Schlagwort-Archive: NSA

Hans Magnus Enzensbergers Regeln für die digitale Welt. Wehrt Euch!

28.02.2014. „Wer sich nicht dauernd mit den digitalen Nachstellungen von Unternehmen und Geheimdiensten herumschlagen will, muss nur ein paar einfache Regeln befolgen. Zehn sind es an der Zahl, die Hans Magnus Enzensberger bündig formuliert.“

1. …

Fazit: „Der Schlaf der Vernunft wird bis zu dem Tag anhalten, an dem eine Mehrheit der Einwohner unseres Landes am eigenen Leib erfährt, was ihnen widerfahren ist. Vielleicht werden sie sich dann die Augen reiben und fragen, warum sie die Zeit, zu der Gegenwehr noch möglich gewesen wäre, verschlafen haben.“ Zu Enzensbergers Regeln.

Edward Snowdens Rede anläßlich der Verleihung des Whistleblower-Awards

Auf der Verleihung des Whistleblower-Awards am 30.08.2013 in Berlin, hielt Jacob Appelbaum stellvertretend für den leider abwesenden Edward Snowden eine Dankesrede…

Es ist eine große Ehre, dass mein Whistleblowing als Beitrag zum Allgemeinwohl
wahrgenommen wird. Doch die größere Anerkennung und Aufmerksamkeit gebührt jenen Einzelpersonen und Organisationen in unzähligen Ländern auf der ganzen Welt, die sprachliche und geografische Grenzen gesprengt haben, um gemeinsam das öffentliche Recht auf Information und den Wert der Privatsphäre zu verteidigen. Es bin nicht nur ich, sondern die Allgemeinheit, die von dieser mächtigen Wandlung hin zu der Abschaffung unserer Grundrechte betroffen ist. Es bin nicht nur ich, sondern Zeitungen aus aller Welt, die Gründe haben, unsere Regierungen dafür verantwortlich zu machen, wenn mächtige öffentliche Vertreter versuchen, solche Themen durch Gerüchte und Anschuldigungen kleinzureden. Und es bin nicht nur ich, sondern ganz gewiss auch mutige
Regierungsvertreter in der ganzen Welt, die neue Schutzmaßnahmen und Limitierungen vorschlagen, um zukünftige Angriffe auf unser aller Rechte und unser Privatleben zu verhindern. Den vollständigen Vortrag auf den Seiten 15ff.;

in Hrsg. Markus Beckedahl, Andre Meister, Überwachtes Netz

Wissenschaftler protestieren gegen Massenüberwachung

03.01.14 Wissenschaftler protestieren gegen Massenüberwachung

Mehr als 250 Akademiker aus aller Welt haben sich in einem Aufruf gegen Massen-Überwachungsmaßnahmen ausgesprochen. Unterzeichnet haben unter anderem der Soziologe Ulrich Beck, die Rechtswissenschaftler Franz Mayer, Heinrich Amadeus Wolff und Marion Albers sowie der Informatiker Michael Waidner. International gehört der Überwachungstechnologieexperte Bruce Schneier ebenso zu den Unterzeichnern wie der spanische Informatiker Josep Domingo-Ferrer, der britische Jurist Ian Walden und der US-Politikprofessor Milton Mueller. Initiiert wurde der Aufruf von Akademikern der Universität Amsterdam. Mehr dazu.

Fünfhundertsechzig Schriftsteller aus der ganzen Welt, darunter fünf Literaturnobelpreisträger, protestieren mit einem internationalen Aufruf gegen die systematische Überwachung im Internet durch Geheimdienste wie NSA

Der Aufruf
In den vergangenen Monaten ist ans Licht gekommen, in welch ungeheurem Ausmaß wir alle überwacht werden. Mit ein paar Maus-Klicks können Staaten unsere Mobiltelefone, unsere E-Mails, unsere sozialen Netzwerke und die von uns besuchten Internet-Seiten ausspähen. Sie haben Zugang zu unseren politischen Überzeugungen und Aktivitäten, und sie können, zusammen mit kommerziellen Internet-Anbietern, unser gesamtes Verhalten, nicht nur unser Konsumverhalten, vorhersagen.

Eine der tragenden Säulen der Demokratie ist die Unverletzlichkeit des Individuums. Doch die Würde des Menschen geht über seine Körpergrenze hinaus. Alle Menschen haben das Recht, in ihren Gedanken und Privaträumen, in ihren Briefen und Gesprächen frei und unbeobachtet zu bleiben.

Dieses existentielle Menschenrecht ist inzwischen null und nichtig, weil Staaten und Konzerne die technologischen Entwicklungen zum Zwecke der Überwachung massiv missbrauchen.

