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Ein systemisches, Gemeinden und andere Rechtsträger unterstützendes Ressourcenverbrauchskonzept jenseits der Doppik

von Friedhelm Schneider, Pfarrer + Immobilienfachwirt

Über die Problematik der Doppik haben wir im Zusammenhang der www.wort-meldungen.de schon des öfteren informiert, u.a. durch das Thema des Monats Mai 2013.

Manfred Alberti berichtet nun in seinem Rundbrief (s.o.) von einer speziellen Variante der Doppik der EkiR. Die in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich ist. Zunächst zum Sachverhalt, den ein Superintendent aus dem Saarland gegenüber der spezifisch ‚rheinischen‘ Abschreibung der EkiR auf der Sondersynode in Hilden vorbrachte:

Ein saarländischer Superintendent hinterfragte – und stützte sich dabei auf ein Votum von über einhundert zustimmenden Unterschriften, ob bei NKF die „Abschreibung“ von Gebäuden und die gleichzeitige Erhebung einer „Substanzerhaltungspauschale“ nicht eine Doppelung ergebe, die überflüssig sei und im Endeffekt zu einem Haushaltsdefizit führe, das ohne diese Doppelung so nicht entstanden wäre? Auch aus anderen Voten von Synodalen war deutlich die Befürchtung herauszuhören, dass hier durch NKF ein Haushalt künstlich defizitär gerechnet würde. Weder die Kommunen noch die Wirtschaft würden eine solche Doppelung kennen. Zwar müssen Unterhaltungskosten eingeplant werden: aber dann kann es nur entweder Abschreibung oder Substanzerhaltungspauschale geben. Niemals beides zusammen. Hier sei NKF falsch angelegt.“

Der Einwand des ungenannten Superintendenten ist aus immobilienwirtschaftlicher Sicht ohne jegliche Reflexion sofort nachvollziehbar. Und er ist in der Form auch für Laien ohne weiteres plausibel: Rücklagen für Baumaßnahmen muss man selbstredend nur einmal bilden. Das Argument war ja immer, die Sicherstellung der Rücklagenbildung für ggf. erforderliche Baumaßnahmen (sog. Ressourcenverbrauchskonzept). Eine solche Sicherung benötigt man nur einmal. Die doppelte Sicherung wäre quasi vergleichbar einem Menschen, der Gürtel und Hosenträger immer gleichzeitig trägt, um den Verlust der Hose in allen erdenklichen Fällen zu vermeiden. Eine Person, die etwas Tragikkomisches hätte. So verhält es sich auch mit der doppelten Doppik: sie hat etwas Tragikkomisches.

Jenseits dieser Tragikkomik leistet allein schon die ’normale‘ Doppik der Verschärfung der Lage der Gemeinden durch Entzug von Mittel Vorschub. Warum? Man vergegenwärtige sich noch einmal das Ziel: es sollte einst um die Bildung von Rücklagen für die Instandhaltung der Gebäude gehen. Das war ja einst immer das zentrale Argument pro Doppik, das Ressourcenverbrauchskonzept. Dazu braucht man aber die Doppik gar nicht. Die Landeskirchen leisten seit eh und je Rückstellungen für spätere Pensionen – auch ohne Doppik! Man kann also Ressourcenverbrauchskonzepte auch ohne Doppik realisieren. Man muss es nur wollen. Sonderfälle, in denen es Störungen bei der Rücklagenbildung für Pensionen gibt (siehe EKiR), widersprechen hier nicht.

