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Mord als Gottesdienst

Jede Religion entwickelt religiös motivierte Gewalt. Für den emeritierten Professor Friedrich Wilhelm Graf muss es daher in der Religion selbst eine Struktur geben, die Gewalt begünstigt.

In einem Artikel in der FAZ geht er daher der Frage nach, warum fast jede Religion den Gedanken von Mord als Gottesdienst entwickelt. Gewalt ist das Mittel um die irdische Ordnung der kosmischen von Gott oder den Göttern gewollte Ordnung anzupassen. Die Allmacht der göttlichen Wesen wird zum Katalysator für Gewalt. „Die Gott zugeschriebene Allmacht ist allgefährlich, weil sie sich jeder menschlichen Kontrolle entzieht und so vielfältig missbraucht werden kann. „ Der Fromme Gewalttäter meint nicht nur an der kosmischen Ordnung zu partizipieren, sondern auch die Allmacht seines Gottes für sich zu beanspruchen. „Aber sie entsprechen nur der inneren Logik des auf Gott bezogenen Allmachtsgedankens: Weshalb sollten, wenn Gott omnipotent ist, seine getreuen Diener daran nicht teilhaben dürfen? Und weshalb sollte die terroristische Zerstörung ziviler Sozialität nicht als Akt des gottgewollten Neuschaffens gedeutet werden? „

Diese Muster lassen Gewalt durch alle Religionen entstehen. Woran es liegt, das Religion angesichts der Allmacht, kosmischen Ordnung und der Ewigkeit gleichzeitig auch zu einer Ehrfurcht vor dem Unvollständigen, Endlichen und ungeordneten entwickelt und sogar Macht begrenzen, kann Graf leider nicht erklären.

Der Artikel lehrt mich nur eines in diesem Konflikt. Demut statt Überheblichkeit.

„Ökumene der leeren Lehrversprechnungen“ – Friedrich Wilhelm Graf in „Götter global“

Anstelle einer Rezension des gerade erschienen neuen Werks „Götter global“ von Prof. Friedrich  Wilhelm Graf hier ein kurzes Zitat zum Thema ev. – kath. Ökumene:

… „Für diese Ökumene der leeren Lehrversprechungen können die in der deutschen Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Verhandlungen über die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ als repräsentativ gelten. Am 31.Oktober 1999, also am Reformationstag, unterzeichneten mit großen medialen Aufwand der Kurienkardinal Edward Idris Cassidy als Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und der Präsident des Lutherischen Weltbundes, der Braunschweiger Landesbischof Christian Krause, in der evangelischen St. Anna-Kirche zu Augsburg die „Gemeinsame Offizielle Festlegung“ und einen Annex zur Erklärung – trotz des entschiedenen Protests von gut 160 deutschen protestantischen Universitätstheologen, unter ihnen der prominente Tübinger Systematiker Eberhard Jüngel, die hier reformatorische Grundeinsichten vernebelt und verwässert sahen. De fakto wurde die Öffentlichkeit mit ein paar vagen Formeln zu täuschen
versucht, weil es genau genommen gar keinen substantiellen Konsens über die zentralen Gehalte der Rechtfertigungslehre Luthers gab.

Dies zeigte demonstrativ bald die päpstliche Symbolpolitik: Nur sieben Wochen nach dem Augsburger Medienspektakel rief Johannes Paul II ein „Ordentliches Heiliges Jahr“ aus, in dem man bei würdigem Empfang des Bußsakraments und der Eucharistie in bestimmten römischen Kirchen den „Jubiläumsablass“ erwerben konnte – ganz im Sinne jener Entschuldungstheologien zubd Ablasskonzepte, die die Reformatoren des 16. Jahrhunderts
als zutiefst unevangelsich, dem neutestamentlichen Zeugnis fundamental widersprechend erkannt hatten… Eberhard Jüngel… hat mit Blick auf die Ökumene der Lehrgespräche vor einer „Schummelökumene“ gewarnt. Unklar ist häufig nur, ob hier ein Kirchenvertreter den anderen (und umgekehrt) zu betrügen versucht oder ob man sich kontrastharmonischer Funktionärsgemütlichkeit auf gemeinschaftlichen Selbstbetrug verständigt hat.“

Lesen Sie selbst: Friedrich Wilhelm Graf: Götter Global, München 2014, S. 137f