Lesen Sie den vollständigen Aufruf nebst Erklärungen einzelner Schriftsteller über die Motivation ihrer Beteiligung.

Zu den Unterzeichnern gehören Umberto Eco, Tom Stoppard, Paul Auster, Jonathan Littell, J. M. Coetzee, Elfriede Jelinek, T. C. Boyle, Peter Sloterdijk und viele andere. Zum Beitrag in der FAZ.

Schwarz-Gelb lehnt Debatte über NSA-Affäre im Bundestag ab

Der Bundestag hat in seiner wohl letzten Sitzung vor der Bundestagswahl mit der Mehrheit von CDU/CSU und FDP eine Debatte über die NSA-Affäre verhindert. Die Anträge dazu hatten die Oppositionsparteien SPD, Grüne und die Linke gestellt, fanden aber keine Mehrheit. Trotzdem kam es zumindest in der Debatte über die Geschäftsordnungsanträge zu einem heftigen Schlagabtausch. Das geschah vor vergleichsweise vollem Haus, weil eine Generaldebatte über die Situation in der Bundesrepublik anstand. Mehr darüber.

Amerika, der Datenschutz und wir

Frank James Sensenbrenner, republikanischer Kongressabgeordneter aus der Bierbrauerstadt Milwaukee in Wisconsin, wandte sich direkt an den Justizminister, Attorney General Eric Holder, um seinem Unbehagen Ausdruck zu verleihen. Sensenbrenner, der Autor des Patriot Act und seiner Section 215, die als Basis der Datengefräßigkeit des FBI und der NSA gilt, distanziert sich von der Art und Weise, wie man mit den Daten von Millionen unbescholtener Bürger umgeht. Und da Sensenbrenner kein Novize im politischen Geschäft ist, macht er seinen Brief an den Justizminister öffentlich.
Es ist erst zwei Jahre her, als Sensenbrenner – noch ganz beseelt von patriotischem Eifer – die Verlängerung des Patriot Act (bis 2015) begrüßte. Inzwischen hat er wohl erkannt, dass er mit diesem Gesetz die seiner Ansicht nach nicht verfassungskonforme Interpretation durch das FBI und die NSA erst ermöglicht hat. Davon distanziert er sich nun und tut dies seinem Wahlvolk kund und zu wissen.Interessant dabei ist, dass er dies im Namen der Verfassung tut. Damit zieht er eine scharfe Trennlinie zum Justizminister, dem FBI und der NSA und signalisiert damit gleichzeitig den Gleichgesinnten im Kongress und Senat – egal welcher Partei –  wo man sich zum patriotischen Konsens zusammenfinden könnte. Lesen Sie mehr.

Das Internet muss unter demokratische Kontrolle gestellt werden

Das Internet hat eine komplett neue Welt eröffnet. Für unsere Bundeskanzlerin ist es „Neuland“.Mit dieser Metapher hat sie sogar in gewissen Maßen recht. Es gibt zwar Konventionen, aber noch kaum verbindliche Regeln im WorldWideWeb. Ähnlich wie andere globale Güter und Strukturen ist es an der Zeit Regeln zu erarbeiten. Genau so, wie es beim Schutz der Meere geschehen ist und beim Klimaschutz noch versucht wird. Doch eine demokratische und zu gleich globale Instanz zur Aufsicht und Regulierung fehlt.

 

Zwei Beispiele aus der aktuellen Politik zeigen jedoch klar, warum wir mehr demokratische Kontrolle des Internets brauchen:

 

Die EU Kommission stellte ihren Entwurf zur Regulierung des Europäischen Telekominiktionsmarkts vor. Netzneutralität ist hier als die Freiheit neuer Geschäftsmodelle vorgesehen. Viele Kritiker sehen in dem Vorschlag der Kommission aber einen großen Nachteil für die Verbraucher und sogar für die Volkswirtschaft.

Worum es geht, will ich in einfachen Worten erklären. Wer noch keine Ahnung von der Funktionsweise des Internet hat, dem empfehle ich das Video aus der Sendung mit der Maus. (Das ist keine Geringschätzung der LeserInnen, sondern eine Wertschätzung der Sendung mit der Maus.)

Bisher ist es so üblich gewesen, das alle Daten im Internet gleich schnell transportiert wurden. Die Technik hat sich nun weiter entwickelt. Da es nun die Möglichkeit gibt die Datenpakete genauer zu analysieren. Das an sich wie jede Technologie ein zweischneidiges Schwert. Es gibt viele gute Gründe diese Technologie einzusetzen. So lassen sich Spammails die einen falschen Absender vortäuschen erkennen.

