen Landkreis Roth. Ein Bericht des Bayerischen Rundfunks.

Städte, Kommunen und Landkreis Roth gegen TTIP

21.05.2015, von: Susanne Wimmer

Dort haben sich bereits im vergangenen Jahr alle 16 Bürgermeister gegen TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership – in seiner derzeit bekannten Form ausgesprochen. Ebenso die Stadt Schwabach und der Kreistag. Das regionale „Bündnis gentechnikfreier Landkreis Roth und Stadt Schwabach“ hatte sich für diese Position stark gemacht. Ihm gehören mittlerweile eine Reihe weiterer gesellschaftlicher Gruppierungen an, wie der Bund Deutscher Milchviehhalter, der Kreisjugendring, der DGB, oder die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Zum Bericht. 

Klein- und Mittelstandsbetriebe gegen TTIP

Wir hatten und haben sehr viele Anfragen von überwiegend mittelständischen Betrieben, ob es eine Liste gäbe, in der sie sich als Gegner gegen CETA, TTIP und TISA eintragen könnten.
Diesen Gedanken haben wir aufgegriffen und stellen über dieses Emailformular die Möglichkeit des Eintragens zur Verfügung.
Wir denken, dass es wichtig ist, den Verantwortlichen in den Regierungen, dem Europaparlament sowie der EU-Kommission aufzuzeigen, dass nicht nur der einfache Bürger und die Bürgerin CETA, TTIP und TISA ablehnen, sondern auch die angeblich davon profitierenden Firmen.
Einzig und allein helfen diese Abkommen den großen Konzernen wie BASF, MONSANTO und Co. nicht jedoch den Klein- und Mittelstandsbetrieben. Mehr dazu.

Ein Dorf in Österreich steht auf gegen Abschiebungen

11.05.2015

In der österreichischen Gemeinde Alberschwende wird seit Wochen für den Verbleib von Flüchtlingen gekämpft. Fünf Syrer sollen über das Dublin-III-Abkommen nach Ungarn abgeschoben werden. Dort warten menschenunwürdige Bedingungen auf sie – Obdachlosigkeit, Haft, rassistische Übergriffe. Mit der Aktion »Wir sind Asyl« wird seit Wochen dagegen protestiert. Ganz vorne dabei: Bürgermeisterin Angelika Schwarzmann. Als am Montag die Flüchtlingsunterkunft von der Polizei umstellt wurde um einen Syrer abzuschieben, »eilte die Bürgermeisterin sofort zum Asylheim und alarmierte dabei noch über eine Telefonkette rund 150 Unterstützer der Aktion«, berichten die Voralberger Nachrichten. Die Abschiebung scheiterte, da der Flüchtling nicht aufzufinden war. … Mehr dazu.

NSU-Watch Hessen: Bericht von der siebten öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschuss vom 27. April 2015

14. MAI 2015 · BERICHTE, UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS

Zur 7. siebten öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses waren zwei Abgeordnete aus dem Bundestagsuntersuchungsausschuss (BUA) sowie die Vorsitzende des ersten Thüringer Untersuchungsausschuss geladen. Sie sollten zum Stand der parlamentarischen Aufarbeitung des NSU-Komplexes und zu offenen Fragen mit Bezug auf Hessen Auskunft geben. Mehr dazu.

Dem Kirchenpräsidenten auf den Weg. Eine Bitte, die (Land-) Gemeinden nicht zu vergessen! Ein Gedicht von Pfr. Manfred Günther.

05/2015, aus dem Jahr 2009 (eingereicht als Kommentar zu den Kommentaren des Wormser Wortes, mit freundlicher Genehmigung des Autors hier übernommen)

Nun kommt nach langen dunklen Jahren,
da Kirchenäcker steinig waren,
ja hoffentlich ein neuer Tag
mit wieder geistlichem Ertrag!

