Schlagwort-Archive: kommunikation des Evangeliums

Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong: Evangelium kommunizieren auf vielfältigen Wegen Dienste und Werke als Teil der Kirche. Vortrag auf der Synode der Nordkirche.

02/2016

Vortrag vor der Synode der Nordkirche
am 26.2.2016 in Travemünde

„Meine Vision für das Verhältnis der kirchlichen Organisationsformen ist also,
dass sie sich alle künftig von ihrem gemeinsamen Auftrag her begreifen, das
Evangelium in Wort und Tat mit möglichst vielen Menschen des 21.
Jahrhunderts zu kommunizieren und dass sie gemeinsam fragen, welche
Aufgaben in welcher Form von welcher Organisationsform am sinnvollsten
bearbeitet werden kann. Auf dieser Basis muss dann nicht zu gegenseitigem
Respekt und Wertschätzung und zu einem Interesse aneinander aufgefordert
werden, denn dies entsteht von selbst – was soll sonst entstehen aus der
Erkenntnis, dass die anderen mit der gleichen wunderbaren Aufgabe
beschäftigt sind wie man selbst: Evangelium kommunizieren mit Menschen des
21.Jh. auf vielfältigen Wegen?“
Diese Vision wird in 5 Aspekte entwickelt:

„1. Evangelium kommunizieren in bestimmten Handlungsfeldern – was sind
eigentlich „Dienste und Werke“?
2. Einige Blicke zurück – die Anliegen der Dienste und Werke
3. Dem Evangelium dienen – theologische Überlegungen zu Diensten und
Werken
4. Vielfältige Konkurrenzen – Dienste und Werke im Verhältnis zur
Ortsgemeinde
5. Evangelium kommunizieren auf vielfältigen Wegen – Perspektiven für die
Kirche“

 

Zum Vortrag.

Lutherischer Konvent in der EKiR stimmt Wormser Wort zu.

Der Lutherische Konvent im Rheinland ist eine Gemeinschaft evangelisch-lutherischer Christen im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland. Der Konvent wurde während des Kirchenkampfes am 29. Dezember 1936 gegründet. Er ist Mitglied in der Lutherischen Arbeitsgemeinschaft in Deutschland.

Wie Idea (Idea Spektrum 05.03.2015, S. 40) berichtet, stimmt der Konvent dem Wormser Wort zu. Dort heißt es: „Der Lutherische Konvent im Rheinland hat sich auf seiner Frühjahrstagung in BOnn dem kirchenkritischen Wormser Wort angeschlossen. Wie ihr Vorsitzender Pfr. Winfried Krause sagte, hält der Konvent die Abbau- und Umbauprozesse in der EKD und in der rheinischen Kirche für bedenklich…“

Nach Publik Forum berichtete damit auch Idea über die Erklärung. Anzumerken ist, dass bei der Berichterstattung bei Idea der Satz „Kommunikation des Evangeliums“ der 1. These des Wormser Wortes (vgl. dazu etwa Prof. Christian Grethlein „Praktische Theologie“) ersetzt wird durch „Verkündigung des Evangeliums“. Das ist ein deutlicher Unterschied, der bei einer professionellen Berichterstattung nicht passieren sollte. F.S.

Kommunikation des Evangeliums in der digitalisierten Gesellschaft. Von Prof. Christian Grethlein.

Impulsreferat auf der EKD-Synode in Dresden November 2014.

Kommunikation des Evangeliums in der digitalisierten Gesellschaft

Die Digitalisierung des Umgangs mit Wirklichkeit und der Kommunikation verändert die Lebensbedingungen und Kommunikationsformen der Menschen grundlegend. Dies betrifft auch die Kommunikation des Evangeliums und die Struktur der Kirchen.
Um dies theologisch angemessen zu erfassen, ist es notwendig, sich die Grundlage der Kommunikation des Evangeliums[1] und der Kirchen in Erinnerung zu rufen. Dass diese komplizierten Kontextualisierungs- und Transformationsprozessen unterliegt, zeigt ein kurzer Blick in die Christentumsgeschichte…

1. Ausgangspunkt: Wirken und Geschick Jesu von Nazareth

1.1 Das Wirken und Geschick Jesu von Nazareth machte für viele Zeitgenossen ihre Lebenswelt durchsichtig. Sie konnten das Wirken Gottes in ihrem Leben erkennen und schöpften Hoffnung auf Gottes Begleitung, sogar über den biologischen Tod hinaus.
Schon im Neuen Testament wird dieses Geschehen, das uns Christen bis heute prägt, als „Evangelium“ bezeichnet.

