Kirchenaustritte als „Weckruf“ für die Kirche?

SZ., 28.07.14, Leserbrief von einem Pfarrer zum sprunghaften Anstieg der Kirchenaustritte aus der kath. Kirche.

Wer bitte soll da rufen und wecken und wer soll wozu aufwachen? Kirche, egal ob katholisch oder evangelisch, ist nicht mehr anziehend. Sie ist leidenschaftslos, desorientiert und krank geworden, paralysiert von der inneren Emigration ihrer Mitarbeiter und den Austritten ihrer Mitglieder. Humpelnd auf den Krücken der Kirchensteuer und der Sucht nach gesellschaftlicher Anerkennung, fürchtet sie die Medien mehr als Gott. Sie predigt davon,
dass Jesus die Kranken geheilt hat und wird doch selbst immer kränker, weil sie dem nicht mehr rückhaltlos vertraut, der allein sie heilen könnte. Statt ein Gegenmodell zu dieser von Gier getriebenen Gesellschaft zu sein, versucht sie mitzuhalten im Hamsterrad des Kapitalismus. In ihren Schaufenstern stehen Schilder mit der Aufschrift „Barmherzigkeit“, „Güte“, „Glaube, Hoffnung und Liebe“, „Heilung und Erlösung“. Aber was sie anbietet, sind eben nur Schilder, nicht die Sache selbst. Hinter den Fassaden alter Riten und Liturgien ist es „wüst und leer“ geworden. Was soll man von einer Kirche erwarten, die Angst hat
vor Buße und Umkehr, vor Veränderung und Erneuerung? Was soll man von dieser
Kranken noch erwarten, die selbst den Weg nicht findet zu Christus, ihrem Herrn und Arzt?

Mit freundlicher Genehmigung des Autors

Hans Löhr, evangel. Pfarrer Sommersdorf-Burgoberbach/Bayern

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