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Angst vor dem Krieg – Notizen zur Situation in der Ukraine

„Was sind Staaten anderes, als große Räuberbanden, wenn es in ihnen keine Gerechtigkeit gibt!“ – Dieses Zitat stammt nicht von einem linken Sozialromantiker, sondern von Augustinus. Bekanntlich nahm er eine nüchtern-skeptische Haltung gegenüber der Reichweite moralischer Integrität von Staatlichkeit ein.

Von Hans- Jürgen Volk.

Wie verheerend die Folgen sind, wenn Staaten ohne Rücksicht auf Völkerrecht und Verhältnismäßigkeit Kriege führen, haben die vergangenen gut 20 Jahre überdeutlich gezeigt. Die Situation vor allem im Irak spiegelt die moralische Bankrotterklärung eines Interventionismus, der jenseits der verbalen Fassaden von Freiheit und Demokratie tatsächlich ökonomische und machtstrategische Interessen verfolgt. Auch in Afghanistan oder Libyen wird man nicht ernsthaft behaupten können, die Situation der einfachen Menschen habe sich durch westliche Interventionen verbessert. Wie grässlich Bürgerkriege sind, die von externen Mächten kühl kalkulierend befeuert werden, kann man in Syrien beobachten. Zum Artikel.

 

Ein Jahr www.wort-meldungen.de

Von: Hans-Jürgen Volk

Am 24./25. Februar 2013 traf sich in Kassel eine Runde von Menschen aus insgesamt sechs Landeskirchen zu einer Tagung. Darunter waren etliche Autorinnen und Autoren von Beiträgen im »Deutschen Pfarrerblatt« zur Reihe »Fragen und Probleme rund um den kirchlichen Reformprozess«. Ein konkretes Ergebnis war die Absicht, die gegenseitige Vernetzung durch eine neue Internetplattform zu stärken und der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit ein publizistisches Gegengewicht entgegenzusetzen.

Am 21. März 2013 wurde der Verein »Wort-Meldungen e.V.« mit Sitz in Darmstadt gegründet. Seitdem erscheinen jeden Montag bis zu 16 Nachrichten und Analysen zu Transformationsprozessen in Kirche und Gesellschaft. Die eigentliche redaktionelle Arbeit liegt im Moment bei Alexander John und Friedhelm Schneider, dem 1. Vorsitzenden des Vereins. Mit hohem zeitlichem Aufwand werden relevante Informationen aus den unterschiedlichsten Quellen zusammengetragen. In der Regel steht jeden Monat ein bestimmtes Thema im Mittelpunkt, z.B. Kosten und Nutzen neuer Steuerungsmodelle wie Doppik/NKF, Leben im Pfarrhaus, Wandel im Reformdiskurs, Postdemokratie, evang. Publizistik, Partizipation oder Management. Entstanden ist bereits nach einem Jahr ein spannendes Internetjournal, in dem u.a. auch über die Synoden der EKD sowie einzelner Landeskirchen berichtet wird und das zahlreiche Argumentationshilfen und Hintergrundinformationen für Synodale oder andere kirchlich Engagierte bietet. Kurz: www.wort-meldungen.de bietet eine Fülle aktueller Nachrichten, Analysen sowie Hinweise auf Studien und leistet damit einen wichtigen Beitrag zu einem rationalen Diskurs.

In seiner »Zwischenbilanz zum kirchlichen Impulsprozess ›Kirche der Freiheit‹ – Rätsel – Erkenntnisgewinne – Aufklärung« (DPfBl 2/2014) hat Friedhelm Schneider ausführlich die Positionen einzelner Autorinnen und Autoren zur Sprache gebracht und eigene Akzente gesetzt. Seine Ausführungen decken sich in wesentlichen Punkten mit dem, was der Kreis um www.wort-meldungen.de bisher an Analysen erarbeitet hat. Zusammengefasst bezieht sich die Kritik an den kirchlichen Reformprozessen auf drei Punkte:

1. Theologie hat ihre handlungsleitende Funktion weitgehend verloren und dient als nachträgliche Legitimation bzw. wird instrumentalisiert im Rahmen von Kommunikationsstrategien mit kirchenpolitischer Zielsetzung.

2. Der Ausgangspunkt der meisten Umbauprozesse ist die Finanzfrage. Man unterstellt entgegen der tatsächlichen Finanzentwicklung mit deutlich gestiegenen Kirchensteuereinnahmen langfristig einen drastischen Verlust an Finanzkraft und begründet damit Rückbau- und Umbauprozesse. Hieraus folgt ein fragwürdiger, ja schädlicher Managementansatz. Shareholder-Value drängt die Orientierung an den Menschen zurück.

3. Insgesamt ist der kirchliche Umbauprozess eingebettet in eine neoliberale Umformung weiter Teile der Gesellschaft, der u.a. das Gesundheitswesen, den Bildungssektor sowie Elemente der Daseinsvorsorge umfasst. Damit hat er eine politische Dimension.

Was die Menschen um www.wort-meldungen.de verbindet, ist die Einsicht, dass die »Reform«-Prozesse eher schaden als nützen sowie für die Beschäftigten und die ehrenamtlich engagierten Autonomieverluste mit sich bringen. Hieraus ergibt sich die Skizze einer Reformalternative: eine evangelische Kirche mit flacher Hierarchie, in der wieder weitgehend vor Ort entschieden wird und die durch strukturelle und konzeptionelle Pluralität flexibel und am Menschen orientiert auf gesellschaftlichen Wandel reagieren kann.

www.wort-meldungen.de ist innerhalb eines Jahres zu einer profunden Informationsquelle geworden, die mit Fakten und Analysen fragwürdiger Finanzprognostik und zentral gelenkten Kampagnen entgegentritt.

Text auch im Dt. Pfarrerblatt.

Spricht nicht mehr von ‚Reformen‘: Prof. Detlef Pollack spricht jetzt auch von Umbauten hinsichtlich der ‚Reformmaßnahmen‘.

In seinem Votum zur zur fünften EKD Mitgliedschaftsstudie spricht nun auch Prof. Detlef Pollack, Münster, von Umbauten. In früheren Äußerungen war noch in der Sprachregelung der EKD von Reformen die Rede (vgl. Franz-Xaver Kaufmann und Detlef Pollack, Kirchliche Reformbemühungen in soziologischer Perspektive, Ev. Theologie 1/2013, 154.). Prof. Pollack schließt sich damit der Bezeichnung an, die schon vor Jahren von Pfr. Hans-Jürgen Volk eingeführt wurde. F.S.

Prof. Pollack: „Die Soziologie beschreibt gegenwärtige gesellschaftliche Wandlungsprozesse mit Begriffen wie funktionale Differenzierung, Pluralisierung und Individualisierung. Für eine Institution wie die evangelische Kirche, aber auch für andere Institutionen und Organisationen, wie etwa Gewerkschaften, Parteien oder auch Familien gehen von diesen Prozessen erosive Wirkungen aus, die sie zu mannigfachen internen Umbauten zwingen und ihre traditionale Gestalt verändern.“ Der vollständige Text.

EKiR: Verwaltungsstrukturreform steht im Widerspruch zur rheinischen Kirchenverfassung – Rechtsgutachten weist erhebliche Mängel nach

Von Hans-Jürgen Volk

Die Kirchengemeinden Alpen und Rheinberg haben ein Rechtsgutachten zur Verwaltungsstrukturreform in Auftrag gegeben, dass seit Anfang des Jahres vorliegt. In einem von den Presbyterien der beiden Kirchengemeinden verantworteten Begleitschreiben wird darauf hingewiesen, dass der 2005/2006 in der Ev. Kirche im Rheinland eingeleitete Umbauprozess den „Wesenskern unserer rheinischen Kirchenverfassung“ berührt. „Das sich hier abzeichnende Anliegen einer zentralen Steuerung widerspricht grundlegend unserem bewährten Ansatz der dezentralen Subsidiarität“. In dem von der Kanzlei Peberes Moers erstellten Gutachten wird der Nachweis erbracht, „dass die presbyterial-synodale Ordnung und die Kirchenverfassung durch das Verwaltungsstrukturgesetz verletzt werden“.

