Schlagwort-Archive: Gewaltenteilung

Ohne direkte Beteiligung verfällt die Demokratie. Von der Notwendigkeit der Onlie-Petition „Wormser Wort“.

01/2015, von Friedhelm Schneider

Das Volk wird von Entscheidungen ausgegrenzt
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“(Jean Claude Juncker). Der heute oberste Parlamentarier der EU sagt, wie Exekutive, wie die Macht heute funktioniert. Und dass Politiker wie er vom Volk erwarten, dass sie ihr Recht jederzeit und bei jeder Gelegenheit immer neu kämpfen müssen. Das Recht hat man also nicht mehr. Das war einmal. Wenn man dies ernst nimmt, dann weiß man, dass die Demokratie heute nicht mehr das ist, was sie einmal in den 60iger oder 70iger Jahren einmal war. Was unserer Nachkriegsgeneration ohne eigenes Zutun, ohne Anstrengung oder gar Kampf in die Wiege gelegt wurde, betrachteten wir als dauerhaftes Eigentum. Haben wir uns da etwa getäuscht? Schon Goethe mahnte: „Was Du ererbt von Deinen Vätern – erwirb es, um es zu besitzen“. Hinsichtlich der demokratischen Staatswesens heißt das: sie fiel uns zwar in den Schoß, aber an uns ist es, die Demokratie zu bewahren. Und dafür müssen wir etwas tun. Etwas mehr tun, als alle vier Jahre an ein Kreuzchen zu setzen. Die Zeiten, wo man die Demokratie quasi umsonst, ohne eigenes Zutun und Mitwirkung hatte, sind vorbei. Dank an Herrn Junker für die Aufklärung!

Sorgenkind Legislative
Was ist geschehen? Die Gewichtung und Machtverteilung zwischen Legislative, Exekutive und Jurisdiktion wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten deutlich verschoben. Und zwar weg von den Volksvertretern, der Legislative: „Das Parlament wird von der Regierung nicht mehr ernst genommen; manchmal nimmt es sich selbst nicht mehr ernst. So war und ist es seit langer Zeit bei den Anti-Terror-Gesetzen. So war und ist es bei den EU-Gesetzen und Verträgen. So war und ist es bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr; hier mussten Parlamentarier gar ihre Zustimmungsrechte erst einmal im Wege der Organklage beim Bundesverfassungsgericht erstreiten.“…“In der Summe ergab sich aber eine für die repräsentative Demokratie problematische Entwicklung: Das Machtverhältnis verschob sich von der Legislative zur Exekutive. Aus der Gewaltenteilung wurde eine Gewaltenneuverteilung“.“Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Rechtsprechung versucht, dem Bundestag neue Kraft zu geben. Mehr als Hilfe zur parlamentarischen Selbsthilfe können die Karlsruher Verfassungsrichter allerdings nicht leisten. Die vormundschaftsgerichtliche Betreuung des Bundestags durch das deutsche höchste Gericht kann und darf nur eine vorübergehende sein. Sein Selbstwertgefühl muss das Parlament schon selbst wiederfinden“. So der Jurist Prof. Heribert Prantl, SZ.

Und in der Kirche…
Diese bisherigen Erkenntnisse und Schlüsse zu den Verschiebungen bei den Staatsorganen darf man bei Kenntnis der Lage getrost auch auf die Kirchenorgane, die Kirchleitungen, die Synoden und die Gerichte übertragen. Betrachtet man die getroffenen Beschlüsse, kann man konstatieren: auch in der Kirche sind die Synoden die Sorgenkinder. Auch in der Kirche wurde als Begründung der Machtverschiebung eine Krise proklamiert – der Mythos Finanzkrise ausgerufen. Das macht es den Leitungen leicht, sämtliche Beschlüsse auf ein einziges Argument zu reduzieren: „es muss gespart werden“. Aber diese schlichte Argumentation, diese Senkung des Diskursniveaus auf niedrigstes Level in den Synoden müssen die Synodalen ja auch akzeptieren! Man kann zurecht fragen: warum tun sie das? Warum fordern sie nicht wenigstens ein Niveau, das er Komplexität der Organisation Kirche halbwegs angemessen ist? Aber nicht nur das Niveau der Diskurskultur hat enorm gelitten. Auch die Strukuren wurden den neuen Machtverhältnissen angepasst, so wurde in der EKHN die Legislative in die Exekutive integriert, z.B. in der personellen Überschneidung von landeskirchlichem Dekanatssynodalvorstand (DSV) und Kirchenleitung (KL). Weitere Belege für die Entmachtung der Synoden sind Geheimhaltungsstrategien oder gezielte Umgehung der demokratischen Willensbildung wie etwa beim erweiterten Soidarpakt, in dem an höchster Stelle, der Kirchenkonferenz der EKD, weit reichende Entscheidungen für den Kurs der Finanzpolitik und letztlich der kirchlichen Gesamtstrategie aller Landeskirchen getroffen wurden.

