Archiv für den Monat: Januar 2016

Scharia-Gerichte in westlichen Demokratien? – Interview mit Prof. Manfred Brocker.

01/2016

Im Rahmen des sogenannten internationalen Privatrechts muss ein deutsches Zivilgericht paradoxerweise die Scharia anwenden.

Kommt dies tatsächlich häufig vor?

Weit öfter als man denkt. Denn viele Muslime in Deutschland verfügen nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft. Deutsche Richter benötigen hier viel Fingerspitzengefühl, um im internationalen Privatrecht das Heimatrecht der Betroffenen nachvollziehen und anwenden zu können und dabei doch nicht mit dem ordre public, also der deutschen Rechtsordnung und ihren Prinzipien, in Widerspruch zu geraten. …  Zum Interview.

EKiR: Rheinische Kirche erlaubt Trauung für Homo-Paare.

01/2016

Bad Neuenahr, Düsseldorf (epd).

Homosexuelle Paare können in der Evangelischen Kirche im Rheinland künftig genauso vor den Traualtar treten wie Eheleute. Die Synode der zweitgrößten deutschen Landeskirche beschloss am 15. Januar in Bad Neuenahr die völlige Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und verheirateten Paaren. Die nordrhein-westfälische Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) begrüßte diese Entscheidung als «großen Schritt».
…   Mehr dazu.

62 Menschen besitzen so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Oxfam-Bericht belegt wachsende soziale Ungleichheit und fordert das Ende von Steueroasen.

Pressemitteilung 18. Januar 2016 Berlin

Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit

Ein gerechtes internationales Steuersystem erfordert mindestens folgende Maßnahmen:

Unternehmen müssen zu einer öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung über Gewinne und deren Versteuerung verpflichtet werden. So kann die Öffentlichkeit Steuerzahlungen von Konzernen überprüfen, die demokratische Rechenschaftspflicht würde gestärkt.
Der ruinöse Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze muss ein Ende haben. Hierfür müssen Staaten ihre Steueranreize für Konzerne transparent machen…  Zur Pressemitteilung.

US amerikanische Geopolitik und innerislamische Konflikte sind Hintergrund der Mittel-Ost-Kriegshandlungen. Experte Jörg Becker über die aktuelle Kriegsberichterstattung.

„Die Medien tragen demokratische Verantwortung“
Reinhard Jellen

21.01.2016
Jörg Becker über die aktuelle Kriegsberichterstattung

„…
Der Hauptkonflikt kennt zwei sich überkreuzende Achsen. Auf der einen Achse geht es um die Hegemonial- und geopolitischen Machtinteressen der USA angesichts ihres relativen Machtverlustes gegenüber China und Russland im zentralasiatischen und nahöstlichen Raum.

Auf einer zweiten Achse geht es um einen innerislamischen Konflikt zwischen Sunniten (Saudi Arabien) und Schiiten (Iran) und deren Stellvertreterkriege in Bahrain, Jemen, Syrien und im Irak und im Libanon. Diesen Konflikt wiederum instrumentalisieren die USA für ihre Hegemonialpolitik, sinnfällig geworden 1979 beim Wechsel ihres Nahost-Hauptverbündeten vom schiitischen Iran zum sunnitischen Saudi Arabien.  Mehr dazu.

California: #BlackLivesMatter Protesters Shut Down Bay Bridge.

JANUARY 19, 2016HEADLINES
In California, Black Lives Matter protesters shut down traffic on the westbound side of the Bay Bridge connecting Oakland and San Francisco Monday, as part of what they said was an attempt to reclaim the radical legacy of Martin Luther King Jr. on the holiday in his honor.
Mehr dazu.

Urban Priol im ZDF über unsere Hausausweis-Lobbyisten- Klage gegen den Bundestag.

01/2016

Wie man vom Schäuble’schen „Isch over“ über Griechenland zur abgeordnetenwatch.de-Klage und den Lobbyisten im Deutschen Bundestag kommt – ach, sehen Sie einfach selbst: Ausschnitt aus dem kabarettistischen Jahresrückblick von Urban Priol, der am 22. Dezember 2015 im ZDF ausgestrahlt wurde (Video, 2:50 Min.)