Bei allem, was man tut, sollte man das Ziel nicht aus den Augen verlieren, auch bei der Rücklagenbildung für Instandhaltung. Dazu braucht es Finanzmittel, die früher in Kirchengemeinden nicht systematisch geplant wurden. Genauer: es gab dabei große Unterschiede, gerade in den ziemlich autonomen Gemeinden der EkiR. Rechtzeitige Rücklagenbildung sollten aber alle Gemeinden betreiben – und zwar entsprechend der Höhe des konkreten Finanzbedarfs für Instandhaltung. Dieses Ziel der präzisen Planung leistet die Doppik aber gerade nicht. Dafür ist sie auch nicht gemacht. In der Doppik erfolgt die Rücklagenbildung nur in pauschaler Weise kennziffernorientiert. Bei einem heterogenen Baubestand wie dem der Kirche führt die Anwendung der Doppik in der Regel zu einer aufgebauschten, überhöhten Rücklagenbildung in eigentlich nicht erforderlichem Umfang. Diese Erkenntnis war Ergebnis eines Projektes zur Unterstützung der Gemeinden bei der Immobiliensteuerung, das von K.IM. (www.k-im.net; www.k-im.org) im jahr 2005 in der EKiR – im Kirchenkreis Ottweiler – durchgeführt wurde. Das von K.IM. Kirchliches Immobilienmanagement zur Ermittlung von Rückstellungen angewandte Verfahren war kein pauschalisierendes, kennzifferngestütztes, sondern ein an den Realdaten orientiertes Verfahren. Das Ergebnis war – orientiert am jeweiligen Gebäudezustand – bei allen Gemeinden unterschiedlich. Im Durchschnitt aller Ergebnisse lagen die Werte aber bei ca. 2/3 der bei Abschreibungswerten der Doppik einzusetzenden Ergebnisse. Die Gemeinden hätten also bei Anwendung dieses Verfahrens nicht nur eine um ca. 1/3 geringere rechnerische, sondern auch tatsächliche Finanzbelastung als durch die Doppik. Und das bei deutlich besser Information über die konkreten baulichen Erfordernisse in zeitlicher Vorausschau. Die Gewinne also: deutlich geringerer Finanzmittelentzug bei gleichzeitig signifikant höherer Transparenz.

Just diese Erkenntnis zeigte das erste Projekt einer flächendeckenden Informationserhebung von Gebäudedaten in der EkiR – und zwar im Kirchenkreis Ottweiler – im Jahr 2005. Durchgeführt wurde es von K.IM. Kirchliches Immobilienmanagement. Eine durchschlagende Erkenntnis. (In der EkiR wurden später aufgrund eines Synodenbeschlusses Datenerhebungsprojekte, genannt GSA, durchgeführt, die leider diese grundlegenden Erkenntnisse nicht berücksichtigten).

Was ist heute zu tun? Eigentlich gehörte die Doppik wieder abgeschafft. Ob dazu seitens der Verantwortlichen der Mut vorhanden ist, darf bezweifelt werden. Aber Kirche braucht die Doppik nicht. Kirche, jedenfalls Gemeinden und Einrichtungen/Dienste, bräuchten eine an einigen Stellen um KLR und andere Kennziffern erweiterte Kameralistik. Mehr nicht. Es bräuchte aber im Bereich der Gebäude ein differenziertes strategisches und immobilienwirtschaftliches Informationssystem. Die Kosten für diese Alternative liegen bei 25% der Kosten der Einführung der Doppik. Kosten die – offiziellen Zahlen zufolge – mit ca. 60 Mio. € beziffert werden (doppelt so teuer wie die Tebartz’sche Residenz). 60 Mio. – das dürfte aber kaum ausreichen. Vor allem sind dabei die dauerhaften Folgekosten der im Vergleich zur Kameralistik doppelt so aufwändigen Buchhaltung nicht berücksichtigt.

Einige Landeskirchen, u.a. die EkiR, haben die Doppik schon teilweise implementiert. Die EKiR leistet sich sogar die „doppelte“ Doppik. Dazu ist hier schon genug gesagt. Aber auch die einfache Doppik hat einen strangulierenden Effekt. Abhilfe kann die realdatenbasierte Immobiliensteuerung schaffen, die man im Zweifelsfall zusätzlich verwenden muss. Und daran ist dann die Rücklagenbildung zu orientieren. Das würde Strangulierungseffekte bei den Gemeinden zwar noch nicht beenden, aber deutlich abmildern.

Den Landeskirchen, die die Doppik noch nicht eingeführt haben, sollte man empfehlen, noch einmal mit Verstand zu prüfen, ob Aufwand und Wirkung in einem auch nur halbwegs verantwortbaren Verhältnis stehen. Und ob die Doppik die Zielsetzung der Kirche unterstützt – oder nicht eher fremde Interessen bedient.