Zum Machtausbau der Exekutive zählt auch, dass man wie in der Politik Verstöße gegen die eigenen gesetzlichen Grundlagen bzw. Grundordnungen durchaus zu begehen bereit ist. Bei schwerwiegenden Verstößen der Exekutive gegen die Grundordnungungen waren Klagen in der Kirche nicht selten erfolgreich. Auch in der Kirche entscheiden – ähnlich wie beim Staat – die kirchlichen Verfassungsgerichte durchaus auch für die Kläger. Man muss dies Recht nur auch nutzen!

Was aber ist zu tun, wenn die Verfassung von den Politikern (s.o. Junker) nicht mehr Ernst genommen wird? Denn wie in der Politik läuft es doch oft auch in der Kirche: ‚Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter.‘ Was dann? Dann muss das Kirchen-Volk seine Stimme erheben und laut und vernehmlich reden. Dann kommt der Wir-sind-das Volk-Ruf in der Kirche. Das Schicksal der Kirchen auch daran entscheiden, inwieweit und wie stark die Basis selbst sich für die Interessen der Kirchengemeinschaft einsetzt. 

Wenn die Politik dergestalt degeneriert und verkommt, was heißt das für die Demokratie und die demokratischen Kräfte in Staat und Kirche? Das heißt

1. Information ist die erste Bürger- resp. Christenpflicht. Man darf offiziellen Verlautbarungen nicht mehr unbesehen trauen, sondern muss alles prüfen. „Die Demokratie ist schön. Sie macht aber viel Arbeit“ wusste Karl Valentin. Das heißt

2. Nur wenn eine hinreichend große Zahl an Bürgern und Christenmenschen sich ausreichend Gehör verschaffen, nur dann werden in den geschwächten Synoden Entscheidungen getroffen, die dem Willen der Bürger bzw. in der Kirche dem Willen der Kirchenmitglieder tatsächlich auch entsprechen. Eine Möglichkeit dabei ist auch die Online-Petition, die wir von den Wort-Meldungen für das Wormser Wort einsetzen. In der Kirche ist das ein neues Instrument. Wichtig ist, dass die Basis die Notwendigkeit dieser neuen Form der demokratischen Meinungsäußerung erkennt – und massenhaft wahrnimmt!

Demokratie in der Kirche II: Aus schmerzlichen Erfahrungen nichts gelernt?

von Friedhelm Schneider

Demokratie in der Kirche. Spannend ist nicht nur der Kontrast zwischen formaler Struktur und der Praxis (s.o.), bei dem man sich an parallele Phänomene in der Politik erinnert fühlt. Spannend ist ein zweites, wichtiges Thema. Es kommt zum Ausdruck im selben Beitrag des Synodenpräses der EKHN (Jahresbericht der EKHN 2013/2014, S. 12-16) „Wie demokratisch kann Kirche sein?“ – Wie demokratisch kann also Kirche sein? Der Synodenpräsident sieht und zieht Grenzen:

„Sie sehen also auch Grenzen. Welche?
OELSCHLÄGER: »Als Kirche sind wir eine Glaubensgemein­schaft, das entspricht nicht eins zu eins dem Staat. Deshalb unterscheiden wir uns als Synode von einem Parlament. Drei Unterschiede will ich benennen. Erstens haben wir bewusst kein klares Gegenüber von Regierung und Parlament. Beide sind bei uns miteinander verschränkt. Bei uns ist das Parlament – also die Synode – mit zwei Personen in der Regierung – also der Kirchenleitung – vertreten…“

