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Is(s)t uns Luther Wurst? Von Pfr. Jochen Teuffel

03/2017

Am Aschermittwoch beginnt die vor-österliche vierzigtägige Fastenzeit. In der Tradition der mittelalterlichen Kirche bedeutet dies die Beschränkung auf eine Mahlzeit am Tag sowie die Abstinenz von Fleischspeisen. Auch heute noch gilt für römischkatholische Christen das Kirchengebot: „Du sollst die von der Kirche gebotenen Fast- und Abstinenztage halten.“ …

In Zürich begann die Reformation am ersten Sonntag der Fastenzeit 1522 mit einem Wurstessen. Ehrbare Bürger trafen sich dazu im Haus des Druckers Christoph Froschauer und aßen gemeinsam dünne Scheiben von Rauchwürsten. Mit diesem offensichtlichen Verstoß gegen das Abstinenzgebot sollte evangelische Freiheit wider unbiblische Kirchengebote demonstriert werden. Der Schweizer Reformator Ulrich Zwingli (1484-1531) veröffentliche kurz darauf seine Predigt „Von Erkiesen und Freiheit der Speisen“. …  Mehr dazu.

»Evangelium und Kir­chensteuer widersprechen sich«

Plädoyer für die Kultusteuer auf der einen Seite. Auf der anderen Seite stehen die, die die Kirchensteuer nicht für enangeliumsgemäß halten und für die Abschaffung plädieren, wie Pfarrer Jochen Teuffel. Jochen Teuffel ist Gemeindepfarrer in Vöhringen/Iller und Autor des Buchs »Rettet die Kirche. Schafft die Kirchensteuer ab«, das im September 2014 im fontis-Verlag erschienen ist.

Auf seinem blog lädt er Landesbischof Bedford-Strohm zu einer Disputation über die Kirchensteuer ein.

Sehr geehrter Herr Landesbischof Dr. Bedford-Strohm,
im Studium der Heiligen Schrift, also der Bibel, bin ich zu der Ansicht gelangt, dass die Erhebung von Steuern im Namen und auf Rechnung der Kirche dem Evangelium Jesu Christi widerspricht. Sollte ich als Pfarrer diese Ansicht als evangelische Lehre in der mir anvertrauten Kirchengemeinde Vöhringen/Iller geltend machen, träte ich damit in Konflikt mit der Praxis der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, eigene Kirchensteuern zu erheben. Man würde mir Illoyalität gegenüber meinem Arbeitgeber vorwerfen und möglicherweise disziplinarrechtliche Schritte gegen mich einleiten.

Interview in Christ und Welt:

C & W: Das kam Ihnen nicht ungelegen. Seit Langem sind Sie gegen die Kirchensteuer. Warum?
Teuffel: Ich bin für eine stufenweise Abschaffung der Kirchensteuer. Ähnlich wie beim Atomausstieg. Sie widerspricht dem Evangelium und meiner Überzeugung nach auch den Bekenntnissen der lutherischen Kirche. Denn die Kirchensteuer ist eine Zwangsabgabe. Lutheraner wissen aber, dass innerhalb der Kirche keine Zwangsverhältnisse herrschen dürfen. Da gilt die Freiheit eines Christenmenschen. Steuern haben ihren legitimen Ort im Staat, nicht in der Kirche.

Interview mit Jochen Teuffel in Freie Welt:

»Evangelium und Kir­chensteuer widersprechen sich«
16. September 2014

Im Interview mit FreieWelt.net spricht sich Pfarrer Jochen Teuffel gegen die Kirchensteuer aus. Er sagt: Kirche ist gottesdienstliches Versammlungsgeschehen – dafür braucht sie kein Geld.

FreieWelt.net: Sie sind evangelischer Pfarrer und haben sich selbst bei den Kirchenbehörden angezeigt, um die Leitung zu einer Positionierung hinsichtlich der Kirchensteuer, die Sie ablehnen, zu bringen. Wie ist die Sache ausgegangen?

Jochen Teuffel: Der Landeskirchenrat hat meinem Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen mich selbst nicht entsprochen. Mir ist von Seiten der Kirchenleitung mitgeteilt worden, dass sie die Art und Weise, wie ich das Thema in die Öffentlichkeit gebracht habe, missbilligen. Disziplinarrechtliche Konsequenzen haben sich jedoch daraus nicht ergeben.

Last exit Kultussteuer?

von Friedhelm Schneider

Abbauprozess gemeindlicher und funktionaler Dienste bei steigenden Einnahmen – das war die EKD-Kirchenpolitik der zurückliegenden 8 Jahre. Die Kirchen brauchen sich zeitgleich seit 2005 über mangelnde Steuereinnahmen nicht beklagen. Die entsprchenden Einnahmen stiegen innerhalb der EKD von 2005 mit 3,617 Mrd. € bis 2013 auf – sagen wir es offen: sagenhafte – 4,842 Mrd. €.  Gleichzeitig wurde gegenüber Gemeinden und funktionalen Diensten im selben Zeitraum eine rigorose Sparpolitik durchgesetzt und betrieben. Mithin fand ein Abbauprozess bei steigenden Einnahmen statt. Mit den so „freigesetzten“ Finanzmitteln wurde ein seit der Nachkriegszeit vom Umfang her unbekannter, offensichtlich auf Dauer angelegter Umbauprozess der Kirchenstrukturen mit dem Ziel einer katholisierenden, hierarchischen Top-Down-Struktur ins Werk gesetzt. Wen wundert es, dass sich da aus evangelisch-theologischer Sicht Widerspruch regt? Widerspruch auch gegen ein Finanzierungsinstrument Kirchensteuer, mit deren Hilfe solche theolgisch fragwürdigen „Reformen“ erst möglich wurden? Jochen Teuffel ist nicht das einzige, aber ein profiliertes Beispiel für theologisch motivierte Kritik an der Kirchensteuer.

