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Neue Kirchensteuerprognosen aus der Kristallkugel

13.4.2017 FAZ

2017 werden die Einnahmen durch die Kirchensteuern wieder auf einen neuen Rekord steigen. Doch schon bei den weiteren Aussichten zeigt sich wie Exatk die Wissenschaft der Kirchensteuerschätzung ist. Entweder steigen sie bis 2021 oder wir haben dramatische Rückgänge. Je nach dem welche Kirche sie schätzt.

Lesen Sie hier den Artikel.

Klaus Winterhoff, scheidender Finanzdezernent der EKvW, mahnt harte Strukturmaßnahmen und weitere „Reformen“ an. Kirche vor weiterem Umbruch? Von Pfr. Hans-Jürgen Volk.

05/2016, Von Hans-Jürgen Volk

Klaus Winterhoff gehört zu den grauen EKD-Eminenzen, die in den vergangenen Jahren die Umbauprozesse innerhalb der EKD und den evangelischen Landeskirchen maßgeblich angeregt und gesteuert haben. Bis vor kurzem war er Vizepräsident und Finanzdezernent der Ev. Kirche von Westfalen sowie Mitglied im Rat der EKD und Vorsitzender des einflussreichen EKD-Finanzbeirats.

In einem Gespräch mit epd anlässlich seines Ausscheidens aus der westfälischen Kirchenleitung fordert Winterhoff weitere „Reformen“: „Der Status quo hat nirgendwo Verheißung – am allerwenigsten in der Kirche.“ Nach dem Reformationsjubiläum sei ein „Kassensturz“ fällig, so Winterhoff und beklagt ein „weiteres Absinken der Kirchensteuereinnahmen“ um das Jahr 2020. Als Grund benennt er, dass dann die geburtenstarken Jahrgänge verstärkt in den Ruhestand gehen werden.

Winterhoff irrt. Er liegt mit seiner Einschätzung ebenso falsch, wie bereits im Jahre 2008. Damals stiegen die Einnahmen aus Kirchensteuermitteln nach dem Einbruch in den Jahren 2004 und 2005, der vor allem der von rot-grün auf den Weg gebrachten Steuerreform geschuldet war, bereits deutlich an – 2006 um + 6,4 %, 2007 um ca. + 8,5 %. Beim Einbringen des EKD Haushalts 2009 äußerte sich Winterhoff wie folgt: „Angesichts der weiterhin absehbaren Kirchensteuerrückgänge infolge der demographischen Entwicklung, der Unbeständigkeit wirtschaftlicher Entwicklungen in einer globalisierten Welt sowie der anhaltenden Tendenz der deutschen Steuergesetzgebung zur Verlagerung des staatlichen Steueraufkommens von den einkommensabhängigen zu den verbrauchsorientierten Steuerarten, muss diese Entwicklung nach wie vor als vorübergehend angesehen werden.“ Tatsächlich entwickelten sich die Kirchensteuereinnahmen in den Folgejahren überaus positiv. 2006 lag das Aufkommen bei 3,988 Milliarden Euro, 2014 bei 5,2 Milliarden… Zum Artikel.

EKHN: Finanzanalyse und -prognose des Finanzdezernenten. Vergleich 2005 und 2015. Kirchenstrategie oder Prognosestratgie.

11/2015

Finanzanalysen und -pognosen kann man auch unter literarkritischen Gesichtspunkten
als Texte analysieren. Dann fallen über ein Jahrzehnt hin deutliche Struktur-Parallelen
auf: in einem ersten Abschnitt wird die zurückliegende, tatsächlich positive Entwicklung
erwähnt. In einem zweiten Abschnitt wird dann dargelegt, dass diese zurückliegenden
Ergebnisse untauglich sind für die Grundlage einer Zukunftsprognose.

EKHN Jahresbericht 2005/2006,S. 7:
„Die Analyse zeigt ein ähnliches Bild wie 2005: Deutliche
Mehreinnahmen bei der Kircheneinkommensteuer, die
von Unternehmen in der Rechtsform einer Personen-
gesellschaft gezahlt wird, überkompensieren die
weiterhin rückläufigen Kirchenlohnsteuerzahlungen, die
auch die demografische Entwicklung bei den Mitgliedern
widerspiegeln.

Das wird sich aller Voraussicht nach in Zukunft
ändern. Die vorhandenen Prognosen sahen bei einem
mittleren Szenario hinsichtlich Wirtschaftswachstum,
Arbeitsmarktkenndaten und Inflationsrate voraus,
dass die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahr-
zehnte nicht mehr geeignet sein wird, die strukturellen
Probleme bei der Mitgliederentwicklung zu kompensieren.
Geht man für das Gebiet der EKHN von einem Mitglieder-
rückgang bis 2025 von insgesamt 16 Prozent oder
0,9 Prozent pro Jahr aus, wird dies vor dem Hintergrund
eines mittleren wirtschaftlichen Szenarios zu einem
durchschnittlichen Rückgang der Kirchensteuer-
einnahmen um zirka 3,5 Mio. Euro pro Jahr führen.“

Jahresbericht 2014/2015, S.6
„Wir können in der EKHN also nicht mehr von einem
negativen Langfristtrend sprechen. Die durch den Mit­
glieder­rückgang ausgelösten Effekte wurden in den letzten
Jahrzehnten durch Wirtschafts- und Steuerwachstum
überkompensiert.

Es ist allerdings absehbar, dass diese
Kompensationseffekte künftig in diesem Umfang nicht
mehr eintreten können, denn die Altersstruktur unserer
verschiebt sich, und das werden wir auch
finanziell zu spüren bekommen – spätestens in den
20er-Jahren, wenn die geburten­starken Jahrgänge in den
Ruhestand treten.“

Immer wieder neu gilt: „Die Zukunft hält allerdings erhebliche Herausforderungen bereit.“

Kommentar F.S.:

Bei einem Vergleich ist inhaltlich interessant:
a. die Prognose von 2006 mit einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen nominell um 3,5 Mio € hat die tatsächliche Entwicklung grandios verfehlt. 2005 lagen die Kirchensteuereinnahmen bei 360 Mio. €. Sie dürften dann 10 Jahre später noch bei ca. 325. Mio. € liegen. Tatsächlich lag sie aber bei 490 Mio. €. Das könnte sich für alle Beteiligten in der Praxis sehr angenehm anfühlen, wenn, ja wenn die Haushaltspolitik sich dieser tatsächlichen positiven Entwicklung angepasst hätte. Hat sie aber nicht. Und daran zeigt sich – besser: das ist ein starkes Indiz dafür – dass der Zweck der Prognose nicht darin liegt, zukünftige Entwicklungen tasächlich abzubilden. Denn das können sie sowieso nicht. Der Zweck liegt in der Umsetzung eines Downsizing-Konzeptes, wie es nicht nur in der Kirche, sondern in dieser Zeit auch in anderen Institutionen, den Kommunen, dem Staat, üblich war – und noch immer üblich ist. Hier wird ebenfalls gekürzt und abgebaut – in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen.
b. Dieses Downsizing-Konzept hat sich nicht geändert. Das zeigt sich auch an der anhaltenden Prognosestrategie. Daher wird man auch bei aktuellen Prognosen  unterstellen, dass sie nicht ernsthaft daran interessiert sind, die zukünftige Entwicklung abzubilden. Der Finanzdezernent ist allerdings heute nicht mehr so naiv konkrete Entwicklungszahlen langfristig  anzugeben wie vor 10 Jahren – s.o. ca. 3,5 Mio. p.a.
c. Spannend ist aber doch, dass die Begründung für den prognostizierten Rückgang in Zukunft ebenfalls  anders erfolgt als 2006. Heute wird nicht mehr abgestellt auf den Mitgliederrückgang. Eine Behauptung, die ja zuvor schon von der Wissenschaft widerlegt war. Heute wird abgestellt auf den Übergang der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Diese Entwicklung ist sicher nicht zu widerlegen. Aber  sie ist ja wieder nur eine unter mindestens 4 anderen Komponenten, die Einfluss auf die tatsächliche Entwicklung ausüben.