Die Verwaltungsstrukturreform gehört mit zu einem der problematischsten Umbauvorhaben des seit spätestens seit 2006 intensivierten Umgestaltungsprozesses in der EKiR. Im Verbund mit anderen Projekten wie NKF trägt sie dazu bei, den Charakter der rheinischen Kirche wesentlich zu verändern. Die Impulse zu diesen Projekten kamen und kommen samt und sonders von der landeskirchlichen Ebene und von der EKD. Die rheinische Kirche ist heute keine basisorientierte „Kirche von unten“ mehr. Im Gegenteil: die Spielräume der Akteure vor Ort, sei es in Gemeinden, Kirchenkreisen oder Einrichtungen wurden immer mehr eingeengt und die Kreativität für eigene Problemlösungen und Ansätze blockiert. Die Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform wird diesen Trend verstärken. Und es brennt. Am 1. April 2014 soll das Verwaltungsstrukturgesetz in Kraft treten. Kirchenkreise und Gemeinden sind verpflichtet, bis zum 30. Juni 2015 die nötigen Beschlüsse zur Umsetzung zu fassen. Bis zum 1. Januar 2017 soll das Gesetz umgesetzt sein. Den Kirchengemeinden Rheinberg und Alpen gebührt Dank für ihren Vorstoß, der rechtzeitig kommt vor den Beschlussfassungen der Presbyterien und Kreissynoden zur Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform. Diese sollten sich fragen, ob man Projekte tatsächlich umsetzen kann, wenn sie erkennbar im Widerspruch zu zentralen Elementen der Kirchenordnung stehen.

Das Rechtsgutachten – wichtige Inhalte

Seit 2006 ist eine Vielzahl von Bemühungen gescheitert, durch Anträge von Kreissynoden Umbaumaßnahmen zu korrigieren. Dies fand seinen Höhepunkt 2011/2012, als fast ein Drittel der Kirchenkreise bei den umstrittenen Themen Verwaltungsstrukturreform und Personalplanung ein Proponendum forderten, also Stellungnahmen der Presbyterien und Kreissynoden zu den umstritten Projekten ermöglichen wollten. Dies wurde ebenso abgeschmettert wie das Bemühen zuvor, statt dem NKF die erweiterte Kameralistik einzuführen. Im Gutachten heißt es auf S. 21: „Der Begriff ‚presbyterial-synodale Ordnung‘ ist ein Verfassungsprinzip, nach dem die einzelne Gemeinde in ekklesiologischer und kirchenrechtlicher Hinsicht für die Evangelische Kirche im Rheinland konstitutiv ist. Die Gemeinde ist das Subjekt, nicht das Objekt kirchlichen Handelns. … Aus den Presbyterien der einzelnen Gemeinden erwächst der synodale Aufbau der Rheinischen Kirche, die eine Gemeindekirche ist.“ Hieraus folgt, dass eine Willensbildung, die wesentliche Belange der einzelnen Gemeinden berührt, aus den Presbyterien heraus erfolgen und in die Synoden hereingetragen werden muss. Der umgekehrte Weg, dass Kirchenleitung und/oder Landessynode kirchliche Körperschaften nötigen, Maßnahmen entgegen der eigenen Überzeugung und oft genug zum Schaden der Situation vor Ort umzusetzen, widerspricht der presbyterial-synodalen Ordnung.

Bis heute wird argumentiert, dass natürlich die presbyterial-synodale Ordnung gewahrt und „lediglich“ das synodale Element dieser Ordnung gestärkt werden müsse. Faktisch bedeutet dies aber eine Umkehrung der Wertigkeit der verschiedenen Leitungsebenen: Vor allem in Finanz- und Strukturfragen ergibt sich eine Dominanz von KL und Landessynode, der sich Kreissynoden und Presbyterien unterzuordnen haben. Nach Ansicht der Gutachter wird hiermit der Boden der presbyterial-synodalen Ordnung verlassen. Sie verweisen auf Artikel 130 der Kirchenordnung, der die Kompetenz der Landessynode zu Rechtssetzungen regelt. Hieraus ergibt sich keine Verwaltungszuständigkeit. In Artikel 126, 3 der Kirchenordnung wird auf die Pflicht der Landessynode hingewiesen, die presbyterial-synodale Ordnung zu wahren und hiermit als Begrenzung der eigenen Rechtsetzungskompetenz anzuerkennen. „ … der Terminus ‚Wahrung der presbyterial-synodalen Ordnung‘ beinhaltet eine Verpflichtung der Landeskirche, dafür Sorge zu tragen, dass diese Ordnung nicht verletzt wird.“ Aus dieser Einschätzung der Gutachter ergibt sich faktisch eine Pflichtverletzung der landeskirchlichen Ebene gegenüber der eigenen Kirchenverfassung – und dies sicher nicht nur bei der Verwaltungsstrukturreform.

Gutachten Fassung-F

EKiR auf dem Weg in die Wüste

Ein Stimmungsbericht von der außerordentlichen Landessynode in Hilden

Von Hans-Jürgen Volk

„Zustimmung für den Sparkurs der rheinischen Kirchenleitung“ – so lautet die Überschrift des hauseigenen Presseberichts über die außerordentliche Landessynode in Hilden am 23. November 2013. Damit ist das Wesentliche gesagt. Es gab zwar marginale Korrekturen an den KL-Vorlagen. Die grundsätzlichen Vorgaben, Einsparungen von 15% bis 2015 und von insgesamt 35% bis 2018 wurden ebenso bestätigt wie die Zielsetzung, die Ausfinanzierung der Versorgung von derzeit ca. 30% unter Einbeziehung der Kirchenkreise und Gemeinden nach EKD-Vorgaben auf 70% zu erhöhen. Dies ist insofern brisant, da das Kirchensteueraufkommen der EKiR seit 2005 nominal um deutlich über 20% gestiegen ist und mittlerweile 23% des Netto-Kirchensteueraufkommens zur Absicherung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche verwendet werden. Mit der Wüstenwanderung des Volkes Israel verglich Präses Rekowski den kommenden Weg der rheinischen Kirche. Von leichtem Gepäck spricht er gerne und blendet aus, dass hunderte von Millionen zur Versorgungssicherung angelegtes Kapital heftig drücken können. Es ist jedenfalls kein Weg in die Freiheit, der in Hilden eingeschlagen wurde.

Es ging ums Geld und nicht um Menschen

Nach der Ankündigung der Sparziele von Manfred Rekowski im Präsesblog wuchs das Entsetzen bei vielen Beschäftigten der landeskirchlichen Ebene. Was auf Kirchenkreis- und Gemeindeebene als „Paukenschlag“ empfunden wurde, kam bei ihnen als Tiefschlag an. Im Vorfeld der Synode kamen diese Befindlichkeiten im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ oder den Veranstaltungen „Kirchenleitung im Gespräch“ durchaus zur Sprache. Dies gab die hauseigene Berichterstattung der EKiR allerdings kaum wieder – vielleicht bis auf eine Darstellung auf der Homepage der Pfarrvertretung. Man gab von Seiten der KL-Mitglieder vor, zuzuhören und Anliegen aufzunehmen. „Wir fühlen uns ernst genommen.“ – so das Fazit mancher Teilnehmer. Leicht können sich derartige Gefühle allerdings verflüchtigen. Im Vorfeld der Synode berieten die ständigen Ausschüsse die „Streichlisten“ der Dezernate, die Einsparung ursprünglich bis 2023 in Höhe von 15% realisieren sollten. Nun saßen Betroffene am Tisch, die anhand dieser Listen leicht ihr beruflichen Aus und die Demontage ihres Arbeitsfeldes wahrnehmen konnten, würde dies Alles bereits 2015 umgesetzt.

