Von Friedhelm Schneider. Bei den neoliberalen Reformen fällt die starke, fast ausschließliche Orientierung an Finanzgrößen auf. Sie sollen die Steuerung auf Kurs bringen. Dazu sind sie aber nicht geeignet. Insofern muss der Versuch misslingen. Denn die Finanzgrößen sind Teil der operativen, der kurzfristigen Steuerung. Strategische, langfristige Steuerung basiert hingegen auf anderen Orientierungsgrößen.
In der Kirche stammen solche strategischen Orientierungsgrößen klassischerweise aus der Theologie und/oder der Soziologie. Bis Anfang der 90er Jahre bestimmten diese konzeptuell die Steuerung in der Kirche. Das letzte Große Zeugnis dafür ist die EKHN- Reformschrift „Person und Institution“ aus dem Jahr 1992.
Wir hatten auf den Sachverhalt der Zugehörigkeit des Finanzwesens zur operativen Steuerung in einer früheren Ausgabe der Wort-Meldungen schon einmal hingewiesen.
Hier noch einmal eine Grafik, die den Managementansatz von Gälweiler (St. Galler Schule) zur strategischen Steuerung verdeutlicht. Die Begrifflichkeit ist die der Wirtschaft. Sie ist also noch nicht übertragen auf die Kirche. Selbstverständlich muss sie bei einer Anwendung auf die Kirche entsprechend modifiziert werden. Stoßen sie sich also nicht am „Kunden“ – begriff. Der taugt in der Kirche selbstredend nicht.
Entscheidende Erkenntnis: mit Finanzgrößen wird nur das operative, kurzfristige Geschäft gesteuert. Die strategische Steuerung hat anhand von Orientierungsgrößen zu erfolgen, die den Unternehmenszweck ausdrücken. Entscheidend sind die Konsequenzen, die aus dieser Erkenntnis zu ziehen sind. Sie lauten: die Theologie, sprich: die PfarrerInnen, TheologInnen, die BischöfIn, die KirchenpräsidentIn, die Präses, dürfen sich nicht länger hinter den „alternativlosen“ Vorgaben der Finanzabteilungen oder mit externen Beratern besetzten Reformzirkeln verstecken. Sie, die Theologen und nicht irgendwelche Kirchenjuristen, sind zuständig für die strategische Steuerung. In Managementsprache: sie sind zuständig für die Effektivität. Die Finanzdezernenten hingegen sind „nur“ für die operative Steuerung, für die Effizienz, zuständig. Dabei verstehe man das in Anführungszeichen gesetzte „nur“ nicht falsch. Das ist und bleibt immer noch eine große, selten befriedigend erledigte Aufgabe! Namentlich im Bereich des Immobilienmanagements oder der Verwaltungstätigkeiten selbst. Auch die Frage nach dem angemessenen Rechnungswesen (Doppik/NKF?) oder nach der Anlagenpolitik braucht ganz offensichtlich neues Nachdenken und neue Impulse und fordert also Aufmerksamkeit. Baustellen gäbe es also im originären Sektor der Finanzdezernate wahrlich genug.
Die Fragestellung der Effizienz ist hingegen bei der Arbeit mit Menschen selbst, also bspw. In der Seelsorge, aber auch der Pädagogik weitgehend unangemessen. Weswegen die an Effizienzgesichtspunkten orientierten „Totalen Qualitatsmessungen“
auch immer wieder ins leere laufen oder völlig unbrauchbare Ergebnisse liefern. Vgl. bspw. das aktuelle Beispiel der Pflegeheime.
Richtiges Management, etwa im Sinne Gälweilers, ordnet also die Bedeutung des Finanzwesens und die Orientierung an Finanzgrößen in der Kirche (wie auch in allen Unternehmen) anders ein als neoliberale Ansätze. Als operative Steuerungsgrößen haben sie keine Priorität gegenüber der Theologie. Das ist es, was die Kirche heute von richtiger Managementlehre (wieder) lernen kann. Das ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Aufforderung an alle Theologinnen und Theologen, die Leitung der Kirche nunmehr wieder selbst zu übernehmen. Finanzdezernenten, die einer solchen Managementlehre der St. Galler Schule zuzuordnen sind, erkennt man umgekehrt daran, dass sie sich selbstredend der strategischen Steuerung (der Theologen) unterordnen. Wo dies nicht geschieht, sind Managementprobleme in der Kirche zwangsläufig.