27.06.17
…STANDARD: „Tablets für alle!“ lautet eine der letzten Verheißungen der im Scheidungsprozess befindlichen SPÖ-ÖVP-Koalition. Ab 2017 sollten laut Koalitionspakt „alle Schülerinnen und Schüler in der fünften Schulstufe und in der neunten Schulstufe sowie auch die LehrerInnen mit adäquaten digitalen Endgeräten (Tablets, Laptops etc.) ausgestattet“ werden. Was sagt der Philosoph, der eine „Theorie der Unbildung“ und eine „Praxis der Unbildung“ geschrieben hat, dazu?
Liessmann: Diese digitale Aufrüstung von Schulen, Schülern und Lehrern wird den Bildungsprozess nicht sonderlich positiv beeinflussen. Der materielle Aufwand steht zu den erwartbaren bescheidenen Ergebnissen in einem krassen Missverhältnis. In Amerika, wo schon sehr früh Notebook- und Tabletklassen eingeführt wurden, geht man dazu über, die Tablets wieder aus den Schulen zu verbannen. Die Manager der Internetkonzerne aus dem Silicon Valley schicken ihre Kinder bevorzugt in Waldorfschulen, an denen digitale Geräte verboten sind, weil das Ablenkungs- und Zerstreuungspotenzial durch diese Geräte massiv verstärkt wird und wichtige Lernprozesse, in denen es um die grundlegenden Kulturtechniken, die Entwicklung von Fantasie und Kreativität, die Erkundung der realen Welt geht, dadurch sabotiert werden…