Kirchenstrategie oder Prognosestrategie.
Das eigentliche Problem besteht darin, dass Prognosen keine theologisch-soziologisch begründete Leitungsstrategie der Kirche ersetzen können. Genau das aber wird fortgesetzt betrieben. Und genau das ist das eigentliche Problem!

Das wurde von mir schon einmal in einem Artikel im Deutschen Pfarrerblatt ausgeführt:

„Dazu ein paar wenige Blitzlichter. Strategie: »Eine gute Strategie ist unabhängig von der Möglichkeit, Prognosen zu machen … Das ist eine der wichtigsten Prinzipien der Architektur einer Strategie – dies deshalb, weil die Zukunft nicht prognostizierbar ist – sie war es nie34. Und sie wird es nie sein.« Man vergleiche nur die erheblichen Unschärfen von Prognosen schon im Nahbereich als Anschauungsmaterial. …  Dabei ist der Begriff nicht umgangssprachlich zu verwenden, sondern im Sinne einer langfristigen Orientierungsgröße. Das gilt dann selbstredend auch für eine gute kirchliche Strategie. Kirchliche Mitarbeiter bestätigen dies immer wieder.“

Man würde den Tag herbeisehen, an dem der Finanzdezernent und Leiter der Kirchenverwaltung eine theologisch-soziologische Theorie als Basis der Finanzpolitik macht. Und falls er das nicht kann, müssten das die Theologen  der Kirchenleitung für ihn übernehmen. Und dann wäre einiges in der Leitungsfunktion der Kirche zurechtgerückt, was in den zurückliegenden Jahren zur Fehlentwicklung wesentlich beigetragen hat. Dass nämlich versucht wurde, allein oder in der Hauptsache mit Finanzgrößen zu steuern. Dies Experiment ging schief. Und daraus sind Konsequenzen zu ziehen. Dann, und nur dann, würde Aussicht auf Erfolg eines echten Kirchenmanagements bestehen.

 

‚Nur falsche Prognosen sind gute Prognosen‘ – Das Problem von Prognosen bei komplexen Systemen. Von Wolfgang J. Koschnick.

Eine gründliche und solide Analyse zur Problematik von (Langfrist-) Prognosen bei komplexen Systemen, die auf das komplexe System Kirche übertragbar ist.

21. Mai 2014.

Nur falsche Prognosen sind gute Prognosen und das ist auch ganz gut so. Eine sehr gute Zusammenfassung des Problems von Prognosen.

„Hellseher, Wahrsager, Kaffeesatzleser, Spökenkieker, Astrologen und Ökonomen haben eine Gemeinsamkeit: Ihre Prognosen gehen meist in die Hose. Und wenn sie das ausnahmsweise einmal nicht tun, ist das reiner Zufall…“

Das hat Gründe:

„… Komplexe Systeme haben einige Charakteristika, die sie deutlich von anderen unterscheiden – auch von bloß komplizierten Systemen:

Sie sind agentenbasiert: Sie bestehen aus einzelnen Teilen (Agenten), die miteinander in Wechselwirkung stehen (Menschen, Konsumenten, etc.) und jeder für sich agieren.
Sie sind nichtlinear: In komplexen Systemen besteht eine große Empfindlichkeit für kleine Abweichungen in den Startbedingungen. Geringfügig veränderte Anfangsbedingungen können im langfristigen Verlauf zu völlig anderen Entwicklungen bei verschiedenen Systemen führen. Veranschaulicht wird das am Beispiel des „Schmetterlingseffekts“ und der Annahme, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen kann. Die Wirkzusammenhänge der Systemkomponenten sind im Allgemeinen nichtlinear.
Sie haben emergente Eigenschaften: Infolge des Zusammenspiels seiner Elemente bilden sich spontan neue Eigenschaften oder Strukturen auf der Makroebene eines Systems heraus. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften des Systems nicht – oder jedenfalls nicht offensichtlich – auf isolierte Eigenschaften seiner Elemente zurückführen. Sie lassen sich auch nicht aus der isolierten Analyse des Verhaltens einzelner Systemkomponenten erklären. Sie sind Systemeigenschaften.
Ihre Komponenten interagieren: Komplexe Systeme bestehen aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten, die auf vielfältige Weise miteinander interagieren. Die Wechselwirkungen zwischen den Systemkomponenten sind lokal, ihre Auswirkungen in der Regel global. Ein komplexes System ist daher ein System mit multiplen Interaktionskomponenten, dessen Verhalten nicht vom Verhalten der Komponenten hergeleitet werden kann…“

… Fehlprognosen als Regelerscheinung
Deshalb ist der Prognose-Kalauer „Prognosen treffen nur ein, wenn die Leute sich auch bedingungslos an die Prognose halten“ von doppeltem Wert: Als Kalauer ist er lustig und als Beschreibung der Wirklichkeit trifft er den Nagel auf den Kopf. Die Modellrechnungen, die einer Prognose zu Grunde liegen, können die wahre Komplexität der Wirklichkeit nicht annähernd beschreiben. Und daher sind ihre Parameter nur vorsichtige Näherungen. Wenn sie sich anders als in der Rechnung vorgesehen ändern, wird die Prognose falsch. Und wenn sie sich stark ändern, kann sich gar die Richtung der Prognose ändern. Aus prognostiziertem Wachstum wird dann Niedergang.“ Die vollständige Analyse.

 

Sparen oder Gestalten? Überlegungen zum Umgang mit zukünftigen Pensionsansprüchen

(Zugleich Versuch einer Antwort auf die Ausführungen von Bernd Kehren im Präsesblog der EKiR) von Hans-Jürgen Volk.

Die Leitung der Ev. Kirche im Rheinland sieht die dringende Notwendigkeit, auf Grund zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche die seit spätesten 2011 schon ungewöhnlich intensiv betriebene Kapitalbildung zu verstärken. Daher möchte sie die Kosten für die laufende kirchliche Arbeit zurückfahren. Ob dies eine vorläufige Positionierung ist, wird sich zeigen. Man hat mit dem Sparziel für den Haushalt der Landeskirche von 35% bis 2018 eine strenge Vorgabe gemacht. Ansonsten zeichnet sich tatsächlich ein neuer Leitungsstil ab. Die Absichtserklärung von Rekowski, „man wolle Entscheidungen im Dialog vorbereiten“, bewahrheitet sich bisher. Man geht nicht mit fertigen Konzepten und Strategien in Gespräche, sondern ist offen für Anregungen und Kritik. „Wir fühlen uns wieder ernst genommen!“ – so ein Feedback, das wiederholt zu hören war.