Jedes Datenpaket im Internet trägt Informationen über Sender und Empfänger mit sich. Nun gibt es die Idee diese Informationen zu nutzen um die Daten unterschiedlich schnell im Internet zu transportieren. Sollte es einmal zu Stoßzeiten eng auf den Datenautobahnen werden, kann das durchaus angebracht sein. Eine Email kann etwas länger brauchen als zum Beispiel ein Telefonat. Die Email ist einfach einige Sekunden später da, das Telefonat hätte Unterbrechungen. Internetprovider wittern aber schon ein einträgliches Geschäft. Bisher gibt es zwei verschiedene Geschäftsmodelle für Netzbetreiber. Die einen bieten die Server an auf denen die Websites sind und die anderen Verkaufen Internetzugänge an Personen. Nur verdienen erste zur Zeit mehr Geld mit ihrem Geschäftsmodell. Ein guter Grund also für letztere etwas vom Kuchen zu fordern. Dazu schlägt die EU Kommission nun vor, es solle erlaubt sein, das Internetprovider sich von Websites bezahlen lassen, damit ihre Daten schneller als andere transportiert werden. Begründet wird das mit der Freiheit Geschäfte zu machen. Das Wohl der Bürger wird in diesem Vorschlag einmal wieder nicht beachtet.

Für die VerbraucherInnen wird es schwer dann durchzublicken welche Daten schneller versendet werden und welche langsamer. Wahrscheinlich würden vorwiegend die großen Unternehmen dafür bezahlen, das ihre Inhalte schneller versendet werden. Kleine neue Wettbewerber werden benachteiligt.

Um eine Analogie zu bilden. Stellen sie sich vor, man hätte in den achtziger Jahren auch die Autobahnen privatisiert. Einige Jahre später fällt den Betreibern der Autobahnen auf, das die Autobauer viel mehr Geld verdienen. Also schlägt die EU Kommission vor, das die Betreiber von Autobahnen mit den Autoherstellern über die Geschwindigkeit auf ihrer Autobahn verhandeln dürfen. Zukünftig haben dann auf der A3 Merzedes und Porsche bei Stau eine extra Stau freie Fahrbahn. Auf der A7 dürfen Volvos 120 km/h fahren, BMWs 160 und alle anderen nur 100. Jeder würde diesen Vorschlag zu einem neuem Marktmodell als Blödsinn identifizieren. Im Neuland Internet traut man sich aber genau diesen Schwachsinn einzuführen.

 

Das zweite Beispiel gibt unser Innenminister. Ein Briefgeheimnis im Internet hält er für ausgeschlossen. Die Überwachung der Internetdaten ist technisch möglich und wird daher gemacht. Die Resignation ist nicht angebracht. Das Briefgeheimnis wurde auch nicht von heute auf Morgen errungen. Für Geheimdienste wäre es sicherlich auch technisch möglich Briefe massenhaft zu öffnen, den Inhalt zu kopieren und dann wieder verschlossen zustellen zu lassen. Nur hier leitet niemand aus der technischen Möglichkeit ein Recht ab, das Geheimdienste das tun dürfen.

Aber statt die Vertraulichkeit von elektronischer Kommunikation zu sichern, wird die Verantwortung auf die BürgerInnen abgeschoben. Sie sollen selber durch Verschlüsselung für sichere Kommunikation sorgen. Ich bin überzeugt, das wird auch lange der einzige Weg bleiben wirklich vertraulich per Mail zu kommunizieren. Doch das ändert nichts, das wir eine politische Debatte über ein elektronisches Briefgeheimnis brauchen.

Lassen Sie mich auch hier eine Analogie bilden: Wir finden uns auch damit ab, das Geheimdienste unsere Briefe kopieren, weil sie es technisch können. Das Briefgeheimnis streichen wir aus der Verfassung. Wer eine sichere Kommunikation mit der Post haben will, kann sich dann eine Chiffriermaschine zulegen.

 

Zwei Beispiele innerhalb einer Woche zeigen deutlich, wir brauchen eine demokratische Kontrolle über das Internet.

Vereinigte Stasi von Amerika

Wie zuletzt Edward Snowden so deckte einst Daniel Ellsberg im Watergate-Skandal Verletzungen der Bürgerrechte durch die USA auf.

Mit seinen Enthüllungen über Vietnam galt er bisher als der wichtigste Whistleblower in der amerikanischen Geschichte. Nun äußert er sich über Snowden – und hofft, dass dieser nicht ermordet werde. Amerika sei ein anderes Land geworden, so der 82-Jährige. Lesen Sie den Artikel.