Im Vorfeld der Synode erhielt ich etliche Mails und führte lange Gespräche am Telefon oder im direkten Kontakt. Es ist für mich der eigentliche Skandal dieser Synode, dass die Situation der Beschäftigten so gut wie nicht thematisiert wurde – bis auf einige schwache Formulierungen im von Rekowski vorgetragen Bericht der Kirchenleitung. Welche Bedeutung hat auf dem Hintergrund dieser Beschlüsse, die Entlassungen in Kauf nimmt um die Kaptalbildung zu intensivieren, noch das hehre Leitbild der „Dienstgemeinschaft“?

Prägend für diese Synode war die Dominanz fiskalischer Drohszenarien unter Ausblendung anderer Gesichtspunkte. Dass Einschnitte, wie sie nun beschlossen werden, theologische, ekklesiologischen, sozialethische und dort, wie es z.B. um die Problematik des Kapitaldeckungsverfahrens sowie der Finanzmärkte geht, ökonomische Fragen aufwerfen, spielte in den Diskussionsbeiträgen bestenfalls eine marginale Rolle – auch wenn es einige tapfere Versuche gab, durch Alternativanträge bzw. Ergänzungsanträge die KL-Vorlagen zu modifizieren. Die Synode folgte am Ende der KL und den wenigen, die Synode dominierenden Finanzexperten.

Kaum hinterfragt wurden Grundpositionen, die die rheinische Kirchenleitung sich offenbar zu Eigen gemacht hat. Hierzu gehört die zunehmend an Aberglauben grenzende Mutmaßung, dass die Finanzkraft der Kirche sich in Zukunft auf Grund der negativen Mitgliederentwicklung und des demographischen Wandels um 1% pro Jahr reduzieren wird und im Jahr 2030 nur noch 50% des Jahres 2002 ausmacht. Dass die Realität dies von Jahr zu Jahr widerlegt, stört die Apologeten dieser Theorie nicht die Bohne.

Dies relativiert die Bedeutung von versicherungsmathematischen Gutachten, die von dieser falschen Grundannahme ausgehen. Gewiss hat es sein Recht, derartige Gutachten zu erstellen. Nur wächst mit jedem weiteren Jahr in die Zukunft die Grauzone der Unsicherheiten. Versicherungsmathematische Gutachten geben eben keine objektive Auskunft über die Situation im Jahr 2030 oder 2040, sie können bestenfalls auf Probleme hinweisen.

Das man die Situation der Versorgungssicherung auch anders bewerten kann, als es auf der Sondersynode in Hilden geschah, geht aus einem epd-Bericht hervor, der sich auf der Homepage des Kirchenkreise Wuppertal(!) finden lässt. Hier ein Auszug:

Keine Notwendigkeit für höhere Zahlungen an die Versorgungskasse sieht dagegen die benachbarte westfälische Landeskirche, bei der die Zahlen ähnlich sind. An den Daten habe sich nichts geändert, sie würden nur neu interpretiert, sagt der westfälische Oberkirchenrat Arne Kupke, der dem Verwaltungsrat der Versorgungskasse angehört. Der gemeinsam vereinbarte Weg der drei Landeskirchen in NRW, jährlich 22 Prozent der Kirchensteuereinnahmen für die Versorgung aufzuwenden, sei solide und sicher und führe bis 2040 zur Ausfinanzierung der Ansprüche.

Kupke verweist darauf, dass der Staat mit seinen Beamten deutlich schlechter dastehe: So gebe es im Land Nordrhein-Westfalen erst Ansätze einer Versorgungssicherung. Allerdings steht eine Reihe von Landeskirchen auch besser da: In einigen Kirchen sind laut EKD-Gutachten 80 bis 100 Prozent der Versorgungsansprüche rückgedeckt, die hessen-nassauische Kirche liegt sogar über 100 Prozent.“

Letztlich akzeptiert wurde trotz einiger kritischer Beiträge der Grundsatz, anhand von Planzahlen könne man ein strukturelles Defizit erkennen. Bei Haushalten von Kommunen mag dies durchaus zutreffen, denn deren Planung ist oft recht optimistisch angesetzt. Für die EKiR und andere Landeskirchen trifft das Gegenteil zu (Vgl. den Beitrag „Politik mit Planzahlen“).

Geld ist also nicht nur ein Mittel, um den Verkündigungsauftrag zu erfüllen. Die Art, wie die Kirche mit ihrem Geld umgeht, ist selbst ein Teil glaubwürdiger Verkündigung. Wort und Tat müssen im Einklang miteinander stehen. Hier hat sich die Parallelität von christlicher Botschaft und kirchlichem Handeln zu bewähren. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht nur nach innen, sondern insbesondere auch im öffentlichen Raum.“ (Aus dem Bericht der Höppner-Kommission) Welche Botschaft sendet die EKiR mit ihren Beschlüssen nach innen wie nach außen? Evangelium ist es nicht. Den Beschäftigten wird deutlich gemacht, dass ihre Arbeitsplätze gefährdet sind – und zwar auf allen Ebenen, da auch die Kirchenkreise und Gemeinden bei steigenden Kosten für die Verwaltung noch einmal zusätzlich im Blick auf die Versorgungssicherung zur Kasse gebeten werden.

Was für ein Signal sendet eine Kirche hinein in die Gesellschaft, die sich mit naivem Urvertrauen in die Integrität der Finanzmärkte der Intensivierung der Kapitalbildung widmet? Die Finanzindustrie wird es freuen.

Was ist für Sie wahrscheinlicher, dass in den kommenden Jahrzehnten die Kirchensteuer abgeschafft wird oder sich das Kapital von Versorgungskassen oder Pensionsfonds auf Grund zukünftiger Finanzmarkturbulenzen in Luft auflöst, wie es im 20. Jahrhundert mehrfach geschehen ist? Darüber kann man streiten, vielsagend ist allerdings, dass die rheinische Kirchenleitung offenbar Ersteres befürchtet und auch darum Kapital beiseite legen möchte.

Es ist ein Mangel, dass im Rahmen der Synode eine Debatte über diese wichtigen Fragen faktisch nicht stattfand.

Gespräche am Rande

„Wissen die eigentlich, dass die mit ihrem Beschluss gerade Dutzende von Arbeitsplätzen in Frage gestellt haben?“ fragt mich sichtlich erregt ein Kollege. Ich bezweifle es. Die Synodalen hatten Zahlen vor Augen, nicht aber Menschen. Wichtiger als ihre eigenen Beschäftigten war ihnen der Gesichtspunkt, die gerade erst neu gewählte Kirchenleitung nicht zu beschädigen.

Ich bin schon auf dem Weg zu meinem Wagen, da treffe ich auf eine Kollegin, die die Synode sichtlich mitgenommen hat. Sie ist fit in Finanzfragen, kennt sich in Sachen NKF bestens aus und rechnet mir vor, dass ihr Arbeitsfeld eigentlich Erträge abwirft und dass der geplante Abbau ihres Arbeitsplatzes samt des dazugehörigen Umfeldes für die EKiR keine Einsparungen sondern Mehrkosten verursachen wird. Sie sagt, was ich kürzlich erst von einem befreundeten Unternehmer so ähnlich gehört habe: „Ein Unternehmen, dass sich so wie die EKiR verhält, steht in der Regel kurz vor dem Konkurs und würde von keiner seriösen Bank mehr einen Kredit erhalten.“

Wir sind uns einig, dass diese Synode unsere Kirche beschädigt hat. Jetzt wird auf die zahllosen Baustellen noch ein Großprojekt hinzugefügt, dass die hierdurch entstandene Komplexität endgültig unbeherrschbar macht. Was werden spätere Generationen mal über diese merkwürdige Phase der Kirchengeschichte sagen, die mit einem Prozess der Selbstökonomisierung begann und in Selbstdemontage endete. „Die werden es Gottlob anders machen und sich wundern.“ Sagt meine sympathische Gesprächspartnerin und kann auch wieder lachen. Wir hoffen beide, dass dieser Prozess hin zu einer authentischen Kirche, bei der Reformen eben nicht mit dem Blick in die Kasse, sondern mit dem Hören auf Gottes Wort beginnen nicht erst in 100 Jahren einsetzen wird.

