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Reporter ohne Grenzen verklagt den BND

Die Organisation Reporter ohne Grenzen verklagt den Bundesnachrichtendienst. Der BND hat „im Jahr 2013 schätzungsweise hunderte Millionen Mails mit Suchbegriffen durchforstet und schließlich mehr als 15.000 Mails mit Treffern ermittelt, die genauer untersucht wurden.„ Damit lässt sich kein Quellenschutz für Informanten garantieren. Alleine schon das Wissen um die Überwachung führt nachweislich zu einer Selbstzensur.

Für seine Klage bittet Reporter ohne Grenzen in einer Petition um Unterstürzung.

Es bleibt zu wünschen, dass die Kirchen sich ähnlich deutlich gegen die Verletzung der Vertraulichkeit der der Seelsorge positionieren.

BND-Skandal: Ohne Privatsphäre gibt es keine Demokratie. Vom früheren Innenminister Gerhard Baum.

17. Mai 2015, von Gerhart Baum, SZ

Im Jahr drei nach den Enthüllungen von Edward Snowden nimmt der Skandal um NSA und BND immer neue Wendungen – weil das Kanzleramt sich weigert, Konsequenzen zu ziehen.
„Wir befinden uns demnächst im Jahr drei nach Snowden. Edward Snowden hat die Welt ein Stück weit verändert. Und jede weitere Wendung, die der Skandal um den Bundesnachrichtendienst (BND) nun nimmt, sollte Anlass sein, unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten zu überdenken.

Denn Snowden legte die Wirkungen eines monströsen Überwachungsapparates offen. Dessen Ziel ist nicht mehr und nicht weniger als die informationelle Überlegenheit. Keine Information soll dem Zugriff entzogen sein, keine Kommunikationsverbindung, kein Rechner oder Smartphone. Betrachtet man die einzelnen Instrumente der NSA und ihrer Verbündeten, der „Five Eyes“, insgesamt, ist man überrascht, wie nahe sie ihrem Ziel schon gekommen sind. Und das betrifft jeden Einzelnen von uns…“ Zum Artikel.

Die Rechtsbrüche der Geheimdienste sollen legalisiert werden

Die Arbeit der Geheimdienste ist seit dem Versagen bei der Aufklärung der durch die NSU verübten Morde und den Snowdon Enthüllungen Gegenstand breiter Kritik. Die Bundesregierung will daher die Gesetzte nachbessern. Die vorgestellten Entwürfe zeigen, dass sie dabei lernresistent ist.

V-Männer sind Verbrecher oder Extremisten, die ab und an dem Verfassungsschutz das erzählen, was er ohnehin schon zu wissen glaubt. Dafür werden diese Verbrecher auch noch staatlich alimentiert. Die Partnerschaft wird problematisch, wenn ein V-Mann selbst an Verbrechen über die er Auskunft gibt beteiligt ist. Dann müsste ihn der Staat für seine Taten zur Rechenschaft ziehen. Jedoch zeigt sich, dass V-Männer wichtiger sind als die Aufklärung von schwersten Verbrechen oder dem Verbot der NPD. Damit der Staat zukünftig nicht mehr in Verlegenheit kommt seine V-Männer vor Gericht zu stellen, soll ihnen nun erlaubt werden Straftaten von erheblicher Bedeutung zu begehen. Bedeutet das also die Goldene Zeit der Nazi-V-Männer. Sie bekommen Geld dafür, dass sie Nazis sind und dürfen straffrei Ausländer zusammenschlagen?

Auch die Überwachung der privaten Kommunikation soll ausgeweitet werden. Jeder, den der Staat als Hacker sehen kann wird zu einem potentiellen Überwachungsziel. Mit Hacker sind jedoch nicht nur wenige Computerspezialisten gemeint, sondern jeder, der fremde Daten ausspäht oder Computer sabotiert. Dem Wortlaut nach sind also Eltern, die Smartphones minderjähriger Kinder aus legitimen Gründen überwachen potentielle Ausspähziele des BND. Ebenso Teenager, die sich an Internetprotesten der Organisation Anonymus beteiligt haben. Das alles muss passieren, damit wir vor Cybergefahren geschützt werden. Dumm nur, dass Geheimdienste die mit abstand größte Cybergefahr darstellen. Die Vorstellung ist absurd. Geheimdienste verschaffen sich massenhaft Zugang zu Daten und Schwachstellen von Software um uns davor zu schützen, dass jemand massenhaft unsere Daten sammelt und die Schwachstellen unserer Geräte ausnutzt.

Lesen Sie dazu auch die Artikel der Zeit und von netzpolitik.org.

