5. KMU: Die neue Kirchenmitgliederbefragung als Lernchance für unsere Kirche. Von Herbert Diekmann.

Die neue Kirchenmitgliederbefragung als Lernchance für unsere Kirche
Von der Schwierigkeit, ein liebgewordenes Tabu aufzugeben

Von: Herbert Dieckmann in: Deutsches Pfarrerblatt 12/2014

Dass der Pfarrberuf in der Kirche ebenso wie in deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eine zentrale Rolle spielt, wird eigentlich von ­einer Kirchenmitgliederbefragung zur nächsten bestätigt. Dennoch lassen sich die Großstrategen in den Kirchenleitungen von ihrem irregeleiteten Reformkurs nicht abbringen. Herbert Dieckmann führt das Dilemma vor Augen und verweist auf Auswege.

Die Schlüsselrolle der Pastoren­schaft – ein kirchliches Tabu

Es geschah vor etwa zehn Jahren. Da wagte der Präsident des Landeskirchenamtes, Dr. von Vietinghoff, öffentlich anzusprechen, was bis dahin auch in der hann. Landeskirche als absolutes Tabu galt: die »Schlüsselrolle« der PastorInnen in den Gemeinden. Reflexartig erschallte ein Aufschrei des Entsetzens: Mitarbeitende, Ehrenamtliche, Synodale, ja selbst Kirchenleitende wollten einfach nicht wahrhaben, was in jeder Gemeinde die übergroße Mehrheit der Kirchenglieder selbstverständlich erlebt und dankbar anerkennt: die zentrale Stellung der PastorIn. Doch diese gemeindliche Selbstverständlichkeit wirklich zu benennen, war ­kirchenpolitisch inkorrekt. Denn die landeskirchlichen Meinungsmacher wollten die Gemeindepfarrstellen als willkommenes Einsparpotential nutzen, weil sie behaupteten, die Kircheneinnahmen würden sich bis 2030 halbieren. Tatsächlich sind die Kirchensteuereinnahmen in der EKD im letzten Jahrzehnt um über 30% gestiegen, nachdem sie sich von 1967 bis 1970 verdoppelt und von 1970 bis 1990 verdreifacht hatten!1 Darum war 2004 diese Entwicklung tendenziell vorhersehbar. Dennoch wurden drohende Einnahmeverluste als sicher unterstellt und sogleich PastorInnen als überflüssige Amtsträger identifiziert, die lediglich hohe Ausgaben verursachen und zudem das eigenständige Wirken engagierter Ehrenamtlicher behindern und Mitarbeitende autoritär und inkompetent behandeln würden. Stereotype PastorInnenschelte mit ernster Warnung vor einer antiquierten »Pastorenkirche« war seinerzeit »angesagter Ton«. Dass den PastorInnen als einziger kirchlicher Dienstgruppe die Gehälter erheblich gekürzt, etwa 350 junge TheologInnen trotz bestandener Examina einfach abgewiesen und vor allem viele Gemeindepfarrstellen (in manchen Kirchenkreisen bis zu 50%) ohne nennenswerten Widerstand kurzerhand gestrichen wurden, verstand sich danach beinahe von selbst… Zum Artikel.

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