Im Hintergrund steht offenbar die Absicht, einen Umbau der rheinischen Kirche hin zu mehr Flexibilität, mehr Menschennähe und einer geringeren Krisenanfälligkeit zu gestalten – mit den Betroffenen an der kirchlichen Basis. Für sich genommen ist dies bereits ein Alternativkonzept zu den Top-down-Strategien der Vergangenheit. Allerdings glaubt man offenbar ohne den Aufbau von Finanzdruck gegen strukturkonservative Bestrebungen nicht ankommen zu können. In jedem Fall besteht das Ziel, die Ausfinanzierung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche deutlich zu verbessern – dies allerdings zu Lasten der Beschäftigten der landeskirchlichen Ebene.

Die Gründe für den Sparkurs sind wenig überzeugend

Die bisherigen öffentlichen Verlautbarungen zur Begründung des super-verschärften Sparkurses sind weder ins sich schlüssig noch überzeugend. In chrismon plus rheinland 09.2013 heißt es: „Als Grund für das Einsparen von 20 Mio. Euro wird vorrangig der kontinuierliche Mitgliederrückgang genannt.“ Auf Grund der ungleich verteilten Steuerlast und der Tatsache, dass lediglich etwa eine Drittel der Kirchenmitglieder überhaupt Kirchensteuern zahlen, hat diese Begründung keinen Bezug zur Realität. Empirisch lässt sich ein Zusammenhang zwischen Kirchensteuerentwicklung und Mitgliederentwicklung nicht nachweisen. Auch die Tatsache, dass der landeskirchliche Haushalt nach den Planzahlen für 2013 ein Defizit von 7 Mio. Euro aufweist, kann kein Grund für die drastischen Einschnitte sein. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass es sich durch die positive Kirchensteuerentwicklung in 2013 erheblich reduzieren wird. Belastbar lässt sich eine Finanzsituation zudem erst auf Grund der Jahresergebnisse und nicht der Planzahlen beurteilen. Durch die NKF-Umstellung gibt es allerdings für 2012 noch kein Jahresergebnis. Das heißt: eine klare Analyse der Finanzsituation der Landeskirche ist im Augenblick gar nicht möglich.

Seit 2005 sind die Kirchensteuereinnahmen erheblich gestiegen, nominal um ca. 24%, geht man davon aus, dass der Verteilbetrag 2013 im Ergebnis um, wenn nicht über 600 Mio. Euro liegen wird. Auch inflationsbereinigt ergibt sich real ein deutliches Plus gegenüber 2005 – wobei die Inflationsrate, die im Wesentlichen die Preissteigerung bestimmter Konsumgüter misst, nicht wirklich geeignet ist als Kriterium zur Bestimmung der kirchlichen Finanzkraft. Das tatsächliche Verhältnis von Ausgaben und Einnahmen rechtfertigt also ebenfalls nicht den drastischen Sparkurs.

Was als Begründung übrig bleibt, ist die berechtigte Sorge um die Erfüllung des Rechtsanspruchs bezüglich zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche. Eine Ausfinanzierung, die je nach Zinsentwicklung zwischen 27-34% liegt, ist alarmierend gering- jedenfalls im Vergleich zu der Situation in anderen Landeskirchen (- die EKHN hat eine Quote von über 100%) oder auch zu den Pensionsfonds und Betriebsrentenfonds großer Konzerne. Allerdings liegt die EKiR hier durchaus auf dem gleichen Niveau oder sogar günstiger als die Bundesländer NRW und Rheinland-Pfalz. Insgesamt steht es um die Finanzkraft der EKiR sogar deutlich besser als um die der Bundesländer NRW und Rheinland-Pfalz. Beispiel: Der Landeshaushalt 2013 von Rheinland-Pfalz hat ein Volumen von ca. 13 Mrd. € bei einem Schuldendienst von ca. 1 Mrd. €. Seinem Pensionsfond führt Rheinland-Pfalz 2013 etwas über 600 Mio. € zu.

Versorgungskasse: Missmanagement am Anfang vergrößert das Problem

Die rheinische Situation ist bis heute bestimmt durch Fehler der Kirchenleitungen in den 90-er Jahren – Missmanagement. Vereinfacht ausgedrückt war der Kapitalzufluss an die Versorgungskasse an bestehende Stellen geknüpft. Da bereits damals kräftig Pfarrstellen abgebaut wurden, reduzierten sich die Zuflüsse – offenkundig unbemerkt von den damals Verantwortlichen. Zugleich wurden die Beiträge zur Versorgungssicherung abgesenkt – durchaus in dem Bewusstsein, über außerordentlich hohe Rücklagenmittel zu verfügen und schon alleine deshalb zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Vor etwa 10 Jahren wuchs das Problembewusstsein, hervorgerufen durch die Steuerreform der damaligen rot-grünen Bundesregierung, die hohe Arbeitslosigkeit und eine insgesamt schwierige wirtschaftliche Lage. Man erzählt sich von schlaflosen Nächten angesichts zukünftiger Versorgungsansprüche und sinkender Kirchensteuereinnahmen. Schrittweise war man bemüht, dem Problem Herr zu werden und das nachzuholen, was in anderen Landeskirchen bereits auf den Weg gebracht worden war. Hierzu gehörte z.B. das Einholen versicherungsmathematischer Gutachten, die es in der rheinischen Kirche erst seit wenigen Jahren gibt. Außerdem erhöhte man den Kapitalzufluss erheblich und führte eine Versorgungsicherungsumlage ein. Zunächst war eine schrittweise Erhöhung des Kapitalzuflusses an die Versorgungskasse geplant, bis nach etlichen Jahren 20% des Netto-Kirchensteueraufkommens zur Versorgungssicherung verwendet werden sollten. Allerdings entwickelte sich das Kirchensteueraufkommen seit 2005 unerwartet positiv, was man jedoch als vorrübergehendes Phänomen ansah. Die durch die vorangehenden Einbrüche und durch ungünstige Langfristprognosen auf Sparen eingestimmte Kirche sollte nun dazu gebracht werden, den Mittelzuwachs in erheblich größerem Ausmaß als ursprünglich geplant zur Versorgungssicherung zu verwenden – und sogar noch ein wenig mehr. 2010 lag die Versorgungssicherungsumlage bei durchaus beachtlichen 11,56 € pro Gemeindeglied. Für das Haushaltsjahr 2011 verdoppelte sich dieser Betrag nahezu auf 20,70 €. Die Versorgungssicherungsumlage lag damit zum ersten Mal über der landeskirchlichen Umlage in Höhe von 20,29 €. Für 2013 liegt die Versorgungssicherungsumlage übrigens bei 22,04 €, die landeskirchliche Umlage hat eine Höhe von 21,11 € in der Planung. Aktuell verwendet die Ev. Kirche im Rheinland 22% ihres Netto-Kirchensteueraufkommens zur Versorgungssicherung. Hinzu kommen demnächst bis zu 3% des Aufkommens zur Absicherung zukünftiger Beihilfen.