1.2 Dabei verrät die philologische Analyse ein Grundcharakteristikum dieses vom Wirken und Geschick Jesu ausgehenden Impulses: Das Verb „euangelizesthai“ ist grammatikalisch ein Medium. Dies ist ein dem Griechischen eigener Verbalmodus, der gleichsam in der Mitte von Aktiv und Passiv steht. „Evangelium“ wird also nach Einsicht der Evangelisten und Apostel interaktiv, und damit ergebnisoffen[3], kommuniziert – nicht im Aktivmodus dekretiert.

Damit nehmen die Schüler/innen Jesu ein Charakteristikum seines Wirkens auf [4]: Er kommunizierte beim Erzählen der Gleichnisse, beim gemeinschaftlichen Essen und Trinken und beim Heilen von Menschen intensiv mit seinen Mitmenschen. Demnach sind Lehren und Lernen, gemeinschaftliches Feiern und Helfen zum Leben nicht nur anthropologisch fundamental, sondern auch die grundlegenden Modi der Kommunikation des Evangeliums.

Der vollständige Text.

EKiR-Synodenbeschlüsse zur Haushaltspolitik oder: Was läuft eigentlich schief in der Finanzpolitik der Kirche?

von Friedhelm Schneider

Auf den ersten Blick klingt alles recht plausibel: Haushaltskonsolidierung und Rücklagenbildung für die Pfarrpensionen angesichts bald einbrechender Kirchensteuereinnahmen. So die offizielle Lesart und Argumentation für einen wohl beispiellosen Leistungsabbau in der EkiR auf der landeskirchlichen Seite. Davon betroffen sind an vorderster Stelle die Bildung (Schulen) 4,5 Mio, Arbeitslosenfonds 1,15 Mio, KiHo Wuppertal/Bethel 1 Mio. . Es folgen weitere prominente Positionen wie Medienverband, Tagungshäuser, PTI, Studierendenarbeit, Akademie etc. Über die Kürzungen haben etliche Ausschüsse im Vorfeld beraten und beschlossen, und nun auch die Landessynode.

Gleichzeitig beschlossen: ein neues Investitionsprogramm in die Verwaltung, genauer, in die IT-Struktur und dies ohne Finanzierungslimit. Und das obwohl die Kostenexplosion in ähnlicher Sache, der Einführung der Doppik, hinlänglich bekannt ist: von veranschlagten 3 Mio. € sind diese auf – in der Synode unwidersprochene – 60 Mio. € gestiegen sind. Schon warnt Pfr. i.R. Manfred Alberti: „Der Alptraum geht weiter: NKF – Verwaltungsstrukturreform – jetzt: IT-System.“

Erster Eindruck: Geld ist da, wenigstens für die Administration. Aber nicht für Schulen, Arbeitslosenfonds, etc. Man kann, man muss die Vorlage also auch so deuten, dass es bei den o.g. Kürzungen doch wenigstens teilweise um eine Verschiebung von Mitteln für die Arbeit mit den Menschen zur Administration geht. Und nicht um eine Konsolidierung im Sinne von Festigung. Denn man setzt sich ja gerade mit der IT-Struktur einem neuen Risiko aus. Der Pfarrrverband der EkiR hatte auf diesem Hintergrund ein Moratorium für die weitere Umsetzung der Reformen gefordert. 
Auf derselben Synode, die die o.g. Kürzungen beschließt, prangen an einer von Synodalen gestalteten Tür „Neue Thesen zur Reformation“ . Darunter diese: „Weniger Verwaltung, mehr Begegnung“.  Auch die Synodalen scheinen also zu wissen, worauf es wirklich ankommt – auch wenn sie in den entscheidenden Abstimmungen Angst vor der eigenen Courage haben und, Linientreue demonstrierend, genau umgekehrt entscheiden: Mehr Verwaltung, weniger Begegnung.

Läuft hier etwa etwas fatal verkehrt? Wir stellen diese Frage im Folgenden hinsichtlich der Finanzpolitik der Kirche selbst.

