Archiv für den Monat: Juni 2016

Tour d’Horizon der Fragen und Probleme, mit denen Pfarrrvereine im Umbauprozess der Kirche beschäftigt sind I: Von Corinna Hektor, Vorsitzende des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins Bayern

„Um Aufgaben und Sachen. Leidenschaftlich.“

Vorstandsbericht für die Frühjahrstagung des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins am 25. und 26.
April 2016 in Rothenburg o.d. Tauber im Korrespondenzblatt 6/7 2016

Von der Vielzahl der angeschnittenen Themen stellen wir einige besonders heraus, hier:

Impulspapier „Kirche der Freiheit“

Kirche der Freiheit?! Es war scheinbar der große Wurf – gelandet ist das Unternehmen eher unsanft. … Trotzdem liest Thies Gundlach die Mitgliedschaftsstudie als Bestätigung:…

Seine These zur Kommunikation ist folgerichtig »Die Kirche ist Repräsentantin religiöser Themen, nicht aber Partnerin der religiösen Kommunikation der Themen.« Verkündigung ist nicht mehr Thema. Das degradiert die Kirche zur »religiösen(!) Nachrichtenagentur«. Die direkte Kommunikation in Gottesdiensten, Bibelkreisen, Konfirmandenunterricht oder bei Besuchen bleibt naturgemäß unerwähnt und scheint nicht mehr relevant. In einer solchen Kirche will ich nicht Pfarrerin sein…

vgl. S. 88,89

Pfarrverband

Auch im Verband stellt sich die Frage nach einer sinnvollen Ausstattung der Arbeit. Leider ist die EKD nicht bereit, sich daran zu beteiligen. Und die aktuelle Freistellung durch die Landeskirche läuft 2017 aus. So sind wir intern dabei darüber zu verhandeln, ob und wie wir wenigstens vorübergehend aus eigenen Mitteln eine Stelle finanzieren. Wir als Verband – alle Vereine. In Euro und Cent sind das aktuell ca. 1.- € pro Mitglied und Monat. Damit wäre die Arbeit des Vorsitzenden gesichert. Das sollte es uns wert sein!  vgl. S. 94

Benachteiligung der Pfarrvertretungen gegenüber anderen in ELK Bayern

Haben wir doch? Na ja — für 3.500 Kolleglnnen, davon 2.500 im aktiven Dienst haben wir seit 1990 faktisch 1,5 Freistellungen. Die MAV im LKA hat für über 300 und unter 600 Mitarbeitende 1,0 Freistellung. Wären wir eine MAV, hätten wir 4,5 — davon 1 für die Ruheständler. Für einen Personalrat wäre das übrigens analog. Dazu kämen 12,5 % Freistellung für alle Mitglieder der Pfarrerkommission und anteilig Freistellung für die Arbeit in den Gremien auf EKD- und velkd-Ebene. Nachdem diese Maßstäbe richtig sind und sich offenbar bewährt haben, sollte die Kirche sie auch auf die Pfarrvertretung anwenden. … vgl. S. 86

Erfolge des Vereins

Vieles ist gelungen in der langen Zeit. In den letzten Jahren: Sicherstellen, dass alle Geeigneten übernommen werden mit »Pfarrer helfen Pfarren«, politischem Einsatz und der Abwendung einer Einstellungsliste, die Neuberechnung der steuerrelavanten Mietwerte; und nicht zuletzt die vielen kleinen und größeren Gesetzesvorhaben, an denen wir zu bessern versucht haben, was nötig und möglich war. Immer mit Elan und Sachkenntnis, manchmal durchschlagend, aber nicht immer erfolgreich — leider…

vgl. S. 86

Eine Menge steht gerade an: Urlaubsverordnung ändern, privatrechtliche Dienstverhältnisse aus der doppelten Benachteiligung bringen, nach der Begleitung des Pfarrbildprozesses ein Auge auf die versprochenen »Hausaufgaben« der Landeskirche haben, Examensreform, Versorgungsausschuss, Assistenz im Pfarramt, Verwaltungsreform, Gemischter Ausschuss, Visitationsordnung… Die Liste ist lang — und noch gar nicht vollständig. vgl. S. 86