Hilden war ein prima Tagungsort, ein gepflegter Schulkomplex, der Gastlichkeit ausstrahlte. Es wäre gar nicht schlecht, hier auch reguläre Landessynoden durchzuführen. Übernachtungsmöglichkeiten gäb’s u.a. im Internat, dass seit 150 Jahren existiert und wo hervorragende Arbeit geleistet wird. Zudem unterstreicht das Engagement der EKiR in Hilden, wie wichtig für protestantische Christen Bildung ist.

Ich gehe zum Wagen. Von weitem höre ich aus der Sporthalle, wo die Synode tagt, das fromme Lied: „Ach wie gut, dass wir uns haben.“ War wohl nur Einbildung.

Sparen oder Gestalten? Überlegungen zum Umgang mit zukünftigen Pensionsansprüchen

(Zugleich Versuch einer Antwort auf die Ausführungen von Bernd Kehren im Präsesblog der EKiR) von Hans-Jürgen Volk.

Die Leitung der Ev. Kirche im Rheinland sieht die dringende Notwendigkeit, auf Grund zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche die seit spätesten 2011 schon ungewöhnlich intensiv betriebene Kapitalbildung zu verstärken. Daher möchte sie die Kosten für die laufende kirchliche Arbeit zurückfahren. Ob dies eine vorläufige Positionierung ist, wird sich zeigen. Man hat mit dem Sparziel für den Haushalt der Landeskirche von 35% bis 2018 eine strenge Vorgabe gemacht. Ansonsten zeichnet sich tatsächlich ein neuer Leitungsstil ab. Die Absichtserklärung von Rekowski, „man wolle Entscheidungen im Dialog vorbereiten“, bewahrheitet sich bisher. Man geht nicht mit fertigen Konzepten und Strategien in Gespräche, sondern ist offen für Anregungen und Kritik. „Wir fühlen uns wieder ernst genommen!“ – so ein Feedback, das wiederholt zu hören war.

Im Hintergrund steht offenbar die Absicht, einen Umbau der rheinischen Kirche hin zu mehr Flexibilität, mehr Menschennähe und einer geringeren Krisenanfälligkeit zu gestalten – mit den Betroffenen an der kirchlichen Basis. Für sich genommen ist dies bereits ein Alternativkonzept zu den Top-down-Strategien der Vergangenheit. Allerdings glaubt man offenbar ohne den Aufbau von Finanzdruck gegen strukturkonservative Bestrebungen nicht ankommen zu können. In jedem Fall besteht das Ziel, die Ausfinanzierung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche deutlich zu verbessern – dies allerdings zu Lasten der Beschäftigten der landeskirchlichen Ebene.

Die Gründe für den Sparkurs sind wenig überzeugend

Die bisherigen öffentlichen Verlautbarungen zur Begründung des super-verschärften Sparkurses sind weder ins sich schlüssig noch überzeugend. In chrismon plus rheinland 09.2013 heißt es: „Als Grund für das Einsparen von 20 Mio. Euro wird vorrangig der kontinuierliche Mitgliederrückgang genannt.“ Auf Grund der ungleich verteilten Steuerlast und der Tatsache, dass lediglich etwa eine Drittel der Kirchenmitglieder überhaupt Kirchensteuern zahlen, hat diese Begründung keinen Bezug zur Realität. Empirisch lässt sich ein Zusammenhang zwischen Kirchensteuerentwicklung und Mitgliederentwicklung nicht nachweisen. Auch die Tatsache, dass der landeskirchliche Haushalt nach den Planzahlen für 2013 ein Defizit von 7 Mio. Euro aufweist, kann kein Grund für die drastischen Einschnitte sein. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass es sich durch die positive Kirchensteuerentwicklung in 2013 erheblich reduzieren wird. Belastbar lässt sich eine Finanzsituation zudem erst auf Grund der Jahresergebnisse und nicht der Planzahlen beurteilen. Durch die NKF-Umstellung gibt es allerdings für 2012 noch kein Jahresergebnis. Das heißt: eine klare Analyse der Finanzsituation der Landeskirche ist im Augenblick gar nicht möglich.

Seit 2005 sind die Kirchensteuereinnahmen erheblich gestiegen, nominal um ca. 24%, geht man davon aus, dass der Verteilbetrag 2013 im Ergebnis um, wenn nicht über 600 Mio. Euro liegen wird. Auch inflationsbereinigt ergibt sich real ein deutliches Plus gegenüber 2005 – wobei die Inflationsrate, die im Wesentlichen die Preissteigerung bestimmter Konsumgüter misst, nicht wirklich geeignet ist als Kriterium zur Bestimmung der kirchlichen Finanzkraft. Das tatsächliche Verhältnis von Ausgaben und Einnahmen rechtfertigt also ebenfalls nicht den drastischen Sparkurs.

Was als Begründung übrig bleibt, ist die berechtigte Sorge um die Erfüllung des Rechtsanspruchs bezüglich zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche. Eine Ausfinanzierung, die je nach Zinsentwicklung zwischen 27-34% liegt, ist alarmierend gering- jedenfalls im Vergleich zu der Situation in anderen Landeskirchen (- die EKHN hat eine Quote von über 100%) oder auch zu den Pensionsfonds und Betriebsrentenfonds großer Konzerne. Allerdings liegt die EKiR hier durchaus auf dem gleichen Niveau oder sogar günstiger als die Bundesländer NRW und Rheinland-Pfalz. Insgesamt steht es um die Finanzkraft der EKiR sogar deutlich besser als um die der Bundesländer NRW und Rheinland-Pfalz. Beispiel: Der Landeshaushalt 2013 von Rheinland-Pfalz hat ein Volumen von ca. 13 Mrd. € bei einem Schuldendienst von ca. 1 Mrd. €. Seinem Pensionsfond führt Rheinland-Pfalz 2013 etwas über 600 Mio. € zu.

Versorgungskasse: Missmanagement am Anfang vergrößert das Problem

Die rheinische Situation ist bis heute bestimmt durch Fehler der Kirchenleitungen in den 90-er Jahren – Missmanagement. Vereinfacht ausgedrückt war der Kapitalzufluss an die Versorgungskasse an bestehende Stellen geknüpft. Da bereits damals kräftig Pfarrstellen abgebaut wurden, reduzierten sich die Zuflüsse – offenkundig unbemerkt von den damals Verantwortlichen. Zugleich wurden die Beiträge zur Versorgungssicherung abgesenkt – durchaus in dem Bewusstsein, über außerordentlich hohe Rücklagenmittel zu verfügen und schon alleine deshalb zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Vor etwa 10 Jahren wuchs das Problembewusstsein, hervorgerufen durch die Steuerreform der damaligen rot-grünen Bundesregierung, die hohe Arbeitslosigkeit und eine insgesamt schwierige wirtschaftliche Lage. Man erzählt sich von schlaflosen Nächten angesichts zukünftiger Versorgungsansprüche und sinkender Kirchensteuereinnahmen. Schrittweise war man bemüht, dem Problem Herr zu werden und das nachzuholen, was in anderen Landeskirchen bereits auf den Weg gebracht worden war. Hierzu gehörte z.B. das Einholen versicherungsmathematischer Gutachten, die es in der rheinischen Kirche erst seit wenigen Jahren gibt. Außerdem erhöhte man den Kapitalzufluss erheblich und führte eine Versorgungsicherungsumlage ein. Zunächst war eine schrittweise Erhöhung des Kapitalzuflusses an die Versorgungskasse geplant, bis nach etlichen Jahren 20% des Netto-Kirchensteueraufkommens zur Versorgungssicherung verwendet werden sollten. Allerdings entwickelte sich das Kirchensteueraufkommen seit 2005 unerwartet positiv, was man jedoch als vorrübergehendes Phänomen ansah. Die durch die vorangehenden Einbrüche und durch ungünstige Langfristprognosen auf Sparen eingestimmte Kirche sollte nun dazu gebracht werden, den Mittelzuwachs in erheblich größerem Ausmaß als ursprünglich geplant zur Versorgungssicherung zu verwenden – und sogar noch ein wenig mehr. 2010 lag die Versorgungssicherungsumlage bei durchaus beachtlichen 11,56 € pro Gemeindeglied. Für das Haushaltsjahr 2011 verdoppelte sich dieser Betrag nahezu auf 20,70 €. Die Versorgungssicherungsumlage lag damit zum ersten Mal über der landeskirchlichen Umlage in Höhe von 20,29 €. Für 2013 liegt die Versorgungssicherungsumlage übrigens bei 22,04 €, die landeskirchliche Umlage hat eine Höhe von 21,11 € in der Planung. Aktuell verwendet die Ev. Kirche im Rheinland 22% ihres Netto-Kirchensteueraufkommens zur Versorgungssicherung. Hinzu kommen demnächst bis zu 3% des Aufkommens zur Absicherung zukünftiger Beihilfen.