Einen ersten Hinweis erhalten wir in der Württembergischen Landeskirche, in der die Fraktion der Offenen Gemeinde ihre alternative Position sinngemäß so formulierte: Strategie der Mitgliederbindung vor Rücklagenbildung (in einer Niedrigzinsphase). 
Zwischen beiden Fragen existiert ein Zusammenhang, der aber von offizieller Seite noch nicht reflektiert ist . Dass er aber auch dort diffus empfunden wird, zeigt eine beiläufige Bemerkung des EKiR-Finanzdzernenten Bernd Bauks: 1,63% Kirchenaustritte erwähnt er in seiner Einbringungsrede zur „Haushaltskonsolidierung“ recht unschuldig (vgl. oben, S. 4). 1,63% – etwa doppelt so viel wie im Durchschnitt üblich. Könnte dies schon heute sichtbare Ergebnis und also Folge eines fatal entgleisten Reformkurses mit einer gerne als „Sparpolitik“ betitelten Downsizing-Konzept in der EKiR sein?

Ganz anders die Offene Gemeinde der Synode in Württemberg. Deren Ansatz gemäß müssten Mittel logischerweise prioritär für die Arbeit mit Menschen eingesetzt werden. Das finanzpolitische Credo: die Mittel kommen von der Basis und sie müssen in möglichst hohem Umfang und Anteil dorthin zurück. Um dort kirchliche Arbeit zu machen, um das Evangelium zu kommunizieren. (vgl. dazu Prof. Christian Grethlein)

Wir reden hier nicht darüber, in welcher konkreten Form der Kontextualisierung das heute zu geschehen hat, ob in Gemeinde oder Funktionen/Diensten oder auf andere Weise. Wir reden auch nicht darüber, dass es durchaus individuell sinnvoll sein kann, einmal errichtete Einrichtungen, Projekte, auch Gemeinden wieder zu verändern oder zu schließen oder innovativ neue zu errichten. Das alles sind Fragen und Lösungen, die hier noch nicht zur Debatte stehen. Das wäre der zweite Schritt, der würde dann schließlich durch die Output-Sicht erweitert. Wir beginnen ganz am Anfang und da geht es um die Input-Seite. Und hier stellt sich die zentrale Frage, wie viel (Finanz-) Mittel die Kirche für sich selbst, ihre Eigenorganisation, die Institution und Organisation, benötigt. Und welche Anteile der Mittel für die „Reinvestition“ in die Menschen, die Mitgliederbindung, oder auch die Gesellschaft (Kindergärten, Diakonie) zur Verfügung stehen. Diese prinzipielle Frage ist die Basisfrage jenseits folgender theologischer Richtungsentscheidungen!

Diese Basisfrage wird heute auch in der verwaltungswissenschaftlichen Diskussion gerne umgangen. Zu schnell und zu ausschließlich wird etwa in den neuen Steuerungsmodellen auf die Output-Seite rekurriert und verwiesen. Und in diesem „ausschließlich“ wird geschickt vom Thema Nr. 1 abgekenkt: dem Input. Und en passant wird auf diese Weise die Blickrichtung fokussiert und damit auch die Hauptverantwortung für die Resultate der Gesamtorganisation an die Mitarbeitenden delegiert. So steigt dort der Druck. Genau diese Erfahrung machen die Mitarbeitenden seit rund 15 Jahren in fast allen Bereichen der Daseinsvorsorge (Kommunalverwaltung, Bildung, Gesundheit etc,) und eben auch in der Kirche. Und sie zeigen entsprechende Reaktionen. Gleichzeitig wird durch diese einseitige Blickrichtung auf die Mitarbeitenden die Leitung/ die Politik immunisiert. Das ist ein gelungenes Ablenkungsmanöver. innerorganisatorisch hat es funktioniert. Dieser Trick funktioniert aber nicht bei den Adressaten, den Mitgliedern, Patienten, Kunden, Bürgern. Spätestens seit Stuttgart 21 ist auch schlichten Gemütern nicht mehr verborgen, was fehlende oder falsche Inputkonzepte bedeuten. Mit dem Input, mit dem, was eine Organisation/Institution an Mitteln für unterschiedliche Zweige/Abteilungen bereitstellt, zeigt sie, welche Ziele sie selbst wirklich verfolgt. Und ob diese mit den von ihr verbal formulierten Zielen übereinstimmen – oder davon abweichen. Mit dem Input zeigt die Organisation ihr wahres Gesicht. Hier zeigt sich für das Mitglied, ob es seiner Organisation vertrauen kann oder eben nicht. Der heute feststellbare Vertrauensschwund in viele ehemals geschätzten Institutionen bei den Bürgern hängt nun ganz offensichtlich auch mit der Vernachlässigung der Input-Thematik auf Seiten der Finanzdezernenten zusammen. Auch in der Kirche. Hier führt das zu zusätzlichen Kirchenaustritten. Deren Ursache und Folgen bei den bisherigen soziologischen Studien (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen) m.W. bisher leider nicht berücksichtigt wurden. Hier fehlt ganz offensichtlich die verwaltungswissenschaftliche Expertise. 

