Schlagwort-Archive: AfD

Evangelikale Bewegung und Rechtspopulismus. Von Dr. Hansjörg Hemminger.

04/2017, Evangelische Orientierung 1/2017

(DR. RER. NAT. HANSJÖRG HEMMINGER
war bis Anfang 2014 Weltanschauungsbeauftragter
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.)

Dass man aus der Bibel Ordnungen entnehmen solle, die
politisch dem gesamten Gemeinwesen aufzuerlegen sind,
auch einem säkularen Staat, ist eine Idee des protestantischen
Fundamentalismus. Es ist diese Idee, die den Rechtspopulismus
für manche (bei weitem nicht alle) Evangelikale
attraktiv macht.

Vor kurzem diskutierte ich auf Facebook mit einem Evangelikalen,
einem theologisch gebildeten Mann. Aus seiner Sicht vertritt
die AfD unter den politischen Parteien am ehesten eine biblische
Moral. Und er betonte: „Eine an der Bibel orientierte Lebensordnung
ist das Zentrum christlicher Ethik.“ Die Frage nach der
Schnittmenge zwischen evangelikaler Bewegung und Rechtspopulismus
ist damit im Kern beantwortet…

mehr dazu, vgl. S. 14

EKHN: „Den Gesprächsfaden niemals abreißen lassen“. Populismus und Wut zerreißen die Gesellschaft. Wie kann der aktuelle Riss durch die Gesellschaft überwunden werden?

12/2016
Spätestens seit den Landtagswahlerfolgen der AfD, dem Brexit und dem Triumph des Populisten Donald Trump in den USA scheint die Diagnose klar: Durch die westlichen Gesellschaften geht ein Riss…

 

Mehr dazu.

Das Podium auf dem Katholikentag und Ablasshandel – Frauke Petri unter der Lupe

Frauke Petri hat dem Deutschlandfunk ein viel beachtetes Interview gegeben. Ich gehe nur auf zwei Punkte ein, die Kirche betreffen.

Petri äußert Unverständnis dafür, dass keinE VertreterIn der AfD auf ein Podium des Katholikentags eingeladen wurde:“Viel mehr enttäuscht mich aber die Tatsache, dass Kirche damit etwas tut, was sie zutiefst ablehnen müsste und damit unchristliches Verhalten sondergleichen an den Tag legt. Denn, wenn es etwas gibt, was ich über Kirche gleichermaßen, ob katholisch oder evangelisch, bereits in frühen Kindertagen wohlwollend gelernt habe, dann war das, dass die Türen für jedermann offen sind. „

Meiner Meinung nach vermischt oder verwechselt Petri hier zwei Kategorien. Als Teilnehmenden stehen alle Türen offen. Und ich bezweifele, dass Petri und andere Funktionäre nicht als Katholiken oder Interessierte auf dem Katholikentag als Gäste anwesend sein durften.

Die Einladung auf ein Podium ist etwas anderes. Der Katholikentag ist eine Werbemaßnahme der katholischen Kirche. Sie richtet sich an die Vergewisserung der eigenen Anhänger und an die Öffentlichkeit der Republik. Als Veranstaltende hat die katholische Kirche das Recht sich ein genehmes Podium, die ihre gewollte Außenwirkung entfaltet einzuladen. Im Gegensatz zu Talkshows im öffentlich rechtlichem Fernsehen hat jeder Gastgeber dazu sein Recht. Genauso darf die Fifa eine Diskussion ohne unabhängige Korruptionsexperten und die Metzgerinnung ein Podium ohne Veganer besetzten.

Natürlich hat Petri auch ein Recht sich zu beschweren. Das steht jedem nicht eingeladenen zu. Eine Kontroverse war nicht erwünscht und damit sind sicherlich auch viele KatholikInnen in ihrer Meinung nicht repräsentiert gewesen.

Beides ein genehmes Podium und eine Beschwerde nicht berücksichtigt zu sein sind legitim. Es hat mit christlichen Werten nur wenig zu tun.

Was leider unter geht. Der Tonfall der Nichteinladung ist das Kritik würdigste. Warum muss im Vorfeld explizit mitgeteilt werden keine PolitikerInnen der AfD auf einem Podium einzuladen. Viele andere Organisationen saßen wahrscheinlich ebenso auf keinem Podium. Wurden aber nicht in der Presse ausdrücklich erwähnt.