Es ist also nicht korrekt, wenn so getan wird, als hätte die rheinische Kirche bisher keine Vorsorge betrieben. Missmanagement am Anfang hat die Herausforderung erheblich vergrößert. Es ist ein Verdienst von Georg Immel, dass dem Problem der Versorgungslasten die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Nun wurde allerdings versucht, in allzu drastischen Schritten Versäumtes nachzuholen. Es ist nie Kennzeichen guter Leitung, wenn Rahmenbedingungen, zumal finanzielle, sprunghaft verändert werden – und dies geschah ab dem Jahr 2011. Die viel beklagte Stellenerosion gerade auf Gemeinde- und Kirchenkreisebene hat ihre Ursache nicht zuletzt in diesem sprunghaften Leitungshandeln.

Bisher wird der Eindruck erweckt, der angekündigte drastische Sparkurs betreffe vor allem die landeskirchliche Ebene. Da sich jedoch immer deutlicher zeigt, dass die Sorge um zukünftige Versorgungs- und Beihilfeansprüche Auslöser des jüngsten Finanzalarmismus sind, sind Gemeinden und Kirchenkreise, je nach örtlicher Finanzlage, unter Umständen noch stärker betroffen. Johann Weusmann argumentiert in seinem Blog-Eintrag vom 18.07. 2013 im Präsesblog: „Um zu einer 70-prozentigen Ausfinanzierung z.B. bei der Versorgung zu kommen, sind auf landeskirchlicher Ebene ca. 100 – 140 Mio. € zusätzlich notwendig, bei einer 100-prozentigen Ausfinanzierung sogar nahezu das Doppelte. Die Beihilfe wird ebenfalls mit steigenden Beiträgen abzusichern sein.“ Wie ist das zu verstehen? Als Problemanzeige? Oder als Aufforderung, die Zuführungen an die Versorgungskasse nach der drastischen Steigerung von 2011 noch einmal zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen? Falsch wäre in jedem Fall eine erneute abrupte Veränderung der finanziellen Rahmenbedingungen zu Lasten der laufenden Arbeit. Genau dies droht auf der Ebene der Landeskirche.

Eine Kirche lebt von ihrer Substanz

Der Kollege Bernd Kehren schreibt in seinem Blog-Eintrag vom 09.08. 2013: „Zu viele haben noch nicht begriffen, wie ernst die Lage für die Kirchen ist und wie sehr sie sich gerade zuspitzt.“ Hierin ist ihm uneingeschränkt zuzustimmen. Gewiss, es gibt in der rheinischen Kirche immer noch zahlreiche Gemeinden mit hoher Ausstrahlungskraft und viele Einzelpersonen, die eine beeindruckende Arbeit leisten. Trotzdem verliert die Ev. Kirche im Rheinland bei vielen ihrer Mitglieder erkennbar an Bindungskraft. Manches ist auf allgemeine Prozesse der Säkularsierung und Individualisierung zurückzuführen, manches aber auch hausgemacht und Folge des missglückten Reformprozesses der letzten Jahre. Beispiele:

  • Presbyteriumswahlen: Die geringe Wahlbeteiligung sowie die Tatsache, dass in mehr der Hälfte aller Stimmbezirke mangels ausreichender Wahlvorschläge keine Wahl zu Stande kam, sind Alarmsignale. Offenbar sind immer weniger Menschen bereit, dieses wichtige Ehrenamt in unserer Kirche zu übernehmen.

  • Es gibt Kirchenkreise, in denen sich die Teilnahme am Gottesdienst in den vergangenen 10 Jahren glatt halbiert hat. Hintergrund dieser Entwicklung sind Umstrukturierungen wie Gemeindefusionen, Streichungen von Pfarrstellen und Aufgabe von Predigtstellen, von denen strukturschwache Regionen besonders stark betroffen sind.

  • Mit jeder aufgegebenen Stelle dort, wo Arbeit mit Menschen stattfindet, reduzieren sich die personalen Kontakte, die z.B. die Grundlage für die Gewinnung von Ehrenamtlichen bilden. Wir müssten als Kirche in die Arbeit mit jungen Menschen investieren, um gute Katechumenen- und Konfirmandenarbeit, einen ansprechenden Kindergottesdienst oder eine einladende Jugendarbeit zu gewährleisten. Faktisch findet das genaue Gegenteil statt.

  • Spektakulär waren die Szenen am Mainzer Hauptbahnhof im Sommer, der tagelang in seiner Funktionalität massiv beeinträchtigt war auf Grund des in der Vergangenheit allzu massiv betriebenen Personalabbaus der DB. Weniger spektakulär ist es, wenn in der Urlaubszeit Menschen händeringend nach einem Pfarrer oder einer Pfarrerin suchen müssen, weil der eigene Pfarrer verreist und die Vertretung erkrankt ist. Fälle wie diese häufen sich und sind extrem schädlich für unsere Kirche. An manchen Stellen ist sie in ihrer Funktionalität schon jetzt erheblich beeinträchtigt: in etlichen Verwaltungen auf Grund des Aufgabenzuwachses sowie im Pfarrdienst auf Grund des Stellenabbaus.

Bernd Kehren hat mit seiner Analyse recht, dass sich die Lage zuspitzt. Dies betrifft weniger Kirchenkreise in wirtschaftlich prosperierenden Regionen, allerdings umso härter Kirchenkreise und Gemeinden in den strukturschwachen Gebieten. Kehren liegt falsch, wenn er meint, bei einem verschärften Sparkurs dieser Tendenz entgegenwirken zu können.

Die ev. Kirche im Rheinland lebt im Moment von ihrer Substanz was die Verbundenheit und Identifikation der Menschen mit ihr betrifft. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass diese Substanz sich gefährlich reduziert und damit über kurz oder lang auch die finanzielle Basis der Kirche beeinträchtigt wird. Wenn ich dies erkenne und zugleich das in der Tat fordernde Problem zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche von emeritierten Pfarrern und Kirchenbeamte wahrnehme, muss ich entscheidenden, welche Herausforderung für unsere Kirche die größere Relevanz besitzt und mein Handeln entsprechend dieser Abwägung ausrichten. Der Eindruck drängt sich auf, dass allzu Viele das Problem der Versorgungsansprüche für gravierender halten, als die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen im Wirkungsbereich unserer Kirche.

Risiken nicht verdrängen

Wichtiger als das Ziel, zukünftigen Versorgungs- und Beihilfeansprüchen gerecht zu werden, sind die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen. Dies vorab, denn wer Menschen dauerhaft frustriert und verärgert, begegnet zwar auf eigene Weise dem Problem der Indifferenz, tut damit aber weder den Menschen noch unserer Kirche etwas Gutes. Das Problem zukünftig zu zahlender Pensionen ist zwar gravierend, es ist allerdings bei weitem nicht die größte Herausforderung, vor der die Ev. Kirche im Rheinland steht.

Eine Problemanzeige: Seit langem haben sich die EKD-Landeskirchen dafür entschieden, zukünftige Versorgungsansprüche nach dem Kapitaldeckungsverfahren abzusichern. Dies ist alles andere als risikolos. Nur wenige wissen, dass die von Bismarck eingeführte Rentenversicherung ursprünglich auf der Grundlage des Kapitaldeckungsverfahrens funktionieren sollte. Auf Grund von Turbulenzen an den Finanzmärkten, die nicht nur Ende der 20-er Jahre die damalige Weltwirtschaftskrise auslöste sondern die es Bereits im 19. Jahrhundert gab, zweier Inflationen und zweier Weltkriege kam dies jedoch nie wirklich zum Tragen. Das eingesetzte Kapital ging bis auf Restbestände verloren. Das System der Kapitaldeckung wurde daher unter Adenauer 1957 zu einem Umlageverfahren umgebaut – eine Konsequenz aus den Erfahrungen der Vergangenheit.