Ob die Quellen der Kirchensteuer freilich weiter üppig sprudeln, wird offiziell bezweifelt. Und zwar nicht nur, weil diese sehr stark von der Konjunktur abhängt. Bei der postwendenden, massenhaften Austrittsreaktion auf die als genialer Coup geplante Kirchensteuer auf Kapitalerträge könnte es sich um mehr handeln als bloßes Missverstehen. Es könnte ein Menetekel sein. Wer zahlt freiwillig Kirchensteuer, um aufgeblähte Kirchenstrukturen oder einen ausgeprägtem Verwaltungwswasserkopf zu finanzieren? Die 5. KMU zeigt recht anschaulich, dass die Bindekraft der Kirchen gerade in den zurückliegenden „Reformjahren“ deutlich gelitten hat. Und zwar besonders unter jungen Menschen, die somit morgen als Kirchensteuerzahler ausfallen. Hat man also die Überschüsse falsch investiert? Der eine oder andere der Finanzverantwortlichen hat mittlerweile wohl kalte Füße und bezweifelt die zukünftige Tragfähigkeit des Systems der Kirchensteuer. Ein Indiz dafür ist der offiziöse Vorschlag einer Kultussteuer nach italienischem Muster, von der sich die Kirche finanziell wohl gewisse Vorteile erhoffen kann – in der Zeit nach der Kirchensteuer. Vorgetragen wird sie in einer landeskirchlichen Broschüre, in der auch der Finanzdezernent der EKD Thomas Begrich eine tragende Rolle spielt. In der EKD rüstet man sich also schon für die Zeit danach. Dass sich die Kirche mit einem solchen Vorstoß Kultussteuer nicht viel neue Freunde schaffen wird, dürfte unmittelbar einleuchten. Aber noch ist es nicht so weit. Alternativen zum „last exit“ Kultussteuer wären gefragt. Eine mögliche zeigt die kleine Gemeinde Geilsheim/Bayern. Weitere, insbesondere kreative Alternativen wären vonnöten, gewiß. Enwickeln können wird man sie aber nur dann, wenn man sich in den Möglichkeitsmodus begibt. Und also Zwangsformen ablegt. Gerade das aber fällt der Verwaltung extrem schwer. Weswegen man an solchen Lösungen wohl selbst wird arbeiten müssen.

 

Kultussteuer – Ein Plädoyer. Von Michael Eberstein


Immerhin müssten alle ihre Steuer bezahlen, also auch Menschen, die sonst der Kirche fern bleiben. Ihnen liegt vielleicht einfach am Erhalt des Gebäudes. Oder der Möglichkeit, an Kulturangeboten wie Konzerten teilhaben zu können. Einen anderen, vielleicht auch größeren Teil, würden diese Menschen auch anderen Kultureinrichtungen und -anbietern zukommen lassen, womöglich auch sozialen Einrichtungen…

Zugegeben, eine solche Steuer brächte die Kirchen in die Verlegenheit, ihre Aufgaben und Projekte überzeugend zu vertreten, um in der Konkurrenz mit anderen Anbietern mithalten zu können. Denn was sollte schlecht sein an „Prüft aber alles, und das Gute behaltet.“ (1.
Thess 5,21).

scrollen Sie die Broschüre durch bis auf S. 20. Dort finden Sie den Beitrag.

 

Wem soll man als ordinierter Pfarrer im Zweifelsfall gehorchen?

10. Mai 2014
Meine schriftliche Ordinationsverpflichtung, die ich vor meiner Ordination am 2. Juli 2000 eigenhändig unterschrieben habe, lautete wie folgt:

„Ich bin bereit, das Amt, das mir anvertraut wird, nach Gottes Willen in Treue zu führen, das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift gegeben und im Bekenntnis unserer evangelisch-lutherischen Kirche bezeugt ist, zu predigen, die Sakramente ihrer Einsetzung gemäß zu verwalten, das Beichtgeheimnis und die seelsorgerliche Verschwiegenheit zu wahren und mich in allen Dingen so zu verhalten, wie es meinem Auftrag entspricht.“ (Artikel 6 a Kirchengesetz zur Regelung des Dienstes der Pfarrer und Pfarrerinnen in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands vom 17. Oktober 1995 mit den Anwendungsbestimmungen für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern vom 4. Dezember 1996)…

Ich bin Gott froh, dass ich noch die alte Ordinationsverpflichtung eingehen durfte, deren offene Formulierung ja wesentlich durch den Kirchenkampf in der Zeit des Nationalsozialismus geprägt war. Da hat es ja solche pastorale Gehorsamskonflikte zwischen Schrift und Bekenntnis auf der einen Seite und Kirchenordnungen auf der anderen Seite gegeben. Wer heutzutage in einer verfassten Landeskirche ordiniert sein will, wird hingegen in das Ordinationsgelöbnis wohl kaum einen Bekenntnisvorbehalt einfügen können: “Ich gelobe, meinen Dienst nach den Ordnungen meiner Kirche auszüben, solange diese Schrift und Bekenntnis nicht widersprechen.” Welche Gesetze und Verordnungen die Synoden und Kirchenleitungen in Zukunft verabschieden oder erlassen werden, wissen wir nicht. Aber eine Auflösung der “Volkskirche” in eine zivilreligiöse Sinn- und Kasualagentur wäre noch für einige bittere Überraschungen gut. Zum vollständigen Artikel.