G. Beckstein und K. Winterhoff zu Konzernbildung der EKD und Doppik

Zur Pressekonferenz vom 12. November 2013 auf der EKD-Herbstsynode

mit  Dr. Günther Beckstein und Klaus Winterhoff –  hier der Text ihrer Statements  – aus  zwei unterschiedliche Richtungen / Lagern ? – Urteilen Sie selbst!

Günter Beckstein:

„Wir haben den Anspruch gute Haushalter Gottes auf Erden zu sein, gerade weil auch erhebliche Finanzmittel uns anvertraut sind, die wir auch dringend brauchen für die vielfältigen Aufgaben, die die Kirche in unserer Gesellschaft hat. Man kann es nicht oft genug sagen, der Schwerpunkt der kirchlichen Arbeit liegt vor Ort. Kirchengemeinden wenden sich in den Dörfern und Städten unmittelbar den Menschen zu mit Verkündigung, Seelsorge, mit Beratung, mit Kultur- und Bildungsveranstaltungen, in der diakonischen Arbeit für Menschen, ohne Ansehen der Person, Herkunft oder Religion. Für diesen Dienst werden von den über 15.000 eigenständigen kirchlichen Trägern jedes Jahr rund zehn Milliarden Euro ausgegeben. Und dieses Stichwort 15.000 eigenständige Träger bedeutet auch, dass es nicht eine Art Konzernbilanz gibt und auch geben kann, denn zum Beispiel die Kirchengemeinde, aus der ich komme, Paul-Gerhardt-Gemeinde in Nürnberg, wird ja nicht etwa vernetzt, weder mit der Landeskirche oder mit erst recht der EKD, sondern es sind selbständige, eigenständige kirchliche Träger, so dass das als Konzernbildung nicht möglich ist und abgesehen davon auch nicht sinnvoll ist. Dass die evangelische Kirche ihr Geld verantwortungsvoll einsetzt, ist meine Überzeugung und zwar sowohl wenn wir vergleichbare andere Kirchen ansehen, als auch wenn wir den Staat ansehen. Die für unseren Haushalt der EKD zugrunde liegenden haushaltsrechtlichen Vorschriften sind mit den Vorschriften der Kommunen und Länder vergleichbar. Seitdem wir die Doppik haben mit den Haushalten der Kommunen eher als mit den Ländern, denn die Länder sind ja noch in der Kameralistik. Aber die Grundvorschriften, die Grundüberlegungen sind trotzdem ganz ähnlich. Die gewählten Leitungsgremien beschließen die öffentlichen Haushalte der Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Landeskirchen. Und nur im Rahmen dieser Beschlüsse dürfen die Gelder dann schlichtweg auch eingesetzt werden. Für die Detaillees haben wir die Sachverständigen, die hier sitzen, und deshalb darf ich zunächst das Ratsmitglied Vizepräsidenten Klaus Winterhoff bitten, den Haushalt hier vorzustellen.“

Vizepräsident Klaus Winterhoff: „Ich knüpfe, Herr Dr. Beckstein, an einer Äußerung von Ihnen an,: Vergleichbarkeit mit anderen öffentlichen Kassen / keine Vergleichbarkeit bei dem Umstieg auf die Doppik mit den Ländern. Sagt mal, das würde ich gerne vergleichen. Öffentlich ist ja beispielsweise eine Bilanz, die Bilanz des Bundeslandes Hessen, kein armes Bundesland, aber angesichts de Verpflichtungen für die Versorgung steht dort das Eigenkapital auf der verkehrten Seite. So, also damit bin ich bei einer Herausforderung , die wir alle haben,..“

Dr. G. Beckstein: „Wenn ich eine Bemerkung dazwischen machen darf, deswegen haben wir in den Ländern uns auch ganz bewußt nicht für die Doppik entschieden, weil das Bild etwas falsch ist, dann. „

Vizepräsident K.Winterhoff: „Ob das Bild dann falsch ist oder ob das Bild dann zutreffend ist, jedenfalls können Sie sich im nächsten Jahr bei der EKD dann ganz genau darüber informieren, wenn wir im nächsten Jahr eine Eröffnungsbilanz auf den Tisch legen. Das wird auch im nächsten Jahr noch nicht alles abschließend gelungen sein, aber jedenfalls sieht man dann, was für Verpflichtungen wir auch in Zukunft haben, was ja einem kameralistischen Haushalt nicht zu entnehmen war, da er ja nur Einnahmen und Ausgaben enthält.

