Kirche, Diakonie Bischof i.R. Wolfgang Huber beschreibt die Diakonie mit Begriffen, die eine Distanz oder kritische Stellungnahme zu den Entwicklungen in der Gesellschaft vermissen lassen. Auch die Kirche beschreibt er unkritisch als staatsanalog. Mit letzterem hat er leider recht, sieht aber auch hier keinen Grund sich zu distanzieren, sondern ein Erfolgsmodell:
„Die Diakonie ist ein wachsender Akteur auf einem Wachstumsmarkt; sie hat sich auf den Übergang vom Sozialstaat zum Sozialmarkt weitgehend eingestellt; sie beruhigt sich nicht mehr mit der Auskunft, dass das vom Staat gewährleistete Subsidiaritätsprinzip ihre Handlungsmöglichkeiten sicher stellt, sondern versucht, aus eigener Kraft konkurrenzfähig zu sein.“ (S. 14)
“…offenkundig gibt es unterschiedliche Auffassungen davon, wie die gesellschaftlichen Veränderungen einzuschätzen und wie auf sie angemessen zu reagieren ist. Die ‚verfasste Kirche‘ reagiert auf diese Herausforderungen stärker in öffentlich-rechtlichen oder staatsanalogen Mustern; die ‚Unternehmensdiakonie‘ erkennt ein stärkeres Innovationspotential in der Offenheit für die Entwicklung des Sozialmarkts.“ (S.16)
„Dass die einen ihre Kultur aus den Denkweisen des deutschen öffentlichen Rechts und die anderen aus dem St. Galler Management-Modell entlehnen, begründet noch keinen theologischen Vorrang des einen vor dem anderen. Aus der erstaunlichen Leistungsfähigkeit des deutschen staatskirchenrechtlichen Modells der Artikel 137ff der Weimarer Reichsverfassung ergibt sich ja keineswegs, dass die innere staatsanaloge Struktur der Kirche und die Zweistufigkeit ihrer Beschäftigungssysteme nach Beamtenrecht einerseits und TVöD andererseits damit schon eine hinreichende theologische Begründung hätten. Und aus einem St. Galler Management-Modell ergibt sich genauso wenig, dass mit ökonomischer Steuerung, effektiver Personalwirtschaft und ausbalanciertem Umgang mit den verschiedenen Anspruchsgruppen allein schon Zureichendes über den Zweck sozialwirtschaftlichen Handelns in der Diakonie gesagt wird. Doch dass für Kirchen in Deutschland der Wettbewerbsgedanke ungewohnt ist, weil sich die beiden großen Kirchen in unserem Land über lange Zeit eher als Glieder eines Kartells denn als Wettbewerber verstanden haben, ist kein zureichender Grund dafür, für die Diakonie den Gedanken des Wettbewerbs abzulehnen. Das ist nicht nur deshalb unklug, weil es weltfremd ist; es verstößt auch gegen die wohlverstandenen Interessen der Diakonie, wenn sie sich dem Wettbewerb entzieht.“ ( ebd.)
Das St. Galler Management-Modell scheint allerdings auch für das Papier „Welche Kirche morgen?- Orientierungspunkte für den Reformprozess“ Pate gestanden zu haben, wenn man von Leitplanken dort liest und an die Tonnen denkt, von denen Bischof Dröge in seiner Vorstellung des Heftes auf der Herbstsynode 2012 der EKBO redete. In der Steuerungsgruppe habe man folgendes vor Augen gehabt:
„Nachdem das nautische Bild der „Leuchttürme“ im bisherigen Reformprozess der EKD eine große Rolle gespielt hat, ist für uns jetzt eher ein anderes Bild aus der Seefahrt hilfreich: Wir brauchen Orientierungspunkte, die eine Fahrrinne markieren. In der Seefahrt werden sie „Tonnen“ genannt. Innerhalb dieser von Tonnen markierten Fahrrinne sind viele unterschiedliche Schiffe und Schiffchen unterwegs. Das Bild macht Sinn, denn die EKBO ist besser als ein Konvoi von Schiffen zu verstehen, denn als das eine „Schiff, das sich Gemeinde nennt“. Was wäre das für ein Tanker! In einem Konvoi sind unterschiedliche Akteure selbstverantwortlich als Kapitäne unterwegs, wissen aber darum, dass sie als Teil des Ganzen auf einer Route mit einem gemeinsamen Ziel unterwegs sind.“ (Wort des Bischofs Markus Dröge, Drucksache 02 der Herbstsynode 2012)
Pastorin Dr. Katharina Dang