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„Von Enttäuschung zu Enttäuschung“. Zu den Kirchenreformen. Im Interview von Hansjörg Schulz mit Prof. em Hermann Häring

02.01.2018

Hansjörg Schultz: …sie haben sich dabei auch immer sehr intensiv mit Fragen von Kirchenreform beschäftig. Wie ist es denn in dieser Frage mit Ihrer Zukunftsvision in Bezug auf Ihre Kirche?

Häring: Ich falle von Enttäuschung zu Enttäuschung. Dies bringt auch das Alter mit sich, weil man dann doch denkt: Ja, vielleicht kann ich doch noch einige Erneuerungen erleben, auf die wir seit über 50 Jahre warten. Doch das sieht wirklich nicht gut aus. Ich verkenne nicht das ganz große Verdienst von Papst Franziskus mit seinen vielfältigen Inspirationen; das ist unbestritten. Aber…

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Die Religionen und die Krankheit des Fundamentalismus – Ein Interview von Hansjörg Schulz mit Prof. em Hermann Häring.

02.01.2018

Hansjörg Schultz: Hermann Häring, im Namen von Religion wird weltweit sehr viel Unheil verbreitet. Im Namen eines Islamismus gibt es Terroranschläge. Es gibt brutale Regime wie in Saudi-Arabien. Es gibt rechtsradikale Gruppierungen in den USA, die oft von den Evangelikalen unterstützt werden. Es gibt die neue Rechte in Ländern wie Polen oder Ungarn, die von Christen stark mitgetragen wird, und es gibt, z.B. in Myanmar, den Fall, dass Buddhisten Muslime mit großer Brutalität verfolgen. Warum gerät die Religion immer wieder in den Strudel der Gewalt?

Hermann Häring: Ich meine, wir haben eine viel zu ideale Vorstellung von Religion. Das hat sich in unserer Tradition so entwickelt. Religion gilt als die ideale Höchstform einer Kultur. Wir übersehen aber: Zunächst ist Religion keine Höchstform von Kultur, denn Religion wächst Schritt um Schritt aus menschlichem Erfahren, menschlichem Fühlen, menschlichen Reaktionen, also aus allen menschlichen Antrieben heraus und sie nimmt alle in sich mit, integriert sie. So wiederholt sich in der Religion immer alles das, was in einer Gesellschaft geschieht. …

Schultz: Was wir in allen Religionen finden, ist Fundamentalismus. Woher kommt das?

Häring: Der Fundamentalismus im engeren Sinn ist ein Phänomen der Neuzeit. Meines Wissens ist die erste fundamentalistische Bewegung im 18. Jahrhundert im arabischen Raum entstanden. Es ist der sogenannte Wahhabismus; seine Entstehung hat viel mit westlichen Einflüssen zu tun.
Doch wir vergessen meistens, dass es auch einen verbreiteten christlichen Fundamentalismus gibt. Das ist die Bewegung, die dem Kind den Namen gegeben hat. Ich meine den Fundamentalismus, der zwischen 1910 und 1920 in den Südstaaten der USA entstanden ist. Abgesehen von massiven sozialen Verunsicherungen entstand er aus der beunruhigenden Erfahrung, dass eine kritische Schriftauslegung entstand. …
Zum massiven Problem wurde allerdings: Von Anfang an haben sich die Fundamentalisten geweigert, sich überhaupt auf einen Austausch von Argumenten mit anderen Auffassungen einzulassen. Diese Gesprächsverweigerung ist, wie mir scheint, der Kern aller impliziten und ausdrücklichen Gewalt, die sich später immer mehr durchgesetzt hat….

Hansjörg Schultz: …Woher kommt dieses Fanatische? Macht das auch Religion?

Häring: Ich komme noch einmal auf den Fundamentalismus, danach auf den Fanatismus zu sprechen. Der Fundamentalismus ist eine typische, wenn auch falsche Reaktion auf die Moderne. …
Eine Welt ohne Religionen wäre im Prinzip noch ungezügelter und wilder, weil die Flanken zur blinden Zerstörung noch offener und vielfältiger wären….

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Weihnachten 2017 – Eine Nachbetrachtung. Von Prof. em. Hermann Häring.

02.01.2018

…Vieles, das uns beunruhigt, weil es unseren religiösen Haushalt stört, werten wir als beunruhigend, weltlich und säkularisiert ab. Genau diese selbstgenügsame, allein zum Himmel gerichtete Frömmigkeit blockiert unseren Blick auf den schleichenden Suizid, dem unsere Welt entgegeneilt. Die Weltsituation lässt keine Auswege mehr zu, denn die Alternativen zwischen Tod und Frieden sind eng aneinander gerückt. Wir können es uns nicht mehr leisten, uns für das archaische Symbol des inneren Neubeginns zu entscheiden und die Vision vom Weltfrieden außen vor zu lassen. Wer unter den Heilsverkündern hat uns am vergangenen Weihnachtsfest also gezeigt, warum und wie das hilflose Kind zum Weltfrieden führen kann? Haben wir die Herausforderung wenigstens im Jahr 2017 verstanden?…
Nach wie vor und trotz päpstlichen Einspruchs präsentiert sich offiziell die römisch-katholische Kirche in Deutschland als egozentrischer Verwaltungsapparat. Die umfassende, alle Menschen verbindende Vision vom Einsatz für eine bessere Welt ist nirgendwo zu erkennen.

Genau dies ist, wie mir scheint, der Grund dafür, dass die Weihnachtsbotschaft vom Friedensfürsten und vom Kind seine subversive Kraft verloren hat….

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