Tour d’Horizon der Fragen und Probleme, mit denen Pfarrrvereine im Umbauprozess der Kirche beschäftigt sind II: von Pfarrdienst, Pfarrbild, Nachwuchs und Zukunftsperspektiven

Große Hoffnungen – das Projekt »Assistenz im Pfarramt« oder: „Entlastung sieht anders aus.“

Mehr Stunden, mehr Geld, mehr Qualifizierung — alles gute Ideen. Aber bitte in den Gemeinden, wo sie den Menschen gut sichtbar und sehr direkt zugute kommt und nicht durch Schaffung neuer Zentralen oder Verwaltungsstellen! Es wäre kontraproduktiv, wenn am Ende hoch qualifizierte Menschen in zentralen Verwaltungsstellen qualifizierte Aufgaben übernehmen und im Pfarramt die Pfarrerinnen ihre Zeit mit den einfachen Verwaltungstätigkeiten, dem Falten von Liedblättern und anderen organisatorischen Aufgaben verbringen. Entlastung sieht anders aus.

vgl. S. 91, vgl. zum selben Thema: „Der Gemeindemanager“

Dienstordnungen

Ob es letztlich gelingt, das Arbeitsvolumen, das auf den Stellen liegt, sinnvoll zu begrenzen und dabei die Freiheit zu erhalten, liegt auch an uns. Niemand zwingt uns, Erbsen zu zählen, niemand verlangt Arbeitspläne oder will Stechuhren — es geht nur um das Volumen an Arbeit, das geschätzt insgesamt auf der Stelle liegt — und das sollte tatsächlich 48 h mit allen Vorbereitungszeiten nicht übersteigen. vgl. S. 90

Pfarrerbild

Was sagt ihr zum Pfarrerbild aus dem gleichnamigen Prozess? Nur: Zu welchem Bild? Ein Bild ist nicht entstanden, nur ein Aufgabenprofil. Vielleicht ist das auch gut so. Die von OKR Nitsche gern zitierte große Einigkeit hätte ihn dagegen nicht so überraschen müssen, denn es handelt sich nicht um ein Bild, sondern um eine Art Aufgabenprofil, was die wesentlichen Aufgaben betrifft. Und das kann man seit Jahren sehr durchgängig in allen Mitgliedschaftsuntersuchungen der EKD nachlesen. Auch in der neuesten Untersuchung steht, dass Verkündigung, Kasualien, Begleitung an den Schwellen des Lebens — gespiegelt finden wir das im Gottesdienstverhalten: Während der wöchentliche Besuch deutlich abnimmt, nimmt der Besuch an den Festen zu.

Öffentliches Amt.Unsere Mitglieder wissen es: Pfarrerinnen sind das Gesicht von Kirche…

vgl. S. 88

 

Nachwuchs

Zukunft — aber wie? Die nackten Zahlen: Die Anwärterliste der bayerischen Landeskirche ist tatsächlich die größte EKD-weit. Das sagt allerdings vor allem etwas darüber aus, wie verzweifelt die Lage anderswo ist. Von den 443 Personen, die aktuell mit dem Ziel Pfarramt Theologie studieren werden ja nicht alle irgendwann ordiniert – und nicht alle in Bayern. Im Jahr 2015 waren es hier nach EKD-Statistik 30. …
Die Prognose rechnet damit, dass knapp 500 ganze Stellen eingespart werden bis 2038. Die entstehende Kurve wird im Wortsinn untermalt mit der Kurve der zu erwartenden Pfarrer und Pfarrerlnnen. Der Abstand zwischen beiden Linien ist deutlich. Und er wächst. Im Jahr 2038 werden über 620 Kolleglnnen fehlen! Das ist mehr als 1/3 des errechneten Bedarfs! vgl. S. 92

Kleine Examensreform

Kleine Reform — gar nicht so kleine Wirkung: Künftig ist möglich. auch beim zweiten Versuch und in allen Fächern eine 5 auszugleichen; es wird also die Gesamtnote aus schriftlich und mündlich gewertet. Außerdem gibt es zwischen 4,0 und 5,0 nun Zwischenstufen. Zusammen wird das dafür sorgen, dass nicht nochmal reihenweise Kandidatlnnen durchfallen, die im Gesamtschnitt eine 2 vor dem Komma haben.

vgl. S. 92, zum Hintergrund der kleinen Reform.

