Regensburg 1.6.2014
Zum Abschluss des Regensburger Katholikentages appellieren kirchliche Reformgruppen an die Bischöfe, den positiven „Franziskus-Effekt“ nicht zu verspielen und zu verpassen, und warnen vor einer Folgenlosigkeit dieses Katholikentages. Die Bischöfe dürften nicht nur vom Dialog und Aufbruch reden, sondern müssten endlich konkrete Schritte tun und konkrete Reformen einleiten.
Die zahlreichen ermutigenden Impulse von Franziskus haben große Hoffnungen und Erwartungen bei den Gläubigen geweckt, die nun voller Ungeduld darauf warten, dass der jahrzehntelange pastorale Reformstau endlich abgebaut wird. Papst Franziskus hat die Bischöfe in aller Welt aufgefordert, mutige Vorschläge für die Pastoral in den einzelnen Kulturkreisen zu machen, und hat eindringlich den Klerikalismus kritisiert. Deshalb ist es nun Aufgabe der Bischöfe, die Arbeitsergebnisse aus ihren Diözesen und aus dem bundesweiten „Dialogprozess“ offensiv nach Rom zu bringen. Als Vorsitzender der Deutschen und der Europäischen Bischofskonferenz sowie Mitglied päpstlicher Beratungsgremien trägt Kardinal Reinhard Marx hierbei eine besonders große Verantwortung, damit der weltweite positive „Franziskus-Effekt“ nicht verpufft.
Reformen jetzt!!
Bischöfe und Priester brauchen Mut und Solidarität für eine dringend notwendige Reform der Pastoral, die theologisch geboten ist. Statt der Zusammenlegung zu XXL-Gemeinden braucht es realisierbare Konzepte für lebendige Gemeindearbeit mit Gemeindeleiter/innen und Seelsorge vor Ort. Gemeinden müssen sich im Sinne von Eucharistie versammeln können – unabhängig davon, ob ein Priester anwesend ist oder nicht. Das Sakrament der Eucharistie ist ein Recht eines jeden Getauften und keine Belohnung für Wohlverhalten gegenüber der Amtskirche. Dies gilt auch für nach einer Scheidung Wiederverheiratete. Die katholische Sexualmoral muss auf den Prüfstand, wie auch die veröffentlichten Ergebnisse der Vatikan-Umfrage zur Familien-Synode zeigen. Wo Menschen in der Sexualität zu Objekten gemacht werden, wird die Würde des Einzelnen verletzt, werden Missbrauch, Menschenhandel und Abwertung toleriert.
Ende der klerikalen Volkskirche
Der Regensburger Katholikentag war von einer Volkskirchlichkeit geprägt, wie es sie wohl in keinem anderen deutschen Bistum mehr gibt. Noch stärker hat diesen Katholikentag aber die theologisch konservative Linie des gastgebenden Bischofs Dr. Rudolf Voderholzer und seines Vorgängers Gerhard Ludwig Müller geprägt, die sehr viel mehr auf der Linie des emeritierten Papstes Benedikt als auf der von Papst Franziskus liegt. Die Berufung von Bischof Voderholzer als Berater der Glaubenskongregation, die von Kardinal Müller geleitet wird, wurde während des Katholikentages offiziell bekannt gegeben.
Die vom Regensburger Bischof und anderen Bischöfen vehement vertretene Fokussierung auf den unbedingten Lebensschutz (Ablehnung der kirchlichen Schwangerschaftskonfliktberatung) hat schon jetzt dazu geführt, dass die Positionen der römisch-katholischen Kirche in anderen ethischen Fragen (wie z.B. assistierte Sterbehilfe) in der gesellschaftlichen und politischen Debatte immer weniger Gehör finden.