Das folgt damit etwa in einer Rede vom damaligen Präses der EKiR  Nikolaus Schneider vertretenen Legislative und Exekutive zu vermengen. Gerade solche in der EKiR traditionelle Gemeindelage führte aber dazu dass, die Kontrollfunktion des Parlament/ der Synode sträflich vernachlässigt wurde. Die Folge: der bbz-Skandal, der es bundesweit in die Gazetten schaffte. Die daraufhin eingesetzte Kommission, der der frühere Ministerpräsident Höppner vorstand, forderte daher in ihrem Prüfbericht, „diese Landeskirche möge sich eine neue Kirchenverfassung geben, in welcher der innerkirchlichen Gewaltenteilung künftig mehr Gewicht zukommen solle“. Vgl. daui auch den damaligen Kommentar von Pfr. Hans-Jürgen Volk.

Das Problem ist an der Stelle allerdings nicht nur ein EKiR- Problem, sondern ein generelles. Wer Strukturen schafft, die nicht auf Balance und Kontrolle, sondern auf vermeintlich Harmonie setzt, der also Legislative und Exekutive (und vielleicht auch noch die Jurisdiktion)  vermengt, der riskiert Skandale. Siehe bbz, siehe Finanzskandal München, oder auf katholischer Seite mit dem Skandal um den Bischofspalast in Limburg.  Man hätte hoffen sollen, die Kirche habe aus Prüfberichten wie dem der Höppner-Kommission, den Kritiken der kathol. Pfarrer- Initiative Limburg oder schlicht den schmerzlichen Erfahrungen gelernt. Offensichtlich nicht. Wer Skandale riskiert, schadet der Kirche. Insofern ist das auf vordergründig auf Harmonie zielende Verhalten von Synodalpräsident Ölschläger in der Kirche nicht unbekannt, es ist aber hoch problematisch. Denn es ist mit der Grund dafür, dass die Kirche sich gerade in dem Zustand befindet, in dem sie nun mal ist. Auch die EKHN.

 

Gewaltenteilung als Basis der Betriebskultur und des langfristigen Erfolgs (Thema des Monats)

Skandale haben meist auch etwas Gutes. Die Aufarbeitung verlangt nämlich oft Fragen, die man vorher nicht zu stellen wagte, weil Sachverhalte immunisiert, mit einem Tabu belegt waren. So war das auch etwa in der Ekir bei der Aufarbeitung des bbz-Skandals durch die Höppner-Kommission. Höppner, der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, war zudem aufgrund seiner räumlichen Distanz zur EkiR nicht verdächtig, in einem möglichem Filz verwickelt zu sein, der die Aufarbeitung behindert hätte. Das Ergebnis der Kommission wird in diesen Empfehlungen besonders anschaulich:

„Ich komme nun zu den Empfehlungen

Klare Strukturen sind die Grundvoraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung und Umsetzung von Entscheidungen. Wer entscheidet? Wer setzt die getroffenen Entscheidungen um? Wer kontrolliert die Entscheidungsorgane und die Umsetzung der von ihr getroffenen Entscheidungen? Diese Kompetenzen müssen klar verteilt sein. Interessenkonflikte handelnder Personen innerhalb dieser Strukturen (Agieren mit „verschiedenen Hüten“) sind möglichst zu vermeiden.

