Schlagwort-Archive: Hierarchisierung – Top-Down-Struktur

Freie Bahn für Hierarchie? Grenzen der Machtkonzentration bei Hochschulleitungen. Von Prof. Wolfgang Löwer

08.08.2016, Professor Wolfgang Löwer, in: Forschung & Lehre,

(Löwer lehrt Öffentliches Recht und Wissenschaftsrecht an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und ist Präsident der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.)

Universitas semper reformanda?

Der Imboden-Bericht zur Evaluation der Exzellenzinitiative ruft neuerlich in Erinnerung, dass die Diskussion um die innere Organisation der Universität ein Dauerthema ist. Der Bericht thematisiert als Erfolgsbedingung für Exzellenz (unter 3.2) die „Governance der Universitäten“;…

Die „interne Steuerungsfähigkeit und das institutionelle Selbstverständnis der Universitäten sei im internationalen Vergleich wenig ausgeprägt.“ Interne Steuerungsfähigkeit heißt aber offenbar: „Starke interne Governance“, wie sie für internationale Spitzenuniversitäten typisch sei. „Stark“ ist solche Governance, wenn sie die Universitäten von oben steuern kann. Kurzum: Die Kommission steht unter dem Eindruck, an den deutschen Universitäten bestehe immer noch ein großes ungenutztes Potenzial und ein substanzieller Nachholbedarf beim Thema universitäre Governance…

In der verfassungsrechtlichen Logik dieses Systems liegt nicht die Ausstattung der Leitungsebene mit weiteren Kompetenzen, wie dies der Kommissionsbericht anzudeuten scheint (ohne eventuell dafür geeignete Zuständigkeiten zu benennen). In der Logik dieses Systems wird vielmehr die Wissenschaftsseite intensiv mit der Erwartung belastet, dass sie sich der Mitgestaltungsverantwortung durch Mitentscheiden und Kontrolle auch stellt. Vom MHH-Beschluss geht die Botschaft an die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus: Kümmert Euch um Eure Hochschule und überlasst sie nicht allein der Hochschulleitung!

Mehr dazu.

Entscheidung über Höherstufung der Superintendenten der Hannover’schen Landeskirche auf die Herbstsynode vertagt.

07/2015

Gegen die Emfehlung des Finanzausschusses brachte der Landessynodalausschuss den Antrag auf Durchstufung der Superintendenten nach A 16 ein. Die Synode vertagte die Entscheidung auf den Herbst.

Dazu meint unser Mitglied Ulrich Hahn, Winsen:
„…„Übrigens,“ sagt ein Freund, „soll in der Synode ein Antrag eingebracht werden, dass die Superintendenten zukünftig A16 als Gehalt bekommen.“ Die Begründung dafür: Auch die Amtsleiter bekommen ja mehr. Die Begründung dafür: die Amtsleiter erledigen immer komplexere Aufgaben.
Ich hatte A 16 immer für ein Landessuperintendentengehalt gehalten. Neulich erst bin ich darauf gestoßen, das Landessuperintendenten im B- Bereich liegen.
Ich bin Jahrgang 1955, ein älterer Pastor. Als ich das höre, entsteht ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend…

Lesen Sie „Vertagt 1“ 

Lasst den Dörfern ihre Kirchen. 15 Thesen zum kathol. Reformprozess von Prof. Gerhard Henkel (Humangeograph) und Prof. Johannes Meier (Kirchengeschichtler)

30. November 2014,Von Gerhard Henkel und Johannes Meier; erschienen in: Christ in der Gegenwart

Wir danken für die Freigabe der Verlinkung des Artikels für den Leserkreis der www.wort-meldungen.de. An dieser Stelle nur ein kurzer Auszug. Vollständiger Text, s.u.

In vielen Bistümern werden aufgrund des Priestermangels Pfarreien aufgelöst. Die Kirche wiederholt damit die Fehler der kommunalen Gebietsreformen und zerstört damit das in Jahrhunderten gewachsene Denken, Fühlen und Handeln der Dorfbewohner für ihre Kirche. Davon sind der Humangeograf mit Schwerpunkt Land- und Dorfentwicklung Gerhard Henkel und der Kirchengeschichtler Johannes Meier überzeugt. Ihre Argumente und Thesen zu den Folgen der Zusammenlegung von Gemeinden sowie zu konkreten Alternativen stellen wir zur Diskussion…

Problemfall Bürokratie
1. Gemeindefusionen dienen in keiner Weise der Seelsorge vor Ort oder gar einem aktiveren Gemeindeleben…

2. Die Kirchengebäude, vor Jahrhunderten von Dorfbewohnern errichtet und – auch in Zeiten der Armut – gepflegt und modernisiert, Mittelpunkte und Symbole des Glaubens und Gemeindelebens, sollen dem Dorf weggenommen und einer anonymen Großgemeinde übereignet werden..