Denn die Gretchenfrage von Mitgliedern lautet doch sachgemäß immer wieder etwa so: „Wenn ich nur wüsste, ob die von mir gezahlte Kirchensteuer nicht irgendwo in der anonymen black box (in der Kirchenverwaltung) versickert?“ Vertrauen zur Organisation bildet sich also auf der Inputseite: In welchem Grad dienen die Mittel (nur) dem Apparat, und in welchem Anteil fließen sie zu den Menschen zurück? Den richtigen Input zu gewährleisten, darin liegt u.a. die hohe Kunst der Finanzpolitik der Kirche. Und auch die große Baustelle der Zukunft?

Ein Indiz für die aktuelle Entwicklungstendenz zeigt sich aktuell in Kirchenkreisen der EKiR an einfachen Vorfall,  wenn nämlich die „immer schon“ vorhandene Stelle des Stelle des Jugenddiakons oder Gemeindepädagogen der neuen Stelle für den infolge der Doppik zusätzlich erforderlichen Finanzsachbearbeiter weichen muss. Ein erster Hinweis, gewiss. Ein Indiz aus einer aktuellen Momentaufnahme. Um die Frage in seinem vollen Umfang in den Blick zu bekommen, ist es erforderlich, große Zeiträume in den Blick zu nehmen. Dies soll hier mit einem Blick auf die EKHN geschehen, unterstellend, dass sich eben diese Tendenz aufgrund paralleler Entwicklungen auch auf andere Landeskirchen übertragen lässt. Diese kleine Untersuchung erfolgt ganz holzschnittartig. Wir vergleichen nur, welcher Prozentanteil der Finanzmittel an die Basis zurückfließt. Wobei die Gebäudefrage dabei aufgrund fehlender Angaben noch unberücksichtigt bleibt. Zum Vergleich greifen wir die Jahre 1974 und 2013 heraus.

Wen interessiert, wie das Ergebnis zustande kommt, lese hier weiter. Wer nur das Gesamtergebnis interessiert, der springe zum nächsten Abschnitt in Normalgröße.

Was damals an die Basis floss, zeigt ein Flyer der EKHN_1974_(Mittelverwendung) mit einer groben Übersicht über die damalige Finanzsituation. Demnach flossen an die Basis, hier die Gemeinden, 50,35% der Kirchensteuermittel (=45,84% des Haushaltsvolumens) zu, zusätzlich die auf Seiten der Landeskirche geführten PfarrerInnengehälter. Sie zählten zu den „übergemeindlichen Aufgaben und Pfarrgehältern“. Lagen diese 1974 insgesamt bei 44,79% Kirchensteuer (=49,74 am Haushaltsvolumen) so betrug der Anteil der Pfarrgehälter am Gesamthaushaltsvolumen Anfang der 80iger Jahre ca. 33% (vgl. Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft, S.11 ). Unterstellt man der Einfachheit halber, im Jahrzehnt nach 74 sei dieser Anteil unverändert, dann kommt man 1974 auf einen Input Richtung Basis in Höhe von ca. 78% des Haushaltsvolumens als vorläufiger Wert.
Im Jahr 2013 betrug der Anteil für die „Basisarbeit“ nach dem Jahresbericht der EKHN 54,5%. Hierin sind aber – anders als 1974 – die Pfarrgehälter enthalten. Mehr noch: auch die Mittel für die Dekanate sind Teil dieses Haushaltsteils (36 Mio. € für Dekante im Vergleich zu 67 Mio. € Pfarrgehälter). Von diesen Mitteln für Dekanate sind aber ein gewisser Teil (ca. 50%) für „Basisarbeit“ anzurechnen.

