Kirchenleitende Führungskräfte denken um: „Zukunft des Pfarrdienstes in unserer Kirche.“ Von Präses Annette Kurschuss, EKvW.

Kirchenleitende Führungskräfte denken um, besonders hinsichtlich der Haltung der Institution gegenüber der Schlüsselposition, den Pfarrerinnen und Pfarrern. 

06/2015, Bericht vom 18.11.2014 

Wohl gemerkt: Nicht die Pfarrerinnen und Pfarrer sind das Problem. Das kann gegenwärtig gar nicht oft und klar genug gesagt werden. Zu lange ist in unserer Kirche ein gegenteiliger Eindruck entstanden, der nachhaltige Kränkungen bei vielen Pfarrerinnen und Pfarrern hinterlassen hat. Wir brauchen in diesem Dienst –…

Das bringt einiges ins Wanken, was bisher geklärt schien. Zugleich reagieren hoch qualifizierte Ehrenamtliche und spezialisierte Fachleute in anderen kirchlichen Berufen bisweilen schon gereizt, wenn von dieser Situation der Pfarrerinnen
und Pfarrer überhaupt nur die Rede ist. Die Pfarrerinnen und Pfarrer seien allein aufgrund ihres gesicherten Beamtenstatus privilegiert, bekomme ich zu hören. Und: Bei uns sei alles ohnehin viel zu pfarrerzentriert. So entsteht ein seltsames Tabu, sich über die gegenwärtigen Herausforderungen des Pfarrdienstes öffentlich zu verständigen. Darin liegt das Problem….

Ich möchte über die Bedeutung des Pfarramtes sprechen können, ohne dies gegenüber anderen kirchlichen Berufsgruppen rechtfertigen zu müssen. Und ich bin fest davon überzeugt, dass eine Klärung und Stärkung des Pfarramtes die Stärkung sämtlicher anderer Berufsfelder einschließlich des Ehrenamtes in unserer Kirche mit sich bringen wird. Denn es geht hier nicht um eine Frage der Hierarchie von mehr oder weniger wichtigen Ämtern und Diensten. Es geht um Rollenklarheit…

Zum mündlichen Bericht der Präses über die Tätigkeit der Kirchenleitung sowie über die für die Kirche bedeutsamen Ereignisse auf der 3. (ordentlichen) Tagung der 17. Westfälischen Landessynode vom 17. bis 20. November 2014.

2 Gedanken zu „Kirchenleitende Führungskräfte denken um: „Zukunft des Pfarrdienstes in unserer Kirche.“ Von Präses Annette Kurschuss, EKvW.

  1. Johannes Damian

    Im Prinzip ist es ja schön, dass ein Umdenken erfolgt – schade ist nur, dass es viel zu spät kommt… und schade ist, dass es überhaupt nötig wurde.

    Eine ganze Generation von Pfarrerinnen und Pfarrern wurde einst der launischen Willkür der Kirchenleitenden ausgesetzt. Wozu denn Wertschätzung zeigen, wenn es doch sowieso „zu viele“ Bewerber für viel „zu wenige“ Pfarrstellen gab? Dann doch lieber die Gehälter kürzen, die Arbeitsbedingungen verschlechtern, Schönheitsreparaturen-Pauschalen erfinden… es gab ja genügend andere, die den Job bestimmt für noch weniger Geld machen würden. Was Jesus zu der großen Ernte und den demzufolge nötigen Arbeitern gesagt hatte, war offenbar vergessen worden, ebenso wie die Tatsache, dass das eigentliche Kapital der Kirche nicht ihr Geld ist, sondern die motivierten Menschen, die in ihr mitarbeiten. – Um die Jahrtausend-Wende ging jeder Leiter eines regionalen Call-Centers respektvoller mit seinen meist ungelernten Angestellten um als die Kirchenleitungen mit ihren Pfarrerinnen und Pfarrern: In der freien Wirtschaft war man sich der Tatsache bewusst, dass der Erfolg eines Unternehmens zu großen Teilen von der Motivation der Mitarbeiter auf den Schlüsselpositionen abhängig ist. Die Kirchen waren von dieser Einsicht damals offenbar noch weit etfernt, und dass uns die Kirchenleitenden auf den Konventen mit „Bruder“ anredeten, war kein wirklicher Hinderungsgrund, mit uns stiefbrüderlich umzugehen.

    Inzwischen hat sich das Blatt gewendet: Kaum ein junger Mensch will unter diesen Bedingungen noch Pfarrer werden, die Predigerseminare sind verwaist und zum großen Teil geschlossen, denn kaum jemand möchte für ein grenzwertig niedriges Gehalt immer größere und anonymere Gemeinde-Bezirke verwalten (mehr als das ist es ja nicht!) müssen und dabei auch noch ein einem baufälligen Pfarrhaus wohnen. Anders als früher entscheidet sich heute kaum noch ein Pfarrers-Kind für ein Theologie-Studium, denn es kennt die Lebensbedingungen seiner Eltern ja aus eigener Anschauung: Die heute noch aktive Pfarrerschaft ist nach anderthalb Jahrzehnten der „Reformen“ müde, krank und kaputtgespielt… – und nun, da inzwischen ganze Regionen pfarramtlich unterversorgt sind und die eigentlichen Pensionierungswellen erst noch vor der Tür stehen.. nun entdecken die Kirchenleitungen, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer eventuell doch etwas Wertschätzung verdient hätten, und in Bayern arbeitet man sogar an einer Dienstordnung, die es uns ermöglichen soll, „gut, gerne und wohlbehalten“ unseren Dienst zu tun. – Für mich kommt dieser allgemeine Sinneswandel leider zu spät und unter zu eindeutigen Umständen, um noch glaubwürdig zu sein.

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  2. Stephan Buse

    In der Evangelischen Kirche von Westfalen erhalten Pfarrerinnen und Pfarrer seit 2015 vier Tage Sonderurlaub zum 25-jährigen Ordinationsjubiläum. Ebenso ist geplant, zu 10jährigen, 20 jährigen und anderen Ordinationsjubiläen, die Pfarrerinnen und Pfarrer zu Feierstunden einzuladen.
    Was nicht geplant ist: Die Anhebung der Besoldung der westfälischen Pfarrerinnen und Pfarrer auf das Niveau der übrigen Gliedkirchen der EKD. So bleiben die westfälischen Pfarrerinnen und Pfarrer deutschlandweit diejenigen mit dem geringsten Gehalt. Ändern wird sich das erst, wenn der auch in Westfalen zu beobachtenden Rückgang beim theologischen Nachwuchs zu Problemen bei den Pfarrstellenbesetzungen führt. Noch gibt es dafür einen zu hohen Überhang von Pfarrerinnen und Pfarrer im Probedienst und anderen Beschäftigungsverhältnissen, der sich in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hat. Gleichwohl haben auch in Westfalen Kirchengemeinden in eher ländlich strukturierten Randgebieten bereits heute Schwierigkeiten, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für ihre Pfarrstellen zu finden. Wie das erst ab 2020 aussieht, wenn jährlich voraussichtlich mehr als 100 Pfarrstellen vakant werden, das mag man sich kaum ausmalen.

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