03.01.2015 ǀ Hamburg/Schwerin. Im zurückliegenden Jahr wurden große Themen in der Nordkirche behandelt. Tilman Baier, Chefredaktuer der Kirchenzeitung in Mecklenburg-Vorpommern, und Sven Kriszio, Redaktionsleiter der Evangelischen Zeitung in Hamburg und Schleswig- Holstein, rufen die wichtigsten Debatten in Erinnerung.
Sven Kriszio: Tilman, mir fällt zuerst der Streit um das Landeskirchenamt in Kiel ein, den die Landessynode im November ausgetragen hat. In einer bemerkenswert langen Debatte von drei Stunden wurde starker Protest gegen die kostspielige Renovierung und Erweiterung des Verwaltungsgebäudes laut….
Tilman Baier: Ja, es war eine Stellvertreterdiskussion um die Fragen: Wo schlägt eigentlich das Herz der Nordkirche?
Sven Kriszio: Die Sache ist entschieden. Aber es kommen Gefühle zur Sprache, Enttäuschungen. Deutlich wurde: Neben dem Zusammenfinden von Ost und West gibt es noch etliche andere Bereiche, in denen sich die junge Nordkirche verständigen muss. Da geht es um eine gemeinsame Identität, die Zeit zum Wachsen braucht.
Tilman Baier: Darum war es auch eine gute und wichtige Entscheidung des Synoden-Präsidiums, eine fast dreistündige Diskussion zuzulassen, auch wenn einzelne Synodale ungeduldig wurden. …
Zusammenwachsen noch ein langer Weg
Sven Kriszio: Was hat das zurückliegende Jahr für das Zusammenwachsen der Nordkirche gebracht? Ich meine: Die eine Kirche wird da greifbar, wo Menschen miteinander streiten, gemeinsam um Lösungen ringen, sei es auch schmerzlich. Ich glaube, diese Auseinandersetzungen sind die notwendigen Geburtswehen, damit die Menschen in Ost und West zusammenfinden.
Tilman Baier: … Ansonsten ist dieses Zusammenwachsen ein langer Weg, der sich noch über Jahrzehnte erstrecken wird. Wichtig ist nur, dass wir ihn Schritt für Schritt gehen. Es passiert im Austausch, auch im Streiten…. Das vollständige Gespräch.
Kommentar F.S.: Die Landeskirchenfusion der Nordkirche als jahrzehntelanger Weg. Das dürfte eine realistische Einschätzung der Lage sein. Dieser Weg ist gepflastert mit innerkirchlichen Auseinandersetzungen, mit Kräfteverzehr und Reibungsverlusten. Es ist der Weg der kirchlichen Selbstbeschäftigung. Die vorhandenen Kräfte und Potentialestehen für die „Leistungen“ nach außen , die Menschen, die Gemeinden, Projekte etc. immer weniger zur Verfügung. Die Kräfte werden nach innen schon zu einem Großteil verzehrt. Und dieser Anteil wird durch die Reformen nicht etwa reduziert, sondern steigt im Gegenteil noch stärker an. Damit wird ein bei einer Langfristperspektive sichtbar gewordene Verschiebung zu Lasten der Dienste an den Menschen noch weiter verstärkt. An anderer Stelle hatte ich die als Problem der Finanzpolitik dargestellt. Im Falle der wie hier beschriebenen großen Landeskirchenfusionen wird des exemplarisch bestätigt, obwohl dies Phänomen in den Bilanzen in diesem Falle gar nicht auftaucht.