Das größte Eigentor
3. Die kirchlichen Gemeindefusionen wiederholen die gravierenden Fehler der kommunalen Gebietsreformen der zurückliegenden Jahrzehnte in einigen Bundesländern…

4. Der Amtskirche fehlt das Vertrauen in die Gläubigen der Ortskirchen, auf deren Gefühle, Kompetenzen und Kräfte, und in lokale demokratische Gremien…

5. Die Kirche verliert heute immer mehr Gläubige, vor allem im mittleren und jugendlichen Alter. Dazu tragen zurückliegende und aktuelle Missstände in der Amtskirche bei, besonders aber deren Verschleierung und Vertuschung..

Alternative: Verbandsgemeinde
6. Es ist durchaus sinnvoll, die bestehenden Kirchengemeinden organisatorisch miteinander zu vernetzen und von Verwaltungsarbeit zu entlasten. Dieses kann und sollte man zentralisieren. Aber man braucht dazu keine Fusionen…

7. Man kann vorhersehen und teilweise schon beobachten, was nach Fusionen passiert: In der Amtskircheden anonymen Großgemeinden können nicht alle Kirchen, Pfarrheime und Pfarrhäuser „gehalten“ werden…

Unerhörter Weckruf
8. Die zentralen Raumordner im Umfeld der Bischöfe argumentieren gerne mit den Kosten. Manchmal heißt es auch, man wolle die Kirche „demografiefest“ machen. Hehre und hohle Schlagwörter, die Wesentliches außer Acht lassen…

9. Strukturreformen sollten vor allem die Seelsorge und das Mitmachen vor Ort wieder stärken, was in Zeiten zunehmender Kirchenferne – auch auf dem Lande – schwer genug ist…

10. Kommt es zu den Fusionen von Kirchengemeinden, werden die bestehenden Defizite der Landpastoral nur vergrößert…

Leitbild Bürger
11. In unserer Gesellschaft gibt es – nicht nur in der Jugend – ein wachsendes Unbehagen an der Praxis der Demokratie. Durchsteuern von oben nach unten ist nicht zeitgemäß…

12. Die Verantwortlichen in den deutschen Bistümern müssen sich fragen lassen, welche Lehre der Kirche ihr Denken bestimmt…

Was Papst Franziskus möchte
13. In diesem Sinne äußert sich auch Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“…

14. Die Gesellschaft braucht die Kirche, der ländliche Raum braucht die Kirche. Aber die Kirche nimmt dies und ihren Auftrag zu wenig wahr…

Positives Kirchturmdenken
15. Mit der Auflösung der Ortspfarreien schadet die Kirche nicht nur sich selbst, sondern auch dem Land und seinen Menschen…  Zum vollständigen Text.

Leider kein Aprilscherz! – Das Ende der presbyterial-synodalen Ordnung der EKiR

01. April 2014 von Manfred Alberti

Ein kirchengeschichtlich bedeutsames Datum für die Rheinische Kirche ist der heutige 01. April 2014. Mit dem Inkrafttreten des Verwaltungsstrukturgesetzes endet die 400 jährige starke Stellung der Gemeinden als Fundament der presbyterial – synodalen Ordnung im Rheinland.

Nach dem Verwaltungsstrukturgesetz verbleiben keine relevanten Verwaltungsbereiche mehr in der Selbstverwaltung der Gemeinde, da die wesentlichen Aufgaben (insbesondere Personalwesen, Finanzfragen und die Bau- und Liegenschaftsangele-genheiten) der gemeinsamen Verwaltung im Kirchenkreis übertragen werden.

Ein von mehreren niederrheinischen Gemeinden in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass die Landessynode mit dem Verwaltungsstrukturgesetz die Selbstverwaltung der Gemeinden abgeschafft hat und deshalb rechtswidrig gegen die höherrangige Kirchenordnung verstösst. Die presbyterial – synodale Ordnung ist aber der nicht veränderbare Kern der evangelischen Kirche im Rheinland.

Zusammen mit dem Neuen Kirchlichen Finanzwesen (NKF), das die Finanzen vieler Gemeinden deutlich schlechter rechnet, zerstören die Ausgaben für eine ausufernde Verwaltung, die für die Gemeindearbeit nur geringen Nutzen bringt, die Strukturen der Gemeinden. Das Geld für Gemeindearbeit wird immer knapper.

Die Landessynode der Rheinischen Kirche erfüllt damit Vorgaben der Evangelischen Kirche in Deutschland, die u. a. durch das Leitbild „Kirche der Freiheit“ von 2006 eine Organisation der Evangelischen Kirche von oben nach unten propagiert hat. Inzwischen rücken aber selbst höchste Vertreter der EKD von diesem Leitbild „Kirche der Freiheit“ ab: Nicht – wie gedacht und erhofft – die Strahlkraft überregionaler „Leuchtfeuer“ macht die evangelische Kirche attraktiv, sondern die Lebendigkeit vieler unterschiedlicher Gemeinden, die durch eine großen Bandbreite ehrenamtlicher Arbeit und Glaubensverkündigung Menschen für den Glauben begeistern können.

