02/2015, von Norbert Häring
Ist das negative Menschenbild der Ökonomen so tief in dieser Wissenschaft verwurzelt, dass besseres Wissen ihm nichts anhaben kann? Der Hamburger Ökonom Sebastian Thieme hat in seinem sehr lesenswerten Büchlein mit dem Titel: „Der Ökonom als Menschenfeind? einiges „über die misanthropischen Grundmuster der Ökonomik“ zusammengetragen, was diese These stützen könnte.
Er erkennt ein misanthropisches Grundmuster auf drei Ebenen: Da ist zunächst das negative Menschenbild, „das augenscheinlichste und kontinuierlichste Grundmuster“. Es sei „praktisch über die gesamte ökonomische Ideengeschichte hinweg bis heute anzutreffen“. Dann ist da die fast verherrlichte Idee des Wettbewerbs, die Gleichsetzung von Marktwirtschaft und Konkurrenz. Hier argumentiert Thieme ähnlich wie der Papst…
Die Ökonomik muss nicht notwendigerweise ein solch negatives Menschenbild haben. Schon Adam Smith sah den Menschen als Moralphilosoph sehr viel differenzierter und betrachtete in seinem großen Erstwerk über die „Theorie der ethischen Gefühle“ die Sympathie für die Mitmenschen nicht nur als Grundlage der Moral, sondern auch als Triebfeder der menschlichen Arbeit. Smith glaubte auch nicht an den Unsinn, dass sich die Löhne auf freien, wettbewerblichen Märkten nach Angebot und Nachfrage bilden. Sie würden vielmehr gemäß der relativen Machtverhältnisse ausgehandelt… Zur Rezension.