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Das Schattenregiment der EKHN: Der erweiterte Solidarpakt stellt die Synode ins Abseits

In den synodalen Debatten der EKHN war von einem „Erweiterten Solidarpakt“ in den Jahren nach 2006 keine Rede. Zu keinem Zeitpunkt wurde die Synode oder deren Finanzausschuss über dieses wichtige Dokument unterrichtet. Wer sich an die Beratungen zur Pfarrstellenplanung in der EKHN erinnert, der kommt freilich nicht umhin zu vermuten, dass der Solidarpakt im Hintergrund eine wichtige Rolle gespielt hat.

Die Kostenstruktur wird im „erweiterten Solidarpakt“ in direkten Bezug zu den Personalkosten gesetzt. Was heißt das konkret?

Zahlenmäßig machen Erzieherinnen, Krankenschwestern und- pfleger zwar den Großteil des Personals aus. Diese Stellen werden aber zu einem erheblichen Teil durch kommunale Zuschüsse oder Krankenkassen refinanziert. Wer hier langfristig sparen will, muss die Refinanzierungskosten erhöhen. Das ist in der EKHN einigermaßen erfolgreich geschehen. In kirchlichen Haushalten bleibt der Pfarrdienst, der zu 100% von der Kirche getragen wird. In ihrem Reformprogramm hat die EKHN die übergemeindlichen Stellen erheblich ausgebaut. Bleibt für eine wirksame Reduzierung der Gemeindepfarrdienst.

Interessant ist der zeitliche Bezug zum „erweiterten Solidarpakt“, der 2006 verabredet wurde. Im April 2007 verkündete die Stellvertretende Kirchenpräsidentin, dass man in Zukunft von einer jährlichen 2%gen Kürzung der Pfarrstellen ausgehen wolle. Auf Einwände aus der Synode legte sie dar, dass es ohnehin nicht mehr die Personen gebe, mit denen die Stellen besetzt werden könnten. Die Pröpste, so die Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten in ihrer Rede, „gaben der Hoffnung Ausdruck, dass in der nächsten Zeit doch mehr Menschen Theologie studieren könnten. Das kann ja sein, und wir werben ja auch für das Theologiestudium, aber wir können unsere Planung nicht auf Hoffnung gründen.“1 Zwei Dinge sind für unseren Zusammenhang wichtig: 1.Die Kirchenleitung begründete die Einsparung von Pfarrstellen nicht mit der finanziellen Situation der Kirche. Im Fall der EKHN wäre die Argumentation schwer durchzuhalten gewesen. 2. Die Kirchenleitung behauptete, sie würde für den Pfarrnachwuchs werben. Das ist falsch.

Nachdem 2007 erstmals das Nachwuchsproblem in der Synode bekannt wurde, gab es eine Reihe von Nachfragen und Anträgen in dieser Sache. Das Schicksal dieser Versuche ist nicht nur bedauerlich, es ist skandalös: Eine entsprechende Anfrage in der Frühjahrsynode 2008 an den Kirchenpräsidenten wird erst gar nicht beantwortet. In einer gemeinsamen Synode mit der Kurhessischen Kirche legen die beiden Kirchen eine Broschüre für Studienanfänger vor. Sie erscheint im Juni 2008, also nach Abschluss des damaligen Abiturs, ohne die Möglichkeit diesen Abitursjahrgang noch zu erreichen. Weil es begründete Kritik an der Broschüre gibt, wird sie in den nächsten Jahren nicht mehr verteilt. Insgesamt sind wohl nur 1200 Exemplare in Umlauf gesetzt worden. Der Versuch Haushaltsmittel bereit zu stellen, scheitert zweimal im Finanzausschuss und einmal mit längerer Diskussion in der Synode.2 In der gleichen Synode im Herbst 2009, in der die Kirchenleitung 20 Mio Euro für die Erprobung neuer Modelle fordert3, erklärt sie es für unmöglich 20.000 Euro für Nachwuchswerbung in den Haushalt einzustellen. Die Zusage, auch ohne zusätzliche Mittel die gewünschte Aufklärungsarbeit voranzubringen, wird nicht eingehalten. Im Amtsblatt 10/2011 verkündet die Kirchenverwaltung, dass Pfarrer geeignete Namen von Schülern und Schülerinnen der Klassen 11-13 an die Personalabteilung melden sollen. „Die Schulen werden von uns direkt angeschrieben und mit Informationsmaterial versehen.“ Das ist bis heute nicht geschehen.

