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Kirche mit Weitblick – selbstbegrenzt, weltoffen und gastfreundlich. Von Jobst Kraus, Bad Boll

Die Vision einer zukunftsfähigen Evangelischen Kirche in Württemberg im Jahr 2040.
Veranstaltung des Aktionsbündnisses am 19.11. 2010 in der St. Leonhardskirche in Stuttgart

Ein subjektiver Blick in die Zukunft verbunden mit der Hoffnung auf andere subjektive Ent-
würfe und praktische Schritte im Blick auf eine zukunftsfähige Kirche in Württemberg und
anderswo
Es ist der 19. November 2040, ein sonniger Spätherbsttag. Zusammen mit meiner Frau und
einigen anderen aus unserer Senioren WG sitze ich im ehemaligen Blumhardt-Zimmer des
Oberkirchenrates. Heute ist es unser Wohn- und Lesezimmer. Vor allem aber genießen wir
den Blick auf die Stadt, die sich doch so ganz anders entwickelt hatte, als es im Jahr 2010
während der Schlichtungsgespräche um Stuttgart 21 zu erwarten war.
Aber alles der Reihe nach:
Es war ein langer mühsamer und sehr konfliktreicher Weg gewesen. Viele Jahre hatte sich in
den Kirchen so gut wie gar nichts bewegt. Ein entscheidender Wendepunkt war dann, im
Jahr 2015 der Bußtag. Deutschlandweit platzten die Kirchen aus allen Nähten und kam es
anschließend zu Lichter-Prozessionen, die in Kundgebungen vor kirchlichen Verwaltungsge-
bäuden mündeten.
Auf den Plakaten war zu lesen: „Mit globaler Gerechtigkeit gegen Terrorgefahr“, „Mehr Mit-
bestimmung in der Kirche“, „Ritualisierte und inhaltsleere Sitzungen sind kropfunnötig“, „Die
Kirche verheizt die Erde“, „EKD Denkschrift Umkehr zum Leben – wo bleibt die Praxis?“,
„Bischöfe – Models der Automobilindustrie?“. Symbolisch wurden gleich einige Bischoflimou-
sinen EKD weit mit Krallen stillgelegt.
In vielen Reden wurde auf die erste der 95 Lutherthesen verwiesen – auf den Ruf zu Buße
und Umkehr. Dem „Weiter so“ wurde ein „Besser so“ entgegengesetzt. Es wurde deutlich
gemacht, dass Umkehr nicht nur einen anderen persönlichen neuen Lebensstil einschließt,
sondern auch eine öffentliche institutionelle Dimension hat. Christinnen und Christen waren
► des schnellen Vergessens des Hurrikans Katharina(New Orleans), von deep water hori-
zon (BP – Ölkatastrophe) oder Tschernobyl und
►der unendlichen Langsamkeit der Veränderung, der Trägheit kirchlichen Handelns – von
dem berühmten Theologen Karl Barth als Sünde beschrieben – überdrüssig.
Dies geschah auch aus der Angst heraus binnen 80 Jahren ein zweites Mal – nach der Zeit
des Nazi-Regimes – zu versagen und ein weiteres Stuttgarter Schuldbekenntnis ablegen zu
müssen. Die Vision einer zukunftsfähigen Kirche. Nov.2010 korr 1107 pdf von Jobst Kraus als pdf.