Eine Altlast: der 100%-Beschluss – die »Zwangsstellenteilung«
Über lange Jahre bekamen Pfarrer und Pfarrerinnen, die mit Pfarrer/Pfarrerin verheiratet waren, zusammen nur 100% Dienstverhältnis. Die ursprüngliche Regelung, dass das auch für Ehen mit Menschen aus anderen Berufsgruppen gelten solle, wurde bald stillschweigend fallen gelassen… Ein Ausgleich für die Zeiten, in denen die Betroffenen zwar ganz arbeiten durften, aber nur halb bezahlt wurden,  steht noch aus. Das gleiche gilt für das über Jahre als Examensvoraussetzung verpflichtende Praxisjahr. In der badischen Landeskirche wird übrigens die ruhegehaltsfähige Dienstzeit für die Jahre, in denen jemand zum Teildienst gezwungen wurde, statt mit 50 mit 75% berechnet. Zumindestens das sollte bei uns auch drin sein! vgl. S. 94

Tour d’Horizon der Fragen und Probleme, mit denen Pfarrrvereine im Umbauprozess der Kirche beschäftigt sind III: „Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde“. Intransparenz durch Doppik, Sparkonzepte auf der Basis von Langfristprognosen

Corinna Hektor, Korrespondenzblatt Bayern 6/7 2016

Vorstandsbericht für die Frühjahrstagung des
Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins am 25. und 260
April 2016 in Rothenburg o.d. Tauber

Viele davon sind Finanzentscheidungen. Doppik zum Beispiel. Erst hieß es, Doppik berücksichtige kirchliche Besonderheiten, inzwischen muss sich die Kirche nach der Doppik richten. Nach einer speziellen Form der Haushaltslehre genauer gesagt.  — Das HGB, Handelsgesetzbuch, wurde faktisch zu einer Art heiligem Gesetzbuch und zwingt, quasi kanonisch geworden, nicht nur unsere Finanzen in eine bestimmte Form, sondern bestimmt auch Inhalte. Es formt Kirche um… vgl. S. 81, vgl zum selben Thema auch den Artikel: „Orientierung der Steuerung an Finanzgrößen“
Manches hat sich verändert. Wir hatten mal ein System mit Rücklagen als Planungsgröße. Heute haben wir stattdessen einen großen Topf und die Aussage, dass auf der Kostenseite insgesamt etwas fehle. So wird aus der Planung eine neue Aufgabe: kürzen. Was dabei nicht gesagt wird: Die Kosten sind eine Schätzung, genauer: eine Prognose aufgrund mehrerer Schätzungen. Stattdessen ist die Rede von Personalkostenquoten, Benchmarks und Gewinnen, die wir als gemeinnützige Organisation gar nicht machen dürfen. Es sieht düster aus. Sparen scheint die einzige Chance. Ja, Doppik und HGB bescheren uns einen besseren Blick auf die Immobilien — aber wenig Übersicht für vieles andere; vor allem aber eine Systematik, die den meisten innerkirchlichen Fachleuten fremd ist. Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde. Und die Folgen erst recht nicht. Wenn das die versprochene Transparenz sein  soll, hätte ich gern das alte intransparente System zurück.

vgl. S. 82

Doppik zeichnet Negativbild eines positiven Befundes. Dargestellt am Beispiel der Pensionsrücklagen

Doch vermittelt es ein bedrückendes Bild, wenn das früher auf die Seite gelegte Geld für absehbare Ausgaben nur noch als schwarzer Balken auftaucht und damit als Belastung – deren Gegenleistung nicht mehr sichtbar wird. vgl. S. 82

Das hat viel mit Zahlen zu tun, mit Prognosen – und mit Überzeugungen, die sich damit erzeugen lassen. Es ist komplex. Neue Berechnungen für Lebenserwartung, Berufsbiografien, Gehaltsentwicklung, Verzinsung etc. und damit die neu berechneten erwarteten Kosten. Dazu neue Ansprüche an die nötige .Kapitalstock-Absicherung. So wird aus einer gut abgesicherten Versorgung ein Problemfall… vgl. S. 83

