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Konfliktforschung: „Ethnien und Religion sind keine Kriegsursachen“. SZ-Interview mit Günther Schlee, Max-Planck-Institut für Ethnologie.

Ein überaus aufschlussreiches und ergo lesenswertes Interview der SZ vom 23. Juni 2010 mit unverändert gültigen Erkenntnissen der Konfliktforschung, die man andernorts so noch nicht gelesen hat. Daraus hier (nur:)

Schlee: Die These vom Kampf der Kulturen besagt: Je größer der Unterschied, desto höher das Konfliktpotential. Aber schauen Sie sich pluriethnische oder multikulturelle postkoloniale Gesellschaften mit Gruppen von Menschen afrikanischen, europäischen, asiatischen und indischen Ursprungs an.

Die kulturelle Verschiedenheit korreliert nicht mit der Konflikthäufigkeit. Auf der anderen Seite finden wir häufig Konflikte gerade zwischen kulturell besonders ähnlichen Gruppen…

sueddeutsche.de: Was sind die eigentlichen Konfliktursachen?

Schlee: Das kann der Zugang zu materiellen Ressourcen sein, etwa Öl, Wasser, Weideland, Diamanten. Es können auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt sein. In Nordirland wurde ein ganzer Bevölkerungsteil vom öffentlichen Sektor ausgegrenzt…

sueddeutsche.de: Es geht nicht eigentlich um Religion, sondern um Macht?

Schlee: Ja. In islamischen Ländern haben die Gruppen, die den Glauben dort verbreitet haben, die Eliten gebildet. Aber was tut man, wenn alle Muslime sind? Man sucht Ausschlusskriterien für die Eliten, die eigentlich nichts mehr zu tun haben mit den ursprünglichen Gründen für die Elitenbildung. Man erklärt sich zum richtigen Muslim, und die anderen zu falschen…

Zum vollständigen Text.

„Wie Feindbilder entstehen“, erschienen im Beck Verlag. ISBN-10: 3406547435 ISBN-13: 978-3406547430 Preis: 14,90 Euro

Als Hauptursachen von Konflikten zwischen Gesellschaften oder gesellschaftlichen Gruppen gelten religiöse Unterschiede und ethnische Zugehörigkeit. Dieses Buch zeigt anhand von Beispielen, die von Ex-Jugoslawien bis Somalia reichen, daß die wirklichen Ursachen in der Regel ganz anders gelagert sind. Nutznießer von kriegerischen Auseinandersetzungen sind meistens wenige, die jedoch einflußreich genug sind, einen Konflikt auch gegen das Interesse der großen Mehrheit eskalieren zu lassen. Dahinter verbergen sich allzu oft handfeste Auseinandersetzungen um Bodenschätze, Erwerbsnischen, Ämter und Gehälter. Darüber hinaus stellt sich die Frage sozialer Identifikation. Nach welchen Merkmalen bilden Menschen Gruppen, unterscheiden sie zwischen Freund und Feind, schließen sie Bündnisse oder bilden sie Koalitionen? Erst die Beantwortung dieser Fragen erlaubt auch die Entwicklung erfolgversprechender Strategien der Konfliktschlichtung. Zur Quelle.

Kampf der Kulturen, oder nur eine Variante der Fremdenfeindlichkeit?

Der Kampf der Kulturen werde Morgenland und Abendland entzweien. So lautete vor 20 Jahren die These des US-Wissenschaftlers Samuel Huntington. Sein Aufsatz wurde zum Klassiker – und missbraucht, als Hetze gegen Muslime. Heute ist klar, dass die Welt unordentlicher ist, als Huntington sie sich damals überhaupt vorstellen konnte. Lesen Sie den Kommentar von Nicolas Richter, Washington, in der SZ vom 25.08.13