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Wir haben uns blenden lassen… – Non-Profit-Management (Thema des Monats)

…Bis Mitte der 90er Jahre sei die Situation allerdings gekippt. Noch Ende der 80er Jahre sei angesichts hoher Arbeitslosen- und Hilfeempfängerzahlen eine radikale Diskussion um Grundsicherung etc. geführt worden. Mit dem Mauerfall jedoch habe sich diese Diskussion erledigt. Der Mauerfall sei als Sieg eines Systems gefeiert worden – und anschließend sei der Neoliberalismus die leitende wissenschaftliche Ausrichtung geworden. Und zwar nicht nur in Bezug auf das Marktgeschehen, sondern auch in Bezug auf andere Bereiche der Gesellschaft. Dominierend sei ein Menschenbild geworden, das in erster Linie auf wirtschaftliche Anreize reagiert.

Dem Zeitgeist entsprechend sei z. B. in den Kommunen die Phase der Ausgliederung angebrochen; das Unternehmertum habe als eine Art neue Religion gegolten. Dem Zeitgeist entsprechend sei mit der Einführung der Pflegeversicherung der Vorrang des gemeinnützigen Sektors abgeschafft worden. Damit, so Schneider, seien die Alternativen zum Preismarktgeschehen negiert worden. Es brauche aber Alternativen!

Der Zeitgeist habe sich auch darin gezeigt, dass die „smarten Jungs“ auch in der Sozialwirtschaft „in“ waren; es habe den Wunsch gegeben, auf der gleichen Ebene zu stehen wie die „richtigen Manager“; es sei die Zeit der Sozialarbeiter-Witze gewesen – und die Zeit, wo in der Sozialwirtschaft zwei Welten entstanden seien. Niemand habe die Frage gestellt, ob eine Konzernstruktur für die Wohlfahrtspflege das Richtige ist?

Die Spitze dieser Entwicklung sei die Einführung des „Kunden“-Begriffs in der sozialen Arbeit gewesen. Der „Kunde“ reduziere den Menschen auf Kaufkraft; alles andere bleibe außen vor. Er sei das Gegenteil davon, den Menschen – wie zuvor – in seiner Ganzheit zu sehen, ihn immer in Beziehungen zu sehen. Mit dem „Kunden“ sei eine 100jährige Theoriegeschichte der sozialen Arbeit „mal eben über Bord geworfen“ worden. Nicht umsonst seien für Rechtsanwälte ihre Mandanten keine Kunden und für Ärzte ihre Patienten keine Kunden: Es bestehe eine asymmetrische Beziehung. Vor dem „Kunden“ habe man in der sozialen Arbeit von „Klienten“ gesprochen. Der „Kunden“-Begriff verkenne die Komplexität sozialer Arbeit. Zum Artikel.

Der zweite Begriff, von dem sich Viele hätten blenden lassen – inklusive nach eigener Aussage Schneider selbst – sei der des „Mehrwerts“ der sozialen Arbeit gewesen. Hier sei der Versuch gemacht worden nachzuweisen, dass soziale Arbeit einen Mehrwert für das volkswirtschaftliche Wohlergehen der Gesellschaft hat. Dabei könne man nur verlieren. „In einer Gesellschaft, die mit den anderen nichts zu tun hat, wo jeder sich selbst der nächste ist, hat man keine Chance mit dem Mehrwert“, so Schneider. Die einzige Chance sei es, offensiv eine Wertediskussion zu führen…