Archiv für den Monat: Oktober 2015

Theorie des Terminstundenmodells zur Erfassung der Arbeitszeit von PfarrerInnen von Michael Westerhoff, Fachbereich Personalentwicklung der EKvW. Und die Konfrontation mit der Praxis durch Andreas Kahnt, Vorsitzender des Verbandes Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer Deutschlands e. V.

aus: PV-Info 2/2015 vom September 2015

Wie viel ist 75 Prozent von unendlich?
Ein Modell zur Erfassung von Arbeitszeit im Pfarramt

Michael Westerhoff, Fachbereich Personalentwicklung der EKvW


Terminstundenmodell – Grundidee
✤ Volle Stelle entspricht 21 Zeitstunden/ Woche, in denen die Pfarrerin/
der Pfarrer an Terminen präsent oder „im Kontakt“ ist
(Terminstunden) und 21 Zeitstunden Vorbereitungszeit/Woche
= 42 Zeitstunden Gesamtarbeitszeit
✤ Erfasst und geplant werden nur die Terminstunden
✤ Planung entspricht Erfassung: In die Planung fließen alle dienstlichen
Termine entsprechend ihres zu erwartenden Stundenumfangs ein, in
der Erfassung die tatsächlich geleisteten dienstlichen Termine
✤ 20 Terminstunden gehen als fest verplante Zeit ein, 1 Terminstunde
wird für Unvorhergesehenes berücksichtigt.
✤ Gesamtplanung und -erfassung legt eine TerminstundenJahresumfang
von 966 Stunden zugrunde (ganze Stelle)
✤ Fahrtzeit sollte 6 Stunden/Woche nicht überschreiten


Und die Reaktion von Pfr. Andreas Kahnt, Vorsitzender des Verbandes Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer Deutschlands e. V

Ihre Vorträge sind meiner Meinung nach zu sehr der Gegenwart verhaftet. Wir
gehen aber auf einen enormen Pfarrermangel zu. Ihre Vorschläge sind in absehbarer
Zeit wahrscheinlich Makulatur. Das Berufsbild, dem die meisten von uns noch
verhaftet sind, wird sich so nicht mehr leben lassen. Wir werden weniger, die Ansprüche
an unseren Beruf und die Individualisierung unserer Gesellschaft mit ihren
Folgen für den Pfarrberuf aber nicht. Die Gemeindegliederzahlen werden auch nicht
in gleichem Maße zurückgehen. Die Arbeit verteilt sich also anders. Wir werden den
Erwartungen von Gemeindegliedern nicht mehr gerecht werden können. Und den
Erwartungen, die wir an uns selbst haben, auch nicht.
Wahrscheinlich werden die meisten hier im Raum dann im Ruhestand sein – o. k.,
mal abgesehen von den jüngeren, aber auf die kommen die bedrängenden Fragen
dann ja in besonderer Weise zu. Aber die Fragen sind ja jetzt schon da. Wir haben
doch gerade von einer Pfarrerin gehört, die weg wollte von ihrer Stelle, weil es nicht mehr ging – und es ging ja wohl tatsächlich nicht mehr. Die Arbeit war nicht mehr zu leisten. Wie soll das gehen, wenn der Pfarrermangel durchschlägt? Wie wird unser Beruf in Zukunft in Zeiten des Pfarrermangels noch lebbar sein? Darauf hätte ich mir Antworten gewünscht!

vgl. S. 8ff

Was Peter Barrenstein/ McKinsey über die Kirche, die PfarrerInnen, die TheologieprofessorInnen und anderes weiß und zu sagen hat. Happen aus einem EPD-Gespräch.

22.09.2015

„…
Barrenstein: …In kirchlichen Einrichtungen agieren die Pfarrer zu häufig autark und allein ohne die tagtäglichen Beispiele guter Vorgesetzter….

Barrenstein: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind die einzige wesentliche weltliche Ressource, die wirklich relevant ist für unsere Kirche…
Barrenstein: Mein Gefühl ist, dass bei dem jetzigen Reformprozess viele theologische Professoren zu wenig eigene konstruktive Vorschläge oder konkrete Anregungen liefern….“

Das vollständige Gespräch.

Anm. F.S. Da gäbe es viel zu sagen…!

Einspruch gegen die Rückzugsmentalität in der Kirche. Und: Erfahrungen mit Kirche als Arbeitgeber. Ursache für Pfarrermangel.