Vielleicht ein Wort zur gesamten Ausgangslage. …Wir hatten im letzten Jahr das höchste nominale Kirchensteueraufkommen in der EKD, aber ich lege wert darauf / auf die Feststellung das das nominale Kirchsteueraufkommen nun überhaupt nichts sagt, wenn man auf der anderen Seite nicht den Kaufkraftverlust entgegen setzt. Seit 1994 Kirchsteueraufkommen
9 % Zunahme, Kaufkraftverlust in der gleichen Zeit 30 %.
Von meiner eigenen Landeskirche kann ich sagen, wir können uns seit den neunziger Jahren real über ein Drittel weniger leisten. Und von daher ist die Redeweise vom Reichtum der Kirche, aus meiner Sicht, doch sehr zu hinterfragen. Ich habe das weiter ausgeführt in der Haushaltsrede. Wir haben, das ist meine Prognose jetzt mittelfristig, zur Zeit eine relativ stabile, leicht positive Seitwärtsbewegung auch noch in den nächsten Jahren bei der Kirchensteuer zu erwarten. Das heißt für die Struktur der Kirche: Wir haben eine Atempause, das Notwendig zu tun und ich hoffe, dass diese Atempause möglichst lange anhält, dass wir in keinen hektischen Aktionismus verfallen.

Wir müssen feststellen: Die Gemeindegliederzahl sinkt weiter kontinuierlich und zugleich steigt aufgrund des Wirtschaftswachstums die Kirchensteuer: Das heißt der Verlust an Gemeindegliedern wird überkompensiert durch die wirtschaftliche Entwicklung. Und das wird nicht so bleiben. Wir sehen nur nicht den Zeitpunkt, wann die Gegenbewegung eintritt, deswegen heute Vorsorge und das aller Wichtigste aus meiner eigenen Verpflichtung als Finanzreferent in der westfälischen Kirche heißt: Wir müssen vorsorgen für insbesondere die Versorgungsverpflichtungen. Das wird den Gliedkirchen – die EKD ist weniger beteiligt – das wird die Gliedkirchen in den nächsten Jahren noch deutlicher herausfordern.

Denn sie müssen sehen, wenn sie heute eine Person einstellen, als Pfarrerin,als Pfarrer mit 30 Jahren übernehmen, dann haben Sie noch 60 Jahre Versorgungsverpflichtungen für die Hinterbliebenen. Und was in 60 Jahren ist, das kann man zwar versicherungsmathematisch alles ausrechnen unter verschiedenen Szenario, aber dann muss die Kirchensteuer aber in 60 Jahren immer noch sprießen und fließen. Das ist die Herausforderung. Deshalb lautet mein Stichwort immer: Derzeit Vorsorge treffen und nicht alles in konsumtive Ausgaben stecken. Die schwierigen Jahre kommen noch. Sie liegen vor uns. Aber heute erst mal Dankbarkeit für das, was wir haben. Der Haushalt als solcher ist unspektakulär. Er beruht auf der mittelfristigen Finanzplanung. Diese wird umgesetzt. Und es ist ein Haushalt der Kontinuität, der eigentlich nichts Besonders enthält mit Ausnahme der einen oder anderen neuen Akzentuierung, die von der Synode dem Rat mitgegeben ist.“

Anders als hier in der Pressekonferenz scheinen sich Dr. G. Beckstein und K. Winterhoff laut den Aussagen Winterhoffs in seiner Haushaltsrede nicht zu widersprechen.