Prognosen über 40 Jahre

Dabei ist zu beachten, dass all die scheinbar so konkreten Zahlen Prognosen für die Zukunft sind. In 40 Jahren werden wir… Wer das konsequent zu Ende denkt – bzw. mal umgekehrt überlegt, was sich vor 40 Jahren für heute hätte voraussagen lassen, am Beispiel der Verzinsung etwa, wird merken, wie wenig verlässlich das ist. Auf meine Anfragen bekam ich zu hören: Alternativlos. Eine ARD-Dokumentation lässt an der Aussagekraft und erst recht an der Alternativlosigkeit Zweifel wachsen. Prof. Bosbach erläutert dort, wie leicht sich Zahlen und ihre Darstellung manipulativ verwenden lassen – und wie wenig seriös die Projektion von Bestehendem in die Zukunft ist: »Man kann nicht 45 Jahre in die Zukunft schauen! Was konnte man vor 45 Jahren von heute wissen? Nichts.«…

vgl. S. 83, der empirische Befund von Prognosen am Beispiel des Bistums Mainz. Das eigentliche Problem: wo man sich auf Prognosen zur Steuerung stützt, zeigt sich die Abwesenheit von gutem, richtigem Management (Fredmund Malik). Und das ist in der Kirche allenthalben spürbar (F.S.).

 

„Und der Heilige Geist hat da hoffentlich auch noch ein Wörtchen mitzureden.“ Was Evangelisch.de zum Thema „Zukunft Kirche“ zu bieten hat.

06/2016
Die Kirche wird immer kleiner! Rekord-Austrittszahlen bei der katholischen Kirche! Bei der evangelischen aber wohl auch! Und Ostdeutschland – wohl eines der säkulärsten Gebiete der Welt. Christen sind da in der absoluten Minderheit. Und parallel dazu gehen immer mehr Pfarrerinnen und Pfarrer, aber auch Mitarbeitende anderer Berufsgruppen, in den Ruhestand – und es kommt kaum noch was nach. Die Studierendenzahlen für Theologie oder Religionspädagogik haben einen beängstigend niedrigen Stand erreicht…
Ja, wir haben als Institution Kirche manche Probleme und es wird sich vieles ändern in den nächsten Jahren. Nicht alles wird uns gefallen. Aber ich glaube: Wir haben eine Zukunft! Vieles wird sich ändern in den nächsten Jahren. Aber vielleicht nicht alles zum Schlechteren. Und der Heilige Geist hat da hoffentlich auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich bin gespannt darauf.

Zur Quelle.

Anm. F.S.:

Der Beitrag ist in unterschiedlicher Hinsicht interessant. U.a. weil zu befürchten ist, dass er die neue kirchenoffizielle „Erzählung“ zur Lage der Kirche nach dem Scheitern des Umbauprozesses (Prof. Christian Grethlein) wiederspiegelt – und den Lösungsansatz gewissermaßen gleich mitliefert: der Heilige Geist wird es schon richten…? Muss man sich darauf einstellen müssen, diese theologischen Nonsens in Zukunft öfters zu hören?

Demnach die aktuelle, nicht wirklich glückliche Lage der Kirche wie ein Naturereignis, besser: eine kleine Naturkatastrophe, zu verstehen: Pfarrer gehen in Ruhestand und es kommt kaum noch was nach. Allein über die Sprache solcher Sätze könnte man einiges schreiben – wenn man für die Zeilen genau so viel verdiente wie der glückliche Artikelschreiben von Evangelisch.de. Da dies nicht er Fall ist, nur kurz zum Inhalt und einem einzigen, beispielhaft erwähnten Thema, das Thema Pfarrermangel und Nachwuchsmangel. Es ist ein Managementproblem der Kirche, namentlich beheimatet bei den Personaldezernenten. Also keine Heuschreckenplage! Sondern: selbst gemacht! Warum? Weil es in den Dezernaten natürlich entsprechende Statistiken über die Berufseintrittsdaten des Personals und -daraus abgeleitet – die Pensionseintritte gibt: wer 1985 mit 30 in den Pfarrdienst ging wird nach 35 (oder 36, bzw. nach aktueller Regelung) Jahre in den Ruhestand gehen. Das Ergebnis bekommen einige noch im Kopf hin: 2020 (oder 2021). Werden dann in mehreren Jahren 3 mal so viele PfarrerInnen in Ruhestand gehen wie nachkommen, wird es rechnerisch eng. Auch das ist schon lange bekannt. Für Nachwuchs geworben wurde aber nicht. Im Gegenteil. Teilweise haben die Synoden Beschlüsse gefasst, um das Nachwuchsproblem nicht zu groß werden zu lassen, die Personaldezernenten haben diese Beschlüsse aber einfach ignoriert.