10/2015, von Herbert Erchinger
„…
Wir haben vom Evangelium und von der spirituellen Gemeinschaft her so viele Chancen. Nutzen wir sie! Gehen wir in die Offensive! Ich beobachte in den offiziellen Ebenen dagegen eine zunehmend defensive Rückzugsmentalität in der Kirche. Auch das entmutigende Gerede von der Minderheitenkirche nervt. Breiten wir lieber fröhlich unseren Teppich aus, statt ihn verzagt einzurollen!…

Auch den Pfarrermangel lasse ich als Rückzugsargument nicht gelten. Er ist ja zT selbstverschuldet. Da die Landeskirche in den 90er Jahren manchen Vikar in die Arbeitslosigkeit entließ, durfte man sich nicht wundern, dass in der Folge die Zahl der Theologie Studierenden abnahm auf Grund mangelnder Berufsperspektive. Ein verbitterter entlassener Vikar erzählte mir damals, der zuständige Vorgesetzte habe die Namen der Entlassenen verlesen und dann fortgesetzt: Nun singen wir das Lied „Vertraut den neuen Wegen“ EG395 ….“  Zum Beitrag.

Volkswagen als autoritäres Regime: Ex-Manager Thomas Sattelberger diagnostiziert bei VW Innovationsarmut, Despotismus – und eine „Fäulnis der Kultur“.

16. Oktober 2015, Interview mit Thomas Sattelberger, SZ

„—Fäulnis? Das klingt ja literarisch.
Ich meine damit Effizienzfanatismus ohne innere Werte. Vom Eigentümer Ferdinand Piëch und seinem Getreuen Martin Winterkorn getrieben, gaben die Vorstände den Margen- und Umsatzdruck voll in die Organisation weiter. VW ist kein Einzelfall. Diese Kultur sehen sie bei einem beträchtlichen Teil der deutschen Konzerne, nur dass da die Börse der Treiber ist. …
…Den Spruch ‚Wir starten eine neue Kultur‘ habe ich in meinem Berufsleben schon x-mal gehört (stöhnt). Echte Kulturveränderung bedeutet zuallererst radikalen Austausch. VW aber beruft mit Müller und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötzsch zwei langjährige Manager. Man kann doch nicht die Mittäter des alten Systems zu Reformern machen….“  Zum Interview.

Anm. F.S. Innovationsarmut, Rückkehr zu autoritären, hierarchischen Strukturen, Verlust innerer Werte, Effizienzfanatismus… Wenn man die guten Finanzergebnisse der Kirchen anschaut, könnten einem gewisse Parallelen nicht nur zu anderen Unternehmen, sondern auch  zu den Kirchen auffallen. Zu den Kirchen, die mit großem Reformeifer das Impulspapier Kirche der Freiheit umsetzen wollen. Auch bei den Kirchen war nicht die Börse der Treiber, sondern…

Strenge Hierarchien führten Volkswagen in den Abgas-Skandal – und tief in die Krise.

15. Oktober 2015, Analyse von Caspar Busse und Alexander Hagelüken

Strenge Hierarchien führten Volkswagen in den Abgas-Skandal – und tief in die Krise.
Viele Unternehmen brechen solche Strukturen auf und machen damit gute Erfahrungen.

Nie mehr rumschreien.

Vorbild und Lehre auch für eine aus Umbauproblemen lernende  Kirche?

Stuttgarter Schuldbekenntnis, bescheidenes Schuldbekenntnis. Viele konservative evangelische Kirchenleute von der Erklärung als zu weit gehend. Von den 27 Landeskirchen stellten sich nur vier hinter die Erklärung.

14.10.2015, von Oliver Stenzel, nach Gespräch mit Prälat i.R. Martin Klumpp, Stgt

Handelte es sich bei dem Schulderklärung also nur um ein taktisches Papier? „Zu sagen, die Schulderklärung sei etwas gewesen, womit die evangelische Kirche ihre Schuld aufgearbeitet habe, greift zu kurz. Manches ist heute noch nicht aufgearbeitet“, sagt Klumpp. Er sieht die Relevanz des Dokuments eher in einer Art Langzeitwirkung: „Die Erklärung hat mit bewirkt, dass der Protestantismus nach dem Krieg viel staatskritischer geworden ist. Wenn man sich die gesamte Geschichte der evangelischen Kirche anschaut, dann stellt man fest, dass etwa die protestantische Kirche in Preußen lange Zeit eine Art Nationalkirche war“ – und entsprechend antidemokratisch während des Kaiserreichs und im Nationalsozialismus. Das habe sich nach 1945 grundlegend geändert. Eine Entwicklung in der EKD habe begonnen, die zu einer deutlichen Unterscheidung zwischen Kirche und Staat geführt habe, dazu, dass die EKD sich nun verstärkt kritisch zur Politik äußere. „Die Schulderklärung war der Anfangspunkt dieser Entwicklung“, sagt Klumpp, „ein Samen, von dem das ausging.“  Mehr dazu.