Vizepräsifdent K. Winterhoff führte dort u.a aus:

„Wie wird das Geld nun eingesetzt?
Für die EKD und die Gliedkirchen versuchen wir einen kleinen Überblick in der Broschüre „gezählt“ zu geben. Der Überblick ist nicht vollkommen: Da die (noch) zumeist kameralen Haushalte Vermögen und Verpflichtungen nicht erfassen können, ist eine Aussage über das gesamte wirtschaftliche Potenzial oder die wirtschaftlichen Schwächen auch noch nicht möglich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dies angesichts der Verfasstheit der EKD und der Gliedkirchen auch in Zukunft nicht komplett möglich sein wird. Schließlich ist die EKD mit ihren 20 Gliedkirchen und 15.000 Kirchengemeinden keine Konzernholding die eine konsolidierte Bilanz vorlegen könnte. Soviel aber wissen wir: Die Verpflichtung für die Unterhaltung der kirchlichen Gebäude erreichen jährlich die Summe von fast eine Milliarde Euro. Und die Rückstellungen für unsere Versorgungsverpflichtungen – von den Beihilfeverpflichtungen nicht zu reden – sind nach versicherungsmathematischen Grundsätzen aufs Ganze gesehen noch lange nicht ausreichend dotiert, obgleich hier schon sehr viel getan wird. Beispielsweise wenden etwa die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche von Westfalen und die Lippische Landeskirche, deren Absicherung der Versorgungslasten beklagenswert gering ist, für ihre Sicherstellung jährlich 22 % des Kirchensteueraufkommens auf…
Finanzpolitik ist Verantwortung für heute und für morgen. Dieser Verantwortung haben wir uns auf allen Ebenen zu stellen.

Verantwortung tragen die Gliedkirchen der EKD auch füreinander…
Der zwischen ihnen nun seit über zwei Jahrzehnten praktizierte Finanzausgleich zeigt dies in besonderer Weise. Er ist zugleich Ausdruck starker Solidarität. Mit 144 Millionen Euro – die nicht über diesen [EKD] Haushalt abgewickelt werden – aber wegen ihrer hohen Bedeutung keinesfalls unerwähnt bleiben dürfen, gelingt es, stabile Voraussetzungen für kirchliches Handeln in allen Regionen unseres Landes zu schaffen. Damit wird eindrucksvoll realisiert, was die Grundordnung der EKD (Artikel 6 Absatz 1) so beschreibt:

‚Die Evangelische Kirche in Deutschland bemüht sich um die Festigung und Vertiefung der Gemeinschaft unter den Gliedkirchen, hilft ihnen bei der Erfüllung ihres Dienstes und fördert den Austausch ihrer Kräfte und Mittel.‘
Dafür möchte ich namens des Rates an dieser Stelle ganz besonders danken!“

 (K. Winterhoff, Einbringung des Gesetztes über den Haushaltsplan und die Umlagen…, EKD,  Herbstsynode 2013, S. 3)

Und doch ist auch diese Rede ein Beleg dafür, wie sehr die Frage des Konzernseins oder -werdens der EKD die Darstellung prägt. Wie wirken diese Sätze, diese 60 Jahre auf einen Arbeitslosen, auf einen Rentner, der auf Grundsicherung angewiesen ist, weil nach 42 Arbeitsjahren nur etwas mehr als 600 € Rente für ihn herauskommt? Wie viele Personen profitieren von dieser „Versorgungsverpflichtung“ ?

In der EKB0 waren es 2009 gerade einmal 814 Personen (Pfarrer, Kirchenbeamte und Lehrer sowie ihre Hinterbliebenen), für die im selben Jahr 16.261.828,22 € Versicherungsbeiträge gezahlt wurden, das sind für jede pensionsberechtige Person ca. 20.000 € laut http://www.ekbo.de/Webdesk/documents/premiere_ekbo-internet/Zahlen+%26+Fakten/Statistischer+Bericht+2009.pdf.pdf.pdf, S. 66 (Zugriff am 22.11.2013), wenn ich die Zahlen richtig deute.