Zu substrahieren wären in diesem Budgetbereich jeweils die Ausgaben für Verwaltung auf Regionaler Ebene (Regionalverwaltung) und die Dekantsverwaltungen.

Auch Additionen zu den Basismitteln sind zu nennen, hatten wir doch die Trennlinie nicht zw. Gemeinde und Gesamthaushalt, sondern zw. den Mitteln für Gemeinde und Funktion/Diensten und Gesamthaushalt gezogen. Damit sind für das Jahr 1974 noch eine unbekannte, aber zahlenmäßig wenig relevante Größe für übergemeindliche an der Basis wirkende Pfarrstellen (+1%) zu addieren. Heute ist dieser Anteil signifikant höher. Wir taxieren deren Umfang heute bei ca. 15% des Haushaltsvolumens.

Ergebnisse nach Subtraktionen und Additionen:

im Jahr 1974 flossen in der EKHN ca. 79% (78% + 1%) der Finanzmittel (Haushaltsvolumen) an die Basis (Gemeinde und div. Funktionen) zurück. Demgegenüber waren es im Jahr 2013 nur noch ca. 67%. (54% – 4% Verwaltungsanteil Regionalverwaltung und Dekante + 15 % div. übergemeindliche Leistungen +2% Kirchensteuerausgleich mit Ostdeutschen Kirchen).

Das macht eine Differenz von 12% des jeweiligen Haushaltsvolumens (bei Berücksichtigung der Gebäudefrage würde sich diese Zahl noch erhöhen). Ein signifikanter Unterschied, der noch nicht die zusätzlichen Verschiebungen, die sich durch die Einführung der Doppik ergeben, die der EKHN noch bevorsteht. 

So weit das Ergebnis der langfristigen Verschiebungen beim Input. Das Indiz der Momentaufnahme hat sich also langfristig bestätigt! Das Problem der Finanzpolitik, das die Dezernenten selbst gestalten könnten, ist also diese zunehmende Tendenz der Verschiebung im Input. Kirchenmitglieder nehmen das sehr wohl wahr. Wie begründete kürzlich eine Frau Ihren Austritt gegenüber dem Pfarrer: „Es ist nicht wegen Dir, aber von der Kirchensteuer werden ja nur noch 7% für die Gemeinde und 3% für die Diakonie verwendet. Deshalb bin ich ausgetreten. Ich will wohl zukünftig noch spenden, ich will aber, dass das Geld hier in der Gemeinde bleibt.“ (Fall aus der EkiR).

Was heißt das für die Finanzpolitik der Kirchen?

Die Haushaltskonsolidierung ist ein Herumdoktern an Symptomen. Die eigentliche Ursache des Problems wird damit nicht behoben. Aufgabe der Finanzpolitik muss wieder darin bestehen, ein verantwortliches und mitgliederorientiertes Input-Konzept zu entwickeln. Mitgliederorientierung der Kirche beginnt mit der Reorganisation des Inputs Richtung Mitglieder/Basis/Gemeinden. Die erlittenen Verluste durch die anhaltenden Verschiebungen über Jahrzehnte (s.o.) sind sukzessive abzubauen und die Tendenz der Umverteilung in Richtung Administration bzw. mitgliederfremde Leistungen rückgängig zu machen. Dieser Beitrag ist eben nicht perifer, sondern wesentlich für die Rückgewinnung verlorenen Vertrauens in die Organisation selbst. Die Qualität der Finanzdezernenten ist daran zu messen, inwieweit ihnen dies gelingt. Zu diesem Thema sind präzise Angaben zu ermitteln und den Synoden darzulegen. Das ist viel wichtiger als das für viele Gremienmitglieder am Ende doch mysteröse und aufgrund der Bewertungsspannen leicht manipulierbare Zahlenwerk der Doppik!

Was heißt dies Ergebnis für die Diskussion in der EKiR?