Es ist also nicht korrekt, wenn so getan wird, als hätte die rheinische Kirche bisher keine Vorsorge betrieben. Missmanagement am Anfang hat die Herausforderung erheblich vergrößert. Es ist ein Verdienst von Georg Immel, dass dem Problem der Versorgungslasten die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Nun wurde allerdings versucht, in allzu drastischen Schritten Versäumtes nachzuholen. Es ist nie Kennzeichen guter Leitung, wenn Rahmenbedingungen, zumal finanzielle, sprunghaft verändert werden – und dies geschah ab dem Jahr 2011. Die viel beklagte Stellenerosion gerade auf Gemeinde- und Kirchenkreisebene hat ihre Ursache nicht zuletzt in diesem sprunghaften Leitungshandeln.

Bisher wird der Eindruck erweckt, der angekündigte drastische Sparkurs betreffe vor allem die landeskirchliche Ebene. Da sich jedoch immer deutlicher zeigt, dass die Sorge um zukünftige Versorgungs- und Beihilfeansprüche Auslöser des jüngsten Finanzalarmismus sind, sind Gemeinden und Kirchenkreise, je nach örtlicher Finanzlage, unter Umständen noch stärker betroffen. Johann Weusmann argumentiert in seinem Blog-Eintrag vom 18.07. 2013 im Präsesblog: „Um zu einer 70-prozentigen Ausfinanzierung z.B. bei der Versorgung zu kommen, sind auf landeskirchlicher Ebene ca. 100 – 140 Mio. € zusätzlich notwendig, bei einer 100-prozentigen Ausfinanzierung sogar nahezu das Doppelte. Die Beihilfe wird ebenfalls mit steigenden Beiträgen abzusichern sein.“ Wie ist das zu verstehen? Als Problemanzeige? Oder als Aufforderung, die Zuführungen an die Versorgungskasse nach der drastischen Steigerung von 2011 noch einmal zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen? Falsch wäre in jedem Fall eine erneute abrupte Veränderung der finanziellen Rahmenbedingungen zu Lasten der laufenden Arbeit. Genau dies droht auf der Ebene der Landeskirche.

Eine Kirche lebt von ihrer Substanz

Der Kollege Bernd Kehren schreibt in seinem Blog-Eintrag vom 09.08. 2013: „Zu viele haben noch nicht begriffen, wie ernst die Lage für die Kirchen ist und wie sehr sie sich gerade zuspitzt.“ Hierin ist ihm uneingeschränkt zuzustimmen. Gewiss, es gibt in der rheinischen Kirche immer noch zahlreiche Gemeinden mit hoher Ausstrahlungskraft und viele Einzelpersonen, die eine beeindruckende Arbeit leisten. Trotzdem verliert die Ev. Kirche im Rheinland bei vielen ihrer Mitglieder erkennbar an Bindungskraft. Manches ist auf allgemeine Prozesse der Säkularsierung und Individualisierung zurückzuführen, manches aber auch hausgemacht und Folge des missglückten Reformprozesses der letzten Jahre. Beispiele:

  • Presbyteriumswahlen: Die geringe Wahlbeteiligung sowie die Tatsache, dass in mehr der Hälfte aller Stimmbezirke mangels ausreichender Wahlvorschläge keine Wahl zu Stande kam, sind Alarmsignale. Offenbar sind immer weniger Menschen bereit, dieses wichtige Ehrenamt in unserer Kirche zu übernehmen.

  • Es gibt Kirchenkreise, in denen sich die Teilnahme am Gottesdienst in den vergangenen 10 Jahren glatt halbiert hat. Hintergrund dieser Entwicklung sind Umstrukturierungen wie Gemeindefusionen, Streichungen von Pfarrstellen und Aufgabe von Predigtstellen, von denen strukturschwache Regionen besonders stark betroffen sind.

  • Mit jeder aufgegebenen Stelle dort, wo Arbeit mit Menschen stattfindet, reduzieren sich die personalen Kontakte, die z.B. die Grundlage für die Gewinnung von Ehrenamtlichen bilden. Wir müssten als Kirche in die Arbeit mit jungen Menschen investieren, um gute Katechumenen- und Konfirmandenarbeit, einen ansprechenden Kindergottesdienst oder eine einladende Jugendarbeit zu gewährleisten. Faktisch findet das genaue Gegenteil statt.

  • Spektakulär waren die Szenen am Mainzer Hauptbahnhof im Sommer, der tagelang in seiner Funktionalität massiv beeinträchtigt war auf Grund des in der Vergangenheit allzu massiv betriebenen Personalabbaus der DB. Weniger spektakulär ist es, wenn in der Urlaubszeit Menschen händeringend nach einem Pfarrer oder einer Pfarrerin suchen müssen, weil der eigene Pfarrer verreist und die Vertretung erkrankt ist. Fälle wie diese häufen sich und sind extrem schädlich für unsere Kirche. An manchen Stellen ist sie in ihrer Funktionalität schon jetzt erheblich beeinträchtigt: in etlichen Verwaltungen auf Grund des Aufgabenzuwachses sowie im Pfarrdienst auf Grund des Stellenabbaus.

Bernd Kehren hat mit seiner Analyse recht, dass sich die Lage zuspitzt. Dies betrifft weniger Kirchenkreise in wirtschaftlich prosperierenden Regionen, allerdings umso härter Kirchenkreise und Gemeinden in den strukturschwachen Gebieten. Kehren liegt falsch, wenn er meint, bei einem verschärften Sparkurs dieser Tendenz entgegenwirken zu können.

Die ev. Kirche im Rheinland lebt im Moment von ihrer Substanz was die Verbundenheit und Identifikation der Menschen mit ihr betrifft. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass diese Substanz sich gefährlich reduziert und damit über kurz oder lang auch die finanzielle Basis der Kirche beeinträchtigt wird. Wenn ich dies erkenne und zugleich das in der Tat fordernde Problem zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche von emeritierten Pfarrern und Kirchenbeamte wahrnehme, muss ich entscheidenden, welche Herausforderung für unsere Kirche die größere Relevanz besitzt und mein Handeln entsprechend dieser Abwägung ausrichten. Der Eindruck drängt sich auf, dass allzu Viele das Problem der Versorgungsansprüche für gravierender halten, als die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen im Wirkungsbereich unserer Kirche.

Risiken nicht verdrängen

Wichtiger als das Ziel, zukünftigen Versorgungs- und Beihilfeansprüchen gerecht zu werden, sind die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen. Dies vorab, denn wer Menschen dauerhaft frustriert und verärgert, begegnet zwar auf eigene Weise dem Problem der Indifferenz, tut damit aber weder den Menschen noch unserer Kirche etwas Gutes. Das Problem zukünftig zu zahlender Pensionen ist zwar gravierend, es ist allerdings bei weitem nicht die größte Herausforderung, vor der die Ev. Kirche im Rheinland steht.

