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Die sogenannte Urkatastrophe 1914

13.01.2014, von Arno Klönne

Einhundert Jahre seit dem Beginn des Ersten Weltkrieges – die kulturindustrielle Verwertung eines solchen Ereignisses lässt sich nicht aufschieben bis zum August, auch im Erinnerungsgewerbe herrscht harte Konkurrenz, und so sind wir schon umstellt von einschlägigen Angeboten zum Rückblick auf eine “Urkatastrophe”. Der Begriff ist äußerst beliebt, um “1914″ gedanklich unterzubringen – und drängt ein Missverständnis auf; keineswegs waren es Naturgewalten, die damals in völlig neuen Dimensionen Zerstörung und Tod auslösten. Es handelte sich um Menschenwerk, unter Nutzung hochentwickelter Technik. Bei dem Versuch, den Trend derzeit dominierender Beschreibungen und Deutungen von “1914″ zu erfassen, stößt man auf ein Problem: Ganz überwiegend erscheint der Erste Weltkrieg als Inferno, in das die beteiligten Staaten “hineingeschlittert” oder in das sie “schlafwandelnd” geraten sind; dessen Brutalität niemand voraussah; bei dem Täter und Opfer nicht mehr zu unterscheiden sind. Und wo eine besondere Verantwortung des Deutschen Reiches nicht gegeben war. – Angesichts dessen empfiehlt es sich, an diese Erinnerungskultur einige Fragen zu stellen:
Gab es sie gar nicht – deutsche Programme und Pläne für eine gewalttätige Expansion nach Westen und Osten, für den Zugriff auf industrielle Ressourcen und agrarische Räume, dem Kalkül wirtschaftlicher Eliten entstammend? Zum Artikel.

Die Gründung des Versöhnungsbundes 1914 – PazifistInnen organisieren sich

16/05/2014 von Ulrich Hahn
2014 denken wir an den Beginn des ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Vom 01. bis 03. August 2014 feiert auch der Internationale Versöhnungsbund in Konstanz sein hundertjähriges Bestehen. Die „europäische Katastrophe“, als in Europa „die Lichter ausgingen“, war gleichzeitig der Beginn eines wichtigen Zweiges der weltweiten Friedensbewegung.

Doch so glatt verlief die Gründung nicht: Genau genommen wurde in Konstanz am 02. August 1914 nicht der Versöhnungsbund gegründet, sondern der „Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen“ (engl.: „The World Alliance of Churches for Promoting International Friendship“), bis 1948 einer der Vorläufer des Ökumenischen Rates der Kirchen.
Finanziert durch eine Stiftung des amerikanischen Industriellen Carnegie wurden schon im Mai 1914 protestantische Theologen aus aller Welt zu einer Friedenskonferenz nach Konstanz eingeladen, die dort vom 01.-05. August 1914 stattfinden sollte.
Vorausgegangen waren dieser Einladung seit 1908 gegenseitige Besuche deutscher und englischer Kirchenführer, 1910 die Gründung eines „Kirchlichen Komitees zur Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland“, als dessen Sekretär der deutsche Pfarrer Friedrich Siegmund-Schultze (1885-1969) berufen wurde, dann ein gemeinsamer Besuch deutscher und englischer Mitglieder dieses Komitees in den USA und schließlich noch ein Aufruf des schweizerischen Reformierten Kirchenbundes im Januar 1914 zu einer Friedenskonferenz christlicher Kirchen…

Mehr dazu.   klicken Sie dann auf das pdf: 2014-uh-gruendung-vb.pdf

Zum erstem Weltkrieg: Die Kirche war auch nicht schlauer als der Rest der Gesellschaft

1914 trug eine Welle der Euphorie den Beginn eines sinnlosen Massenmordens. Auch die Kirche beteiligte sich an dem Anheizen der Kriegsstimmung. Christoph Markschies befasst sich mit den Gründen, warum die evangelische Kirche für den Krieg willig instrumentalisieren ließ. „Die evangelische Kirche verfügte ja nicht über bessere politische Diagnosemöglichkeiten als jeder andere Zeitgenosse auch. Und sie war so blind, wie es die gesamte Bevölkerung war.“, versucht er die Rolle der Kirche aus ihrer Zeit heraus zu betrachten. Untersucht werden muss daher auch vermehrt die Rolle der Kriegstreiber in der Kirche.