Dr. Katharina Dang

 

 

Christoph Meyns – Kirchenreform und betriebswirtschaftliches Denken. Modelle. Erfahrungen. Alternativen

Im Januar 2013 hat Christioph Meyns  an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum  mit einer Arbeit  mit dem Titel „Mangaement als Mittel der Kirchenreform. Betriebswirtschaftliche Anätze zur Bewältigung kirchlicher Rückbau-, Reorganisations- und Neuorientierungsprozesse“  promoviert, Im Juni 2013 ist die Disserttation  unter dem o.g Titel im Güthersloher Verlagshaus erschienen (ISBN-978-3-579-08166-3).

Meyns stellt gleich zu Beginn fest, dass der Begriff „Kirchenreform“ irreführend sei, da es in der evangelischen Kirche derzeit „um eine Restrukturierung unter dem Vorzeichen leerer Kassen im Konflikt zwischen konkurrierenden Bestandsinteressen“ gehe (S. 12f).

Wer diese aus interner jahrelanger Kenntnis der Vorgänge geschriebene Studie gelesen hat, der kann nicht mehr für die uns bis heute angepriesene Reform sein. Meyns, mittlerweile designierter Landesbischof der Braunschweigischen Landeskirche,  spricht mit sehr klaren Worten aus, worum es bei dem Versuch der Umsetzung der teuer bezahlten Ratschläge von Unternehmensberatungen geht.

 

 

 

EKHN: Dekanatsfusion, Finanzzuweisung, Doppische Haushaltsführung – Kirchenvorstände fordern Beteiligung und offene Aussprache

Mit drei Beschlüssen haben sich die Evangelischen Kirchengemeinden Maulbach, Appenrod und Dannenrod zur aktuellen Kirchenpolitik in der EKHN zu Wort gemeldet. Sie pochen unter anderem auf ihre Beteiligungsrechte und fordern die Dekanatssynode auf, den wichtigen kirchenpolitischen Themen Raum zu geben. Mehr dazu.

NKF – Pilotkirchenkreis fordert kritische Reflexion und Aufschub der Einführung

Westfalen. „Zum Thema »Einführung NKF-Westfalen« ist zu vermelden, dass die Kreissynode des Kirchenkreises Münster als Pilotkirchenkreis mit großer Mehrheit beschlossen hat, die Kirchenleitung aufzufordern, auf die Einführung des Haushaltsbuches so lange zu verzichten, bis alle theologischen und organisatorischen Fragen, die damit verbunden sind, ausführlich diskutiert und geklärt worden sind.“

vgl. dort PV Aktuell – Ausgabe 01 – 2013, S1 (klicken Sie: Jetzt herunterladen)

Was George Sandel mit der Doppik/NKF in der Kirche zu tun hat

George Sandel: Was man für Geld nicht kaufen kann, Berlin 2012

Als Papst Benedikt die USA besuchte, las er Messen in Stadien in New York und Washington. Für die kostenlos ausgegebenen Karten entwickelte sich ein Schwarzmarkt, bei dem bis zu 200 Dollar für eine Karte geboten wurde. Die Kirche protestierte: „Die Feier eines Sakraments sei mit Geld nicht aufzuwiegen“. – Dies ist nur eines vieler Beispiele, wie Markt- und ökonomistisches Denken in alle Bereiche des Lebens eingedrungen sind: in die Politik, die Medizin, die Bildung, Sport – und auch in Kirche und Religion.

