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Das Internet muss unter demokratische Kontrolle gestellt werden

Das Internet hat eine komplett neue Welt eröffnet. Für unsere Bundeskanzlerin ist es „Neuland“.Mit dieser Metapher hat sie sogar in gewissen Maßen recht. Es gibt zwar Konventionen, aber noch kaum verbindliche Regeln im WorldWideWeb. Ähnlich wie andere globale Güter und Strukturen ist es an der Zeit Regeln zu erarbeiten. Genau so, wie es beim Schutz der Meere geschehen ist und beim Klimaschutz noch versucht wird. Doch eine demokratische und zu gleich globale Instanz zur Aufsicht und Regulierung fehlt.

 

Zwei Beispiele aus der aktuellen Politik zeigen jedoch klar, warum wir mehr demokratische Kontrolle des Internets brauchen:

 

Die EU Kommission stellte ihren Entwurf zur Regulierung des Europäischen Telekominiktionsmarkts vor. Netzneutralität ist hier als die Freiheit neuer Geschäftsmodelle vorgesehen. Viele Kritiker sehen in dem Vorschlag der Kommission aber einen großen Nachteil für die Verbraucher und sogar für die Volkswirtschaft.

Worum es geht, will ich in einfachen Worten erklären. Wer noch keine Ahnung von der Funktionsweise des Internet hat, dem empfehle ich das Video aus der Sendung mit der Maus. (Das ist keine Geringschätzung der LeserInnen, sondern eine Wertschätzung der Sendung mit der Maus.)

Bisher ist es so üblich gewesen, das alle Daten im Internet gleich schnell transportiert wurden. Die Technik hat sich nun weiter entwickelt. Da es nun die Möglichkeit gibt die Datenpakete genauer zu analysieren. Das an sich wie jede Technologie ein zweischneidiges Schwert. Es gibt viele gute Gründe diese Technologie einzusetzen. So lassen sich Spammails die einen falschen Absender vortäuschen erkennen.

Jedes Datenpaket im Internet trägt Informationen über Sender und Empfänger mit sich. Nun gibt es die Idee diese Informationen zu nutzen um die Daten unterschiedlich schnell im Internet zu transportieren. Sollte es einmal zu Stoßzeiten eng auf den Datenautobahnen werden, kann das durchaus angebracht sein. Eine Email kann etwas länger brauchen als zum Beispiel ein Telefonat. Die Email ist einfach einige Sekunden später da, das Telefonat hätte Unterbrechungen. Internetprovider wittern aber schon ein einträgliches Geschäft. Bisher gibt es zwei verschiedene Geschäftsmodelle für Netzbetreiber. Die einen bieten die Server an auf denen die Websites sind und die anderen Verkaufen Internetzugänge an Personen. Nur verdienen erste zur Zeit mehr Geld mit ihrem Geschäftsmodell. Ein guter Grund also für letztere etwas vom Kuchen zu fordern. Dazu schlägt die EU Kommission nun vor, es solle erlaubt sein, das Internetprovider sich von Websites bezahlen lassen, damit ihre Daten schneller als andere transportiert werden. Begründet wird das mit der Freiheit Geschäfte zu machen. Das Wohl der Bürger wird in diesem Vorschlag einmal wieder nicht beachtet.

Für die VerbraucherInnen wird es schwer dann durchzublicken welche Daten schneller versendet werden und welche langsamer. Wahrscheinlich würden vorwiegend die großen Unternehmen dafür bezahlen, das ihre Inhalte schneller versendet werden. Kleine neue Wettbewerber werden benachteiligt.

Um eine Analogie zu bilden. Stellen sie sich vor, man hätte in den achtziger Jahren auch die Autobahnen privatisiert. Einige Jahre später fällt den Betreibern der Autobahnen auf, das die Autobauer viel mehr Geld verdienen. Also schlägt die EU Kommission vor, das die Betreiber von Autobahnen mit den Autoherstellern über die Geschwindigkeit auf ihrer Autobahn verhandeln dürfen. Zukünftig haben dann auf der A3 Merzedes und Porsche bei Stau eine extra Stau freie Fahrbahn. Auf der A7 dürfen Volvos 120 km/h fahren, BMWs 160 und alle anderen nur 100. Jeder würde diesen Vorschlag zu einem neuem Marktmodell als Blödsinn identifizieren. Im Neuland Internet traut man sich aber genau diesen Schwachsinn einzuführen.

 

Das zweite Beispiel gibt unser Innenminister. Ein Briefgeheimnis im Internet hält er für ausgeschlossen. Die Überwachung der Internetdaten ist technisch möglich und wird daher gemacht. Die Resignation ist nicht angebracht. Das Briefgeheimnis wurde auch nicht von heute auf Morgen errungen. Für Geheimdienste wäre es sicherlich auch technisch möglich Briefe massenhaft zu öffnen, den Inhalt zu kopieren und dann wieder verschlossen zustellen zu lassen. Nur hier leitet niemand aus der technischen Möglichkeit ein Recht ab, das Geheimdienste das tun dürfen.

Aber statt die Vertraulichkeit von elektronischer Kommunikation zu sichern, wird die Verantwortung auf die BürgerInnen abgeschoben. Sie sollen selber durch Verschlüsselung für sichere Kommunikation sorgen. Ich bin überzeugt, das wird auch lange der einzige Weg bleiben wirklich vertraulich per Mail zu kommunizieren. Doch das ändert nichts, das wir eine politische Debatte über ein elektronisches Briefgeheimnis brauchen.

Lassen Sie mich auch hier eine Analogie bilden: Wir finden uns auch damit ab, das Geheimdienste unsere Briefe kopieren, weil sie es technisch können. Das Briefgeheimnis streichen wir aus der Verfassung. Wer eine sichere Kommunikation mit der Post haben will, kann sich dann eine Chiffriermaschine zulegen.

 

Zwei Beispiele innerhalb einer Woche zeigen deutlich, wir brauchen eine demokratische Kontrolle über das Internet.