Auch hoffe ich, dass Theologen,
was die Strukturreform verbogen,
bald wieder richten – aus dem Wort! –
(soweit das möglich ist!) vor Ort

und tätig dort, wo Christen wohnen.
Die Zukunft möge uns verschonen
vor unsrer Leitung starkem Drang,
durch den sie viele Jahre lang

die Kirchenbasis (die Gemeinden!),
als zähle sie zu ihren Feinden,
beschädigt und entmachtet hat.
Man spürt’s vielleicht nicht in der Stadt,

wo einige gemeinsam tragen.
Doch für das Land ist klar zu sagen:
Die Dörfer buchen nur Verlust!
Mit Recht verbreitet sich der Frust

bei den KVs und Synodalen
(man spürt’s jetzt bei den Kirchenwahlen!),
bei Pfarrern auch und noch viel mehr!
Längst fühlt man sich im Dienstverkehr

als Pfarrer ländlich kleiner Orte
ja wie ein Mensch von zweiter Sorte,
mit dem man lieber gar nicht spricht.
Wovor er warnt, das hört man nicht,

zum Beispiel: nicht zu übereilen
die Dorfgemeinden aufzuteilen …
Man teilt sie dann besonders gern,
doch bleibt danach den Folgen fern,

die meist in kurzer Frist sich zeigen:
Wenn Kirchengliederzahlen steigen,
für die ein Pfarrer eingesetzt,
wird nicht nur Tradition verletzt,

nein, auch die Mitarbeiter fliehen,
beginnen sich zurückzuziehen:
Gemeindearbeit ist bedroht
und bald ist die Gemeinde tot,

die einst lebendig war und rege.
Vor allem führ’n dann keine Wege
zurück zur Kirche früh’rer Zeit.
Hier wird aus falscher Sparsamkeit

das Pfund, das wir zum Wuchern haben,
für immer tief im Sand vergraben
und niemand holt es mehr herauf!
Nimmt das so weiter seinen Lauf,

dann ist das Land bald abzuschreiben.
Doch hoffe ich, so wird’s nicht bleiben.
Wir brauchen einen neuen Plan!
Das Land ist Land und nicht urban

und anders, was dort Christen wollen:
Nicht „halbe“ Pfarrer, nein, den „vollen“,
der reichlich Zeit, dazu das Geld
für einen guten Dienst erhält,

um statt zu sparen und zu straffen
selbst dort bald wieder Frucht zu schaffen,
wo heut’ die Felder leer und kahl.
Dafür – als erstes Initial –

wär’s gut, sich „oben“ zu bequemen,
Gemeinden wieder wahrzunehmen,
die dörflich, ländlich strukturiert.
Wer richtig hinschaut, der verliert

das liebgeword’ne falsche Denken:
Man könne sich die Mühe schenken,
in der Provinz sei eh nichts los!
Zwar sind Gemeinden hier nicht groß,

doch sehr aktiv – wenn wir sie lassen,
nicht teilen, bis die Zahlen passen,
streng nach Gesetz und darum schlecht!
Denn das Gesetz ist ungerecht

und fragt nach Quantität und Masse
und nicht nach Kirchlichkeit und Klasse! –
Nun glaub’ ich, dass der Präsident
aus eigener Erfahrung kennt,

was hier (nur ziemlich grob) beschrieben.
Doch ist’s ihm auch im Sinn geblieben
nach seinem Umzug in die Stadt?
Wer Kirchenleute um sich hat,

die nie im Dienst des Lands gestanden,
dem kommt vielleicht ganz schnell abhanden,
was früh’r ihm selbstverständlich war.
Denn eines ist doch wohl ganz klar:

Die meisten aus der Kirchenleitung
erleben Kirche in der Zeitung
und selten als Gemeindeglied.
Doch wer mit fremden Augen sieht,

wird kaum im Herzen auch empfinden,
wie stark Gemeindebande binden
und was man einem Menschen nimmt,
wenn man von oben her bestimmt,

die Kirchenheimat ihm zu teilen.
Was erst halbiert, wird nicht mehr heilen
(wir sehen’s doch schon hier und dort!). –
Jetzt noch, Herr Präsident, ein Wort

zur Rolle Ihrer Fachberater:
Da geht’s, so nenn’ ich’s, um „Theater“
bei Kirchentag und Groß-Events
(das Feld des Medienreferents!):

Man lässt die Kirche bunt erstrahlen
und freut sich an den großen Zahlen.
Die Menschen sind auch gerne da,
die Schau entlockt manch „Oh!“ und „Ah!“

Doch andre gingen unterdessen
bei dieser Arbeit ganz vergessen:
Die nämlich sind an ihrem Ort
und können dort auch gar nicht fort

und zum Event ist’s weit zu fahren! –
Wer wird es ihnen offenbaren,
wo unsrer Kirche Mehrheit wohnt
und dass sich jeder Einsatz lohnt,

auch ihre Mitgliedschaft zu pflegen!
Auch Land-Arbeit bringt reichen Segen,
weil hier ein tiefer Glaube lebt! –
Ein andrer „Stabsbereich“ erstrebt

die Mehrung kirchlicher Finanzen:
Gibt’s wohl Ertrag, Verlust im Ganzen
und ob die Kirchensteuer reicht?
Es fehlt die Sicht, die auch vergleicht:

Was bringen geistlich diese Kosten?
Nützt der Gemeinde dieser Posten?
Es zählt die Zahl nur unterm Strich.
Man denkt und handelt wirtschaftlich:

So mancher Dienst gilt als verloren,
die Zeit dafür als „Sparfaktoren“!
Denn anders kann man’s gar nicht seh’n,
weil, wenn wir in die Praxis geh’n,

erkennt man schnell (was nicht verwundert!),
ein Pfarrer nur für Siebzehnhundert –
da bleibt für anderes nichts mehr:
Besuch, Beratung leiden sehr,

genau wie Kinder-, Jugendkreise.
Wer plant noch die Gemeindereise,
wie’s vielerorts doch üblich war?
So manches, was man übers Jahr

in früh’ren Zeiten angeboten,
zählt heute zu den arg bedrohten
und oft schon eingestellten Dingen.
Fast denkt man selbst, dass sie nichts „bringen“:

Bei Überlastung zu beschwerlich!
„Nur“ fröhlich, darum wohl entbehrlich.
So also wirft man manches hin. –
Was aber bleibt dann als Gewinn?

Macht uns der Blick in volle Kassen
allein schon sicher und gelassen,
wir hätten unsern Dienst getan?
Ist’s Überhebung nicht und Wahn

und eitles, äußerliches Denken,
die Kirche sei durch Geld zu lenken,
beziehungsweise Sparsamkeit?
Wann endlich, es ist höchste Zeit,

setzt einer neue, gute Ziele:
Der Sparfaktoren gibt es viele,
doch niemals steh’n sie obenan!
Was Kirche wirklich gründen kann

steht ein für allemal geschrieben:
Die Menschen, grad die Schwachen lieben
und ihnen wirklich nahe sein!
Gemeinde, ist sie noch so klein,

braucht ihren Pfarrer, er ist wichtig!
Hier abzubauen ist nicht richtig
und rächt sich schneller als man glaubt.
Wer Menschen Hirt und Heimat raubt

zerstreut des großen Hirten Herde! –
Wie wünsch’ ich, dass es anders werde:
In Stadt und Land, an jedem Ort
zuallererst nach SEINEM Wort!

Manfred Günther

Manfred Günther, manchem besser bekannt als Pfarrer Schein, dem Autor mehrerer Gedichtbände.

Dogmatische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme? Arbeitsbericht zur Neuauflage der Bekenntnisschriften in der Badischen Landeskirche.

05/20115, Wolfgang Vögele

– Was sollen wir denn damit?
– Da haben wir noch nie hineingeschaut!
– Das soll ich einmal unterschrieben haben?

Solche Aussagen kann man hören, wenn Pfarrer und Älteste zum ersten Mal einen Blick in neue Ausgaben und Auflagen der Bekenntnisschriften werfen. Bekenntnisschriften führen bekanntlich ein Schattendasein im evangelischen Legitimationsuntergrund – weit verbreitetes und ausgedehntes Wurzelwerk bei geringer Blütengröße. Dabei schaffen die Grundordnungen der evangelischen Landeskirchen eigentlich ein solides normatives Dreieck zwischen Bibel, Bekenntnisschriften und Kirchenrecht. Die ausgewogene Balance dieses Dreiecks geht allerdings in den letzten Jahren zunehmend verloren. Um die theologische Dignität der Bekenntnisschriften zu würdigen und anzuerkennen, ist zunächst ihre Kenntnis vonnöten….

Glaubensvisionen haben im Moment ja gar keine Konjunktur, die Zukunft scheint in der Gegenwart der evangelischen Kirche ihren Ort verloren zu haben. Denn in den Konsistorien ächzt man unter der Last der grauen Wirklichkeit und hat bisher kein Mittel gegen die bleibend hohen Austrittszahlen gefunden: Milieuanalysen, Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen, Reformprogramme oder das Pfeifen im Walde (Minderheit mit Zukunft!) haben alle nicht geholfen. Aus der EKD kommt der Vorschlag, die Confessio Augustana als das früheste und gemeinsame Grundbekenntnis der Reformation als gemeinsame Grundlage der evangelischen Landeskirchen zu implementieren[11]. So würde die EKD von der „Kirchengemeinschaft“ zur Kirche mit gemeinsamem Bekenntnis promoviert. Diesem Vorschlag ist schon mit guten historischen und aktuellen Gründen widersprochen worden. Er nimmt einfach das Differenzmoment nicht ernst genug. Man muss im Übrigen kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass dieser Vorschlag zwischen der Kritik an dem damit verbundenen Zentralismus und den bekannten irrationalen Regionalisierungskräften zerrieben werden wird.