Synoden-Entscheidungen über die künftige Entwicklung der evangelischen Kirchen – halten sie einer Prüfung auf Urteilsheuristik stand? von Pfarrerin Dr. Katharina Dang, Berlin.

01/2016

Daniel Kahnemann,  gilt als einer der wichtigsten Psychologen unserer Zeit und das
Erscheinen seines Buches „Schnelles Denken, Langsames Denken“ 2011 in New York
und 2012 auf Deutsch sei ein Großereignis, so ein Zitat von Steven Pinker auf dem
Umschlag des im Pantheon Verlag 2014 erschienenen Buches. Kahnemann fasst darin
als fast Achtzigjähriger die Forschungsergebnisse und Erfahrungen seines Berufslebens
allgemeinverständlich zusammen. Auf Religion geht er nur in einem Absatz ein. Er sieht
wie so viele seiner Kollegen bestimmte Prägungen menschlichen Denkens in der
Evolution aus dem Tierreich begründet und ist kein Christ, sondern wenn schon, dann
Jude. Die Probanden für seine Forschungen waren, wie an Universitäten üblich, in der
Regel Studenten. Beschäftigt haben ihn Entscheidungsfindung in der Wirtschaft, im
Finanzwesen und von Ärzten sowie Alltagsentscheidungen von Bürgern. Warum
funktionieren Lotterien? Warum wird was versichert?
Trotzdem hat mich vieles in seinem Buch an unsere evangelische Kirche in Deutschland
und den seit der Programmschrift „Kirche der Freiheit“ 2006 forcierten „Reformprozess“
erinnert.
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Wie es nicht anders sein kann, wenn sich
Kirchenleitende an der Wirtschaft orientieren, müssen sie auch die Fehler machen, die in
der Wirtschaft gemacht werden…. Zum download: Daniel Kahnemann Kirche-1

59 Std./Woche Arbeitszeit des Pfarrers nach Modellrechnung in bayer. Gemeinde.

01/2016, Martin Schlenk, Korrespondenzblatt

…Vor etwa einem halben Jahr fertigte ich eine Timetable für das vergangene Jahr 2014 nachträglich an. Ich hatte 4 Wochenstunden Unterricht (aus Altersgründen eigentlich nur 2), eine kleine Gemeinde zur Vertretung – also zweimal Geschäftsführung -, eine Konfirmandengruppe und war als Obmann des Bezirksposaunenchores mit diesem 6 Tage auf Freizeiten. Nach dem Terminkalender wurden alle Einzeldienste mit den Richtzeiten multipliziert:

Mit dieser Modellrechnung kam ich auf 59 Wochenstunden durchschnittliche Arbeitszeit.

Ich kann nur allen Kollegen raten, denen ihre Last zu groß ist: Sucht euch kleinere Stellen und versucht, nicht perfekt sein zu wollen. Auch bei der Gottesdienstvorbereitung kann man nach drei oder vier Stunden sagen: „Satis est“:…

Zum Beitrag, vgl. S. 9: Die Crux mit dem Timetable.

Schritt halten mit der Moderne: Ungleichzeitigkeit als Problem religiöser Konflikte, Verkündigung (Jugendarbeit, KU, etc. ) fördern und ausbauen, statt nach Leuchttürmen suchen. Von Ulrich Finckh, Dt. Pfarrerblatt

01/2016

Paris und Brüssel im Ausnahmezustand. Die Angriffe und Bedrohungen islamistischer Terroristen zielen ins Herz moderner Gesellschaften und ihrer Werte. Dass es sich dabei immer auch um einen Konflikt zwischen Religion und Moderne handele, hält Ulrich Finckh für vordergründig. Das Problem sind eher die auftretenden Ungleichzeitigkeiten in einer globalen Welt.