Man kann die Besetzung der Podien auch wesentlich politischer als ich deuten, wie es Klaus-Rüdiger Mai im Cicero schreibt.

Schwerer zu Knacken ist Petris Vorwurf, die Kirche betreibe mit den Flüchtlingen Ablasshandel. Mir wird trotz direkter Frage im Interview nicht klar, was Petri damit sagen will.

Als erstes führt sie „eigene Interessen“ an. Wahrscheinlich ist damit der Gewinn der karitativen Werke der Kirchen intendiert. Die eigene Bereicherung in einem freiem Markt (Ich unterschlage hier bewusst Wettbewerbsvorteile der Kirche durch das andere Arbeitsrecht.) ist kaum eine passende Erklärung für die Metapher. Zwar hat sich die Kirche auch am Ablass bereichert. Dies geschah jedoch teils in betrügerischer Absicht und im Tausch an ein aus der heutigem Perspektive gesehen falsches Versprechen.

Mit dem zweitem Punkt: „zweitens vergisst … […] vergisst Kirche an dieser Stelle eines, dass die Betrachtung der aktuellen Migrationskrise als reine Flüchtlingskrise einfach weit zu kurz greift.„ Beginnt bei mir die Verwirrung. Ich habe keine Ahnung, wo die Analogie zum Ablasshandel hier steckt.

Schade, denn die Flüchtlingskrise ist ein gigantischer Ablasshandel. Für den Preis anderthalb Millionen Flüchtlinge mehr zu beherbergen kauft sich Deutschland ein reines Gewissen und ein tolles Image der netten Deutschen.

Die Kanzlerin, die über mehr als ein Jahrzehnt zuließ dass sich das Mittelmeer in ein Massengrab verwandelt ist nun Mutter der kleinen Syrer, die wir großzügig gerettet haben. Vergessen sind die Deals mit unseren hässlichen Türstehern, wie Gaddafi, der dafür sorgte dass Migrationswillige in Lagern verschwinden und dafür Milliarden kassierte. Nun dient sich Erdorgan für einen neuen Deal an. Keine Verantwortung hat Deutschland bei den Waffenexporten, die nun gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Unsere Handelsabkommen sorgen dafür, dass afrikanische Kleinbauern ihre Lebensgrundlage verlieren. Sie machen sich auf die tödliche Reise um in Italien jene Tomaten als Illegale zu pflücken, die sie einst selber in den Ruin getrieben haben.

Ja die Aufnahme der Flüchtlinge ist ein gigantischer Ablasshandel. Statt an die Wurzeln des Übels zu gehen kaufen wir uns lieber das gute Gewissen mit einigen Syrern.

Kirchen sind provinzieller geworden. Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann scheidet aus dem Amt und bickt zurück.

06.05.16, SZ, Interview mit Mathias Drobinski,
„…Macht das nun die Europaskeptiker stark, dass beim Projekt Europa die innere Mitte schwach geblieben ist?

Da gibt es sicher Versäumnisse. Aber es ist auch ein Problem, dass die EU zu rasch zu viele Länder aufgenommen hat.

Ist die Europa-Idee am Ende?

Nein. Ich glaube, mit Ländern wie Polen, Ungarn, auch Tschechien muss man Geduld haben. Vielleicht auch mit manchem Europaskeptiker im alten Kerneuropa, der aus Frust heraus eine rechte Partei wählt.

Zählt für Sie die AfD dazu?

Für mich ist das eine Partei in der Pubertät. Was heißt das: Der Islam gehört nicht zu Deutschland?…

Warum engagieren sich die Kirchen Europas nicht stärker für Europa?

Das ist eine Enttäuschung, dass wir auch auf kirchlicher Ebene in Europa nicht stärker zusammenarbeiten. Viele Kirchen haben doch eine große Nähe zu den Auffassungen ihrer Regierungen und sehen sich wenig dem Ganzen verpflichtet. Unsere Stärke in Europa, auch gemeinsam mit den evangelischen und orthodoxen Kirchen, hat dadurch gelitten. Wir sind provinzieller geworden…

Wäre nicht jetzt die Zeit der Theologie gekommen, die fragt: Was gilt in einer Zeit, in der vieles unsicher geworden ist? Man hat selten den Eindruck, dass die Theologen diese Debatten führend mitgestalten.