Seit dem ersten Hinweis der Kirchenleitung in der Synode, dass man von einem zukünftigen Pfarrermangel ausgehen müsse, vergehen drei Jahre, ohne dass die Kirche in den Abitursjahrgängen nennenswert und engagiert für ihre Arbeit und den Pfarrberuf geworben hätte. Offiziell befasst sich Kirchenpräsident Jung in seiner Rede zur Lage in Kirche und Gesellschaft im April 2010 erstmals mit der Problematik. Bezeichnenderweise wird das Thema als EKD Thema eingeführt: „Mittelfristig deutet sich für einige Gliedkirchen der EKD Pfarrermangel an“ Nach Jahren bewusster Untätigkeit der Kirchenleitung stellt Jung fest: „Wer heute mit dem Studium beginnt, wird erst in acht Jahren in den Pfarrberuf kommen. …Und ab 2017 gehen jährlich 70 bis 90 Pfarrerinnen und Pfarrer in den Ruhestand.“4 Jung sieht das Nachwuchsproblem als eine EKD Angelegenheit. Das entspricht der Intention des Solidarpaktes. Offenbar hat die EKD in der Personalplanung Vorgaben gemacht, die nun auch in der EKHN umgesetzt werden, obwohl sie mit den finanziellen Bedingungen dieser Kirche und den synodalen Beschlusslagen nicht übereinstimmen.

Genau hier stellen sich gewichtige Fragen:

Wer war befugt, solche weitreichenden Verabredungen zu treffen? Wer wurde darüber in der Kirchenleitung und in der Kirchenverwaltung informiert?

Wie begründen die Verantwortlichen ihre Handlungen?

Wie geht die Synode mit diesem Vorgang um?

 

1 Protokoll der 7. Tagung der Zehnten Kirchensynode, S. 87

2 Protokoll der 15.Tagung der 10.Synode, Nov.2009, S.247-249.

3 Protokoll der 15.Tagung der 10.Synode, Nov.2009, S.132.

4 „Ihr seid das Licht der Welt“ Bericht zur Lage in Kirche und Gesellschaft für die 1. Tagung der Elften Kirchensynode der EKHN, S.17.

Die Diskussion über Ehe und Familie – 2 kontroverse Positionen zur EKD Orientierungshilfe

Kirche im Schussfeld – von Profin. Dr. Klara Butting

Im Juni 2013 ist die EKD-Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ erschienen und hat erschreckende Reaktionen ausgelöst. Kritiker/innen vermissen in dem Papier ein Bekenntnis zur Ehe als göttlicher Stiftung und wollen den Familienbegriff für die traditionelle Konstellation Vater und Mutter mit eigenen Kindern reserviert wissen. Dabei inszenieren sie sich als diejenigen, die die Sprache des Glaubens wahren und der Bibel die Treue halten, während die EKD „schlampig mit ihrer religiösen Substanz“ umgeht (FAZ) und die „Sprache des Glaubens in Schwammigkeiten abrutscht und nur noch der Gesellschaftsrealität hinterherzuschlittern vermag“ (Die Welt). Eine Erklärung, die nicht herrscht über anderer Leute Glaube und Leben, sondern auf die Not der Menschen reagiert, ruft Widerstand hervor. 

Der Artikel von Profin. Butting zur EKD Orientierungshilfe Familie

 

Offener Brief von Prof. Härle an den Ratsvorsitzenden der EKD zur Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,

die „Orientierungshilfe“ der EKD unter dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ ist meiner Wahrnehmung nach bestimmt von dem Bemühen, Diskriminierungen von Menschen wegen ihrer sexuellen Prägung oder ihrer Lebensform zu überwinden und verlässliche, verantwortungsvolle und fürsorgliche Formen menschlichen Zusammenlebens zu stärken, wo immer sie praktiziert werden. Um diese lobenswerten Ziele zu erreichen, gibt der EKD-Text jedoch zwei grundlegende Überzeugungen der evangelischen Kirche preis.

Offener-Brief_Prof.Härle-an-den-Rat-der-EKD