Archiv für den Monat: September 2015

Aus dem Lot. Gehaltsgefüge in der Kirche entwickelt sich auseinander. Ein Kommentar von Anneus Buisman.

09/2015, Hannoverscher Pfarrverein
„…
Das war bisher irgendwie plausibel: die Einkommen richteten sich nach Verantwortung, nach Länge, Qualität und Kosten der Ausbildung, nach zusätzlichen Aufgaben usw. Übermäßige Spreizungen wurden vermieden.

Aber nun gerät es anscheinend aus dem Lot. Die Ausschreibung von Kirchenamts-Leiter-Stellen zeigt es an. Gab es dort bisher als höchste Vergütungsstufe A 14, soll es nun A 15 werden. Und das für Beschäftigte, die weit überwiegend ihre vom ersten Tag an bezahlte Ausbildung als Vollfinanzierung bzw- alimentierung von der Kirche erhalten haben, sprich: keineswegs ein selbstfinanziertes Studium auf eigenes Risiko vorfinanzieren mussten.
Dies wiederum läßt nun die Superintendenten nicht ruhen. Als Aufsichtspersonen mit akademischer Ausbildung müssen sie dann ja A 16, das höchste Gehalt der A-Tabelle, bekommen, eine Stufe über den KA-Leitern. Die Debatte darum hat in den synodalen Gremien begonnen… „. Zum Beitrag.

Kirchen werben sich VikarInnen ab

Dass es zu einem Wettbewerb um knappes Pfarrpersonal kommen wird, bahnt sich seit geraumer Zeit an. Auf ihren ansprechend gestalteten Websites zur Nachwuchswerbung (http://www.die-nachfolger.de und http://www.vikariat-nordkirche.de) bekennt sich die Nordkirche seit geraumer Zeit dazu, dass sie demnächst den Nachwuchsbedarf aus eigenen Reihen nicht wird decken können und auch offen sein wird für Bewerbungen aus anderen Landeskirchen. „Auch die Mehrzahl der anderen Gliedkirchen der EKD, der Evangelischen Kirche in Deutschland, hat ausgerechnet, dass es in Deutschland etwa ab 2018 einen PastorInnenmangel geben wird. VikarInnen und Pastoren können frei wählen, in welcher Landeskirche sie langfristig arbeiten möchten. Die Entscheidung sollte möglichst vor dem Vikariat getroffen werden! Aber auch danach ist ein Wechsel möglich.“ (http://www.vikariat-nordkirche.de/derberuf/berufsaussichten/index.html, Stand 24.09.15) Man setzt also vor allem aber nicht nur auf möglichst jungen Nachwuchs. „Wer ein Vikariat und eine spätere Pastorentätigkeit in der Nordkirche anstrebt, sollte sich um einen Vikariatsplatz bewerben. Dies ist auch möglich für Bewerberinnen und Bewerber aus einer anderen Landeskirche.“ (http://www.vikariat-nordkirche.de/vikariat/bewerbung/index.html, Stand 24.09.15) Die Besoldung der ausgebildeten PastoInnen erfolgt dann in der Nordkirche nach A 13 und A 14.