Unter neoliberalem Vorzeichen wurden die Finanzmärkte dereguliert und erfreute sich auch das Kapitaldeckungsverfahren wieder wachsender Beliebtheit. Es sind allerdings die marktradikalen Umbauten der Ökonomie, die angelegtes Kapital gefährden und in den vergangenen Jahren durch regelmäßig auftretende Finanzmarkturbulenzen immer wieder reduziert haben. Dennoch hat sich insgesamt das angelegte Kapital bis heute nahezu exponentiell vermehrt und in immer weniger Händen konzentriert – trotz der massiven Verluste einzelner Anleger. Es macht ein Mehrfaches des gesamten Weltbruttosozialprodukts aus, was für sich genommen schon beunruhigend genug sein dürfte. Die Kehrseite der Kaptalanlagen sind Schulden, die in immer geringerem Umfang bedient werden können. Die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann weist in ihrem Beitrag „Die vierte Blase“ daraufhin, dass den Wertsteigerungen an den Finanzmärkten keine adäquate Entwicklung in der Realwirtschaft gegenübersteht. „Um 8,1 Prozent ist das globale Geldvermögen im vergangenen Jahr gewachsen, so hat es der Allianz-Finanzkonzern errechnet.“ „Es bleibt … die Frage, wie echt‘ dieser Reichtum ist. Denn in der realen Welt hat sich ja nicht viel verändert: Die globale Güterproduktion hat 2012 nur um etwa 3 Prozent zugelegt. Es ist daher ein Alarmzeichen und keine gute Nachricht, dass das nominale Geldvermögen trotzdem so stark steigen konnte.“ Herrmann sieht die Gefahr einer Blasenbildung und hat vor allem die Aktien- und Immobilienmärkte im Blick. Herrmann ist nur eine Stimme unter vielen, die ähnlich wie vor der Immobilienkrise in den USA 2007/2008 vor der herannahenden Unwetterfront warnen. Auch damals unterstützten neoliberale Akteure wie z.B. der damalige Chef der Deutschen Bank Ackermann schon aus Eigeninteresse den festen Glauben, die internationale Finanzwelt sei völlig im Lot.

Sie war es damals ebenso wenig, wie sie es heute ist. Die US-Notenbank Fed hat kürzlich der Schneid verlassen, von der Niedrigzinspolitik zur Normalität zurückzukehren. Ähnliches gilt für die Europäische Zentralbank. Der Markt wird von billigem Geld überschwemmt, das nach Anlagen sucht. In geringem Umfang fließt es in Investitionen, der Löwenanteil heizt den Handel mit spekulativen Finanzanlagen an – und vermehrt so den fiktiven Reichtum, der immer weniger reale Werte repräsentiert. Diesem Dilemma sind auch Pensionsfonds und kirchliche Versorgungskassen unterworfen. Mögen sie auch noch so sehr mit Nachhaltigkeitsfiltern arbeiten und auf konservative Anlagen setzen, ihr Kapital ist Teil des Blasenkonstrukts und damit in seinem Bestand gefährdet. Die EKiR hat sich also einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um die Kapitalbildung zugunsten zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche zu verstärken. Es ist so ähnlich, als würde man beim dem Aufziehen der Gewitterfront noch schnell die Wäsche zum Trocknen aufhängen in der fahrlässigen Hoffnung, es werde schon irgendwie gut gehen.

Kapital muss angelegt werden, und da kann man leicht danebengreifen. So musste der Pensionsfonds von NRW mindestens 220 Mio. € abschreiben, da man 2004 in griechische Staatsanleihen investiert hatte – vgl. den DLF-Bericht vom 20.10. 2011. Auch Pensionsfonds anderer Bundesländer haben einst in griechische spanische oder italienische Staatsanleihen investiert. Hierbei muss man wissen, dass Staatsanleihen aus dem Euro-Raum vor Jahr und Tag noch als akzeptable Anlagen galten.

Was man tun kann

Die Herausforderung ist, verantwortungsbewusst und realitätsnah mit der jetzigen Situation umzugehen. Dabei gibt es für die rheinische Kirche keinen Königsweg, der sich aufdrängen würde. Allgemeine Feststellungen, dass ein Umlageverfahren allemal krisenfester ist als Kapitaldeckungsverfahren, von dem vor allem Banken und andere Akteure der Finanzindustrie profitieren, helfen nicht viel. Für eine Kirche gilt allerdings noch mehr als für andere Sozialsysteme, dass sie in ihrer äußeren Gestalt nicht von Kapital, sondern von Menschen getragen wird, die ihr Engagement und Geld zur Verfügung stellen.

Wichtiger als finanzielle Ressourcen sind Menschen, die sich mit ihrer Kirche identifizieren. Nur eine vitale Kirche kann Herausforderungen meistern.

Ankerpunkt aller Reform-, Umstrukturierungs- und Sparmaßnahmen müssen die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen im Verantwortungsbereich der Kirche sein. Wer diese gering wertet oder gar ignoriert und das strategische Handeln der Kirche vorrangig an Finanzgrößen ausrichtet, gefährdet nicht nur die finanzielle Basis der Kirche.

Eine Kirche, die mit ihrer Verkündigung, ihrer Seelsorge, ihrer Diakonie und ihren übrigen Diensten wirksam für die Menschen in ihrem Verantwortungsbereich da sein will, braucht hierzu eine engagierte und motivierte Mitarbeiterschaft. Grundvoraussetzung hierfür ist ein fairer und sozial verträglicher Umgang mit den Beschäftigten. Wer ohne eine akute Notlage, die keine anderen Optionen offen lässt, Beschäftigten trotz guter Arbeit mit Kündigung droht, beschädigt nicht nur Menschen, sondern in nachhaltiger Weise die Kirche selbst.

Wir müssen anders Kirche sein! – darin ist Präses Rekowski in seiner Videobotschaft vom 27.09. 2013 zuzustimmen. Da sich die Lebensverhältnisse der Menschen tendenziell dynamischer verändern, muss eine Kirche auch in ihren Strukturen flexibler und den Menschen zugewandter werden. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob dieser Umbau erreicht werden kann, wenn einmal mehr die Finanzfrage im Vordergrund steht. Sparen durch Stellenabbau ist das Gegenteil von Gestalten! Es ist schon beeindruckend wie es an sich honorige Theologen und theologisch beschlagene Juristen nicht nur in der EKiR seit Jahren hinbekommen, die Zukunft als düstere Drohkulisse zu entwerfen, deren Misslichkeiten bereits heute zu schmerzhaften Einschnitten nötigen sollen.

Mit etwas Kreativität kann man auch ohne Drohbotschaft an die Menschen und die Beschäftigten der Kirche den immer noch bedenklich niedrigen Ausfinanzierungsgrad zukünftiger Versorgungsansprüche verbessern.