Eine Problemanzeige: Seit langem haben sich die EKD-Landeskirchen dafür entschieden, zukünftige Versorgungsansprüche nach dem Kapitaldeckungsverfahren abzusichern. Dies ist alles andere als risikolos. Nur wenige wissen, dass die von Bismarck eingeführte Rentenversicherung ursprünglich auf der Grundlage des Kapitaldeckungsverfahrens funktionieren sollte. Auf Grund von Turbulenzen an den Finanzmärkten, die nicht nur Ende der 20-er Jahre die damalige Weltwirtschaftskrise auslöste sondern die es Bereits im 19. Jahrhundert gab, zweier Inflationen und zweier Weltkriege kam dies jedoch nie wirklich zum Tragen. Das eingesetzte Kapital ging bis auf Restbestände verloren. Das System der Kapitaldeckung wurde daher unter Adenauer 1957 zu einem Umlageverfahren umgebaut – eine Konsequenz aus den Erfahrungen der Vergangenheit.

Unter neoliberalem Vorzeichen wurden die Finanzmärkte dereguliert und erfreute sich auch das Kapitaldeckungsverfahren wieder wachsender Beliebtheit. Es sind allerdings die marktradikalen Umbauten der Ökonomie, die angelegtes Kapital gefährden und in den vergangenen Jahren durch regelmäßig auftretende Finanzmarkturbulenzen immer wieder reduziert haben. Dennoch hat sich insgesamt das angelegte Kapital bis heute nahezu exponentiell vermehrt und in immer weniger Händen konzentriert – trotz der massiven Verluste einzelner Anleger. Es macht ein Mehrfaches des gesamten Weltbruttosozialprodukts aus, was für sich genommen schon beunruhigend genug sein dürfte. Die Kehrseite der Kaptalanlagen sind Schulden, die in immer geringerem Umfang bedient werden können. Die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann weist in ihrem Beitrag „Die vierte Blase“ daraufhin, dass den Wertsteigerungen an den Finanzmärkten keine adäquate Entwicklung in der Realwirtschaft gegenübersteht. „Um 8,1 Prozent ist das globale Geldvermögen im vergangenen Jahr gewachsen, so hat es der Allianz-Finanzkonzern errechnet.“ „Es bleibt … die Frage, wie echt‘ dieser Reichtum ist. Denn in der realen Welt hat sich ja nicht viel verändert: Die globale Güterproduktion hat 2012 nur um etwa 3 Prozent zugelegt. Es ist daher ein Alarmzeichen und keine gute Nachricht, dass das nominale Geldvermögen trotzdem so stark steigen konnte.“ Herrmann sieht die Gefahr einer Blasenbildung und hat vor allem die Aktien- und Immobilienmärkte im Blick. Herrmann ist nur eine Stimme unter vielen, die ähnlich wie vor der Immobilienkrise in den USA 2007/2008 vor der herannahenden Unwetterfront warnen. Auch damals unterstützten neoliberale Akteure wie z.B. der damalige Chef der Deutschen Bank Ackermann schon aus Eigeninteresse den festen Glauben, die internationale Finanzwelt sei völlig im Lot.

Sie war es damals ebenso wenig, wie sie es heute ist. Die US-Notenbank Fed hat kürzlich der Schneid verlassen, von der Niedrigzinspolitik zur Normalität zurückzukehren. Ähnliches gilt für die Europäische Zentralbank. Der Markt wird von billigem Geld überschwemmt, das nach Anlagen sucht. In geringem Umfang fließt es in Investitionen, der Löwenanteil heizt den Handel mit spekulativen Finanzanlagen an – und vermehrt so den fiktiven Reichtum, der immer weniger reale Werte repräsentiert. Diesem Dilemma sind auch Pensionsfonds und kirchliche Versorgungskassen unterworfen. Mögen sie auch noch so sehr mit Nachhaltigkeitsfiltern arbeiten und auf konservative Anlagen setzen, ihr Kapital ist Teil des Blasenkonstrukts und damit in seinem Bestand gefährdet. Die EKiR hat sich also einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um die Kapitalbildung zugunsten zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche zu verstärken. Es ist so ähnlich, als würde man beim dem Aufziehen der Gewitterfront noch schnell die Wäsche zum Trocknen aufhängen in der fahrlässigen Hoffnung, es werde schon irgendwie gut gehen.

Kapital muss angelegt werden, und da kann man leicht danebengreifen. So musste der Pensionsfonds von NRW mindestens 220 Mio. € abschreiben, da man 2004 in griechische Staatsanleihen investiert hatte – vgl. den DLF-Bericht vom 20.10. 2011. Auch Pensionsfonds anderer Bundesländer haben einst in griechische spanische oder italienische Staatsanleihen investiert. Hierbei muss man wissen, dass Staatsanleihen aus dem Euro-Raum vor Jahr und Tag noch als akzeptable Anlagen galten.

Was man tun kann

Die Herausforderung ist, verantwortungsbewusst und realitätsnah mit der jetzigen Situation umzugehen. Dabei gibt es für die rheinische Kirche keinen Königsweg, der sich aufdrängen würde. Allgemeine Feststellungen, dass ein Umlageverfahren allemal krisenfester ist als Kapitaldeckungsverfahren, von dem vor allem Banken und andere Akteure der Finanzindustrie profitieren, helfen nicht viel. Für eine Kirche gilt allerdings noch mehr als für andere Sozialsysteme, dass sie in ihrer äußeren Gestalt nicht von Kapital, sondern von Menschen getragen wird, die ihr Engagement und Geld zur Verfügung stellen.

Wichtiger als finanzielle Ressourcen sind Menschen, die sich mit ihrer Kirche identifizieren. Nur eine vitale Kirche kann Herausforderungen meistern.

Ankerpunkt aller Reform-, Umstrukturierungs- und Sparmaßnahmen müssen die Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen im Verantwortungsbereich der Kirche sein. Wer diese gering wertet oder gar ignoriert und das strategische Handeln der Kirche vorrangig an Finanzgrößen ausrichtet, gefährdet nicht nur die finanzielle Basis der Kirche.

Eine Kirche, die mit ihrer Verkündigung, ihrer Seelsorge, ihrer Diakonie und ihren übrigen Diensten wirksam für die Menschen in ihrem Verantwortungsbereich da sein will, braucht hierzu eine engagierte und motivierte Mitarbeiterschaft. Grundvoraussetzung hierfür ist ein fairer und sozial verträglicher Umgang mit den Beschäftigten. Wer ohne eine akute Notlage, die keine anderen Optionen offen lässt, Beschäftigten trotz guter Arbeit mit Kündigung droht, beschädigt nicht nur Menschen, sondern in nachhaltiger Weise die Kirche selbst.

Wir müssen anders Kirche sein! – darin ist Präses Rekowski in seiner Videobotschaft vom 27.09. 2013 zuzustimmen. Da sich die Lebensverhältnisse der Menschen tendenziell dynamischer verändern, muss eine Kirche auch in ihren Strukturen flexibler und den Menschen zugewandter werden. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob dieser Umbau erreicht werden kann, wenn einmal mehr die Finanzfrage im Vordergrund steht. Sparen durch Stellenabbau ist das Gegenteil von Gestalten! Es ist schon beeindruckend wie es an sich honorige Theologen und theologisch beschlagene Juristen nicht nur in der EKiR seit Jahren hinbekommen, die Zukunft als düstere Drohkulisse zu entwerfen, deren Misslichkeiten bereits heute zu schmerzhaften Einschnitten nötigen sollen.

Mit etwas Kreativität kann man auch ohne Drohbotschaft an die Menschen und die Beschäftigten der Kirche den immer noch bedenklich niedrigen Ausfinanzierungsgrad zukünftiger Versorgungsansprüche verbessern.

  1. Landeskirche, Kirchenkreise und Gemeinde haben jenseits der Versorgungskasse Dortmund Kapital in beträchtlichem Ausmaß als Rücklagen angelegt. Alleine auf der Ebene der Landeskirche erbrachte dieses Kapital trotz der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase Erträge von durchschnittlich 7-8 Mio. Euro. Die Ausfinanzierung könnte deutlich verbessert werden, wenn man ein Teil dieses Kapitals in zuträglichem Umfang zur Absicherung zukünftiger Versorgungsansprüche einsetzt. Für die Ebene der Landeskirche dürfte dies noch am unproblematischsten umzusetzen sein. Allerdings muss auch hier darauf geachtet werden, dass Rücklagen auch in Zukunft ihre Funktion erfüllen können. Im Zusammenhang mit der bbz-Affäre ist dies nicht geschehen, da man die Ausgleichsrücklage für den landeskirchlichen Haushalt durch die Entnahme von über 20 Mio. Euro derart geschwächt hat, dass dieser Tatbestand heute als Begründung für den drastischen Sparkurs mit angeführt wird.