Innerhalb der Landeskirchen gibt es den Wettbewerb ja schon längst, strukturschwache Regionen abseits der Zentren haben es deutlich schwerer, geeignete Bewerbungen auf freie Stellen zu erhalten als Gemeinden in vermeintlich oder tatsächlich attraktiveren Regionen.
Neu ist, dass immer mehr Landeskirchen sich offen dazu bekennen, anderen Landeskirchen den Nachwuchs durch bessere Besoldung und attraktivere Arbeitsbedingungen abwerben zu wollen.
Eine 48-Stunden-Woche (wie die ELKB sie vorsieht (http://www.sonntagsblatt-bayern.de/news/aktuell/2015_35_07_01.htm) besoldet nach A 14 analog Bundesbesoldungsordnung ist eben etwas anderes als eine 100% Stelle ohne definierte Wochenarbeitszeit besoldet nach A 13 analog Landesbeamtenbesoldung NRW. So in etwa stellt sich ja momentan die Bandbreite der Angebote der EKD-Kirchen dar. Und das hat neben unterschiedlich definierten Arbeitszeiten auch schnell Unterschiede von einigen hundert Euro auf der monatlichen Gehaltsabrechnung zur Folge mit entsprechenden Konsequenzen für die Versorgung im Ruhestand, den man hoffentlich gesund erreicht. Aber das ist ein anderes Thema.
Dass man auf EKD-Ebene offenbar nicht in der Lage ist, sich auf eine deutschlandweit einheitliche Besoldung für Pfarrerinnen und Pfarrer zu verständigen, wird diesen Wettbewerb im kommenden Jahrzehnt richtig anfeuern. Es werden dabei diejenigen Landeskirchen den Kürzeren ziehen, die aus finanziellen Gründen bei der Besoldung ihrer Pfarrerinnen und Pfarrer nicht mithalten können oder dies aus ideologischen Gründen auch nicht wollen. Der im Internet frei einsehbare Personalentwicklungsbericht der EKvW aus dem Herbst 2014 http://www.evangelisch-in-westfalen.de/fileadmin/ekvw/dokumente/berichte/Personalbericht_2014.pdf rechnet damit, dass, die jetzige Entwicklung fortgeschrieben, in 2030 der EKvW rund 250 ausgebildete PfarrerInnen fehlen werden und in 2035 rund ein Drittel des Minimalbedarfs an Pfarrerinnen und Pfarrer nicht wird gedeckt werden können und somit eine Pfarrerin oder ein Pfarrer nicht wie geplant für 3500 Gemeindeglieder (schon damit erhöht sich die Zahl der Gemeindeglieder, für die eine Pfarrerin / ein Pfarrer zuständig sein soll, innerhalb von zwei Jahrzehnten um 25 Prozent) sondern für 5160 Gemeindeglieder zuständig wäre. „Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die von der Kirchenleitung festgelegte Zahl von 20 Aufnahmen in den Probedienst pro Jahr seit nahezu zehn Jahren nicht erreicht wird.“ (Seite 13). Ich erlaube mir zu ergänzen: Ebenso ist nicht berücksichtigt die Zahl an Pfarrerinnen und Pfarrern, die bis dahin die EKvW verlassen haben wird, weil sie anderswo besser besoldet und versorgt wird.

Von Stephan Buse

Der liebe Gott und das Geld.

22.07.15, DIE WELT, LEITARTIKEL

Die Zahl der Kirchenaustritte steigt, weil viele Deutsche meinen, keinen Nutzen von Religion zu haben. Die Kirchen müssen nach neuer weltlicher Relevanz im Alltag suchen…

Benedikt XVI. versuchte es mit dogmatischem Konservatismus und erreichte nichts. Franziskus setzt auf menschenfreundliche Offenheit, aber es treten mehr Katholiken aus als je zuvor. Der evangelischen Kirche wiederum, die es sanft und liberal mag, laufen die Leute ebenfalls in Scharen davon. Zugleich beginnen die bibeltreu predigenden Evangelikalen neuerdings zuzugeben, dass auch sie entgegen ihrem bisherigen Selbstbild als Missionierungshelden keine nennenswerten Erfolge haben…

Doch bei den meisten scheint die Ökonomie des Religiösen tief gestört zu sein. Zum einen all das wäre weltlich. Aber nur daran erkennen die Leute, dass sie etwas von Kirche habenschauen sie immer genauer auf ihre Kosten und fragen, warum sie der Kirche Geld geben sollen, wo sie schon als Steuerzahler und Sozialversicherte den größten Teil diakonischer und karitativer Sozialleistungen finanzieren. Ganz zu schweigen von den fast 500 Millionen Euro an Staatsleistungen für die Kirchen. …

Jedenfalls ist bemerkenswert, wie wenig sich die Kirchen bislang beim Megathema Religion als Bildungs- und Informationsanbieter zu profilieren vermögen. Auch wenn es um Geselligkeit von Normalbürgern geht, denken wohl nur wenige Deutsche als Erstes an die Kirchen. Gewiss, all das wäre weltlich. Aber nur daran erkennen die Leute, dass sie etwas von Kirche haben. (Hervorhebung F.S.)

Zum Artikel.

Pfarrerschaft: Radikale Vereinzelung bei zunehmender Entsolidarisierung.

09/2015, Pastorenausschuss Hannover, Herbert Dieckmann

‚„Nur ich habe dieses Problem!“
So reagiert zunächst einmal jene KollegIn,
-die auf unverständliche Anweisung ihres Sups zu ihrer KG von 3.000 GG noch zwei weitere vakante Kirchengemeinden mit dann insgesamt 7.800 GG pastoral versorgen soll,

-die kurz vor ihrem 57. Geburtstag mit einem Sup-Versetzungsantrag bedroht wird,

-die vom KV und Sup so bedrängt wird, dass sie in die Psychiatrie flüchten muss,

-die keine Chance sieht, dass ihre sanierungsbedürftige Dienstwohnung endlich renoviert wird,

-die über Jahre mehrere Tausend Euro an Nebenkosten zu viel bezahlt hat,

-die von ihrem Sup. öffentlich in der Zeitung angegriffen wird,

-die sich von ihrem KKA (Kirchenkreisamt)-Leiter gezwungen sieht, ein ungünstiges Wlan-System und einen unvorteilhaften PC-Wartungsvertrag mit dem KKA beizubehalten.