  1. Landeskirche, Kirchenkreise und Gemeinde haben jenseits der Versorgungskasse Dortmund Kapital in beträchtlichem Ausmaß als Rücklagen angelegt. Alleine auf der Ebene der Landeskirche erbrachte dieses Kapital trotz der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase Erträge von durchschnittlich 7-8 Mio. Euro. Die Ausfinanzierung könnte deutlich verbessert werden, wenn man ein Teil dieses Kapitals in zuträglichem Umfang zur Absicherung zukünftiger Versorgungsansprüche einsetzt. Für die Ebene der Landeskirche dürfte dies noch am unproblematischsten umzusetzen sein. Allerdings muss auch hier darauf geachtet werden, dass Rücklagen auch in Zukunft ihre Funktion erfüllen können. Im Zusammenhang mit der bbz-Affäre ist dies nicht geschehen, da man die Ausgleichsrücklage für den landeskirchlichen Haushalt durch die Entnahme von über 20 Mio. Euro derart geschwächt hat, dass dieser Tatbestand heute als Begründung für den drastischen Sparkurs mit angeführt wird.

Die Finanzsituation von Kirchenkreisen und Gemeinden stellt sich höchst unterschiedlich dar. Aus diesem Grund ist eine Beteiligung nur nach dem strikten Prinzip der Freiwilligkeit möglich. Zuvor gilt es allerdings, wichtige Fragen zu klären, die bisher – jedenfalls im öffentlichen Diskurs – nicht beantwortet worden sind. Friedhelm Schneider hat angesichts des ca. 30 Mrd. Euro umfassenden Kapitalvermögens der Ev. Landeskirchen und der EKD folgende Fragen gestellt und Anmerkungen gemacht:

– wie hat sich die Wertentwicklung der Finanzanlagen seit dem Jahr 2000 entwickelt?

– wie stellt sich das Risiko-Gewinn-Verhältnis der Anlagen dar?

– welche Wertverluste sind zu beklagen? wer ist dafür verantwortlich?

– in welchem Prozentanteil können die Anlagen als ethisch korrekt bezeichnet werden.

Diese und weitere Fragen sollten unabhängige (!) Wirtschaftsprüfer in allen Landeskirchen und der EKD ermitteln. Nur wenn in diesen Fragen völlige Transparenz herrscht ist Kontrolle möglich und kann Vertrauen wieder hergestellt werden.“ Nach dem bbz-Finanzskandal gilt dies für die Ev. Kirche im Rheinland umso mehr. Es kann nicht sein, dass derart strikte Sparmaßnahmen beschlossen werden und wesentliche Fakten im Nebel bleiben.

  1. Man hat den Eindruck, dass kirchliche Immobilien im Moment vorrangig unter dem Gesichtspunkt finanzieller Belastung wahrgenommen werden und dass es aus diesem Grund sinnvoll sei, sich von Immobilien zu trennen. Tatsächlich sind Immobilien aber auch werthaltige Objekte, die dazu dienen können, zukünftige Belastungen aus Versorgungsansprüchen abzudecken. Die rheinische NKF-Variante führt dazu, dass kirchliche Körperschaften sich von Immobilien trennen und diese teilweise deutlich unter Marktwert abstoßen. Wo Privatpersonen und kommerzielle Investoren auf Grund der unsicheren Finanzmarktlage Kapital in Immobilien anlegen, geschieht in der rheinischen Kirche das Gegenteil. Geboten ist ein kompetentes Immobilienmanagement, dass sich unter Einbeziehung kirchennaher Unternehmen realisieren lassen müsste.

  2. Bereits jetzt gibt es vielerorts in der Ev. Kirche im Rheinland Pfarrstellen, die sich kaum bzw. erst nach einer längeren Vakanzzeit besetzten lassen. In Kürze wird sich dieses Problem drastisch verschärfen, wenn nämlich die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Daher ist es sinnvoll, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Pfarrerinnen und Pfarrer auch über die jetzige Altersgrenze hinaus auf freiwilliger Basis weiter im Dienst bleiben können. Dies könnte ebenfalls zu einer Entlastung im Blick auf zukünftige Versorgungsansprüche führen.

Alle 3 Vorschläge haben ihre Schwierigkeiten. Es geht tatsächlich um die Einsicht und den politischen Willen, die Ausfinanzierung bei der Versorgung zu verbessern, ohne in noch größerem Umfang die heute geleistete Arbeit durch Einsparungen weiter zu schwächen.

Was man tun muss: Die Menschen wieder in den Blick nehmen!

Das durch die Kirchenleitung vorgegebene Sparziel ist in den Sand geschrieben. Es hat kein solides, durch Fakten gedecktes Fundament. Wie kann man von einem strukturellen Defizit im landeskirchlichen Haushalt reden ohne die Vorlage Jahresabschlüsse von 2012 und 2013? Die Planungsvorgaben der Finanzabteilung sind für sich genommen bereits ein Politikum, da sie seit Jahren auf fast berechenbare Weise bis auf ganz wenige Ausnahmen deutlich unter den tatsächlichen Ergebnissen liegen. Für das Haushaltsjahr 2014 ergibt sich erneut folgender Effekt: man weiß eigentlich, dass der Verteilbetrag für das Haushaltsjahr 2013 auch bei vorsichtiger Schätzung an die 600 Mio. Euro liegen wird und plant dennoch für 2014 mit einem Betrag von 585 Mio. Euro, immerhin ca. 10 Mio. Euro über den Planzahlen von 2013. Faktisch geht man also von einem sinkenden Kirchensteueraufkommen aus, obwohl alle heute bekannten Fakten das Gegenteil signalisieren. Mit haushalterischer Vorsicht ist dies kaum noch zu erklären. Wer so agiert, setzt sich dem Verdacht aus, aus kirchenpolitischen Gründen die Finanzsituation der rheinischen Kirche dramatischer darzustellen, als sie es tatsächlich ist.

Was auf den Prüfstand gehört, sind kostenträchtige „Reform“-Projekte, die einst eingeführt wurden mit der trügerischen Verheißung, hierdurch zu Einsparungen zu gelangen. Bei NKF ist es keine Befürchtung mehr, sondern bittere Tatsache, dass Verwaltungen personell verstärkt werden müssen, um überhaupt ihre Funktionalität zu gewährleisten. Bei der Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform zeichnet sich ein ähnlicher Effekt ab. Ein Leitungshandeln, dass in einer finanziell durchaus angespannten Situation dazu führt, dass neue Stellen in Verwaltungen geschaffen werden müssen und damit umso mehr Stellen für die Arbeit mit Menschen wegfallen, hat versagt. Wer von Einsparungen redet, sollte zunächst den Mut aufbringen, derartige Fehlentwicklung konsequent zu korrigieren.

Das Leitungshandeln der Vergangenheit war geprägt von einer auch theologisch höchst problematischen Zahlenfixiertheit und einer ebenso problematischen Orientierung an Finanzgrößen. Nebenbei ließ man auf sträfliche Weise die Frage nach den personellen und finanziellen Ressourcen, die bei der Umsetzung z.B. von NKF tatsächlich anfallen, außer acht.

Es muss darum gehen, die Menschen mit ihren Stärken und Schwächen wieder in den Blick zu nehmen und ihnen etwas zuzutrauen. Gefragt ist Weisheit statt kalkulatorischer Kälte, Solidarität statt betriebswirtschaftlich untermauertem Unternehmensegoismus.

