Schlagwort-Archive: Kirchengemeinde Berlin/Alt-Schöneberg

EKBO: Auflösung des Gemeindekirchenrates (Kirchenvorstand/Presbyterium) der Gemeinde Alt-Schöneberg/ Berlin durch die EKBO von Kirchengericht für nicht statthaft befunden

02/2016, von RA Georg Hoffmann, Berlin

Der Gemeindekirchenrat von Alt-Schöneberg wurde auf Wunsch des Kirchenkreises von der Kirchenleitung aufgelöst, um offenbar die bisherigen Gemeindetraditionen ohne Einhaltung demokratischer Verfahren beseitigen zu können. Der Kirchenkreis setzte einen Bevollmächtigtenausschuss ein, der die Gemeindetraditionen nach Beteiligung der Gemeinde durchaus richtig wie folgt beschrieb: „Inhaltlich war die Gemeinde über lange Zeit bestimmt durch die liturgische Tradition der Michaelsbruderschaft, ökumenische Zusammenarbeit (Alt-Katholiken, internationale Gemeinden) und eine Kirchenmusik mit berlinweiter Ausstrahlungskraft.“ In einem vom Bevollmächtigtenausschuss betriebenen Pfarrstellenbesetzungsverfahren entschied sich das Konsistorium aber trotz des zuvor zitierten, den Traditionen entsprechenden Ausschreibungstextes für eine Pfarrerin, die nicht für diese Traditionen steht und sich bereits dicht vor dem Ruhestand befindet, obwohl es einen jüngeren Bewerber gab, der für die Traditionen gestanden hätte. Die besonderen Gottesdiensttraditionen sind inzwischen auch ohne weitere Diskussion beseitigt worden.

Vor der Auflösung des Gemeindekirchenrates hatte sich der Kirchenkreis darum bemüht, die Ältesten zum Rücktritt zu bewegen, um einen Neuanfang nach den Wünschen des Kirchenkreises zu ermöglichen. Da dieses Vorhaben misslang, erfolgte die Auflösung des Gemeindekirchenrates. Gegen diese klagten die verbliebenen Ältesten vor dem Verwaltungsgericht der EKBO. Das Konsistorium ging davon aus, dass eine solche Klage nicht statthaft sein würde.

Im Gerichtstermin am 25. Januar 2016 wies das Kirchengericht aber darauf hin, dass es die Klage für statthaft halte und dass an der Rechtmäßigkeit der Auflösung des Gemeindekirchenrates erhebliche Bedenken bestünden, da nicht erkennbar sei, dass die Kirchenleitung sich des ihr zustehenden Ermessens überhaupt bewusst gewesen war. Wegen des damit einhergehenden Ermessensausfalls wäre der Bescheid aufzuheben. Das Kirchengericht sehe dringenden Bedarf für strukturierte und moderierte Gespräche zwischen den Mitgliedern des Bevollmächtigtenausschusses, dem Kirchenkreis und den Ältesten. Auf Anraten des Gerichts erklärte das Konsistorium, dass es darauf hinwirken werde, dass die Kirchenleitung auf ihrer nächsten Sitzung am 26. Februar 2016 den Auflösungsbescheid aufhebt. Außerdem befürwortete es die vom Kirchengericht für notwendig erachteten Gespräche, womit die Ältesten ebenfalls einverstanden sind.

Dieser Versuch von Landeskirche und Kirchenkreis, nicht stromlinienförmige Besonderheiten einer Kirchengemeinde abzuschaffen, ohne miteinander reden zu müssen und demokratische Verfahren einzuhalten, ist damit zunächst wohl gescheitert.