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Ich hätte gerne konkrete Vorgaben für Pfarrdienstordnungen, die die Selbst- und Fremdausbeutung der Pfarrerin von vorn herein verhindert.

02/2017,

Ein Kommentar zu Lothar Stempins Vortrag auf dem Pfarrertag der EKiR: „Heile, heile, Segen“:

Warum beschränkt man sich eigentlich von Seiten der Pfarrerschaft bei berechtigten Forderungen immer auf so ein theoretisches Geschwurbel? Warum kann man Forderungen nicht einfach mal konkret benennen:
Ich möchte z.B. einen Arbeitsplatz, an dem ich nicht krank werde. Ich hätte gerne einen höhenverstellbaren Schreibtisch und einen Bandscheibenschonenden Schreibtischstuhl – das ist aber kaum möglich, wenn zur Renovierung eines Pfarrbüros nach Vakanz nur 1000€ veranschlagt werden können.
Ich hätte gerne Emissionsarme Kopierer und Drucker und nicht immer nur die Haushaltschonenden billigsten. Das könnte man auch sehr leicht erreichen, wenn man bei Kirchens endlich mal einen zentralen Einkauf schaffen würde.
Ich hätte gerne, dass die Beihilfe meine für Bildschirmarbeit nötige Sehhilfe anteilig mit bezahlt und nicht mit dem Argument ablehnt, dass ich als Pfarrerin ja wohl keinen Bildschirmarbeitsplatz habe und so etwas deshalb gar nicht benötige.
Ich hätte gerne, dass ich einen Zuschuss für eine für Nachtfahrten nötige Sehhilfe bekomme, weil ich Nachtblind bin, denn sonst sind leider weder Notfallseelsorge noch dienstliche Abendveranstaltungen außergemeindlich möglich, denn Öffis kann man auf dem Land leider vergessen.
Ich hätte gerne, dass ich im Krankheitsfall wirklich vertreten werde und nicht während einer Krankheit meine Vertretung selbst regeln muss und z.B. für den Vertretungslehrer in der Schule noch die Unterrichtsentwürfe erstellen muss und alles Liegengebliebene nach der Krankheit aufarbeiten darf. Das verleitet viele von uns sich durch Krankheitsphasen, in denen jeder Angestellte zu Hause bliebe, durch zu schleppen.
Ich hätte gerne konkrete Vorgaben für Pfarrdienstordnungen, die die Selbst- und Fremdausbeutung der Pfarrerin von vorn herein verhindert, indem auch auf Ruhe und Erholungszeiten geachtet wird. Konkret z.B., dass wenn die drei monatlichen KV-Sitzungen des Kirchspiels erwartungsgemäß am Di um 23.00 Uhr endet nicht am Mi um 8.00 Uhr der Pfarrer am Schreibtisch sitzt, mittags Geburtstagskinder beglückt, nachmittags zum Pfarrkonvent eilt und abends den Frauenclub bespaßt. Auch Pfarrern stehen 10 Stunden Ruhezeiten zu.

Ich hätte gerne die gleiche Arbeitssicherheits- und Gesundheitsfürsorge, wie sie Angestellten in der Kirche gewährt wird und da ist es mir schnurz ob das nun Salutogenese heißt, Gesundheitsfürsorge oder Krankheitsprävention. Leider ist davon nichts zu spüren. Im Gegenteil.
Es ist schon sehr kränkend, wenn die Brüstung der Orgelempore für 5.000€ erhöht werden muss, damit der Organist nicht etwa runter stürzt, an die Leiter zum Glockenturm für 2.500€ ein Handlauf montiert werden muss, damit dem Techniker bei der alljährlichen Wartung nichts passiert, die Pfarrerin darf sich aber auf der Hühnerleiter zur Kanzel den Hals brechen und darf auch über die wackelige Kanzelbrüstung fallen. Ich musste mit dem KV um den Austausch des Schreibtischstuhls ohne Wegrollsperre kämpfen, – der ja immerhin meinen drei Amtsvorgängern zum Sitzen gut genug war. Trotz vorhandenem Bandscheibenproblem gab’s auch keinerlei Zuschüsse von PKV, Beihilfe oder Kirche. Angestellte bekommen berechtigterweise in solchen Fällen Unterstützungen von Kirche, Krankenkasse und Rentenversicherung. Warum ich nicht?