Rekowski, Weusmann und Baucks sind gewiss aus unterschiedlichen Motiven im Januar 2013 in ihre Ämter gewählt worden. Es war dennoch ein starkes Signal für den verbreiteten Wunsch nach Veränderung. Es gab die Hoffnung, dass die „Neuen“ zu einem realitätsnäheren, transparenteren und partizipatorischeren Leitungsstil finden würden, was sich in Teilen bestätigt hat. Mit der Person Manfred Rekowski verband sich die Erwartung, dass es zu deutlichen Korrekturen bei Fehlentwicklungen der „Reform“-Projekte kommen würde.

Stattdessen stehen gleich zu Beginn brachiale Sparvorgaben, denen eine plausible Begründung fehlt. Realitätsnähe: Die fehlt, wenn man EKD-Zahlen schlicht als „objektive“ Tatbestände akzeptiert. Transparenz: gewiss, man legt die Karten auf den Tisch, aber eben nur zum Teil. Im Blick auf die Versorgungskasse Dortmund gibt es nur spärliche Informationen, die unzureichend sind. Partizipation: Der Eindruck drängt sich auf, dass diese dann erwünscht ist, wenn man die Sparvorgaben akzeptiert. Dies wäre allerdings keine echte Partizipation.

Unterentwickelt ist das Problembewusstsein, welche Effekte mit den Sparvorgaben ausgelöst werden. Die Großteil auch der auf landeskirchlicher Ebene Beschäftigten dürfte eher über als unter 50 Jahre liegen. Großartige Menschen sind darunter, die teilweise seit Jahrzehnten hervorragende Arbeit leisten. Diesen Menschen mit betriebsbedingten Kündigungen zu drohen, ist ein Missgriff, der auch dadurch nicht behoben wird, wenn man die Erklärung nachschiebt, dass man das Mögliche tun wird, um solche zu vermeiden. Zudem werden wir in nahezu allen Berufsgruppen in Bälde Probleme haben, vorhandene Stellen qualifiziert zu besetzen. Der „Paukenschlag“ des Sparprogramms ist ein Beitrag der Kirchenleitung, junge Menschen zu demotivieren, in der Ev. Kirche im Rheinland einen möglichen Arbeitgeber zu sehen. Er steigert die eh schon auf problematische Weise vorhandene Unattraktivität kirchlicher Berufe.

Es wäre schön, eine Kirchenleitung zu erleben, die von den Akteuren in den Kirchenkreisen, Einrichtungen und Gemeinden als hilfreich und unterstützend wahrgenommen wird. Rekowski und andere werden nach ihrer Amtszeit einmal daran gemessen werden, ob es ihnen gelungen ist, Gemeinden und Kirchenkreise zu vitalisieren und den Menschen im Wirkungsbereich der Kirche Halt und Hoffnung zu geben.

Prognosen – und was daraus geworden ist

Am 18.6.2002 stellt das Bistum Mainz zusammen mit der Unternehmensberatung McKinsey & Company den Bericht zum Abschluss einer Untersuchung des Bistums vor. Wie war die Prognose? Und wie hat sich die Lage in der Realität entwickelt?

Wenn wir im Bistum unsere bisherigen Aufgaben unverändert fortführen, dann könnten wir in den kommenden Jahren eine Finanzierungslücke erhalten, die zwischen 15 und 20 % des gegenwärtigen Etats liegen könnte… Ohne Veränderung auf unserer Seite ist die erwähnte Finanzierungslücke unausweichlich. Dies ist keine Schwarzmalerei, sondern Ergebnis einer sehr nüchternen Analyse… Lesen Sie den Artikel.

Bis heute, 11 Jahre später, hat sich die „sehr nüchterne Analyse“, die eigentlich nichts weiter als eine Prognose darstellt, nicht bewahrheitet. Die Kirchensteuereinnahmen sind in dem zurückliegenden Zeitraum um ca. 15-20% gestiegen. Da die Berichte des Bistums Mainz nicht für den gesamten Zeitraum verfügbar sind, hier etwa die die in der Regel parallel verlaufenden Zahlen der EKHN für 2001 = 371 Mio. € Kirchensteuer (netto!) und für 2011 = 425 Mio. € (netto).  Das ist also nicht ein Minus, sondern ein Plus von über 15% auf der Einnahmenseite! Die Zahlen für 2012 sind nochmals gestiegen. Gleichzeitig wurden etwa in der EKHN die Ausgaben in vielen Bereichen gesenkt (vgl. Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft (vgl. etwa S.11). Man nehme nur Stellenkürzungen und Gehaltsreduktionen, etwa beim Weihnachtsgeld u.v.a. . So ergibt sich eigentlich ein signifikanter Finanzüberschuss! Auch das dürfte beim Bistum Mainz nicht anders sein. Wie man sich mit Prognosen doch täuschen kann! Lerne und merke: (Finanz-) Prognosen sind keine Basis für strategische Planungen! Oder – um einen großen Geist zu zitieren: Vorhersagen sind schwierig – besonders wenn sie die Zukunft betreffen.

Friedhelm Schneider

Kirchensteuereinnahmen auf Rekordniveau – Steigerung im Raum der EKD um 34,7% seit 2005 !

Bis heute wird die angeblich prekäre Finanzlage als kirchenpolitisches Druckmittel eingesetzt, um Strukturmaßnahmen zu begründen und Arbeitsplätze abzubauen. Tatsache ist allerdings, dass sich seit nunmehr 8 Jahren die Einnahmen aus Kirchensteuermittel positiv entwickeln. Der Tiefpunkt, ausgelöst durch die damalige schwierige konjunkturelle Lage und die damit verbundene hohe Arbeitslosigkeit war im Jahr 2005 bei einem Gesamtaufkommen der EKD-Landeskirchen von 3,65 Mrd. €. Für 2013 rechnet die EKD mit Einnahmen aus Kirchensteuermitteln nahe 5 Mrd. €. Dies entspricht einer stattlichen Steigerung von 34,7%. Die Zahlen wurden kürzlich in einem Bericht des Ev. Pressedienstes idea veröffentlicht.

Im gleichen Bericht wird der Finanzdezernent der EKD, Oberkirchenrat Thomas Begrich zitiert. Begrich begründet den Zuwachs „mit der höchsten Erwerbstätigenquote seit der deutschen Wiedervereinigung und den hohen Tarifabschlüssen“. Etwas eigenwillig formuliert er: „Die Menschen zahlen nicht mehr Kirchensteuern, sondern mehr Menschen zahlen Kirchensteuern.“ Begrich fordert einen „sehr verantwortlichen“ Umgang mit den Kirchensteuermitteln. Die Einnahmen des Jahres 2012, die bei 4,8 Mrd. € liegen, hätten eine um 20% geringere Kaufkraft als die Einnahmen aus 1994.

Rückkehr zum einem rationalen Finanzdiskurs!