Die Finanzsituation von Kirchenkreisen und Gemeinden stellt sich höchst unterschiedlich dar. Aus diesem Grund ist eine Beteiligung nur nach dem strikten Prinzip der Freiwilligkeit möglich. Zuvor gilt es allerdings, wichtige Fragen zu klären, die bisher – jedenfalls im öffentlichen Diskurs – nicht beantwortet worden sind. Friedhelm Schneider hat angesichts des ca. 30 Mrd. Euro umfassenden Kapitalvermögens der Ev. Landeskirchen und der EKD folgende Fragen gestellt und Anmerkungen gemacht:

– wie hat sich die Wertentwicklung der Finanzanlagen seit dem Jahr 2000 entwickelt?

– wie stellt sich das Risiko-Gewinn-Verhältnis der Anlagen dar?

– welche Wertverluste sind zu beklagen? wer ist dafür verantwortlich?

– in welchem Prozentanteil können die Anlagen als ethisch korrekt bezeichnet werden.

Diese und weitere Fragen sollten unabhängige (!) Wirtschaftsprüfer in allen Landeskirchen und der EKD ermitteln. Nur wenn in diesen Fragen völlige Transparenz herrscht ist Kontrolle möglich und kann Vertrauen wieder hergestellt werden.“ Nach dem bbz-Finanzskandal gilt dies für die Ev. Kirche im Rheinland umso mehr. Es kann nicht sein, dass derart strikte Sparmaßnahmen beschlossen werden und wesentliche Fakten im Nebel bleiben.

  1. Man hat den Eindruck, dass kirchliche Immobilien im Moment vorrangig unter dem Gesichtspunkt finanzieller Belastung wahrgenommen werden und dass es aus diesem Grund sinnvoll sei, sich von Immobilien zu trennen. Tatsächlich sind Immobilien aber auch werthaltige Objekte, die dazu dienen können, zukünftige Belastungen aus Versorgungsansprüchen abzudecken. Die rheinische NKF-Variante führt dazu, dass kirchliche Körperschaften sich von Immobilien trennen und diese teilweise deutlich unter Marktwert abstoßen. Wo Privatpersonen und kommerzielle Investoren auf Grund der unsicheren Finanzmarktlage Kapital in Immobilien anlegen, geschieht in der rheinischen Kirche das Gegenteil. Geboten ist ein kompetentes Immobilienmanagement, dass sich unter Einbeziehung kirchennaher Unternehmen realisieren lassen müsste.

  2. Bereits jetzt gibt es vielerorts in der Ev. Kirche im Rheinland Pfarrstellen, die sich kaum bzw. erst nach einer längeren Vakanzzeit besetzten lassen. In Kürze wird sich dieses Problem drastisch verschärfen, wenn nämlich die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Daher ist es sinnvoll, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Pfarrerinnen und Pfarrer auch über die jetzige Altersgrenze hinaus auf freiwilliger Basis weiter im Dienst bleiben können. Dies könnte ebenfalls zu einer Entlastung im Blick auf zukünftige Versorgungsansprüche führen.

Alle 3 Vorschläge haben ihre Schwierigkeiten. Es geht tatsächlich um die Einsicht und den politischen Willen, die Ausfinanzierung bei der Versorgung zu verbessern, ohne in noch größerem Umfang die heute geleistete Arbeit durch Einsparungen weiter zu schwächen.

Was man tun muss: Die Menschen wieder in den Blick nehmen!

Das durch die Kirchenleitung vorgegebene Sparziel ist in den Sand geschrieben. Es hat kein solides, durch Fakten gedecktes Fundament. Wie kann man von einem strukturellen Defizit im landeskirchlichen Haushalt reden ohne die Vorlage Jahresabschlüsse von 2012 und 2013? Die Planungsvorgaben der Finanzabteilung sind für sich genommen bereits ein Politikum, da sie seit Jahren auf fast berechenbare Weise bis auf ganz wenige Ausnahmen deutlich unter den tatsächlichen Ergebnissen liegen. Für das Haushaltsjahr 2014 ergibt sich erneut folgender Effekt: man weiß eigentlich, dass der Verteilbetrag für das Haushaltsjahr 2013 auch bei vorsichtiger Schätzung an die 600 Mio. Euro liegen wird und plant dennoch für 2014 mit einem Betrag von 585 Mio. Euro, immerhin ca. 10 Mio. Euro über den Planzahlen von 2013. Faktisch geht man also von einem sinkenden Kirchensteueraufkommen aus, obwohl alle heute bekannten Fakten das Gegenteil signalisieren. Mit haushalterischer Vorsicht ist dies kaum noch zu erklären. Wer so agiert, setzt sich dem Verdacht aus, aus kirchenpolitischen Gründen die Finanzsituation der rheinischen Kirche dramatischer darzustellen, als sie es tatsächlich ist.

Was auf den Prüfstand gehört, sind kostenträchtige „Reform“-Projekte, die einst eingeführt wurden mit der trügerischen Verheißung, hierdurch zu Einsparungen zu gelangen. Bei NKF ist es keine Befürchtung mehr, sondern bittere Tatsache, dass Verwaltungen personell verstärkt werden müssen, um überhaupt ihre Funktionalität zu gewährleisten. Bei der Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform zeichnet sich ein ähnlicher Effekt ab. Ein Leitungshandeln, dass in einer finanziell durchaus angespannten Situation dazu führt, dass neue Stellen in Verwaltungen geschaffen werden müssen und damit umso mehr Stellen für die Arbeit mit Menschen wegfallen, hat versagt. Wer von Einsparungen redet, sollte zunächst den Mut aufbringen, derartige Fehlentwicklung konsequent zu korrigieren.

Das Leitungshandeln der Vergangenheit war geprägt von einer auch theologisch höchst problematischen Zahlenfixiertheit und einer ebenso problematischen Orientierung an Finanzgrößen. Nebenbei ließ man auf sträfliche Weise die Frage nach den personellen und finanziellen Ressourcen, die bei der Umsetzung z.B. von NKF tatsächlich anfallen, außer acht.

Es muss darum gehen, die Menschen mit ihren Stärken und Schwächen wieder in den Blick zu nehmen und ihnen etwas zuzutrauen. Gefragt ist Weisheit statt kalkulatorischer Kälte, Solidarität statt betriebswirtschaftlich untermauertem Unternehmensegoismus.

Rekowski, Weusmann und Baucks sind gewiss aus unterschiedlichen Motiven im Januar 2013 in ihre Ämter gewählt worden. Es war dennoch ein starkes Signal für den verbreiteten Wunsch nach Veränderung. Es gab die Hoffnung, dass die „Neuen“ zu einem realitätsnäheren, transparenteren und partizipatorischeren Leitungsstil finden würden, was sich in Teilen bestätigt hat. Mit der Person Manfred Rekowski verband sich die Erwartung, dass es zu deutlichen Korrekturen bei Fehlentwicklungen der „Reform“-Projekte kommen würde.

Stattdessen stehen gleich zu Beginn brachiale Sparvorgaben, denen eine plausible Begründung fehlt. Realitätsnähe: Die fehlt, wenn man EKD-Zahlen schlicht als „objektive“ Tatbestände akzeptiert. Transparenz: gewiss, man legt die Karten auf den Tisch, aber eben nur zum Teil. Im Blick auf die Versorgungskasse Dortmund gibt es nur spärliche Informationen, die unzureichend sind. Partizipation: Der Eindruck drängt sich auf, dass diese dann erwünscht ist, wenn man die Sparvorgaben akzeptiert. Dies wäre allerdings keine echte Partizipation.