Die zentrale Frage muss auch angesichts der extrem hohen Austrittsquote von 1,63% wieder lauten: wie können Menschen erreicht werden? Wie kann dies gerade auch angesichts der hohen Veränderungsdynamik des Umfeldes (Digitalisierung, Wandlung des gesellschaftlichen Umfeldes, Wandlung des „religiösen“ Umfeldes) geschehen? Gerade damit nämlich wird Bindung erzeugt – die dazu führt, dass Menschen auch in Zukunft bereit sein werden Kirchensteuern zu bezahlen.
Wie kann die Administration (incl. IT!) dabei eine klare Dienstleistungsfunktion gegenüber den Mitarbeitenden an der Basis/ Gemeinde einnehmen?

Die Frage ist zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich erforderlich sind. Die EKiR trifft zeitlgeich zu den massiven Einschnitten Investitionsentscheidungen. Die EKvW, finanziell in etwa gleicher Lage, betrachtet ihre Rücklagen als ausreichend und entscheidet völlig konträr zur EKiR. In der EKHN lag der Ausfinanzierungsgrad der Verorgungsstiftung schon Ende 2013 bei 101%. Was aber dort nicht hindert, den Stock jährlich immer wieder neu mit Summen in 2-stelliger Millionenhöhe zu erhöhen. Das zeigt: der Ausfinanzierungsgrad dient als scheinbar unwiederlegliches Argument, so lange das Soll nicht erreicht ist. Ist es erreicht, geht dass Spiel trotzdem weiter. Angesichts dessen, verliert man das Vertrauen in derartige „Argumente“. Und angesichts dessen gilt es die Frage zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich angemessen und erforderlich sind.

Gegenüber solchen Überlegungen hat man sich in der EKiR, das zeigen die jüngsten Beschlüsse, für einen anderen Kurs entschieden. Das Motto: Augen zu und durch!

Protestantismus zwischen Bildungsreligion und kirchlichem Banaljournalismus. Von Dieter Becker

Das Thema wird ausgeführt speziell am Beispiel Veröffentlichung zu Geld, Finanzen, Vermögen der EKHN, s. dazu die Publikation der EKHN, auf die sich Dr. Dieter Becker bezieht.

Daraus hier der:

IV. Schluss
Der Versuch, Heterogenität durch funktionale Vielfaltsthesen oder Simplifizierungen„einzufangen“, erweist sich aus zwei Gründen als ein evangelisches Problem. Einerseits ist der Begriff „Vielfalt“ nichts anderes als eine Begriffsgröße von Heterogenität. Er entzieht sich eigentlich funktional planbaren Konzepten. Und das ist gut evangelisch: Denn nach dem Evangelium ist menschliche und sogar die eigene Wandlungs-Vielfalt „unendlich“. Jeder evangelischen Schublade fehlt der Boden! Menschen, ich und du, sind fragmentarisch, zerfasert und einem Ordnungsprinzip gegenüber flüchtig. Das (!) ist die Ausgangsbasis der Verkündigungsbotschaft: Die Gnade Gottes ist – nach menschlichen Ermessen – nicht begrenzbar. Andererseits besteht die Gefahr, dass der Anker „Vielfalt“ zu einem banalen Alltagswissen abgleitet. Banalismen kennzeichnen den Verlust des evangelischen Bildungsauftrags. Letztlich geht es um die Frage, ob wir Evangelium „verkündigen“ oder – lediglich – „Kommunikation des Evangeliums“ betreiben. Kommunikation ist und bleibt immer Menschenwerk. Methodisch schick und peppig zu kommunizieren – das ist letztlich menschlicher Banalismus – trotz social media, Rhetorik oder Powerpoint. Verkündigung dagegen ist der Wirkkraft des Geistes und eben nicht der menschlich-kommunikativen Machbarkeit unterworfen (man/frau lese: Augsburger Bekenntnis Abschnitt V: Vom Predigtamt!).
Somit sind Bußrufe angebracht: Verkündigt das Evangelium und hängt die Kommunikation an den Haken zu dem Hamster! Lernt wieder Bildungsjournalismus oder – für Pfarrpersonen – Verkündigung! Haltet die Welt nicht für doof banal oder facebookig! Einem evangelischen Christen sitzt ein evangelischer Geist auf den Schultern; hoffentlich. Regt Synapsen an, nicht auf! Bildet, und seid nicht bild(ungs)-banal! Also: Seid evangelisch – um Gottes willen!

Den Artikel im Hess. Pfarrerblatt 2/2014 lesen.