Visionär wäre die Weiterführung von Leuenberg zu einem europäischen evangelischen Bekenntnis, das über die landeskirchlichen und nationalen Grenzen hinausreicht. Aber im Moment sind Kräfte und Personen nicht zu erkennen, die dafür Kraft, Kreativität und langen Atem besitzen würden. Der Heilige Geist hat im Moment eine Menge zu tun. Zum Artikel.

Ich unterzeichne das Wormser Wort, weil…

Von Zeit zu Zeit veröffentlichen wir hier Kommentare von UnterzeichnerInnen des Wormser Wortes:

Annegrit D. 
Wir erfahren gerade in unserer Gemeinde die Leichtfertigkeit, mit der Fusionsentscheidungen ohne angemessene fachliche Vorbereitungen getroffen werden sollen.

Anne L.
Weil ich als Pfarrerin nicht länger mit ansehen möchte, wie immer mehr Kirchen verschwinden.

Alfred K.
Es kann nicht sein, daß die Gemeinden immer mehr entmündigt werden unter dem verschleiernden Vorwand, sie von ihren Aufgaben der Verwaltung zu entlasten, oder Angebote zusammenzufassen auf „Dekanatsebene“. Dies ist eine Abwertung der Menschen, die sich in der Kirche engagieren.

Jossi A.
1. Durch eine Spezialseelsorgearbeit bin ich mit vielen deutschen Kollegen und Kolleginen verbunden. Deshalb ist es mir nicht einfach egal was so in D ganz allgemein und in den Landeskirchen geschieht.
2. Auch wenn bei uns die Strukuren sehr unterschiedlich sind – mach Wasserköpfler/in schaut gerne über die Grenze, was sich so in den dt. Landeskirchenämtern so tut…

Ulrike P.
… ich mir für die Basis mehr hauptamtliche Mitarbeiter wünsche, und mehr Förderung für die ausgedünnten Gemeindebereiche. Von nichts kommt nichts! Und wer nicht reichlich sät, der wird auch nichts ernten. Besonders in der Arbeit mit Menschen!

Kurt D.
Mitglied der Kirche wird man nur durch die Basigemeinde, den direkten Kontakt mit den Glaubenden. Die Leute in der Verwaltung sind wie die „Etappenhasen“ früher, aber an der Front- der Basigemeinde- entscheidet sich das Schicksal. Warum wollen die Leute in der Etappe, all diese Innendienstpastoren- nicht an die Front? Statt dessen behängen sie sich mit Goldkreuzen und immer neuen Etappenfunktionen.

Zur Situation der Pfarrerschaft. In Memoriam Friedrich Weber.

05/2015 Vortrag vor dem Gesamtkonvent am 21. August 2002 in Wolfenbüttel, vom verstorbenen Landesbischof Dr. Friedrich Weber


2. Überlastung

Am Ende ist so mancher atemlos und ausgebrannt. Es gibt viele verschiedene Strategien, um mit der Überlastung umzugehen: Rückzug oder verstärkter Aktivismus, das Stöhnen über das Zuviel an Verwaltung, oder die Konzentration auf weniges, was eher dem persönlichem Hobby als der Breite der pfarramtlichen Tätigkeit gerecht wird, oder gar Frustration und Zynismus.

Die Frage ist nicht, ob das alles richtig oder falsch ist, entscheidend bleibt als Ausgangspunkt, dass Überlastung von einer breiten Mehrheit subjektiv empfunden wird. …

3. Verunsicherung über die Rolle des Pfarrers und der Pfarrerin

Zu den inneren wie äußeren Umbrüchen in Kirche und Gesellschaft kommt eine tiefe Verunsicherung von Pfarren und Pfarrerinnen über ihre Rolle und Aufgabe in Kirche und Gesellschaft. Folgende Faktoren, die ich nur summarisch aufliste, haben zu dieser Verunsicherung beigetragen:
– historisch: der Wandel des Pfarrerbildes durch die Frauenordination,
– die Spannung zwischen Profession und Beruf, zwischen Theologie und Verwaltung,
– die Qual der Rollenunklarheit: Priester oder Prophet,
– die Stellenteilung von Pfarrehepaaren und die eingeschränkten Dienstaufträge (50%, 75 %, 80 %),
– das Verhältnis von Ordinierten und Laien (Sakramentsverwaltung),
– das Verhältnis von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen,
– Fleiß und Frust im parochialen Alltag,
– Fragen der Residenzpflicht und der Einkommensentwicklung.