Unterentwickelt ist das Problembewusstsein, welche Effekte mit den Sparvorgaben ausgelöst werden. Die Großteil auch der auf landeskirchlicher Ebene Beschäftigten dürfte eher über als unter 50 Jahre liegen. Großartige Menschen sind darunter, die teilweise seit Jahrzehnten hervorragende Arbeit leisten. Diesen Menschen mit betriebsbedingten Kündigungen zu drohen, ist ein Missgriff, der auch dadurch nicht behoben wird, wenn man die Erklärung nachschiebt, dass man das Mögliche tun wird, um solche zu vermeiden. Zudem werden wir in nahezu allen Berufsgruppen in Bälde Probleme haben, vorhandene Stellen qualifiziert zu besetzen. Der „Paukenschlag“ des Sparprogramms ist ein Beitrag der Kirchenleitung, junge Menschen zu demotivieren, in der Ev. Kirche im Rheinland einen möglichen Arbeitgeber zu sehen. Er steigert die eh schon auf problematische Weise vorhandene Unattraktivität kirchlicher Berufe.

Es wäre schön, eine Kirchenleitung zu erleben, die von den Akteuren in den Kirchenkreisen, Einrichtungen und Gemeinden als hilfreich und unterstützend wahrgenommen wird. Rekowski und andere werden nach ihrer Amtszeit einmal daran gemessen werden, ob es ihnen gelungen ist, Gemeinden und Kirchenkreise zu vitalisieren und den Menschen im Wirkungsbereich der Kirche Halt und Hoffnung zu geben.

Die ersten 100 Tage der neuen rheinischen Kirchenleitung

In seinem Beitrag „Die ersten 100 Tage der neuen rheinischen Kirchenleitung“ kommentiert Pfr. Hans-Jürgen Volk die ersten 100 Tage des neuen Präses und der neuen Kirchenleitung in der EKiR.

Rekowskis Kernsatz: „Als Kirche leben wir von der Hoffnung, nicht von den Prognosen.“

Ein Kernsatz, der theologisch eigentlich immer unstrittig war. Der aber auch aus Sicht eines richtigen Managements absolut zutrifft. Denn Prognosen sind definitiv keine geeigneten Leitungsinstrumente. Wo sie eingesetzt werden, geht es weder um Theologie noch um richtiges Management. Werden dennoch Prognosen bemüht, muss daher immer der Verdacht des clandestinen Herrschaftsinstruments vermutet werden. Ein Verdacht, der selten ausgeräumt werden kann.  Vgl. dazu auch den folgenden Beitrag

 

„Kirchenreformen im Vergleich“ – Eine Besprechung von Heft 2 -2013 „Evangelische Theologie“

Von Hans-Jürgen Volk (vgl. auch www.zwischenrufe-diskussion.de)

1. Ein Forschungsprojekt – Motive und Ziele der Reformen. Zur Besprechnung.

2. „Kirche unter Druck“ – Blick auf die evangelischen Landeskirchen und die EKD. Zur Besprechnung.

3. Blick nach Außen – Die ev.-methodistische Kirche, der Bund Freier evangelischer Gemeinden und die Katholische Kirche. Zur Besprechnung.

4. Resümee und kritische Anfragen. Zur Besprechnung.

Hier die Besprechnung des Beitrages von Christoph Meyns: „Kirche unter Druck“

Der mitunter peinlichen „Aufbruch“-Rhetorik exponierter Kirchenfunktionäre stellt Christoph Meyns nüchtern die Realität kirchlicher Rückbauprozesse mit all ihren Konflikten und schmerzhaften Verlusten gegenüber, wobei er sich vor allem auf Erfahrungen aus der Nordelbischen Kirche stützt. Auf Grund der gegenwärtigen ökonomischen Perspektiven hält er einen weiteren Verlust an Finanzkraft und die daraus folgende Notwendigkeit einer Fortsetzung der Rückbauprozesse für wahrscheinlich.

Meyns stellt in diesem Zusammenhang zwei Forderungen auf:

  • Konsequenter Abschied „von ökonomischen Denk- und Sprachmustern“. „Mikroökonomisch orientierte Analysen, die religiöse Gemeinschaften als Unternehmen auf dem Markt der Sinnangebote interpretieren, und darauf aufbauende betriebswirtschaftliche Handlungsempfehlungen sind nicht in der Lage, die für die Vitalität und Stabilität religiöser Überzeugungen, Praktiken und Zugehörigkeiten wichtigen Faktoren zu erfassen.“
  • Die evangelische Kirche muss sich „davon lösen, den Erfolg ihrer Arbeit an sichtbaren Maßstäben zu messen“. Im Blick auf die „seit Jahrzehnten parallel zueinander laufende Zahl der Austritte aus der evangelischen und der katholischen Kirche“ stellt Meyns fest: „Die Kirchen können das Verhalten ihrer Mitglieder im Rahmen der geltenden staatskirchenrechtlichen Regelungen so gut wie nicht beeinflussen.“

Bemerkenswert sind die Anmerkungen von Meyns zum Finanzdiskurs. Völlig korrekt sieht er in der schlechten Beschäftigungslage der 90-er Jahre und vor allem in der staatlichen Steuerpolitik die Ursache für den Verlust an Finanzkraft der Kirchen an. „Die Ursachen für die gegenwärtigen Schwierigkeiten der evangelischen Kirche liegen also nicht im angeblichen Konkurrenzdruck durch andere Sinnanbieter auf einem Markt religiöser und weltanschaulicher Angebote …, sondern in der starken Abhängigkeit ihrer institutionellen Stabilität und ihres wirtschaftlichen Wohlergehens von der staatlichen Religions- und Steuerpolitik.“

Bedeutsam ist der Hinweis von Meyns auf Forschungen zur Steuermoral, nach denen „dass lokal vorhandene Wissen um die Höhe der Steuereinnahmen und ihre Verwendung zusammen mit der Möglichkeit, darüber mitzuentscheiden, das Vertrauen der Steuerzahler und ihre Bereitschaft zur Zahlung von Steuern stärkt.“ Und umgekehrt gilt: „Je weiter weg die steuererhebende Körperschaft und je anonymer der Einzug, desto schwächer fällt dagegen die Zahlungsbereitschaft aus.“ Nun haben die Landeskirchen nicht nur bei der Kirchensteuer ihrem Drang zur Zentralisierung nachgegeben – in der rheinischen Kirche steht z.B. das formal noch existierende Ortskirchensteuerprinzip in Frage – und damit „wahrscheinlich ungewollt der Anonymisierung des Mitgliedschaftsverhältnisses und der Distanzierung von der Kirche Vorschub geleistet“.

Die Ursachen für die „gegenwärtigen Schwierigkeiten der ev. Kirche“ sah Meyns in der zu großen Staatsnähe bzw. in der ausgeprägten Abhängigkeit von politischen Entscheidungen. Erstaunlich und ein wenig widersprüchlich ist, dass er dennoch eine Verstärkung der „Lobby-Arbeit bei Parteien, Parlamenten und Regierungen“ fordert und am bisherigen Kirchensteuereinzugsverfahren offenbar trotz allem festhalten will. Dass es sich hierbei womöglich nur um einen pragmatischen Zwischenschritt handelt, legt sein Hinweis auf die Arbeiten der Ökonomin Elinor Ostrom zu gemeinwirtschaftlichen Ansätzen nahe.

Verwaltungsstrukturreform und NKF: Ein „weiter so“ führt ins Desaster!

Mit Pfarrer Hans-Jürgen Volk ergreift ein ausgesprochener Praktiker und eine durch seine www.zwischenrufe-diskussion.de zur „Institution“ gewordene Person das Wort zum Thema Doppik. Und das geschieht nicht zum ersten Mal. Schon mit seinem Artikel Abenteuer NKF hatte er 2011 die durch die mit der NKF (Doppik) entstandene Problematik in der Ev. Kirche im Rheinland beschrieben. Mit seinem neuen Beitrag „Verwaltungsstrukturreform und NKF: Ein „weiter so“ führt ins Desaster!“ schreibt er seine Erfahrungen fort, präzisiert seine Erkenntnisse und pointiert seine Forderungen. Ein Artikel, der zum Appell wird.