Das gilt zunächst einmal für das Verhältnis von Landessynode, Kirchenleitung und Landeskirchenamt. Die Landessynode leitet die Evangelische Kirche im Rheinland (KO 128 (1)). Eine Aufgabe der Synode ist es auch, die Entscheidungen der Kirchenleitung und ihre Ausführung durch das Landeskirchenamt zu kontrollieren (KO 129 (3)). Die Kirchenordnung sieht vor, dass der Präses sowohl der Vorsitzende der Synode als auch der Kirchenleitung und des Kollegiums des Landeskirchenamtes ist (KO 156 (1)). Wenn beispielsweise die Kirchenleitung von der Synode in ihrer Leitungstätigkeit angefragt ist, erhebt sich die Frage, ob diese Beratungen von einem Mitglied der Kirchenleitung geleitet werden können. Das haben nicht nur die Beratungen zum Thema bbz gezeigt. Die Kommission empfiehlt, einen eigenen Synodalvorstand (Präsidium) zu bilden und die Kirchenordnung entsprechend zu ändern.
Die Kirchenleitung überträgt die Ausführung ihrer Entscheidungen der Verwaltung und ist damit auch dafür verantwortlich, die sachgemäße Ausführung zu kontrollieren. Auch in diesem Falle ist es schwierig, wenn der Präses gleichzeitig Vorsitzender des Kollegiums des Landeskirchenamtes ist und als solcher die Entscheidungen des Landeskirchenamtes vor der Kirchenleitung vertreten muss. Auch hier halten wir eine Entflechtung der Zuständigkeiten für notwendig.
Die Organisationsuntersuchung des LKA von Steria Mummert stellt in ihrem Bericht vom 28. Dezember 2007 einen „Widerspruch zwischen hohem Vertrauen zu den leitenden Personen der Landeskirche und auch des LKA, die eine sehr hohe Wertschätzung genießen, und spürbarem Misstrauen zu den Gremien auf landeskirchlicher Ebene“ fest. Das muss also strukturelle Ursachen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass eine der Ursachen in der unklaren Verteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Leitung, der Ausführung von Entscheidungen und ihrer Kontrolle liegt. Auch das hat uns zu der Einschätzung geführt, dass über das Problem der Gewaltenteilung grundsätzlicher nachgedacht werden muss.
Eine solche Entflechtung hätte auch Konsequenzen für die Kirchenkreise und ihre Leitungsstrukturen. Konsequenzen für die Kirchengemeinden wären zu prüfen. Eine Kirchenverfassung muss in sich stimmig sein.“ vgl. Vortrag Höppner auf der Landessynode, Teil A, Kap. A1.

So weit die klare Empfehlung an die EKiR.

In der EKiR mangelte es an der Gewaltenteilung und in der Folge an ausreichender Kontrolle. Leidet die Gewaltenteilung, leidet die demokratische Verfassung selbst. Durch fehlende Kontrolle wird zudem die Wirksamkeit des Managements auf lange Sicht eingeschränkt bzw. vermindert. Unkontrollierte, auch autoritäre Systeme können nur auf kurze Sicht bessere Ergebnisse verbuchen. Mittel- und langfristig führen sie hingegen in die Abwärtsspirale oder ins Desaster. Die zahlreichen Crashs in Finanzwirtschaft und Wirtschaft bestätigen dies. Auch dort fehlt die Kontrolle.

Der Sinn der Gewaltenteilung besteht –  wie im Bericht der Höppner-Kommision sehr deutlich wird – nicht nur in der Teilung der Gewalt, sondern vor allem in einem System gegenseitiger Kontrolle, in Strukturen, die gegenseitige Kontrolle nicht nur ermöglichen sondern verlangen.

Die Organisationsstruktur der EKiR auf Landeskirchenebene hatte hier sicherlich traditionell Schwächen: Sie fielen früher in einer extrem ausgeprägten bottom-up organisierten Landeskirche wie der EKiR, bei der die Gemeinden die Hoheit über die Kirchensteuer besaßen und die Zentralverwaltung mit einem festgelegten Anteil aushielt, kaum auf. Denn die Befugnisse und Kompetenzen der Landeskirche waren sehr eingeengt. Schon mit der Reform der Kirchenverfassung der EKiR in den Nuller- Jahren mit der Stärkung der Zentralfunktion hatte sich das geändert. Das alte System der unvermischten Gewalten wurde aber nicht an die neue Situation angepasst.