Bündnis Kinder- und Jugendhilfe – für Professionalität und Parteilichkeit. Memorandum Jugendhilfe.

16. Oktober 2015 – 10:58
Bündnis KJH beim Bundeskongress Soziale Arbeit in Darmstadt

Vom 30.9. bis 2.10.2015 fand in Darmstadt der Bundeskongress Soziale Arbeit unter dem Motto: Politik der Verhältnisse, Politik des Verhaltens statt. Das Bündnis Kinder- und Jugendhilfe – für Professionalität und Parteilichkeit nutzte die Teilnahme am Kongress für verschiedene Aktivitäten.
Zum einen wurde an einem Stand der aktuelle Aufruf zum Memorandum www.memorandumjugendhilfe.de präsentiert und die BesucherInnen zum Mitzeichnen des Aufrufs im Netz ermutigt. Der Aufruf zum Memorandum ist eine Aktion, mit der das Bündnis auf die gegenwärtigen Gefährdungen bzw. den Abbau der fachlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe durch politische Interventionen auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene aufmerksam machen will. Alle an einer fachlich qualifizierten und nachhaltigen Jugendhilfe Interessierten können durch Mitzeichnung des Aufrufs sich entsprechend zu positionieren….

Mehr dazu.

„Preis der Reichsbank Schwedens für die ökonomische Wissenschaft zum Andenken an Alfred Nobel“ (deklariert als Wirtschaftsnobelpreis) für Angus Deaton.

12. OKTOBER 2015, von Stephan Kaufmann

Bei der Nobelpreisverleihung lobte die Schwedische Akademie auch Deatons Arbeit zu Armut und Entwicklung. Hier konzentrierte sich der in Princeton lehrende Ökonom ebenfalls auf empirische Daten auf Haushaltsebene. So kritisierte er das Konzept, Armut in „Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung“ zu definieren, als zu pauschal und forderte den Aufbau umfassender Datenbanken zur Situation individueller Haushalte. Damit hat er die Wissenschaft verändert. Früher war „die Entwicklungsforschung zumeist theoretisch“, lobte die Schwedische Akademie. „Heute ist sie ein wachsendes Feld empirischer Forschungen, die auf der genauen Analyse der Daten individueller Haushalte basiert.“…  Mehr dazu.

„Subsahara-Afrika: Rückkehr der Schuldenkrise?“ Bericht der Fachtagung von Brot für die Welt.

13.10.2015
Etwa 50 Interessierte trafen sich am 8. Oktober in den Räumen von Brot für die Welt, um über die drohenden neuen Schuldenkrisen in Subsahara-Afrika zu beraten. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, was die Zivilgesellschaft tun kann, um zu verhindern, dass die Überschuldung von Staaten Millionen von Menschen in die Armut treibt.

Dr. Fanwell Bokosi vom African Forum and Network on Debt and Development erklärte zum Einstieg, warum Überschuldung heute wieder ein Thema in vielen Staaten Subsahara-Afrikas ist. Obwohl viele dieser Staaten um das Jahr 2000 im Rahmen der Initiative für hoch verschuldete arme Staaten (HIPC) einen Schuldenerlass erhalten hatten, werden die Indikatoren in vielen dieser Länder in wenigen Jahren wieder auf dem gleichen Niveau wie vor der Entschuldung liegen. Der vollständige Bericht.

Klimagipfel – Scheitern mit Ansage. Über einen Artikel der Fachzeitschrift Nature.

14. Oktober 2015,von Von Jan Willmroth, SZ
In Kürze treffen sich die Staaten der Welt in Paris, um ein neues Klimaschutz-Abkommen auszuhandeln. Geplant sind freiwillige Zusagen. Das funktioniert nicht.

… Vierzig Jahre empirischer und theoretischer Literatur zur Kooperation zeigten, schreiben die Forscher, „dass individuelle Zusagen wie solche nationalen Selbstverpflichtungen kein starkes gemeinsames Handeln zur Folge haben.“ Stark heißt in dem Fall: So, dass keiner ausschert. Bisherige Vereinbarungen, insbesondere das Kyoto-Protokoll von 1997, krankten immer daran, dass manche Staaten überhaupt nicht zu Klimaschutzmaßnahmen bereit waren. …  Zum Artikel.