Aber wenn die Kirche sich nicht von der Gesellschaft in ihrer Erkenntnismöglichkeit unterscheidet, kann sie das moralische Wächteramt, das sie sich so gerne zuschreibt erfüllen.

Es erklärt aber gut, warum sich die EKD zu einer diffusen Bejahung des Afghanistankrieges herablässt. Wenn es außerhalb der Linkspartei keinen Politiker mehr gibt, der den Krieg ablehnt. Warum sollte es dann die Kirche?

Lesen Sie dazu auch unsere Kommentare zur Stellungnahmen der Ethikkammer zum Afghanistankrieg.

 

Zur Stellungnahme der Kammer für Öffentliche Verantwortung zum Militäreinsatz in Afghanistan

 

EKD: Nun doch einiges gut in Afghanistan

Aufruf zur gemeinsamen Erinnerung an den Ersten Weltkrieg

17. Januar 2014 Volksbund-Präsident Markus Meckel zählt zu den Unterzeichnern eines Aufrufes, der sich für eine gemeinsame europäische Erinnerung an den Ersten Weltkrieg ausspricht. Seine Verfasser und Unterzeichner „verbindet die Überzeugung, dass die vor uns liegenden Jahre Chancen für vertieftes Verständnis unter europäischen Bürgern bergen“, heißt es in einem Begleitschreiben. Deshalb suchen sie Wege, um ihre Überlegungen und Vorschläge zu Beginn der bevorstehenden Gedenkjahre insbesondere der deutschen und französischen Öffentlichkeit nahezubringen.

Ein anderer Blick auf 1914 – 1918: Welche Wege für Europa 2014 – 2018?
Für eine gemeinsame Erinnerungskultur

Bei allen Unterschieden zeigt der Blick auf den Ausbruch des Ersten Weltkrieges den Betrachtern in Europa ganz ähnliche Bilder: einen Kontinent im Strudel, der Unzählige in der Welt mitreißt.
Die Erinnerungen in unseren Ländern werden ganz verschieden ausfallen. Einige werden der nationalen Anstrengung gedenken, andere der Zerstörung, des Leidens und der Opfer. Hier wird man die Verantwortlichkeiten, auch die eigenen, prüfen, dort der Jugend die Geschichte ihrer Vorfahren nahezubringen versuchen… Manche werden das Ende des alten Europa bedenken, Andere sich am Sieg der modernen Demokratien und an der Neu- bzw. Auferstehung ihrer Nation als Ergebnis des Krieges erfreuen…
Wir erkennen ein paar gut lesbare Zeichen der Generation von damals an uns heutige Europäer… Lesen Sie den Aufruf. 

Gedenkjahr zum Beginn des Ersten Weltkriegs wirft seine Schatten voraus – von Prof. Jost Eschenburg

2014. Gedenkjahr für 1914, Beginn des Ersten Weltkriegs. Was kommt bei all dem Gedenken und Erinnern auf uns zu? Wird 2014 das Jahr der Geschichtsklitterer und -kleisterer, der Beschöniger und Verharmloser? So jedenfalls hat es angefangen. Prof. Jost-Hinrich Eschenburg parallelisiert die Angriffskriege 1914 und 2001 (Afghanistan). Er argumentiert und protestiert in einem Leserbrief auf Artikel zur Gedenkjahreröffnung der SZ und zeigt: wie Menschen die Geschichte deuten, so gestalten sie auch die Gegenwart. Eine neue Lernkultur würde uns weiter helfen.

Leserbrief zur Wochenendbeilage der SZ 3 (2014), 4./5.1.2014 besonders zum Interview „Schuld“ mit Herfried Münkler (S.10):

Es ist verdienstvoll von der Süddeutschen Zeitung, das wichtige Thema des Jahres 2014, den Ersten Weltkrieg, gleich zu Jahresbeginn aufzugreifen. Was genau war das Falsche am damaligen Denken und Handeln der verantwortlichen Politiker und Militärs, das zu dieser bis dahin größten Katastrophe aller Zeiten führte?

