von Friedhelm Schneider.
Der Pfarrverband erhob jüngst bundesweit selbständig die Anzahl der PfarrerInnen und Pfarrstellen in den verschiedenen Landeskirchen. Die Grundlage dürften die offiziellen Statistiken bilden, die aber bekanntlich immer wieder Schwächen hatten, z.B. aufgrund fehlender Differenzierung zw. Personen und Vollzeitäquivalenten. Insofern dürften die Daten hier nicht nur aus den offiziellen Statistiken zusammen getragen, sondern auch kritisch geprüft worden sein. Letzteres dort, wo die Pfarrvereine selbst über entsprechend gute Informationsquellen verfügen. Weit davon entfernt ist man, die Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Landeskirchen ebenfalls darzustellen, wie dies etwa in der reformierten Schweiz geschieht.
Keine Statistik ohne Auswertung: Eine Schlüsselkennziffer ist das Verhältnis von (Gemeinde-) Pfarrstellen zur Gemeindegliederzahl. Für das Phänomen kursieren unterschiedlich sinnige Bezeichnungen wie Pasotrationsdichte etc. Aber die Terminologie ist nicht enscheidend. Wohl aber die tatsächliche, real existierende Verhältniszahl der jeweiligen Landeskirche. Als Faustregel gilt (galt) 1: 2000 in den westlichen Landeskirchen. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass man dieses Ergebnis immer zusammen betrachten müsste mit der in den jeweiligen Landeskirchen pro Stelle definierten Anforderungen, etwa auch hinsichtlich des zu erteilenden Stundenkontingents für Religonsunterricht. Diese zweite Information ist allerdings in der genannten Aufstellung nur ausschnittweise hinsichtlich des RU vorhanden. Weswegen wir auf die kombinierte Auswertung an dieser Stelle verzichten (müssen).
Betrachten wir also die „Pastorationsdichte“ mit dem Durchschnittswert 1: 2000. Wobei gilt: je geringer die Zahl der Gemeindeglieder pro Stelle, desto besser die Versorgung der Gemeindeglieder, je höher desto schlechter. Von diesem Durschnittsergebnis 1 : 2000 weicht die Hannover’sche Landeskirche am stärksten zum Negativen ab: mit 3361 Gemeindegliedern/ Pfarrstelle weist sie das Schlusslicht in Sachen „Pastorationsdichte“ und damit die schlechteste Versorgung der Gemeindeglieder – und wohl auch höchste Beanspruchung der PfarrerInnen – auf. Die nächstfolgende Landeskirche in diesem Ranking der Pastorationsdichte, Westfalen, steht mit 2739 Gemeindeglieder/ Pfarrstelle schon ca. 20% besser da.
Nun mögen diese Zahlen wie gesagt mit gewissen Unsicherheitsfaktoren versehen sein, das Schlusslicht dürfte Hannover aber nicht streitig zu machen sein.
Liest man freilich die Internetseite der Hannover’schen Landeskirche, wird man einen völlig anderen Eindruck über die Pfarrstellensituation gewinnen:
„Einstellungssituation
In den ersten Jahren des Berichtszeitraums war die Lage auf dem „Pfarrstellenmarkt“ angespannt. Durch die aus finanziellen Gründen notwendige Reduzierung von Stellen standen für die 2020 Personen im pfarramtlichen Dienst im Jahr 2007 nicht ausreichend Stellen zur Verfügung.
Dem begegnete die Landeskirche durch die Bereitstellung von Finanzmitteln im Umfang von 50 zusätzlichen Pfarrstellen, um einen Einstellungskorridor zu schaffen. Auf diese Weise konnten trotz nicht ausreichender regulärer Gemeindestellen jedes Jahr eine ausreichende Anzahl an Theologinnen und Theologen in den Probedienst übernommen werden, um eine „Generationslücke“ im Altersaufbau der Pastorenschaft zu verhindern.
Bis einschließlich 2011 erhielten Pastorinnen und Pastoren im Probedienst aufgrund der Stellenknappheit nur Teilaufträge im Umfang von 75%. Interessenten aus anderen Landeskirchen konnten ausschließlich im Rahmen eines Tauschs übernommen werden.
Inzwischen hat sich durch den Anstieg der Ruhestandszahlen die Situation so weit entspannt, dass Berufsanfängerinnen und –anfängern eine volle Stelle angeboten werden kann. Auch ist ein Stellenwechsel für Bewerberinnen und Bewerber aus anderen Landeskirchen, teilweise auch aus dem Ausland, inzwischen unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Voraussichtlich ab 2017 werden landeskirchenweit erstmals mehr Stellen frei sein als Pastorinnen und Pastoren zur Verfügung stehen. Von diesem Zeitpunkt an wird zunehmend mit Vakanzen zu rechnen sein, da dann nach und nach die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen.“
Die Statistik zur Pastorationsdichte weist die offizielle Verlautbarung der Landeskirche als PR aus. Eine PR, die man nur noch mit Propaganda bezeichnen kann. Hier wird die für die Pfarrerschaft bittere Realität euphemistisch verschleiert. Was hier passiert lädt ein, der euphemistischen eine realistische Sichtweise zu konfrontieren. Man muss nur beide Sichtweisen parallel synoptisch betrachten. Man muss also die offizielle PR der Landeskirche die Realität entgegensetzen bzw. synoptisch gegenlesen:
Gegengelesen