Dass die evangelischen Landeskirchen bald „im Geld schwimmen“ können, wie es der Titel von idea Spektrum Nr. 23 vom 5. Juni 2013 suggeriert, wird kaum zu erwarten sein. Insofern ist Begrich sicher recht zu geben, wenn er einen verantwortlichen Umgang mit den zusätzlichen Einnahmen fordert. Genauso, wie staatliche Einrichtungen trotz „Rekordsteuereinnahmen“ in vielen Fällen unterfinanziert sind, leiden beide Großkirchen bis heute unter fragwürden steuerpolitischen Maßnahmen, die vor allem die einkommensstarken Gruppen entlastet und damit die an die Lohn- und Einkommensteuer gekoppelte Einnahmebasis der Kirchen geschmälert haben. Allerdings kann man bei einer Steigerung der Einnahmen aus Kirchensteuermitteln von 34,7% seit 2005 kaum von einer „Finanzkrise“ der Kirche reden.

Durch die Realität widerlegt ist jener monokausale Zusammenhang zwischen Mitgliederentwicklung und kirchlicher Finanzkraft, der Basis der unseriösen Langfristprognose war, nach der evangelischen Landeskirchen angeblich im Jahr 2030 nur noch über die Hälfte an realer Finanzkraft gegenüber dem Jahre 2002 besäßen. Im Grunde müssten sich heute jene Kirchenräte und Superintendenten in Grund und Boden schämen, die oft mit bester Absicht und im Vertrauen auf die eigenen Experten diesen groben Unfug unter die Leute brachten und damit Entscheidungen von Synoden maßgeblich beeinflussten. Dass Gegenteil von dem, was z.B. im EKD-Impulspapier „Kirche der Freiheit“ an Finanzprognostik vorgetragen wurde, ist eingetreten. Da dieser irrige Finanzalarmismus bis heute nachwirkt, ist dringend eine Rückkehr zu einem rationalen Diskurs geboten, der sich an den Fakten orientiert.

Insofern sind einige Äußerungen von Begrich kritisch zu hinterfragen. Als Begründung für die positive Entwicklung führt er die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sowie die „hohen Tarifabschlüsse“ an. Hiermit beschönigt er die soziale Situation in Deutschland und verschweigt zugleich, dass es mehr noch die vermögenden und hochvermögenden Kirchenmitglieder sind, denen der Geldregen zu verdanken ist. So heißt es in einer Mitteilung von epd: „Deutschlands Millionäre tragen einem Medienbericht zufolge überdurchschnittlich zur Finanzierung des kirchlichen Lebens bei. Die rund 7.600 Einkommensmillionäre unter den evangelischen und katholischen Gläubigen zahlten 8,5 Prozent der Gesamtlast der Kirchensteuer, obwohl ihr Anteil an den Kirchensteuerpflichtigen lediglich 0,06 Prozent betrage. … Dagegen tragen die rund drei Millionen Geringverdiener mit einem Einkommen von bis zu 20.000 Euro den Angaben zufolge 2,5 Prozent zum Kirchensteueraufkommen bei.“ Fakt ist: die vielen ArbeitnehmerInnen in Niedriglohnsektor zahlen kaum oder gar keine Kirchensteuer. Da die soziale Ungleichheit weiter zunimmt, tragen tatsächlich eher weniger Menschen in immer höherem Ausmaß zur Finanzierung der Kirche bei.

So fällt die Steigerung bei der Lohnsteuer im Moment eher moderat aus, wohingegen in einzelnen Regionen zweistellige Zuwachsraten beim Einkommenssteueraufkommen zu verzeichnen sind. Beflügelt wird dies durch einen relativ neuen Trend zu erzwungener Steuerehrlichkeit durch das allmählich in Gang kommende international koordinierte Schließen von Steueroasen, sowie den für manchen gut betuchten Zeitgenossen bedrängenden Aufkauf von Steuer-CD’s durch Finanzbehörden.

Begrich weist darauf hin, dass die Einnahmen des Jahres 2012 eine um 20% geringere Kaufkraft hätten, als die des Jahres 1994. Dies mag sein. Richtig ist aber auch, dass der Kaufkraftverlust bei PfarrerInnen und Kirchenbeamten im gleichen Zeitraum deutlich höher ausfällt und dass auch die Einkommen der übrigen Beschäftigten der Kirche sich keineswegs oberhalb der Inflationsrate bewegt haben. Mindestens 75% der kirchlichen Ausgaben sind jedoch Personalausgaben. Nimmt man diesen Tatbestand zur Kenntnis, ist auf Grund einer „günstigen“ Kostenstruktur die Finanzkraft der Kirche gegenüber 1994 keineswegs gesunken. Am Beispiel der EKHN legt Friedhelm Schneider überzeugend dar, dass eine Kirche, die dauerhaft Lohn- und Gehaltssteigerungen unterhalb der Inflationsrate durchsetzt, zur „Inflationsgewinnerin“ wird. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Wert der eigenen Immobilien z.B. in Ballungsräumen wie dem Rhein-Main-Gebiet deutlich steigert.

Warum die Gemeinden dennoch verarmen

Es gab einmal Zeiten, da konnten Kirchmeister von einer positiven Entwicklung beim Lohn- und Einkommenssteueraufkommen auf ein Plus bei den eigenen Gemeindefinanzen schließen. Seit etlichen Jahren geht diese Rechnung nicht mehr auf. Man kann davon ausgehen, dass auch die erwarteten Rekordeinnahmen des Jahres 2013 kaum dazu beitragen werden, die Finanzsituation der Gemeinden und Kirchenkreise zu verbessern. Es gibt eine bedrückende Parallelität zu der Finanzsituation der Kommunen, denen es trotz gesamtstaatlicher Rekordsteuereinnahmen vielfach nicht gelingt, ihre defizitäre Finanzsituation zu überwinden und zentrale Aufgaben ausreichend zu finanzieren – eine erhellende Lektüre ist in diesem Zusammenhang der Kommunalbericht 2013 des rheinland-pfälzischen Rechnungshofs. Ist die prekäre Finanzsituation der Kommunen darauf zurückzuführen, dass diese zumeist durch Entscheidungen des Bundes immer mehr Aufgaben zugewiesen bekommen ohne hinreichende Finanzausstattung, so liegt der Fall in der Ev. Kirche etwas anders. Die zusätzlichen Finanzmittel fließen in immer größerem Umfang in andere Kanäle. Hier zwei Beispiele:

  • In erheblichem Umfang entstehen Kosten durch die Stärkung des „kirchlichen Handlungsfeldes“ „Organisation und Verwaltung“. Zu Lasten der Arbeit mit Menschen, wo die meisten Landeskirchen in erheblichem Umfang weiter Arbeitsplätze abbauen wollen, wird die Verwaltung gestärkt. Im Monatsthema Mai der Wort-Meldungen wurde in zahlreichen Beiträgen überzeugend nachgewiesen, dass z.B. die Einführung der Doppik in staatlichen Gebietskörperschaften durchweg mit höheren Personalkosten bei kaum feststellbarem Nutzen verbunden war.

  • In einigen Landeskirchen schmälern Zuführungen an Versorgungskassen die Finanzkraft der Kirchen. In der rheinischen Kirche fließen aktuell ca. 23% des Netto-Kirchensteueraufkommens in die Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte. Das skandalöse ist, dass diese Zuführungen auf versicherungsmathematischen Berechnungen beruhen, die von einem Sinken der kirchlichen Finanzkraft von mindestens 1% pro Jahr ausgehen. Franz Segbers kritisiert diesen Tatbestand als Beispiel einer Komplizenschaft der reichen Kirchen mit dem Finanzmarktsektor.