Leider geht es in dem Interview hauptsächlich darum, die absurde alte These von der deutschen Alleinschuld zurückzuweisen. Statt sich damit aufzuhalten müsste doch
jede beteiligte Nation ihren Anteil an dieser Katastrophe so präzise wie möglich aufarbeiten, wir Deutschen also den deutschen Anteil. Davon ist aber nicht die Rede. Vielmehr
geht es um Entlastung von einer Schuld, die heute noch Folgen hat: „Weil wir historisch schuldig sind, … dürfen wir außenpolitisch nirgendwo mitmachen“, und als Beleg der angeblich schlimmen Konsequenzen dieses Denkens wird „das außenpolitische Desaster
Guido Westerwelles beim Eingreifen der Nato gegen den libyschen Diktator Gaddafi“ angeführt.

Das ist eine neue Tendenz, die auch in dem in der Wochenendbeilage zitierten Buch „Die Schlafwandler“ von Christopher Clark zu beobachten ist. Dort heißt es (S.16): „Die Anschläge auf das World Trade Center im September 2001 haben uns exemplarisch vor Augen geführt, inwiefern ein einzelnes, symbolträchtiges Ereignis … die Politik unwiderruflich verändern kann, indem es bisherige Optionen zunichte macht und neuen Optionen eine unvorhersehbare Dringlichkeit verleiht“. Allerdings, die USA haben sich 2001 genauso verhalten wie Österreich-Ungarn 1914: Auf das Verbrechen vom 11. September folgte das noch viel größere Verbrechen vom 7. Oktober, der Angriff auf Afghanistan. Ebenso folgte auf auf das Verbrechen vom 28. Juni 1914 das viel größere Verbrechen vom 28./29. Juli: die von Deutschland gedeckte österreichische Kriegserklärung an Serbien und der erste Angriff auf Belgrad. Man kann nur schwer das eine rechtfertigen und das andere verurteilen. Lieber äußert man wieder Verständnis für den Angriffskrieg, ein Rückfall hinter die UN-Charta.

Ein Fazit von Christopher Clark lautet: „So gesehen war der Kriegsausbruch eine Tragödie, kein Verbrechen.“ (S.716) Dem ist scharf zu widersprechen: Die kollektive Planung des gewaltsamen Todes von Millionen von Menschen durch die damals Verantwortlichen in allen beteiligten Ländern war ein Verbrechen, das größte bis dahin begangene. Millionen
von jungen Leuten wurden zum Massenmord getrieben; wen wundert es da, dass einige von ihnen später freiwillige Massenmörder wurden? Sollte es nicht die vordringliche Aufgabe der Beschäftigung mit dem Ersten Weltkrieg sein, das Denken zu erkennen, das in die Katastrophe geführt hat, damals wie heute?

Prof. Dr. J.-H. Eschenburg, Augsburg (die Wort-Meldungen danken für die Überlassung des

Leserbriefs)

Fehlerhafte Erinnerungen an den ersten Weltkrieg

Oliver Janz: „14 – Der große Krieg“ – Fehlerhafte Erinnerungen an den großen Krieg.

Von Brigitte Baetz

Kurz vor dem Jahrestag versuchen mehrere Bücher, den Ersten Weltkrieg
wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rufen…
Oliver Janz hat mit seinem Buch „14 – Der große Krieg“ ein umfassendes
Standardwerk über den Ersten Weltkrieg, seine Vorgeschichte und seine
Auswirkungen vorgelegt. Und obwohl er dabei auf emotionale Bewertungen
verzichtet, erschrickt man auch noch 100 Jahre nach den Ereignissen –
über das grenzüberschreitende Versagen von Politikern, Medien und
Intellektuellen, die in ihrer großen Mehrheit den Krieg in diesem Ausmaß,
in dem er stattfand, nicht gewollt, aber auch nicht verhindert haben.
Zur Rezension.