Diese Empfehlungen haben über die spezifisch rheinische Problemlage hinaus allgemeine Bedeutung. Es besteht nämlich heute in allen Institutionen eine Tendenz, Funktionen, die früher unterschiedlichen Funktionen innerhalb der Institution zugeordnet waren (Legislative, Exekutive, Jurisdiktion) zu vermischen. Dies muss nicht durch eine Strukturveränderung erfolgen, sondern kann auch durch Personalunion mehrerer Funktionen durch eine Person erfolgen. In der Politik ist der Sachverhalt unter dem Stichwort ‚Drehtüren‘ ein begriff.
Bleiben wir aber bei der Kirche: Die Tendenz der Zuordnung einzelner Personen zu mehreren Funktionsteilen (Exekutive, Legislative) besteht nun aber nicht nun in der EKiR. Auch in der EKHN wurde mit der Novellierung der KO gewisse Personen eine funktionelle Doppelfunktion zugestanden. So sind z.B. Mitglieder des Synodalvorstandes wie auch der Vorsitzende des Synodalvorstandes der Landessynode gleichzeitig Mitglied der Kirchenleitung. Und zwar entweder als Vollmitglied oder als beratendes Mitglied. Hier wird also das von der Gewaltenteilung geforderte Gegenüber der Gewalten zum Miteinander. Und böse Zungen behaupten gar, der Synodalvorstand mutiere zum verlängerten Arm der Kirchenleitung. Und diese bösen Zungen können mit Recht neben Meinungskonformitäten und – identitäten zwischen Vorstand/einzelnen Vorstandsmitliedern und Kirchenleitung in den Synodaldebatten auf die Strukturen verweisen, die eben diese Behauptung fundieren. Kurzfristig mag das zu „Erfolgen“ der Akteure etwa bei Abstimmungen der Synoden führen. Langfristig schadet sich aber die Kirche selbst. Denn die Qualität der Entscheidungen leidet. Und die demokratische Kultur geht den Bach hinunter.

EKiR: Höppner-Bericht zu bbz-Skandal

Der Skandal um die Verluste der Firma bbz (eine GmbH für Beihilfeabrechnungen nicht nur der EKiR, sondern auch der EKHN etc.) hat die EKiR – Leitung in ihren Grundfesten erschüttert. Lobenswert ist die Entscheidung, mit der Aufarbeitung dieser Katastrophe eine unabhängige, aber sehr sachkundige Expertenkommission zu betrauen. Diese Kommission unter der Leitung des Mathematikers und früheren Ministerpräsidenten in Sachsen-Anhalt Reinhard Hoeppner hat der Landessynode 2013 einen Bericht vorgelegt mit einer Analyse falscher Entscheidungen und mit Hinweis auf viele Sachverhalte, die durch schlechte Strukturen störanfällig sind. Vor allem wichtig sind aber die vielen deutlichen Hinweise auf strukturelle Schwächen in der Organisation der Leitung der Landeskirche, aber auch von Kirchenkreisen und Gemeinden. Hier muss die Landeskirche zu deutlich anderen Leitungsstrukturen kommen, die geprägt sind von einer Gewaltenteilung. Insgesamt gibt der Bericht wichtige Impulse meint Hans-Jürgen Volk in seinem erläuternden und Hintergründe ausleuchtenden Kommentar.

Lesen Sie auch den Bericht und weitere Informationen (auf der Seite TEIL A, Struktur 2013 – Höppner-Bericht).

Ergänzung(24.4.2013): Nun gibt es auch den Abschlussbericht der Kommission zu lesen.

Die Synode der EKiR als Einheit von Legislative, Exekutive und Judikative?

Die Synode der EKiR als eine –  im politischen Sinne nicht demokratische – Einheit von Legislative, Exekutive und Judikative?

„Die Synode ist Kirchenleitung, also Exekutive. Darüber hinaus aber ist sie durch ihr gesetzgeberischen Handeln auch Legislative und durch ihre Wahl der Kirchengerichte Judikative. Es ist eine offene Frage, ob sie im extremen Ausnahmefall die Judikatur auch an sich ziehen könnte.

Diese umfassende Leitungsfunktion der Synode kann meiner Ansicht nach nur gelingen, wenn bestehende Verfahrensregeln strikt eingehalten und auch tradierte „ungeschriebene Regeln“ beachtet werden.“

Lesen mehr aus dem Präsesbericht von Nikolaus Schneider zur Landessynode der EKiR

01/2013.

Anmerkung F.S.: Man kann die Ausführungen von Nikolaus Schneider als Beschreibung, als Legitimation oder als Entschuldigung betrachten. Denn pikanterweise auf derselben Synode stellte Reinhard Höppner in seiner Analyse des bbz-Skandals, dem sog. Höppner-Bericht, nonchalent fest: „Hier muss die Landeskirche zu deutlich anderen Leitungsstrukturen kommen, die geprägt sind von einer Gewaltenteilung…“. Vielleicht sind ja gerade die „ungeschriebenen“ Regeln, die der Präses fordert, das Problem, wie es beschrieben wird u.a. bei Hans-Jürgen Volk in seiner Analyse von Funktionsweisen der Synode.