„Bei der KollegIn ist das auch kein Wunder! Mir kann so etwas nicht passieren.“‚

Zum Bericht.

Pfarrerausschuss: Mehr Beratungsbedarf durch vermehrtes Organisationsversagen.

09/2015

“Wer nun die einzelne PfarrkollegIn angemessen beraten will, muss sich stets diese lange Reihe der Widersprüche in unserer Landeskirche ins Gedächtnis rufen”, schreibt Pastor i.R. Herbert Dieckmann. Der ehemalige Vorsitzende des PA und des Hannoverschen Pastorenvereins (HPV) sieht die ratsuchende Kollegin oder Kollegen mit seinem bzw. ihrem persönlichen Beratungsanliegen ganz am Ende einer langen Kette eines nunmehr zwanzigjährigen Organisationsversagen unserer Landeskirche.

Dieckmann listet sechs Punkte auf, mit denen er seine These begründet.

1) Starke Kürzung der zentral wichtigen Gemeinde-Pfarrstellen
2) Systematische Abwertung der zentral wichtigen Gemeinde-PastorInnen
3) Ständige Demotivierung der zentral wichtigen Gemeinde-PastorInnen
4) Unfairer Umgang mit einzelnen PastorInnen bei gleichzeitiger Nachwuchswerbung
5) Trotz steigender Kirchensteuern weitere Streichung der Gemeindepfarrstellen
6) Trotz eindeutiger Gemeinde-Orientierung der Kirchenmitglieder weiterer Ausbau
der gescheiterten “Kirchenkreis-Kirche”

Zum Bericht von Pfr. i.R. Herbert Dieckann, Hannover

Drei Bischöfe und ein Arbeitsrecht. BR.

01.08.2015, Bayer. Rundfunk
Ab dem 1. August gilt das neue kirchliche Arbeitsrecht. Doch drei bayerische Bischöfe ziehen nicht mit und düpieren damit den Vorsitzenden der Bayerischen und Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.
.“..
Keine neue Heirat, keine Lebenspartnerschaft
Darüber hinaus fordern sowohl die katholische wie die evangelische Kirche von ihren Mitarbeitern eine besondere Loyalitätspflicht. …
In der katholischen Kirche heißt das zum Beispiel ganz konkret, dass Lebensformen, die mit der kirchlichen Lehre nicht in Einklang stehen, zur Kündigung führen können. Dies trifft Geschiedene, die wieder heiraten oder Menschen, die in homosexuellen Beziehungen leben…“

Mehr dazu.

 

Die Kirche hat wirklich vom Staat das Recht erhalten, zu diskriminieren! Da sind hunderttausende von Menschen betroffen.

09/2015: 3.8.2015 – Bayernchronik Bayern2 (www.br.de)
Johannes Grabmeier von „Wir sind Kirche“ „Bischof Oster liegt ganz verkehrt“
Drei bayerische Bistümer wollen das neue kirchliche Arbeitsrecht nicht umsetzen. Der Bischof von Regensburg verweigert sich mit fadenscheinigen Argumenten, sagt Johannes Grabmeier von der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“. Von Markus Wolf. Mehr dazu.

Agamben: Europa muss kollabieren

Zeit 13.9.2015

Der Philosoph Giorgio Agamben spricht in einem Interview mit der Zeit zu Europa. Der Umgang der EU mit der Kreditgeberkrise gibt Agamben recht. Die EU zeigt sich als wirtschaftspolitisher Zusammenshluss ohne demokratische Mitbestimmung. Für Agamben muss dieses Europa kollabieren um einem neuem Europa Platz zu machen. Das gelingt nur, wenn sich der Mensch nicht ausschließlih über seine Erwerbsarbeit definiert.

TTIP trifft die Kultur- und Kreativwirtschaft

09/2015
„…

Es ist aber zu kurz gesprungen, bei TTIP und Kultur nur an den öffentlichen Kulturbereich zu denken. TTIP betrifft als Freihandelsabkommen für Güter und Dienstleistungen insbesondere die Kultur- und Kreativwirtschaft. Immerhin eine Branche mit 1,6 Millionen Beschäftigten in Deutschland, deren Beitrag zur Bruttowertschöpfung in Deutschland über der der chemischen Industrie oder der Energieversorgung liegt….“ Mehr dazu.