Es geht nicht um Linderung, sondern um Heilung! Bischof Erwin Kräutler zum Priestermangel und seine Skepsis gegenüber XXL-Gemeinden

06/2016

Erwin Kräutler war 35 Jahre lang Bischof in Brasilien. Er wünscht sich mehr Mut für durchgreifende Reformen, vor allem bei der Zulassung zum Priesteramt. Denn jeden Sonntag Eucharistie zu feiern, sei wichtiger als alles andere.

Wie erleben Sie die Kirche in Deutschland und Österreich im Hinblick auf die pastoralen Veränderungen durch Priestermangel? Eher als mutlos oder eher als mutig? Ich gebe da nicht gerne ein Urteil ab, denn alle meine Erfahrungen habe ich in Brasilien gemacht, wo ich seit mehr als 50 Jahren tätig bin, 35 davon als Bischof. Aber dennoch möchte ich mich „outen“ und sagen, dass ich die Zusammenlegung traditioneller Pfarrgemeinden in Pfarrverbände mit großer Skepsis betrachte… Mehr dazu.

Fluide Organisationen: Durchlässig statt starr.

06/2016,

„Kirche der Freiheit“ setzt auf hierarchische Strukturen, auf Strukturreformen zur Schaffung großer Einheiten (auf der Ebenen der Landeskirchen, der Dekanate und Gemeinden); es setzt auf die mittlere Ebene, auf der vieles zentralisiert werden soll. Ziemlich veraltete Ansätze, die in der ernsthaften Managementdiskussion nicht erst heute überholt sind (F.S.):

„Unternehmen sind keine geschlossenen Systeme, sondern wandeln ständig ihre Form. Diese neue Offenheit braucht klare Strukturen. Der folgende Artikel thematisiert fluide Organisationsformen. Er wurde uns (dem zitierten Portal) freundlicher Weise vom Zukunftsinstitut zur Verfügung gestellt.

… Vergleichbar zum Cloud Computing entwickeln sich Unternehmen also auch in ihrer Organisationsform in Richtung dynamischer Modelle: Eine „Human Cloud“ erledigt Aufgaben als Heerschar von mehr oder weniger eng an das Unternehmen gebundenen Menschen in sehr unterschiedlichen Funktionen. Systemisch betrachtet sind Unternehmen keine abgeschlossenen Einheiten mehr, sondern organische Gebilde, die ihre Form und Größe je nach Aufgabenstellung und Marktlage überaus dynamisch verändern.

Die Vorstellung, dass Kooperation und Abläufe auf der Basis langfristiger, planbarer Strukturen entstehen, ist folglich ebenso ins Wanken geraten, wie sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass ausschließlich transaktionell orientierte, kurzfristige Bindungen, wie sie etwa durch glattes Outsourcing gekennzeichnet sind, auf Dauer nicht werthaltig genug sind…

Mittelmanagement: Creative Coaches

 

Im Kern stellt sich dabei die Frage nach der Daseinsberechtigung des Mittelmanagements, vor allem wenn seine Rolle strukturbewahrend und kontrollierend ausgelegt ist. Schon immer war der mittlere Manager in seiner Sandwich-Position eine der herausforderndsten Positionen. Die dynamischen Organisationsstrukturen, vielfältigen und transparenten Kommunikationswege steigern diese Anforderungen nun noch mehr…

Zweifelsohne verliert das Mittelmanagement immer stärker die Rolle des konsolidierenden Organisators und Überwachers… „Zum Artikel.

Dauerkonflikt im Bereich der Landeskirche Hannovers: Mitarbeiter demonstrieren vor der Synode.