Für Den Autor und Harvard- Professor Sandel stellt sich anhand etlicher Beispiele aus der Lebenswirklichkeit die Frage: wollen wir eine (zu begrüßende) Marktwirtschaft oder eine die Gesellschaft im Kern bedrohende Marktgesellschaft? Bisher verhinderte ein prekärer Diskurs die Dominanz von Argumenten über das gute Leben in die Politik – und ließ banales, marktkonformes, gegenüber Werten neutrales Denken triumphieren. Was es daher heute braucht ist eine Debatte darüber, in welchen Bereichen Märkte dem Gemeinwohl dienen und wo sie eben nichts zu suchen haben. Denn: Märkte und Kommerz verhalten sich gegenüber dem Charakter der von ihnen erfassten Güter eben nicht neutral, sondern verändern ihn. Im eingangs genannten Beispiel der Papstmesse wird das offensichtlich. Die Reaktion zeigte, dass man erkannt hat, dass Güter beschädigt oder entwertet werden, wenn man sie kommerzialisiert, im Beispiel also die Eucharistie käuflich zu erwerben ist. Das wird in dem besonderen Fall zwar besonders eindrücklich, trifft aber generell zu: Der Charakter der Güter verändert sich unter Marktbedingungen. Diese Erkenntnis führt zwangsläufig zu der Frage, wie weit denn der Markt reichen dürfe. Und wo dem Markt Grenzen gezogen werden müssen, damit die Gesellschaft selbst keinen Schaden nimmt. Denn Marktdenken führt anders als herrschende (und für Crashs verantwortliche) Ökonomen gerne behaupten, in anderen Sektoren als der Ökonomie selbst eben gerade nicht zu höherer, sondern zu geringerer Wirksamkeit. Sandel belegt das bspw. mit Studien zur intrinsischen Motivation aus der Schweiz. Sie haben gegenüber der marktkonformen extrinsischen Motivation eine geringere Wirkung. Damit sind wir mitten in einer in der kirchlichen Reformdebatte heiß diskutierten Frage. Weil die kirchlichen Reformen ja gerade die intrinsische Motivation zerstört wie etwa Prof. Michael Welcker oder Prof. Isolde Karle u.a. nicht müde werden zu betonen. Und folglich die von den Reformern intendierte Wirksamkeit kirchlicher Arbeit gerade schwächen.

Ein weiteres zentrales kirchliches Reformthema ist durch die Darstellung von Sandel ebenfalls berührt, wenngleich dort selbst nicht erwähnt: die Frage des Rechnungswesens. Denn Märkte und Kommerz verändern den Charakter der von ihnen erfassten Güter – so Sandel. Das gilt in der Kirche analog für das Rechnungswesen. Eine Umstellung von der (erweiterten!) Kameralistik auf die Doppik ist wie wir in Beiträgen im Monatsthema Mai 2013 darlegen konnten, organisatorisch eine Herausforderung, ein „Jahrhundertprojekt“. Und es verursacht hohe Kosten bei einem nicht feststellbaren Nutzen (vgl. den Beitrag von Prof. Bogumil, Bochum, im Dt. Pfarrerblatt). Allein diese Fakten wiegen überaus schwer. Viel schwerer wiegt aber die Tatsache, dass mit der Doppik ein Marktdenken in die Kirche eindringt, das dem Charakter der Kirche diametral entgegenläuft. Und das sich dem Gegenstand gegenüber nicht neutral verhält, sondern seinen Charakter verändert. „Die Feier eines Sakraments sei mit Geld nicht aufzuwiegen“, stellten die Kirchen in den USA anlässlich des Schwarzmarktes für die Karten zur Papstmesse fest. Analog gilt noch viel mehr: „Der Wert der/einer Landeskirche lässt sich monetär nicht bewerten!“. Genau das geschieht aber in der Bilanz. Die Bilanz bewertet die Summe dessen, was Kirche ausmacht und zu kirchlichem Handeln gehört, monetär. Aus theologischer Sicht geht das aber gar nicht! Spätestens dann, wenn eine ernsthafte theologische Debatte um die Doppik einsetzt, spätestens dann wird die Doppik nicht nur als (im Vergleich zu einer erweiterten Kameralistik) nutzlos und teuer, sondern als im Kern schädlich erkannt werden.  Denn Doppik/NKF ist kein Beleg einer sich auch in der Administration endlich modernisierenden, auch wirtschaftlich handelnden Organisation, sondern Symbol einer angepassten Marktkirche – und damit eine Parallele zu der von Sandel beschriebenen gesellschaftsschädigenden Marktgesellschaft. 

Pfr. Friedhelm Schneider

Neue Steuerungsmodelle befördern Mainstream-Forschung

Die Auswirkungen aktueller Reformen auf die Forschungsvorhaben und -projekte untersuchen die „Beiträge zur Hochschulforschung“.