Glenn Greenwald: Why privacy matters

Glenn Greenwald befasst sich in einer interessanten Rede mit der Frage „Why privacy matters“. Als Journalist, der die Enthüllungen Snowdens maßgeblich vorbereitet hat, ist Greenwald ein Experte für die Überwachung durch die Geheimdienste.

Er sieht die mögliche Totalüberwachung der elektronischen Medien als großes Problem der gesamten Gesellschaft an. Kreativität und Produktivität sind möglich, wenn man einen Rückzugsraum mit Privtaspäre hat.

Das größte Problem sieht Greenwald der Zementierung der Macht durch die Überwachung. Teil der Überwachung sind nicht nur Terroristen, sondern auch Menschen, die sinnvolle Alternativen zu den derzeitigen Machthabern entwickeln. Die Angst vor einer möglichen Überwachung erhöht den Druck zu konformen verhalten.

Das Fernmeldegeheimnis ist faktisch abgeschafft

Der BND hat Daten, die er am Internetkontepunkt Frankfurt abgeschöpft hat der NSA weiter gegeben. Die Kommunikation deutscher Staatsbürger wurde dabei nur unzureichend heraus gefiltert.

Der Vorfall, der nun publiziert wurde ist in dreifacher Hinsicht ein Skandal:

  • Ein Grundrecht auf Privatsphäre wird nur den eigenen Bürgern zugestanden. Es offenbart ein erschreckendes Verständnis von Geheimdiensten, wenn man Grundrechte nur den eigenen Bürgern zugesteht. Sie sollten universell sein. Ein Land, das von sich den Anspruch hat Grund und Menschenrechte in die Welt zu strahlen, darf sich an deren Aushöhlung nicht beteiligen.Wahrscheinlich werden viele andere Staaten ähnlich mit der NSA kooperiert haben. Da im Internet Daten nicht auf den direkten Weg gesendet werden, liegt der Schluss nahe, dass unsere Nachbarn wahrscheinlich der NSA die Daten lieferten, die ihnen der BND nicht geben wollte.

    Eine Bekanntgabe der Praxis hätte die Bürger schützen können. Doch der BND sah es anscheinend als wichtiger an bei der NSA mitzuspielen als die Grundrechte seiner Bürger zu schützen.

  • Der BND brach mit dem Datenaustausch bewusst das Grundgesetz. Zu Beginn des Programm Eikonal gab es keine Rechtliche Grundlage für den Datenaustausch. Dennoch wurde es gestartet. Erst 2009 wurde ein Gesetz zum Austausch der Daten geschaffen. Dieses erlaubt aber nur eine Übermittlung nach einer Einzelfallprüfung. Massenhafte Rohdaten, wie geschehen, zu übergeben war darin nie vorgesehen.
  • Die Kontrollgremien, die eingeweiht waren haben sich am Bruch des Grundgesetz beteiligt. Namentlich der damalige Kanzleramtsminister Steinmeier und das parlamentarische Kontrollgremium.

Artikel 10 des Grundgesetz ist daher wahrscheinlich nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem er geschrieben steht.

Wohin die Datensammelwut der NSA führt zeigt sich exemplarisch gut in den USA. Apple hat sein neues Smartphone mit einer neuen Verschlüsselungstechnik ausgestattet. Diese erlaubt es nun nicht einmal mehr Apple die so verschlüsselten Daten zu lesen. Für diesen Service wurde erst durch die Geheimdienste ein Markt geschaffen. Vor allem weil bekannt ist, dass jede Kommunikation erfasst werden könnte und sogar Internetfirmen zur Herausgabe von Daten gezwungen werden, ist ein Markt für Privatsphäre entstanden. Gegen die großen Geschütze hat Apple nun ebenfalls groß aufrüsten müssen. Die einmal verschlüsselten Daten kann nur noch der Benutzer entschlüsseln. Kein Geheimdienst kann Apple dazu zwingen. Die Behörden schlagen nun Alarm vor der neuen Technologie. Wer seine Daten schützen will gilt automatisch als verdächtig.

Ein Wettrüsten zwischen Nutzern und Behörden ist kein wünschenswertes Ereignis. Doch es wird notwendig bleiben so lange Geheimdienste nicht wieder auf den Boden der Verfassung gestellt werden und wir uns über ein elektronisches Briefgeheimnis geeinigt haben.

Ein verlässliches Briefgeheimnis dient den Interessen aller. Die Kommunikation ist günstig, einfach und vertraulich. Das Funktioniert aber nur so lange das Briefgeheimnis als wichtiges Grundrecht angesehen wird. Doch wer ist in unserem Staat noch da um die Grundrechte zu schützen, wenn selbst der Kanzleramtsminister das Grundgesetz bricht?