06/2016
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Landeskirche Hannovers müssen weiter auf ihre diesjährige Entgelterhöhung warten. Die Landeskirche will die reguläre Lohnsteigerung um 2,3 % (mindestens 75 Euro) erst auszahlen, wenn ein Arbeitnehmer-Eigenanteil zu den Beiträgen der kirchlichen Zusatzversorgungskasse (KZVK) beschlossen ist. Siehe auch Meldung vom 1. März 2016 >> hier
Die Arbeitnehmerorganisationen lehnen diese unnötige Belastung der Beschäftigten ab. Sie gehen davon aus, dass die Landeskirche Hannovers aufgrund der gestiegenen Kirchensteuereinnahmen und der sehr positiven Haushaltslage weiterhin in der Lage ist, den Gesamtbeitrag zur Zusatzversorgung i.H.v. 4,8 % allein zu tragen. „Es ist ein Unding, die reguläre Tariferhöhung an Bedingungen zu knüpfen!“, so Dietrich Kniep, Vorsitzender des
vkm-Hannover. Mehr dazu.

Prof. Torsten Meireis. The Circle: Die neue Kolonisierung des inneren Menschen

06/2016, in: Ethik und Gesellschaft, Prof. Torsten Meireis, Lehrstuhl Systemat. Theologie, Berlin

„“… Damit ergibt sich ein doppelter Befund: Einerseits werden moderne Arbeitsbedingungen, wie sie in Eggers‘ dystopischem Roman gezeichnet werden, von uns lebensweltlich als hochproblematisch empfunden – sonst würden wir den Roman genausowenig wie Lossmanns Film als dystopisch wahrnehmen und Ehrenbergs Verbindung von Depression und Arbeitsbedingungen bliebe nur absurd. Die Intuition der Problematik moderner Arbeitsverhältnisse, in denen die Initiative und Kreativität der Erwerbstätigen unter Drohung des Anerkennungs-, Teilhabe- und Teilnahmeentzugs für die Zwecke des Unternehmens und seiner Kapitaleigner möglichst grenzenlos und komplett genutzt werden steht im Hintergrund der gesamten ›Burnout‹-Semantik (auch wenn diese das Problem ins Heroische zu drehen droht) und lässt die Ausdehnung der Depressionsdiagnose auf die Erwerbsverhältnisse plausibel erscheinen….

Im Bereich der Subjektivierung der Arbeit wäre es dann gerade der doppelte spätmoderne Bruch des sich erwerbsarbeitsgesellschaftlich herausgebildeten Arbeitsversprechens, der Kritik
motivierte. Erstens nämlich bricht sowohl prekäre Erwerbsarbeit wie auch strukturelle (Langzeit-)Arbeitslosigkeit mit der normativen Unterstellung, dass jede Person, die zur qualifizierten Einbringung ihrer Arbeitskraft bereit ist, auch mit Teilhabe-, Teilnahme- und Anerkennungschancen rechnen darf (Meireis 2008, 490-505). Zweitens bricht die durch die Entgrenzung, Verdichtung und künstliche Wettbewerbe bewirkte Überladung der Arbeit genau mit demjenigen Lebenssinnversprechen, das am Beginn der Arbeitsgesellschaft steht und durch die Künstlerkritik aktualisiert worden war, sofern sie dieses ad absurdum
führt. Die durch die gegenwärtige Realität entgrenzter, verdichteter und
überladener subjektivierter Erwerbsarbeit gekennzeichnete Situation stellt damit eine Pervertierung der Lebensform der Erwerbsarbeitsgesellschaft dar – von dieser lebensformbezogenen Analyse aus lässt sich dann auch auf weitere moralische Verantwortung blicken…

Der vollständige Artikel.

Prof. Noam Chomsky/ MIT, über die drohenden Gefahren für die Menschheit im 21. Jahrhundert

06/2016

In diesem acTVism Munich Interview mit dem MIT-Professor, Anarchisten, Philosophen und renommierten Linguisten Noam Chomsky, sprechen wir über die drohenden Gefahren für die Menscheit und über verfügbare Verhinderungsmechanismen der Öffentlichkeit.

Was sind die drohenden Gefahren für die Menscheit?
Wie warscheinlich ist ein nuklearer Krieg?
Welche Rolle spielt der Neoliberalismus bezüglich der drohenden Gefahren?
Diese Fragen und auch weitere werden im folgenden Video besprochen:

VIDEO: Noam Chomsky spricht über die drohenden Gefahren der Menschheit im 21. Jahrhundert.