Was in Anlehnung an Huntingtons These von der Konfrontation der Kulturen allmählich als allgemeine Meinung zu gelten scheint, ist zumindest in Deutschland irreführend. Wichtiger scheint mir derzeit die Ungleichzeitigkeit gegenüber weiten Teilen der islamischen Welt. Viel, was uns an Muslimen auffällt, war vor 150 Jahren auch bei uns normal. Hier nur einige Beispiele: Die Frauen, vor allem die auf dem Land, trugen Kopftücher im Sommer wegen der manchmal staubigen Arbeit, im Winter wegen Kälte, Regen und Schnee. Dass über die Ehen, vor allem die der Töchter, die Eltern entschieden, war selbstverständlich. In der Gesellschaft, ganz besonders in Ehe und Familie, hatten die Männer das Sagen. Arbeit von Frauen war Arbeit im Haushalt oder Mitarbeit im Familienbetrieb. Die Großfamilie hatte erheblichen Einfluss auf das individuelle Denken und Tun….

Nüchtern betrachtet muss man feststellen, dass nicht religiöse Gegensätze sondern ganz andere Gründe maßgebend sind. Was hat denn dazu geführt, dass die säkulare Gegenwart so anders gegenüber früheren Zeiten geworden sind, dass es viele Menschen verunsichert oder gar empört und sie Zuflucht bei alten Texten und Traditionen suchen lässt? Soweit ich das beurteilen kann, ist es die veränderte Wirtschafts- und Berufswelt. Die Familienbetriebe, die früher die Gesellschaft vom Fürstenhaus bis zum kleinsten Bauern und Handwerker prägten, sind in Nordamerika und Europa, Japan und Australien sowie den meisten Großstädten weltweit bis auf Restbestände durch Großbetriebe abgelöst worden. Die Änderung beeinflusst das Verhalten und ist ein wichtiger Grund für die Ablehnung der Moderne, insbesondere der westlichen Bildung und Lebensführung von Seiten der Traditionalisten. …

Ein Beispiel für die Schwierigkeiten des Umdenkens: Da die katholische Kirche in der Welt der Familienbetriebe die Ehe als Sakrament verstanden hatte, hat sie nun große Schwierigkeiten, sich mit der veränderten Situation zu arrangieren und sich darauf einzustellen, dass die rein privat gewordene Ehe, die nur auf der unsicheren Basis der Liebe beruht, zerbrechlich ist und aufgelöst werden kann und muss, wenn aus Liebe Verdruss und Gleichgültigkeit wird oder die Liebe gar in Hass umschlägt. Wie schwierig das Umdenken ist, zeigt sich an der merkwürdigen Bewertung, dass ein Seitensprung gebeichtet werden kann und dann keine weiteren Probleme macht, aber eine ordentliche Scheidung und neue Ehe Katholiken von den Sakramenten ausschließt. …

Wo an einer vergangenen Gesellschaftsstruktur hängende Werte bewusst religiös begründet werden, weil das inzwischen die einzige funktionierende Begründung ist, erhält diese eine besondere Bedeutung. Es entsteht ein Fundamentalismus, der die jahrtausendealten Lehren nicht nur wörtlich nimmt, sondern nun bewusst als Glaubensartikel propagiert. Das geschieht, da Glaubensfragen Menschen über das Rationale hinaus bewegen, oft mit unglaublicher Härte und kann bis zu blindwütigem Fanatismus gehen….

Vergiftet werden die Streitereien, wenn sie mit Machtfragen verquickt werden. In vielen Staaten setzen Regierungen Religion als Mittel der eigenen Legitimation ein. Dabei gibt es nicht wenig Heuchelei, wenn etwa Staatspräsidenten nach Paris kommen, um sich an dem Trauerzug nach den Morden an den Karikaturisten von »Charlie Hebdo« zu beteiligen, während sie im eigenen Land jede Kritik blutig verfolgen. Auf der anderen Seite muss man allerdings sagen, dass der »Westen«, der für die Moderne steht, die Auseinandersetzung seit 9/11 auch nicht fair führt. Die Diffamierung der Andersdenkenden in der westlichen Welt ist höchst unerfreulich….