Es ist die Stunde der Theologie. Sie könnte sich tatsächlich deutlicher zu Wort melden. Vielleicht steckt dahinter manche Resignation. Aber so ändert man nichts….

Ihre Bischofskollegen Stefan Oster aus Passau oder Rudolf Voderholzer in Regensburg fordern, dass die Theologen sich stärker am Lehramt orientieren sollen. Das klingt nicht nach großer Freiheit.

Das sind Debatten von vorgestern.

Mehr dazu.

Kirchenpräsident Liebig zum Umgang mit der AfD. Frühjahrstag der Anhaltische Landessynode.

04/2016

„…
Zum Umgang der Landeskirche mit der AfD sagte der Kirchenpräsident, es sei aus seiner Sicht gegenwärtig nicht zielführend und machbar, deren Parteimitglieder pauschal aus kirchlichen Ämtern auszuschließen. Entscheidend sei dagegen die inhaltliche und kritische Auseinandersetzung mit Positionen der AfD und ihrer Mitglieder: „Wir müssen uns die individuellen Haltungen und Ansichten sehr genau ansehen, ihnen gegebenenfalls entgegen treten und das Prägende des Glaubens in den Vordergrund stellen.“…  Zur Quelle.

Christen in der AfD

03/2016, theologiestudierende.de

Es gibt eine Korrelation zwischen dem Politikangebot der „Christen in der AfD“ und den Themenfeldern, die in der Vergangenheit und Gegenwart für Evangelikale überhaupt politisch relevant waren und sind: Abtreibungsgegnerschaft, Christenverfolgung, traditionelle Familie. Liest man die Grundsatzerklärung der Christen in der AfD aufmerksam, wird man bemerken, dass sich ihre Politik in der Tat auf diese drei Themen beschränkt. Als ob es keine anderen Themen gäbe, die man aus christlicher Sicht beackern könnte.

Ob diese Korrelation davon kommt, dass es Evangelikale sind, die in der AfD Politik machen oder ob die AfD Politik macht, die sich ganz bewusst an die Evangelikalen richten will?…

Zum Artikel.

Ist ein Dialog mit der AfD möglich?

21.2.2016 Zeit

Die katholische Kirche will der AfD kein Forum geben. Deshalb wurde kein Vertreter der Partei auf den Katholikentag eingeladen. Wir haben berichtet.

Doch innerhalb der AfD gibt es viele überzeugte Katholiken. Für sie ist die Position der Kirche nicht nachvollziehbar. Auch für viele Außenstehende ist es schwer eine Einmischung der Kirche in die Parteipolitik verstehen. Jemanden auf Grund der Parteizugehörigkeit abzusprechen Christ zu sein ist kaum nachvollziehbar. An der Basis bleiben Mitglieder der Kirche auch mit Personen der Partei im Gespräch. Ein Unterschied zwischen Partei und Positionen ist ein schmaler Grad.

In einem Kommentar der Zeit spricht sich Laura Diaz daher für einen Dialog aus.

Das Verhältnis zwischen AfD und Kirche ist nicht mehr zu kitten

4.2.2016 Deutschlandfunk

Das Verhältnis zwischen Kirche und AfD ist immer schon angespannt. Ähnlich wie die ganzen -gida Bewegungen will die AfD kirchliche Gebäude als Kulisse für ihre Hassaufrufe nutzen. Die Kirchen verdunkeln ihre Gebäude um sich nicht vereinnahmen zu lassen.

Für die Stellungnahme prallt der Hass vieler Mitglieder auf die Kirche. In Erfurt wird Bischof Neymeyer von den Demonstranten offen angefeindet. Die AfD wird mehr zu einem Sammelbecken von Kirchenfeinden.

Auf den Katholikentag in Leipzig zum Thema Flucht und Migration ist keinE VertreterIn der AfD eingeladen. Frauke Petri kritisiert das.

Der Ton ist weit von einem Dialog entfernt.

Edith (21.2.2016) In einer früheren Version des Artikels habe ich Berichte aufgegriffen, dass die AfD auf Kundgebungen gefordert habe Pfarrer mit Mistgabeln aus der Kirche zu holen. Diese Aussage ist nur Tatjana Selering direkt nachweisbar. Sie hat die AfD vorher freiwillig verlassen um einem Ausschluss zuvor zu kommen.