4. Eine Theologie des Amtes

Ganz elementar formuliert brauchen wir Pfarrerinnen und Pfarrer, die von ihren Voraussetzungen her in der Lage sind, und es zugleich als Aufgabe begreifen, suchende, ratlose, leidende, sterbende, aber auch fröhliche und erfolgreiche Menschen auf ihrem Weg mit Gott zu begleiten, deren Lebensweg vom Evangelium her zu deuten. Dass wir gerade in dieser Begleitung von Menschen selbst beschenkt werden, oft reichlicher empfangen als wir gegeben haben, ist hoffentlich eine Erfahrung, die auch sie immer wieder in Ihrem pastoralen Alltag machen dürfen.

Vor diesen kurz skizzierten Aufgaben, muss eine neu zu entwerfende Theologie des Amtes nicht alles neu erfinden. Sie darf sich in den Eckpunkten der Tradition bewegen, die als Aufgabe des Pfarrers und der Pfarrerin die Kommunikation des Evangeliums beschreibt, und die zugleich festhält, dass die Botschaft des Evangeliums auch für den Amtsträger gilt: Simul iustus et peccator. ”Die kirchliche Tradition stellt die Ordinierten unter den besonderen Anspruch Gottes…

5. Schlaglichter pastoraler Arbeitsfelder

Insbesondere die Aus- und Fortbildung der kirchlichen Amtsträger hat sich daran zu orientieren, ihnen geistliche und seelsorgerliche Kompetenz in der Verantwortung der eigenen Lebensführung zu ermöglichen. Ich frage mich manchmal, ob wir als Pfarrer und Pfarrerinnen neu beten lernen müssen?

Dazu kommt die Förderung der hermeneutischen Kompetenz zur Vermittlung von Glaubensfragen und zum Verhältnis von Glaube und Institution Kirche. In der Kompetenz der Amtsträger liegt zugleich die Möglichkeit sich von einer verwaltenden zu einer missionarischen Kirche zu entwickeln…
6. Zur Residenzpflicht

Ohne damit eine neue Lösung zu präsentieren, möchte ich zuerst fragen: Was ist zu tun, damit Pfarrerinnen und Pfarrer das Wohnen im Pfarrhaus wieder leichter fällt? Das ist für mich die eigentlich entscheidende Frage in der gesamten Problematik der Residenzpflicht.

Ich will an dieser Stelle auch erwähnen, dass das gesamte Kollegium die finanziellen Einbußen der Pfarrerschaft in den letzten Jahren deutlich zur Kenntnis genommen hat. Die Schönheitsreparaturenpauschale u.a.m. seien hier erwähnt. (Rundschreiben OLKR Dr. Fischer hat die Problematik angezeigt) Andererseits kann ich der gelegentlich kolportierten Berechnung nicht zustimmen, dass durch das Wohnen im Pfarrhaus ein Betrag in Höhe von mehreren hunderttausend Euro den Pfarrerinnen und Pfarrern verloren geht.

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Landesbischof Dr. Friedrich Weber: Zur Situation der Pfarrerschaft S. 27

Psychische Belastungen und Burnout beim Bildungspersonal Empfehlungen zur Kompetenz- und Organisationsentwicklung Gutachten.

05/2015, vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (Hrsg.)

Zusammenfassend sprechen die oben zitierten Studien dafür, dass Burnout bei
Beschäftigten im Bildungsbereich nicht nur ein bedeutsames Problem darstellt,
weil viele Betroffene frühverrentet werden oder durch häufige Fehltage auffallen.
Darüber hinaus – insofern Burnout in beträchtlichem Umfang vorkommt – wird
die Qualität des Bildungssystems insgesamt beeinträchtigt, das Potenzial der
zu Erziehenden oder zu Bildenden weniger effektiv gefördert und somit werden
weniger gute Lernergebnisse erzeugt. Dass auch Beschäftigte in anderen Institutionen des Bildungswesens – außer den am besten untersuchten Lehrkräften an Schulen – in ihrer beruflichen Tätigkeit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, ist wahrscheinlich… Das Gutachten als pdf.