04/2016 Ein Leitbildwechsel für die Hochschulpolitik
Der Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgericht vom 17. Februar 2016 bedeutet einen Leitbildwechsel für die Hochschulpolitik. Die Karlsruher Richter setzen sich ab vom Paradigma der vom Wettbewerb gesteuerten „unternehmerischen“ Hochschule und setzen wieder dort an, von wo aus Hochschulen insgesamt und speziell auch die Hochschullehre organisiert werden müssen, nämlich vom Individualrecht der Freiheit der Wissenschaft wie sie im Grundgesetz nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 garantiert ist.
„Das Grundrecht garantiert einen Freiraum, der wissenschaftlich Tätige vor jeder staatlichen Einwirkung auf Prozesse der Gewinnung und der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse schützt. Geschützt ist insbesondere die Selbstbestimmung über Inhalt, Ablauf und methodischen Ansatz der Lehrveranstaltung sowie das Recht auf die Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen und das Recht, sich im Rahmen des Studiums am wissenschaftlichen Gespräch aktiv zu beteiligen.“
Nach dem Urteil der Verfassungshüter stellen die gesetzlichen Regelungen zur Akkreditierung von Studiengängen einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit dar, weil sie die Freiheit der Hochschule, über Inhalt, Ablauf und methodischen Ansatz des Studiengangs und der Lehrveranstaltungen zu bestimmen beschränkten. Der Akkreditierungsvorbehalt sei auch ein Eingriff in die Rechte der Lehrenden und der Fakultäten oder Fachbereiche.
Die Wissenschaftsfreiheit sei zwar zur Sicherung der Qualität der Lehre grundsätzlich einschränkbar, der Gesetzgeber habe jedoch „keine hinreichenden Vorgaben“ gemacht, die den mit einer Akkreditierung einhergehenden Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit rechtfertigen würden. Den geltenden Regelungen fehlten „hinreichende gesetzgeberische Entscheidungen zu den Bewertungskriterien, den Verfahren und der Organisation der Akkreditierung“.