Mit der Umsetzung neuer Steuerungsmodelle scheinen sich nicht nur die finanziellen Möglichkeiten zu verringern, ergebnisoffene Forschungsprojekte verfolgen zu können, auch Forschungslinien werden stärker von Außen beeinflusst.“ Zu diesem Schluss kommen die Wissenschaftler Regina von Görtz, Richard Heidler und Dorothea Jansen in einer aktuellen Ausgabe der „Beiträge zur Hochschulforschung“.

Baden-Württemberg: Stopp der Einführung der NSM gefordert

Die SPD-Landtagsfraktion fordert die Landesregierung mit Nachdruck auf, die Einführung der „Neuen Steuerungsinstrumente“ (NSI) in der Landesverwaltung zu stoppen und damit eine Phase der Neubewertung und Neuausrichtung zu ermöglichen. Die bisherigen Erfahrungen mit der Einführung neuer Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung von Baden-Württemberg zeigen nach Auffassung von Fraktionschef Wolfgang Drexler, dass der flächendeckende, generelle und schnelle Einsatz der Kosten- und Leistungsrechnung nicht sachgerecht ist. Dieser Weg führe nach allen bisherigen Erfahrungen nicht zu den erhofften Effizienzgewinnen. Im Gegenteil: die Gefahr sei groß, dass durch NSI sogar dauerhafte Mehrbelastungen an Personal und Finanzen entstehen und dass die Einführungskosten von rd. 330 Mio. € bei weitem nicht ausreichen, argumentiert Drexler. Der Rechnungshof habe die Kosten des Projekts einschließlich der so genannten Beistellkosten der Ministerien, d. h. der nicht direkt auf NSI gebuchten Kosten der Einführung der neuen Steuerung, sogar auf mindestens 550 Mio. € geschätzt.

Lesen Sie mehr.

Inzwischen wurde für Kommunen das Wahlrecht infolge hoher Kosten beschlossen. Dazu mehr.

Bilanz aus 15 Jahren „Neuem Steuerungsmodell“ und Doppik in den Kommunen

Neues Steuerungsmodell und Doppik in der Praxis – Erfahrungen aus den Kommunalverwaltungen.

Mit Prof. Dr. Jörg Bogumil (Ruhr-Universität Bochum) schreibt ein ausgewiesener Experte der empirischen Forschung über Neue Steuerungsmodelle/ Doppik/ NKF in den Öffentlichen Verwaltungen für das Deutsche Pfarrerblatt.

Sein Fazit:

Insgesamt ist mir bisher kein einziger extern evaluierter „Erfolgsfall“ der Doppik in Deutschland bekannt. Politische Entscheidungsträger wie auch solche quasi- öffentlicher Einrichtungen wie der Kirchen tun also gut daran, wenn sie die Doppik mit outputorientierter Budgetierung nicht automatisch einführen, sondern zunächst die Kosten dieser Reform prüfen und in kleinen Modellprojekten erproben. Lesen Sie den Artikel hier.

Doppik gescheitert – Vertröstung auf Erfolge in ferner Zukunft

Aus den Erfahrungen anderer lernen – Zum Thema Doppik – Kameralistik bei den Gemeinden

Lesen Sie den Artikel.

Vertröstung auf zukünftige Erfolge.

Weil die Erfolge der Einführung der Doppik und auch damit zusammenhängender IT-Technik  recht spärlich sind, werden Nutzer und Öffentlichkeit auf zukünftige Erfolge vertröstet. Dazu zwei wahllos herausgegriffene Beispiele, die man beliebig vermehren könnte:

1. „Der Erfolg dieser Reform wird erst in Jahren beurteilt werden können, da die Wirkungen eines fundamental veränderten Haushalts- und Rechnungswesens erst dann sichtbar werden, wenn die einzelnen Instrumente eingeführt, durch die Mitarbeiter beherrscht und vor allem von den Mitarbeitern und der Politik inhaltlich akzeptiert und angewendet werden.“ zur Quelle Raupach/Hilgers, Quo vadis?

 

2. „Wer SAP einführt, braucht einen langen Atem. Nicht umsonst wird SAP gerne auch mit „Super-Aufräum-Programm bezeichnet“ , so der Finanzdezernent der Bayerischen Landeskirche auf der Frühjahrssynode 2013, zur Quelle.