Als Christen brauchen wir eine unserer Zeit entsprechende Darstellung, warum die Botschaft Jesu von mitfühlender Liebe, Frieden, Offenheit, Verständnis und Vergebungsbereitschaft auch für die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse unserer modernen Welt wichtig ist, und vor allem, was sie für unser Leben und Handeln bedeutet. Mit Paulus gefragt, was das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene in unserer Zeit ist. Die dafür notwendige Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Fundamentalismus muss den verschiedenen Konfessionen überlassen, aber energisch von ihnen eingefordert werden. Für die evangelischen Kirchen bedeutet das, dass man die Verkündigung, also die Jugendarbeit, den Konfirmandenunterricht, die Predigten und Bibelseminare der Gemeindepfarrer fördern und ausbauen muss, statt nach Leuchttürmen zu suchen und Organisationsfragen im Großen zur Aufgabe zu machen. Nur Gemeinden, die mit der Bibel verständig umgehen können, sind vor Abgleiten in Fundamentalismus und überhebliche Rechthaberei gefeit. Und wo die Religion zum Machterhalt missbraucht wird, muss deutlich gemacht werden, dass nicht die Religion sondern der Machtmissbrauch der Herrschenden das Übel ist.  Zum Aufsatz.

Note ungenügend für theolog. Examen in der ELK Bayern. „Großer Imageschaden für die Bayer. Landeskirche durch Umgang mit Examenskandidaten“. AStA der Augustana-Hochschule.

01/2016, Korrespondenzblatt

AStA der Augustana-Hochschule,
Neuendettelsau

 

… Zu diesen Mängeln zählt beispielsweise, dass es im bayerischen Examen lediglich sehr restriktive Ausgleichsmöglichkeiten für schlechte Noten in Einzelprüfungen gibt. Wenn eine fünf (die schlechteste Note im Examen) vergeben wird, kann diese nur im selben Fach ausgeglichen werden. Erhält man in zwei der zehn Teilprüfungen eine fünf, besteht keine Ausgleichsmöglichkeit mehr. Diese Regelung führte zu so sonderbaren Fällen, wonach Examenskandidierende mit einem Notendurchschnitt von 2,3 oder 2,6 durchfielen….
Die fehlenden Ausgleichsmöglichkeiten werden dadurch zu einem grundlegenden Problem, dass keinerlei Erwartungshorizont – weder für Prüfende noch für Prüflinge – vorliegt. Die thematische Schwerpunktlegung obliegt alleine der jeweils prüfenden Person. Es gibt immer wieder abstruse Fälle von schriftlichen Prüfungen, die in der Erstkorrektur mit einer Note bewertet wurden, wonach man durchgefallen wäre, in der Zweitkorrektur dagegen als gut…

Entgegen der Gepflogenheit anderer Landeskirchen, in denen der Prüferkreis begrenzt ist, prüfen in Bayern Professorinnen und Professoren aus dem gesamten Bundesgebiet. Das verschärft die Problematik ungewisser Themengebiete – jeder Prüfende hat „seine“ Fachgebiete und Lieblingsthemen, die er oder sie gerne in erstaunlicher Detailtiefe abfragt. Weiterhin gibt es immer wieder Fälle, die den Eindruck entstehen lassen, dass nicht einfach nur das Wissen, sondern auch die persönliche Meinung der Prüflinge bewertet wird…
Außerdem sind die Prüfungsprotokolle rechtlich nicht bindend; in vielen Protokollen tauchen ganze Prüfungsteile nicht auf…

Doch mit ihrem Examen und dem Umgang mit den Examenskandidierenden hat sich die Kirche inzwischen einen großen Imageschaden eingefangen. Längst hat ein schleichender Exodus an den Rändern begonnen. Zunehmend mehr Examenskandidierende entscheiden sich bewusst wegen des Examens gegen Bayern.

Zum Bericht „Examensschnitt 2,3 – durchgefallen!“, , vgl. S. 6