Schade, dass die Evangelische Kirche im Rheinland jetzt noch diesen falschen Weg zu einer Zentralisierung der Verwaltung und Leitung umsetzt und damit viele Gemeinden in grosse Schwierigkeiten und finanzielle Nöte stösst.

Der 01. April 2014 bedeutet mit dem Ende der Selbstverwaltung der Gemeinden die Zerstörung eines Kerns des rheinischen evangelischen Gemeindeverständnisses.

 

Quo vadis, EKiR? Über die Reform-ut-ation einer noch presbyterial-synodal strukturierten Landeskirche.

von Andreas Reinhold

Nun ist seit geraumer Zeit eine Entwicklung nicht nur innerhalb der EKiR erkennbar, die Entscheidungs- und Richtlinienkompetenzen in übergeordnete Ebenen (Kirchenkreis, Landeskirche) transferiert und eine stärkere Hierarchisierung mit teilweise verheerenden Auswirkungen auf die Ortsgemeinden bewirkt.5 Begründet wurde und wird dies hauptsächlich mit der Schaffung einer strafferen, effizienteren und damit wirtschaftlicheren Organisationsstruktur, innerhalb der finanzielle Mittel eingespart und vermeintlich effektiver eingesetzt werden können. Prognostizierte Einbußen bei den Kirchensteuereinnahmen, befürchtete Kirchenaustrittszahlen und die Sorge um eine ausreichend gefüllte Pensionskasse bildeten dabei die argumentative Basis, mit der Presbyterien und Kirchenkreise zu entsprechenden Maßnahmen bewogen und Synoden zu entsprechenden Beschlüssen geführt wurden. Dieser Prozess war und ist unübersichtlich vielschichtig und findet bis heute in mehreren Bereichen nahezu gleichzeitig statt. Stichwortartig seien an dieser Stelle genannt:

– die Verwaltungsstrukturreform, mit der Kirchengemeinden dazu angehalten wurden, ihre eigenständigen Ämter vor Ort zugunsten einer zentralisierten Verwaltungsstelle auf Kirchenkreisebene aufzugeben;
– die Personalplanung, die immer deutlicher auf Kirchenkreisebene gehoben wird;
– die Einführung des Neuen Kirchlichen Finanzwesens (NKF), mit dem auf allen Ebenen von der kameralistischen auf die doppische Buchhaltung umgestellt wurde, um einen verbesserten Kontroll- und Steuerungsmechanismus in der Hand zu haben…

Eine theologische Begründung all dieser Maßnahmen, die in weiten Teilen die Entscheidungshoheit der Presbyterien und damit einen Grundpfeiler evangelischen Kircheseins im Rheinland aufheben, zumindest aber einschränken, gab und gibt es bis heute nicht! Vielmehr wurden sie fast ausschließlich mit der erwarteten schlechten finanziellen Gesamtsituation der EKiR gerechtfertigt. Die den Presbyterien, Kreis- und Landessynoden vorgelegten und prognostizierten Zahlen und die hinter diesen Zahlen stehenden Berechnungsmodelle (Stichwort „einfache Formel“10) wurden von den einzelnen Gremien kaum hinterfragt und alternative Szenarien nicht in den Blick genommen. Die Konsequenz: Es gibt keinen Plan B! Die EKiR ist in eine Einbahnstraße eingebogen, die sich für die Ortsgemeinden als Sackgasse entpuppt. Denn alle Entscheidungen der vergangenen Jahre folgen einer einzigen Strategie, die eine Kapitalanhäufung bei gleichzeitiger Etatkürzung in nahezu allen kirchlichen Arbeitsbereichen zum Ziel hat. Zum Artikel.

Christoph Meyns – Kirchenreform und betriebswirtschaftliches Denken. Modelle. Erfahrungen. Alternativen

Im Januar 2013 hat Christioph Meyns  an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum  mit einer Arbeit  mit dem Titel „Mangaement als Mittel der Kirchenreform. Betriebswirtschaftliche Anätze zur Bewältigung kirchlicher Rückbau-, Reorganisations- und Neuorientierungsprozesse“  promoviert, Im Juni 2013 ist die Disserttation  unter dem o.g Titel im Güthersloher Verlagshaus erschienen (ISBN-978-3-579-08166-3).

Meyns stellt gleich zu Beginn fest, dass der Begriff „Kirchenreform“ irreführend sei, da es in der evangelischen Kirche derzeit „um eine Restrukturierung unter dem Vorzeichen leerer Kassen im Konflikt zwischen konkurrierenden Bestandsinteressen“ gehe (S. 12f).

Wer diese aus interner jahrelanger Kenntnis der Vorgänge geschriebene Studie gelesen hat, der kann nicht mehr für die uns bis heute angepriesene Reform sein. Meyns, mittlerweile designierter Landesbischof der Braunschweigischen Landeskirche,  spricht mit sehr klaren Worten aus, worum es bei dem Versuch der Umsetzung der teuer bezahlten Ratschläge von Unternehmensberatungen geht.