Was ich beschreibe ist Realität.
Von Wort-Meldungen würde ich mir wünschen, diese Realitäten mal zu sammeln und klar zu benennen. Denn das seitenlange Geschwurbel aus den Pfarrvereinen und dem Pfarrerblatt liest und nimmt doch keine Synode und keine Kirchenverwaltung ernst.

AUFRUF: Schicken Sie, schickt uns Eure Sichten der pfarramtlichen Realität, namentlich oder anonym. Wir werden sie selbstverständlich veröffentlichen.

 

„Herr, schmeiß Rückgrat vom Himmel.“ Oder: Qualitäten, Quantitäten. Wider das kleine Karo der Dienstordnungen. Von Hans Schlumberger

1/2016, Hans Schlumberger, Korrespondenzblatt (PfarrerInnenblatt ELK Bayern)

 

Auf vielen Papieren und Festplatten sollen also künftig ungezählte Details über quantitativ beschriebene Belastbarkeiten von Pfarrerinnen und Pfarrern stehen, so pingelig wie wirklichkeitsfremd.

Aber jederzeit verwendbar. Papier ist geduldig. Daten können interessenbestimmt eingesetzt werden. Wir, die aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer unserer Landeskirche, werden weniger. Schneller als die Gemeindeglieder und schneller als die Stellen weniger werden. Kurzfristig werden die Vakanzen mehr werden, damit auch die zeitlichen Belastungen der im pastoralen Dienst Verbleibenden…

Wo die Enge, hier die Engmaschigkeit von Dienstbeschreibungen, regiert, wird es unter solchen Umständen noch enger werden. Wenn die Pflichten vieler Pfarrerinnen und Pfarrer dicht erfasst sind, liegt es nahe, Schrauben fester anzuziehen. Ein Mausklick langt. Befreundete Kollegen aus Kantonalkirchen der alemannischen Schweiz haben mir erzählt, wie ihnen Mitglieder der Chillepfläg (des Presbyteriums) detailversessen, kontrollwütig und mit wenig Rücksicht auf ihre persönliche Gestaltungsfreiheit und Verantwortungsbereitschaft mit Viertelstundenrastern in die Details ihres Dienstes hineinregieren und unangemessene Arbeitgeberallüren entwickeln. Kirchliche Konflikte dort erhitzen sich in diesen Jahren oft ins Unerträgliche. Dienstordnungen, auf die sich die Quälgeister gern berufen, heißen dort übrigens in erfrischender Klarheit „Pflichtenheft“….

Wer aber einen wesentlichen Teil seiner Bereitschaft zur personalen Verantwortung an ein Stück Papier delegiert und dem Text darauf damit eine gewisse Autorität verleiht, sollte sich nicht wundern, wenn dieses Stück Papier sich eines Tages gegen sie oder ihn selbst richtet. Nicht gegen Trägheit oder Faulheit, sondern gegen Gestaltungslust, Personalität und notwendige Schlupfwinkel der Freiheit in einem der vielfältigsten, freiesten und (also?) schwierigsten Berufe – um Machtgehabe und Kontrollgelüst zu bedienen.
Herr, schmeiß Rückgrat vom Himmel

 

Mehr dazu, vgl. S.1

48- Stunden-Woche und Dienstordnung für Pfarrer in Bayern

Mit jeder Pfarrerin und jedem Pfarrer in der ELKB soll in den nächsten Jahren eine Dienstordnung vereinbart werden. Vor dem Entwurf einer Dienstordnung wird der Arbeitsumfang auf der Grundlage eines Arbeitszeitmodells berechnet und gegebenenfalls verändert. Die fertige Dienstordnung beschreibt die verschiedenen – eventuell reduzierten – Aufgaben einer Pfarrerin, ohne jedoch Arbeitszeiten zu nennen.

Aus der Tabelle Zeitbedarf
Tabelle 2: Zeitbedarf für gemeindliche Aufgaben

Aufgabe                            Zeitbedarf

Gottesdienst                     8,5 Std.

Kasualie                             5 Std.

etc.

Die Texte zum Thema.